1 Statement von Fritz Engelhardt, Präsident des Hotel

Transcription

1 Statement von Fritz Engelhardt, Präsident des Hotel
Statement von Fritz Engelhardt, Präsident des Hotel- und Gaststättenverbandes
DEHOGA Baden-Württemberg, bei der DEHOGA-Jahrespressekonferenz am 31. Januar
2014. Es gilt das gesprochene Wort.
Meine Damen und Herren,
willkommen zur Jahrespressekonferenz des Hotel- und Gaststättenverbandes
DEHOGA Baden-Württemberg.
Wir wollen Sie heute über die aktuelle wirtschaftliche Situation unserer Branche
informieren.
In den ersten elf Monaten des zurückliegenden Jahres ist der Umsatz in unserer
Branche um nominal 1,5 Prozent gestiegen. Anders als in den vorigen Jahren war
das Umsatzwachstum in der Gastronomie mit 2 Prozent dynamischer als in der
Hotellerie, wo wir im Zeitraum Januar bis November einen Zuwachs von 0,7
Prozent verbuchen konnten.
2013 sah es zunächst nach einem Dämpfer aus: Die schwache Konjunktur in den
ersten Monaten und das schlechte Frühjahrs- und Frühsommerwetter haben in der
Umsatzentwicklung vieler Betriebe Spuren hinterlassen. In der zweiten
Jahreshälfte ging es dann bergauf, so dass wir in der Gesamtbetrachtung von einem
guten Jahr 2013 sprechen können.
Die Gastronomie konnte als Konsumbranche von der guten Lage auf dem
Arbeitsmarkt profitieren. Wenn bei den Verbrauchern eine optimistische
Grundstimmung herrscht, dann ist das für unser Gewerbe erfahrungsgemäß
umsatzfördernd.
Die gute Umsatzentwicklung in der Gastronomie zeigt aber auch, dass unsere
Gastronomen im Land mit ihrem vielfältigen und qualitativ hochwertigen Angebot
offensichtlich richtig liegen. Das gilt nicht nur für die Spitzenbetriebe mit MichelinStern, sondern im Grunde für die ganze Bandbreite unserer guten Gastronomie:
1
Vom Speiserestaurant mit gehobener Küche bis hin zum einfachen, aber
gemütlichen Landgasthaus.
Auch die Beherbergungsbranche hat ein ordentliches Jahr hinter sich:
Die Zahl der Hotel-Übernachtungen in Baden-Württemberg ist im Zeitraum Januar
bis November 2013 auf 28,76 Millionen gestiegen – ein Plus von 0,6 Prozent
gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Erwähnenswert ist dabei, dass die Zahl der
Übernachtungen ausländischer Gäste erneut überdurchschnittlich um 4,8 Prozent
zugenommen hat.
Bei der Auslastung der Hotelkapazitäten konnten wir ebenfalls zulegen: Sie lag im
Zeitraum Januar bis November bei 40,8 Prozent und damit 0,9 Prozentpunkte über
dem Vorjahresdurchschnitt. Die Spreizung ist allerdings groß: Sie reicht von 24
Prozent Hotelbetten-Auslastung im Neckar-Odenwald-Kreis bis hin zu 56,6 Prozent
im Stadtkreis Freiburg. Die überwiegend gute Auslastung in den Stadtkreisen zeigt,
dass der Städtetourismus auch bei uns im Land im Aufwind ist.
Positiv und bemerkenswert ist die Beschäftigungsentwicklung im badenwürttembergischen Gastgewerbe: Die Zahl der sozialversicherungspflichtig
Beschäftigten in unserer Branche hat zum Ende der Sommersaison, im September
2013, mit rund 115.800 einen neuen Höchststand erreicht. Das waren 3 Prozent
mehr Beschäftigungsverhältnisse als ein Jahr zuvor – oder, in Zahlen ausgedrückt:
Wir haben über 3000 zusätzliche sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze in
unserer Branche geschaffen.
Mit dieser guten Entwicklung liegen wir nicht nur deutlich über dem allgemeinen
Beschäftigungszuwachs, der im selben Zeitraum deutschlandweit 1,3 Prozent und
in Baden-Württemberg bei 1,7 Prozent lag. Wir liegen auch über dem Wert des
gesamtdeutschen Gastgewerbes, das ein Beschäftigungs-Plus von 2 Prozent
verzeichnete.
Der Beschäftigungszuwachs im baden-württembergischen Gastgewerbe zeigt
zweierlei:
2
Er belegt zum einen die Qualität des baden-württembergischen Hotel- und
Gaststättengewerbes als Jobmotor: Wirtschaftliche Belebung führt in unserer
Branche schnell und direkt zu mehr Arbeitsplätzen.
Zweitens zeigt der Beschäftigungsanstieg die Attraktivität unserer Branche für
Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Ein Gewerbe, das rund 3000 neue
Mitarbeiter in einem Jahr hinzugewinnt, kann kein so schlechter Arbeitgeber sein.
In einer Zeit, in der viel über das Thema Fachkräftemangel in unserer Branche
geredet und geschrieben wird, ist es mir wichtig, auf diese positive
Beschäftigungsentwicklung deutlich hinzuweisen.
Wenn wir Probleme haben, unsere offenen Stellen zu besetzen, dann liegt das nicht
daran, dass uns die Mitarbeiter scharenweise davonlaufen oder dass kaum einer bei
uns arbeiten will, sondern daran, dass unser Bedarf an guten und fleißigen
Mitarbeitern ständig wächst.
Dazu noch eine Zahl: Im September 2008 – also vor der Finanz- und
Wirtschaftskrise – hatten wir rund 98.000 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte
in der Branche. Heute sind es rund 115.000. Das entspricht einem Zuwachs von
mehr als 17 Prozent in fünf Jahren.
Trotz dieser guten Entwickung ist aber auch klar: Der wachsende Mitarbeiterbedarf
gehört für uns zu den größten Herausforderungen, vor denen wir in Zeiten des
demografischen Wandels stehen. Und unsere branchentypischen Arbeitszeiten –
am Abend und am Wochenende – machen diese Aufgabe sicher nicht leichter.
Die Agentur für Arbeit hat im Dezember 3125 unbesetzte Stellen im badenwürttembergischen Hotel- und Gaststättengewerbe verzeichnet.
Vor diesem Hintergrund begrüßen wir alle Entwicklungen, die uns helfen, unseren
Mitarbeiterbedarf in Zukunft zu decken. Dazu zählt ausdrücklich auch die Öffnung
unseres Arbeitsmarktes für EU-Bürger aus Osteuropa. Die Gewinnung von
3
Mitarbeitern aus diesen Staaten ist zwar bestimmt keine Zauberformel, mit der wir
alle Probleme lösen. Aber sie kann einen positiven Beitrag leisten.
Der wichtigste Schlüssel bleibt freilich die Aus- und Weiterbildung im eigenen
Land. Hier unternehmen wir große Anstrengungen.
Mit der DEHOGA Akademie in Bad Überkingen betreiben wir das größte
Weiterbildungszentrum für Hotellerie und Gastronomie in Süddeutschland. Rund
3000 Mitarbeiter aus unserer Branche qualifizieren sich dort jedes Jahr weiter.
Mit rund 7000 Auszubildenden zählen wir auch nach wie vor zu den großen
Ausbildungsbranchen im Land. Die Zahlen sind jedoch seit einigen Jahren
rückläufig, und wir gehen von einem weiteren Rückgang in den nächsten Jahren
aus, was angesichts des demographischen Wandels und der wachsenden
Konkurrenz der Branchen um Nachwuchskräfte nicht überraschend kommt.
Wir stellen uns der Herausforderung. Das sieht man zum Beispiel auch bei unseren
tariflichen Ausbildungsvergütungen: Volljährige Auszubildende im 3. Lehrjahr
bekommen bei uns 800 Euro im Monat – damit können wir im Vergleich mit
anderen Dienstleistungsbranchen im Land gut bestehen.
Darüber hinaus fördern wir als Verband gezielt die Qualität in der gastgewerblichen
Ausbildung. Ein Beispiel dafür ist die Initiative „Das Ausbilderversprechen“, die wir
gemeinsam mit den IHKs im Land auf den Weg gebracht haben.
Die teilnehmenden Ausbildungsbetriebe verpflichten sich auf freiwilliger Basis zur
Einhaltung definierter Qualitätsstandards in der Ausbildung.
Wir freuen uns, dass wenige Monate nach dem Start im Sommer 2013 bereits rund
120 Ausbildungsbetriebe mit insgesamt über 500 Auszubildenden an dieser
Initiative teilnehmen. Unter ihnen sind namhafte Häuser wie z. B. das Brenners
Park Hotel in Baden-Baden, der Europa-Park in Rust und das Maritim Hotel in
Stuttgart. Die Teilnahme an der Initiative „Ausbilderversprechen“ rückt das Thema
4
Ausbildungsqualität verstärkt in Fokus der Mitarbeiter vor Ort und bringt den
Betrieben auchVorteile im Ausbildungsmarketing – zum Beispiel durch eine
hervorgehobene Darstellung unserer neuen Online-Ausbildungsplatzbörse unter
www.big-ausbildung.de.
Natürlich ist auch diese Initiative kein Allheilmittel – aber sie ist ein weiteres
Instrument, das uns helfen kann, unseren Fachkräftebedarf in der mittel- und
langfristigen Zukunft zu decken.
Was die nahe Zukunft angeht – das Jahr 2014 – sind wir für die wirtschaftliche
Entwicklung unserer Branche optimistisch. Wir rechnen mit einem
Umsatzwachstum von rund 2 Prozent. Auch die positive Entwicklung der
Beschäftigtenzahlen wird nach unserer Einschätzung weitergehen.
Grund für unseren Optimismus sind zum einen die ermutigenden
Konjunkturprognosen: Die Wirtschaftsforschungsinstitute haben in ihrem
Herbstgutachten 1,8 Prozent Wachstum vorausgesagt.
Zum anderen hat sich die Sorge, dass es Deutschland nach der Bundestagswahl zu
einem unternehmens- und mittelstandsfeindlichen Politikwechsel kommen
könnte, bisher zum Glück nicht bewahrheitet.
Es gefällt uns zwar nicht alles, was die Parteien der Großen Koalition in Berlin
vereinbart haben. Aber die ganz großen Befürchtungen, die wir vor der Wahl
hatten musste, sind nicht eingetreten.
So wird es nach unseren Informationen keinen Kahlschlag bei den Minijobs geben.
Und vor allem: Es sind keine Steuererhöhungen geplant.
Das ist wichtig für unser Gewerbe, denn damit bleibt eine entscheidende
Grundlage für den Aufschwung unserer Tourismuswirtschaft erhalten. Dank des
reduzierten Mehrwertsteuersatzes für Beherbergungsleistungen hat unsere
5
Branche allein in Baden-Württemberg seit 2010 rund 600 Millionen Euro zusätzlich
investiert. Mit diesen Investitionen haben wir die Wettbewerbsfähigkeit unserer
einheimischen Tourismuswirtschaft nachhaltig verbessert – die guten Zahlen der
Übernachtungsstatistik sind ein Beleg dafür.
Der Investitionsboom in unserer Hotellerie wird nun weitergehen. Manch ein
Kollege, der vor der Bundestagswahl gezögert hat oder von seiner Bank zum Zögern
veranlasst wurde, gibt jetzt grünes Licht für weitere Modernisierungen und
Verbesserungen. Man wird das mit Sicherheit auch bei unserer großen
Branchenfachmesse INTERGASTRA feststellen, die morgen hier auf der Stuttgarter
Landesmesse beginnt.
Weniger positiv sehen wir den Grundsatzbeschluss der Großen Koalition zur
Einführung eines gesetzlichen Mindestlohnes in Deutschland. Im aktuellen Lohnund Gehaltstarifvertrag für das baden-württembergische Gastgewerbe liegen zwar
alle Lohngruppen über der 8,50 Euro-Grenze, und die aktuelle Lage auf dem
Arbeitsmarkt wirkt ohnehin eher lohnsteigernd. Wir erwarten also kurzfristig durch
den Mindestlohn keine negativen Auswirkungen auf unsere Branche in BadenWürttemberg.
Eine andere Frage ist, wie sich die Dinge in Zukunft weiterentwickeln.
Populistische Forderungen nach einem Höherschrauben der Mindestlohngrenze
sind ja, wie nicht anders zu erwarten war, bereits aufgetaucht. Außerdem wird die
Einführung eines Mindestlohns – vor allem dann, wenn er auch für Aushilfen und
ungelernte Kräfte mit niedriger Produktivität gelten soll – Auswirkungen auf das
gesamte Lohngefüge nach sich ziehen. Da stellt sich dann die Frage, ob das der
wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Betriebe noch entspricht. Der Kostendruck,
unter dem wir als personal- und energieintensive Branche stehen, ist schließlich
heute schon enorm.
Ein funktionierendes Tarifvertragswesen, wie wir es im baden-württembergischen
Gastgewerbe seit Jahrzehnten haben und pflegen, wäre nach unserer Überzeugung
nicht nur für die Betriebe, sondern auch für die Beschäftigten im Gastgewerbe
langfristig besser als gesetzliche Lohnfestsetzungen.
6