Wer rastet, der rostet

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Wer rastet, der rostet
Analysiert | Branche
Bachelorarbeit der HTW Berlin: Marktanalyse zur gewerblichen Textilpflege
Wer rastet, der rostet
Wie ist die Situation am Markt der gewerblichen Textilpflege in Deutschland? Welche Chancen, welche
Risiken gibt es? RWTextilservice wollte es genau wissen. In Kooperation mit der Hochschule für Technik
und Wirtschaft in Berlin ist eine Bachelorarbeit mit einer umfassenden Marktanalyse entstanden.
Im bekleidungstechnischen Labor werden Theorie und Praxis der
Konstruktion und Fertigung von Bekleidung gelehrt. Fotos: Jussen
Eine gläserne Waschmaschine steht für experimentelle Untersuchungen und Simulationen von Waschprozessen zur Verfügung.
3 Die Hochschule für Technik und Wirtschaft in Berlin (HTW
Aspekte der Dynamik von Wäsche in der bewegten Trommel
(DynTexTro), Laufzeit:
01.07.2009 – 31.10.2012
Weitere Auskünfte zu den Wäschepflegeprojekten
erteilt
Prof. Monika Fuchs (Telefon: +49
30/5019-4607; E-Mail: Monika.
[email protected]).
Aktuell untersuchte eine Studentin
von Prof. Fuchs in einer Abschlussarbeit den Markt der gewerblichen
Wäschepflege. Die Ergebnisse von
Autorin Christin Rabenstein machen deutlich, dass sich die Branche in einem stetigen Wandel befindet, vielen Herausforderungen
gegenübersteht, aber auch zahlreiche Chancen bietet. Die Bachelorarbeit mit dem Titel „Marktanalyse
zur gewerblichen Textilpflege –
Entwicklungen und Herausforderungen auf dem deutschen Markt“
wurde in Kooperation mit RWTextilservice erstellt. Ziel war es, einen
Überblick über die Textilpflegebranche sowie die verschiedenen
Teilsegmente zu geben. Nach der
Gesamtbetrachtung der Branche
wurden also die Bereiche der chemischen Reinigungen und der Wä-
Berlin) zählt zu den wenigen Fakultäten in Deutschland, die den
Bachelorstudiengang Bekleidungstechnik/Konfektion anbieten.
Die Regelstudienzeit des zu den Ingenieurwissenschaften gehörenden Studiengangs beträgt sieben Semester. Voraussetzung zur
Zulassung ist die Hochschulreife und ein 13-wöchiges fachspezifisches Vorpraktikum bzw. eine Ausbildung in der Bekleidungsfertigung, wie als Mode- oder Änderungsschneider. Die Studierenden
haben somit einen ersten Einblick in die textile Welt erhalten. Sie
wissen, worauf sie sich einlassen, wenn sie dann im Hörsaal, in
den verschiedenen fachspezifischen Laboren und durch Studienprojekte tiefer in die Materie einsteigen, um ihr Wissen über textile Werkstoffe sowie ihre Verarbeitung zu vervollständigen. Das
Studium ist in mehrere Module unterteilt, die sich mit Bekleidungsmaschinen, der Fertigung von Textilien, mit dem Management der Produktion und der Qualitätssicherung beschäftigen. Im
fünften Semester steht ein weiteres, 18-wöchiges Fachpraktikum
auf dem Plan. Diese Zeit verbringen die Studierenden in der Bekleidungs- und Textilindustrie, in Versand- und Handelsunternehmen oder in technischen Branchen mit starkem Bezug zu Textilien. Zum Abschluss des Studiums wird die Bachelorarbeit geschrieben und der Studierende erhält nach Bestehen den Titel „Bachelor of Science in Engineering“ (B.Sc. oder BSc). Neben der
Konstruktion und Fertigung von Bekleidung steht an der HTW die
Haushaltswäsche ebenso wie die gewerbliche Wäschepflege auf
dem Lehrplan. Zahlreiche Projekte, Studien- und Bachelorarbeiten
beschäftigen sich mit diesen Themen. Beispiele für Projekte zum
Thema Wäschepflege sind folgende:
Reduktion des Ressourcenverbrauchs durch Optimierung der
Waschmechanik in der Trommel (OptWaTro), Laufzeit:
01.12.2013 – 31.01.2016
RWTextilservice 10 | 2015
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Branche | Analysiert
schereien bzw. Textilserviceunternehmen getrennt voneinander
in Augenschein genommen, wobei der Schwerpunkt auf Wäschereien und Textilserviceunternehmen lag. Darüber hinaus enthält
die Arbeit eine ausführliche Darstellung der einzelnen Marktsegmente „Hotel/Restaurant/Catering“ (HoReCa), „Berufsbekleidung“, „Gesundheits- und Sozialwesen“ sowie „Sonstiges“. Bei allen Betrachtungen wurde zum einen die derzeitige Situation abgebildet; zum anderen wurden die Perspektiven für die Unternehmen
inklusive der Chancen und Risiken aufgezeigt. Die Informationen
stützen sich auf vorhandene Literatur, statistische Daten und Experteninterviews. Als Experten befragte Rabenstein u.a. Vertreter
der großen deutschen Textilpflegeverbände, von Textildienstleistungsunternehmen und von Zulieferern sowie weitere Fachleute.
Branchenzahlen: Wäschereien und Reinigungen
Das statistische Bundesamt fasst die Wirtschaftszweige Wäschereien und chemische Reinigung zusammen. Daher ist lediglich eine Betrachtung der Entwicklung der Anzahl der Unternehmen und
des Umsatzes der gesamten Textilpflegebranche möglich. Dabei
wurde ersichtlich, dass für mehr als 80 Prozent des Umsatzes gerade einmal 10,8 Prozent der Unternehmen verantwortlich sind
und diese Unternehmen über 60 Prozent der Beschäftigten stellen.
Rabenstein arbeitete zudem heraus, dass es sich bei knapp 80 Pro-
Veranstaltungstipp | 7. HTW-Symposium
Wertschöpfungskette vernetzen
Am Freitag, den 6. November 2015, findet das 7. HTW-Symposium
zum Thema „Berufsbekleidung – eine innovative Branche im Wandel“ des Studiengangs Bekleidungstechnik/Konfektion statt. Der
Schwerpunkt der Veranstaltung liegt in der Darstellung der vollständigen Wertschöpfungskette von Arbeits-, Berufs- und Schutzbekleidung und der Vernetzung der einzelnen Teilgebiete unter­
einander. Experten aus dem Verband BESPO, dem Fachverband für
Arbeits-, Berufs- und Schutzbekleidung, sowie der Textil- und Faserherstellung und Konfektion von Berufsbekleidung, geben durch
Vorträge einen Einblick in die Praxis. Auch Leasinganbieter und Wäschereien stehen mit diversen Fachreferaten auf dem Programm.
Eine Ausstellung von Ergebnissen eines Studentenprojekts zum
Thema Recycling von Berufsbekleidung ergänzt das Symposium.
Nicht zuletzt ist es auch interessant, den noch recht neuen Standort des Fachbereichs Bekleidungstechnik/Konfektion der HTW Berlin am Campus Wilhelminenhof in Berlin Schöneweide zu besichtigen. Der alte Standort in Berlin Friedrichshain direkt an der Oberbaumbrücke platzte buchstäblich aus allen Nähten und so zog der
Fachbereich 2009 in die neuen Räumlichkeiten knapp 10 km die
Spree stromabwärts. Dort ist die Hochschule nun an einem Innovationsstandort mit Tradition ansässig und teilt sich die Räumlichkeiten mit dem Kabelwerk Oberspree KWO. Das Kabelwerk ist seit
1896 aktiv, jedoch mittlerweile verkleinert. So wird also nun dort
studiert und geforscht, wo früher Kabel hergestellt und Autos produziert wurden. Viel Platz für Innovationen und Inspirationen!
Das detaillierte Programm zum HTW-Symposium sowie weitere
Informationen finden Sie online.
Infos: btk-bachelor.htw-berlin.de/aktuelles/
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zent der Unternehmen um Einzelunternehmen handelt. Im Umkehrschluss bedeutet das, dass es eine Vielzahl von Klein- und
Kleinstunternehmen gibt, diese jedoch nur knapp 20 Prozent des
Umsatzes erwirtschaften. Der Trend zur Marktkonzentration hat
sich in den letzten Jahren stark entwickelt. Kleine und mittelgroße
Unternehmen in der Textilpflegebranche stellen den Betrieb ein
oder schließen sich zusammen. Folglich geht die Anzahl der Unternehmen zurück, allerdings steigt gleichzeitig der Umsatz der
einzelnen Betriebe.
Der Wandel der Bevölkerung ist für die Branche Fluch und Segen
zugleich. Die demographische Entwicklung – es gibt immer weniger junge und immer mehr alte Leute – bringt einerseits Fachkräftemangel mit sich, von dem alle Textilpflegebereiche betroffen
sind. Dass die Branche nicht den besten Ruf genießt, verringert
nochmals die Attraktivität eine Ausbildung in der Textilreinigung
oder Wäscherei zu absolvieren, geschweige denn einen Betrieb zu
übernehmen. Die Gewinnung von Nachwuchs bzw. Fachkräften
und Unternehmensnachfolgern stellt somit eine große Herausforderung dar. Andererseits ergibt sich aus der „Veralterung“ der Bevölkerung auch ein wachsender Markt im Bereich des Gesundheits- und Pflegewesens. Immer mehr Menschen sind pflegebedürftig und leben in Alten- und Pflegeheimen. Auch wenn die Anforderungen an die Wäschepflege aufgrund hygienischer Mindeststandards in diesem Bereich hoch sind, so handele es sich dennoch um ein sehr interessantes Geschäft für Wäschereien und
Textilserviceunternehmen. Denn in diesem Bereich wird laut Erfahrung der im Rahmen der Bachelorarbeit befragten Branchenexperten mehr Wert auf Qualität als auf den Preis gelegt.
Auch der Wandel in der Gesellschaft biete ein großes Potenzial für
die Branche. Die sogenannte Life-Work-Balance wird immer wichtiger und diese soll nicht durch die lästige Aufgabe der Wäschepflege belastet werden. Zeit stellt vielfach ein höheres Gut dar als
Geld und somit wächst bei vielen Menschen die Bereitschaft, für
gewisse Erleichterungen im Alltag bzw. Dienstleistungen wie die
Kleiderpflege zu bezahlen. Gerade im Bereich der Textilreinigung
können somit durch Qualität und Service neue Kunden gewonnen
werden, meinen die Interviewpartner aus der Branche.
Trend zum Outsourcing
Auch in einigen Wirtschaftsbereichen ist ein allgemeiner Trend
zum Outsourcing zu erkennen, der sich positiv auf die Geschäfte
der Wäschereien und Textilserviceunternehmen auswirkt. Zunehmend lagern Unternehmen aus den Bereichen Hotellerie, Gastronomie und Gesundheitswesen den Waschprozess bzw. die gesamte
Textilversorgung aus. Auch die Versorgung mit Berufsbekleidung
inklusive PSA erfolgt vermehrt über externe Dienstleister. Laut der
European Textile Services Association (ETSA) hat eine Studie des
Beratungsunternehmens Deloitte für die europäische Textilservicebranche ein zukünftiges Marktpotenzial von bis zu 46 Milliarden
Euro vorhergesagt, vorausgesetzt der Bereich des Textilservice entwickelt sich in den kommenden Jahren weiter so positiv.
Nicht zu unterschätzen sind Rabenstein zufolge dennoch die steigenden Kosten. Zum einen ist die Branche durch die Einführung
des gesetzlichen Mindestlohns vor eine Herausforderung gestellt;
zum anderen steigen Wasser- und Energiekosten. Die Preise für
10 | 2015 RWTextilservice
Analysiert | Branche
3.000
2.900
2.800
2.700
2.600
2.500
2.400
2.300
2008
2009
2010
Jahr
Umsätze
2011
2012
2013
6.600
6.400
6.200
6.000
5.800
5.600
5.400
5.200
5.000
Anzahl
Umsatz in Millionen Euro
Anzahl und Umsatz der Wäschereien und
chemischen Reinigungen in Deutschland von
2008 bis 2013
Zahl der Unternehmen
Quelle: Bachelorarbeit; Marktanalyse zur gewerblichen Textilpflege,
Christin Rabenstein 2015; Grafik: RWT
Heizöl, Erdgas und Strom haben sich laut Daten des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWi) teilweise verdreifacht.
Da diese Kosten einen hohen Anteil an den Gesamtkosten haben,
spielt diese Steigerung aus betriebswirtschaftlicher Sicht eine entscheidende Rolle für Erfolg und Misserfolg eines Unternehmens in
der Textilpflegebranche. Der Anstieg der Personalkosten ebenso
wie die Erhöhung des finanziellen Aufwands für Wasser- und
Energiekosten ist zu kompensieren, bzw. es müssen Maßnahmen
Für jede Ihrer Herausforderungen
haben wir die passende Lösung.
BurnusHychem steht weltweit für innovative
und nachhaltige Waschsysteme, eine hohe Produktqualität, effiziente Dosiersysteme, herausragende Service- und Dienstleistungen sowie eine
große Kundennähe. Wir stellen uns mit großer
Leidenschaft den Herausforderungen, die uns
unsere Kunden stellen. Gemeinsam arbeiten wir
daran, nachhaltige und spezifische Lösungen zu
finden, die begeistern und wirtschaftlichen
Erfolg garantieren.
Eben: Gebündelte Kompetenz zum Nutzen unserer
Kunden.
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oder bei Ihrem BurnusHychem-Fachberater.
BurnusHychem GmbH
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ergriffen werden, um den Kostensteigerungen entgegenzuwirken.
Der Einsatz moderner, ressourceneffizienter Technik ist ein Ansatz. Die Optimierung der Prozesse innerhalb eines Unternehmens
ein weiterer wichtiger Aspekt. Die RFID-Technologie hat dabei
nach Meinung der Experten großes Potenzial. Sie ermöglicht eine
berührungslose Erfassung und die transparente Abbildung der
Prozesse. Eine Beschleunigung des Warenkreislaufes bzw. Produktionssteigerungen und Kostensenkungen, nicht zuletzt auch
durch einen geringen Personalaufwand, sind die Folge. Durch die
Einsparung des Personals wiederum verringert sich auch die Problematik des Fachkräftemangels. Die Investitionen in neue Maschinen und innovative Technologien sind zwar zunächst hoch,
zahlen sich jedoch mittel- bis langfristig aus.
Fazit: „Wer rastet, der rostet!“ Dieses Sprichwort fordert dazu auf,
zur Tat zu schreiten. Machen sich also die Unternehmen der
Textilpflegebranche – egal ob chemische Reinigung, Wäscherei
oder Textilserviceunternehmen – bewusst, dass diese Branche einem stetigen Wandel unterlegen ist, stehen sie diesen Entwicklungen offen gegenüber und nehmen die damit verbundenen Herausforderungen an, indem sie entsprechende Maßnahmen ergreifen,
so steht ihnen eine positive Zukunft bevor. „Denn Textilien müssen auch zukünftig immer gewaschen und gereinigt werden, auch
wenn sich die Anforderungen und Prozesse verändern“, wie Rabenstein treffend resümiert. 7
Birgit Jussen
Service
Excellence

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