The loser takes it all
Transcription
The loser takes it all
The loser takes it all Zeitung in der Schule: Über die Kunst, im Fußball gut zu verlieren – Die Welt des Gewinners und die Schattenwelt des Verlierers Fußball ist nicht irgendnug. Besonders im ein Sport. Es ist der Sport DFB-Pokal, wenn schlechthin. Keine Sportder drittklassige art ist in der Lage, weltUnderdog die Milliweit so viele Gefühle zu onentruppe aus der transportieren wie der 1. Liga vom Platz Fußball. Der Fußball lebt kämpft. Oder eine geradezu von den GefühMannschaft liegt zur len, die er bei uns auslöst. Halbzeit mit 0:4 zuWir alle haben die Bilrück, und es gelingt der noch gut im Kopf, als ihr doch noch, das Deutschland 2014 WeltSpiel zu drehen. meister wurde. Der Jubel Aber Wunder sind der Spieler auf dem Raim Fußball eher die sen. Die Freude bei den Ausnahme, und bauFans im Stadion. Menen kann man darauf Symbolfoto: Mev nicht. Und wenn, schen, die sich vor Groß- Alltag auf dem Rasenplatz: Harter Zweikampf beim Fußball. bildleinwänden in den dann nur, wenn man Armen liegen. Ein großes und einzigarti- liga. Woche für Woche gehen die Spieler weiß, dass man so gut ist, an ges Bild der Freude, des Glücks und des auf den Platz und stellen sich ihren Geg- diesem Wunder auch tatkräftig nern. Und Woche für Woche verlieren sie. mitzuwirken. Vielleicht liegt das Zusammenhalts. Siegen ist schön. Siegen schweißt zu- Jedes einzelne Spiel. Nicht einmal ein Geheimnis solcher „Losersammen, und Siegen lässt wildfremde Unentschieden. Warum tun sie das? Oder Mannschaften“ auch darin, wie Menschen einander um den Hals fallen. besser: Warum tun sie sich das an? War- sie verlieren und wie sie mit Ja, der Fußball ist etwas Wundervolles. um geben sie nicht einfach auf und ver- Niederlagen umgehen. VielDoch überall, wo es Licht gibt, gibt es lassen die Schattenwelt des ewigen Ver- leicht haben sie sich schon irauch Schatten. Und in diesem Schatten lierers? Vielleicht liegt es daran, dass es gendwie damit abgefunden, dass sie versteht der Verlierer. Der Verlierer und alle, im wirklichen Leben und beim wirkli- lieren. Aber die Spieler gehen gelassen chen Fußball diese Schattenwelt gar mit dem um, was sie realistisch gesehen die ihm den Sieg gewünscht haben. Der Fußballplatz teilt sich in die Welt nicht gibt. Ich habe sie zumindest noch kaum ändern können. Sie spielen Fußdes Gewinners und in die Schattenwelt nie gesehen. Und ich spiele selbst Fußball ball, nicht um zu gewinnen, sondern weil des Verlierers. Dort, in der Schattenwelt, in einem Verein. Aber es ihnen einfach Spaß herrschen statt Freude, Glück und Jubel ich habe schon erlebt – macht. Sie können es Frust, Enttäuschung und Niedergeschla- und das nicht nur einnicht gut – zumindest Was treibt Mannschaften, genheit. In der Glitzerwelt einer Fußball- mal –, dass nach einem nicht so gut wie andere Spieler und Trainer dazu, weltmeisterschaft ist das sicherlich so Fußballspiel der Gewin–, aber sie haben trotzsich im Training und im und gehört zum Drehbuch des Dramas ner wie ein Verlierer dem ihren Spaß am dazu. Aber eine Fußball-WM ist nicht vom Platz geschlichen Spiel und am Spielen. Spiel voll reinzuhängen? das wirkliche Leben. Es hat mit dem All- ist, während der VerlieSie bleiben fair und rer mit hoch erhobenem tag nichts zu tun. gleichen mangelndes Im wirklichen Leben ist Fußball näm- Haupt den Kabinen entgegenging. Können nicht durch Reingrätschen aus. Was treibt Mannschaften, Spieler und Sie machen sich nicht gegenseitig nieder, lich kein Drama, das Helden und Versager produziert, sondern ein Sport, in dem Trainer dazu, sich im Training und im sondern halten zusammen. sogar der Verlierer als Sieger vom Platz Spiel voll reinzuhängen, obwohl man mit Eine Einheit im Sieg zu bilden, ist keigehen kann. Da gibt es zum Beispiel die ziemlicher Sicherheit weiß, dass man ne Kunst. Aber in der Niederlage zusamFußballmannschaft, die sich voller Stolz auch das nächste Spiele wieder verlieren menzuhalten, sich gegenseitig aufzubaudie „Unabsteigbaren“ nennen. Sie kön- wird. Vielleicht liegt es daran, dass man en, nicht aufzugeben und beim nächsten nen auch gar nicht mehr absteigen, denn im Fußball immer mit einem Wunder Mal wieder gemeinsam dabei zu sein, um sie spielen bereits in der untersten Kreis- rechnen kann. Beispiele dafür gibt es ge- dann die vermutlich nächste Niederlage zu kassieren, das ist schon etwas Seltenes und Wertvolles. Es zeigt Größe und Charakter – im Spiel und in der Niederlage. Und es zeigt besondere Größe und besonderen Charakter, wenn die Niederlage der Normalfall ist. Das gilt für die Spieler genauso wie für die Trainer und Anhänger solcher Mannschaften. Auf der anderen Seite wirken solche Mannschaften oft auf seltsame Weise entspannt. Sie haben ihr Schicksal akzeptiert und sind vom Stress, gewinnen zu müssen, Punkte zu sammeln oder „oben mitzuspielen“ befreit. Sie spielen wirklich nur um des Spielens willen. Die Mannschaft, in der ich spiele, verliert zwar auch ab und zu, aber wir gewinnen auch. Obwohl ich mir selbst nicht vorstellen kann, in einer Mannschaft zu spielen, die nur oder fast nur verliert, sind für mich gute Verlierer die stillen Helden im Fußball. Sie verlieren mit Anstand und Würde und zollen dem Gegner nach dem Spiel Respekt. Wenn sie zuvor auch noch alles gegeben und fair gespielt haben, dann gehen sie nicht selten sogar als die eigentlichen Gewinner vom Platz. Manchmal sogar als Helden, weil sie vielleicht ein Tor geschossen oder viel niedriger verloren haben, als man es erwarten durfte. Das sind solche Momente, die den Fußball so unvergleichlich faszinierend machen. Von Philipp Kadereit, Klasse 9 b, Max-Born-Gymnasium Backnang