1 Tagung Change trifft Teams Basel 22. Januar 2010

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1 Tagung Change trifft Teams Basel 22. Januar 2010
Tagung Change trifft Teams
Basel 22. Januar 2010
Homosexualität und Homophobie in Teams
Wie tolerant und weltoffen ist Sport tatsächlich, zum Beispiel im
Fußball?
Ich habe in den nächsten circa 40 Minuten die Möglichkeit,
über etwas zu sprechen, was es gar nicht gibt:
Power point
Mario Basler, ehemaliger Deutscher Nationalspieler antwortet
2008 in einer Dokumentation des Deutschen Sport Fernsehens
auf die Frage nach schwulen Fußballern: „Gibt es nicht, sag ich
nix dazu. Gibt es nicht. Es gibt keine schwulen Fußballer.“
Und auch der Präsident des französischen Fußballverbandes,
Jean Pierre Escalettes, meint in einem gerade veröffentlichten
Film:
Power point
„Die Französische Charta gegen Homophobie im Fußball lenkt
die Aufmerksamkeit auf etwas, das zum Glück nicht verbreitet
ist.“
1
Es gibt also keine Homosexuellen im Fußball und viele
glauben, es gibt auch keine Homosexuellen im Sport. Oder
doch? Aber natürlich gibt es sie: die Schwulen machen
Gymnastik, Tanz und Eiskunstlauf und die Lesben, die spielen
natürlich alle Fußball und Handball.
Das die Palette lesbisch schwulen Sports viel breiter und
bunter ist als die Vorurteile glauben machen, zeigen ganz
deutlich Sportvereine wie z.B. mein Heimatverein,
Seitenwechsel in Berlin. In diesem Verein treiben über 700
Frauen und Mädchen Sport und zwar weit mehr als nur Fußball.
Handball gibt es erstaunlicher Weise gar nicht im Verein und
das bei einem Lesbenanteil von 90%. Aber dafür gibt es alles
andere von Aquafitness über Boxen und Fußball bis hin zu
Volleyball und Yoga.
Neben den Lesbisch-schwulen Sportvereinen gibt es Spiele wie
die Gay Games, Outgames und EuroGames, die beweisen,
dass Lesben und Schwule mehr als nur feiern können. Im Jahr
2000 zum Beispiel fanden die EuroGames mit fast 5.000
Sportlerinnen und Sportlern in Zürich statt. Mit Sportarten wie
Badminton, Standardtanz, Leichtathletik, Schwimmen und
Klettern. In diesem Jahr werden im August die Gay Games in
Köln stattfinden dazu werden über 10.000 Sportbegeisterte aus
aller Welt erwartet die sich in 34 Sportarten messen.
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Die EGLSF, die European Gay and Lesbian Sport Federation,
hat Mitgliedsvereine in 21 europäischen Ländern und vertritt
weit über 100 Organisationen und mehr als 40.000 Mitglieder.
Es gibt sie also, die Lesben und Schwulen im Sport. Wer sie
finden will muss nur genau hinsehen. Und wer genau hinsieht,
sieht sie sogar im Spitzensport: Martina Navratilova, Mark
Tewksbury, Amelie Mauresmo, Greg Louganis, Judith Arndt
oder ganz aktuell Gareth Thomas, der Kapitän des walisischen
Rugby Teams.
Das lässt vermuten, dass der Sport weltoffener und toleranter
ist als gedacht. Leider ist es nicht so. Die geouteten
Spitzensportlerinnen und Sportler haben sich entweder erst
nach ihrer sportlichen Karriere geoutet oder sie wurden
geoutet, prominentestes Beispiel ist hier sicherlich Martina
Navratilova. Oder die Sportlerinnen und Sportler sind in
Sportarten zu Hause, die nicht im Fokus der Öffentlichkeit und
Presse stehen. Oder fällt Ihnen sofort ein woher Mark
Tewksbury, Judith Arndt, Ian Roberts oder Irene de Kok
kommen und welche Sportarten sie betreiben oder betrieben?
Hier die Auflösung
Power point
Mark Tewksbury ist ein kanadischer Schwimmer
Judith Arndt ist eine deutsche Radfahrerin
3
Ian Roberts ist ein australischer Rugbyspieler
Irene de Kok ist eine holländische Judoka
Alle sind oder waren im Spitzensport ihrer jeweiligen Disziplin
tätig.
Es gibt also nur wenige, die sich trauen ihre sexuelle
Orientierung öffentlich zu machen und sich zu outen. Neben
den Bereits erwähnten Ausnahmen des Spitzensports, sind
auch im Breitensport Lesben und Schwule zu finden, wobei die
Psychologin Beatrice Calmbach 2001 in einer Schweizer Studie
herausfand, dass dort lediglich 3% offen zu ihrer Lebensweise
stehen und 64% nur gegenüber engen Vereinsfreundinnen und
–freunden ihr Coming Out hatten.
Darüber hinaus konnte Calmbach feststellen, dass nur 3% der
befragten Trainerinnen und Trainer sowie Offiziellen aus dem
Breitensportbereich Homophobie in ihren Vereinen sehen; 22%
glauben, dass es Lesben und Schwule in ihrem Verein gibt;
83% sagen, dass Homosexualität im Verein nie ein Thema war.
Trotz der gerade genannten Untersuchungsergebnisse ist
Homosexualität
und
Homophobie
in
der
europäischen
Wissenschaft und Sportwissenschaft fast unsichtbar. 2004
wurde in einer EGLSF Studie festgestellt, dass in Süd- und OstEuropa keine Untersuchungen zum Thema Homosexualität,
Homophobie und Sport vorliegen. Vorhandene Studien aus den
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90er und Anfang 2000er Jahren aus Belgien, Deutschland,
Großbritannien, den Niederlanden, Norwegen und der Schweiz
beziehen sich meist auf den regionalen Sport oder beziehen
nur eine oder wenige Sportarten mit ein.
Wie ist also die Situation der Lesben und Schwulen im Sport.
Herr Baslers Aussage ist nach dem bisher gesagten gar nicht
so falsch, nur muss anstatt von einem Nichtvorhandensein von
Unsichtbarkeit und Nichtwillkommensein gesprochen werden.
Im Folgenden werde ich versuchen anhand des Fußballs auf
die Situation von Homosexuellen im Sport einzugehen. Fußball
bietet sich aus mehreren Gründen an:
Fußball ist die beliebteste Teamsportart in Europa und wird
immer mehr zu einem Event. Selbst diejenigen, die diesem
Sport nichts abgewinnen können, kommen nicht an ihm vorbei.
Fußball ist allgegenwärtig in Zeitungen und Fernsehen; und
das nicht nur zu Großereignissen wie der Weltmeisterschaft.
Fußball als Massenphänomen prägt gesellschaftlich wirksame
Vorstellungen und bringt Menschen mit den
unterschiedlichsten Lebensentwürfen und Biografien
zusammen.
So modern Fußball sich mittlerweile darstellt, die Profivereine
sind ja zum Beispiel schon längst keine Sportvereine mehr
5
sondern große Unternehmen mit Millionen Umsätzen, so
altmodisch und konservativ ist er zu gleich.
Bitte überlegen Sie einmal kurz, wer Ihnen zu diesen Bildern
einfällt:
Power point
[…] Ich bin mir sicher, dass in Ihren Köpfen sofort
Fußballbilder entstehen…
Power point
… aber bestimmt nicht von Ramona Bachmann – schweizer
Fußballerin des Jahres 2009; Bibiana Steinhaus - eine deutsche
Schiedsrichterin die Männerspiele in der 2. Bundesliga pfeifft;
Katja Kraus – einzige Frau in der Vorstandsetage eines
Deutschen Profivereins, sie arbeitet für den Hamburger
Sportverein.
Fußball ist ein Kampf- und Männersport, sowohl auf dem Platz
als auch in den Stadien. Frauen gibt zumeist nur als
schmückendes Beiwerk oder sie werden als Fans,
Verantwortliche und Spielerinnen nicht ernst genommen.
Der richtige Fußball kann nur von Männern gespielt,
verstanden und angefeuert werden, weil dazu beispielsweise
Mut, Verstand und Durchsetzungskraft von Nöten ist,
Eigenschaften, die den gesellschaftlichen Vorstellungen von
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Männlichkeit entsprechen. Weibliche Wesen, mit
Einfühlsamkeit, Zurückhaltung und Emotionen widersprechen
dem Fußball von Grund auf. Und manchmal habe ich sogar das
Gefühl es ist eine genetische Frage. Es wird suggeriert, dass
Frauen per Geburt keinen Fußball spielen beziehungsweise die
Abseitsregel weder verstehen noch erklären können.
Für die Politikwissenschaftlerin Eva Kreisky sind Weiblichkeit
und Männlichkeit „soziale und politische Konstrukte“, die „in
gesellschaftlichen Diskursen erzeugt, in sozialen Praktiken
generiert und verdichtet“ werden und dabei nicht auf einem
biologischen Geschlecht fußen müssen. Als Teil solcher
Diskurse und Praktiken gilt für sie auch Fußball.
Diese Jahrhunderte alten gesellschaftlichen Vorstellungen von
Weiblichkeit und Männlichkeit sind einer der Gründe für die
Homophobie bzw. die Situation von Homosexuellen im Fußball.
Im Sport, ganz besonders im Fußball, sind die Grenzen von
Weiblichkeit und Männlichkeit sehr eng. Frauen allerdings
bietet Sport die Möglichkeit, männlich definierte
Charakteristika auszuleben. Sie müssen sogar männlich
besetzte Eigenschaften an den Tag legen, um sportlich
erfolgreich zu sein. Problematisch ist für Frauen eher die
Entscheidung, die sie zwischen dem Frau-Sein oder dem
Sportlerin-Sein treffen müssen. Frauen können Sportlerinnen
sein und damit die Grenzen von Weiblichkeit und Männlichkeit
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überschreiten, immer natürlich verbunden mit der Möglichkeit
als Mannweib oder Lesbe bezeichnet zu werden.
Für Männer ist die Überschreitung der Geschlechtergrenzen
nicht so einfach und führt schnell zur angedichteten
Homosexualität. Wenn ein Mann nicht dem klassischen
Rollenbild entspricht, wird dies von der Gesellschaft sehr viel
härter sanktioniert, als dies bei Frauen der Fall ist. Der
Tabubruch ist viel gravierender.
Besonders gravierend ist ein Tabubruch im Fußball, denn
Fußball spielen nur richtige Männer. Alles was in irgendeiner
Form als weiblich angesehen wird, ist nicht willkommen. Die
Kulturwissenschaftlerin Almut Sülze meint dazu:
Power point
„Zum Kern des männerbündischen Fußballsports gehören für
mich sowohl Gewalt als auch Sexismus. Die Männlichkeit des
Fußballs funktioniert über die Abgrenzung zu Frauen und
Schwulen, die in Sexismus und Schwulenfeindlichkeit
münden“.
Frauen im Fußball können folglich nur „männlich“ sein, sie
sind „Mannweiber“ oder Lesben, das heißt in diesem
Zusammenhang: unattraktiv und plump.
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Auch ein Fußballpopstar wie David Beckham, der prägend war
für den „metrosexuellen“ Mann, einem Männlichkeitstypus, der
sowohl feminine als auch maskuline Züge in sich vereint und
keine der beiden Seiten versteckt, kann an diesen
Männlichkeits- und Weiblichkeitsbildern nicht rütteln. Wäre er
nicht so ein hervorragender Spieler, hätten sich alle über ihn
lustig gemacht. Es wird nicht erwartet, dass Fußballer so sind.
David Beckham selbst sagte in einem Interview mit der
Zeitschrift people:
Power point
„Being a gay icon is a great honor for me. I’m quite sure of my
feminine side, and I’ve not got a problem with that at all. These
days it’s the norm, and it should be.”
Trotz dieser homophilen Aussage, einem Coverfoto auf einem
schwulen Magazin und seiner Metrosexualität, wurde und wird
Beckham nicht wirklich verdächtigt, homo- oder bisexuell zu
sein. Durch den Fußball mit seinen Männlichkeitsmerkmalen
und sein immer wieder öffentlich gezeigtes Leben als Vater in
einer heterosexuellen Ehe, ist Beckham ein „echter,
vollständiger“ Mann.
Bis jetzt hat aber auch Beckham nichts an der Vorstellung vom
„klassischen“ Fußballer verändert und die verhältnismäßig
traditionellen Männerbilder sind nach wie vor dominant. Damit
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funktioniert die Männlichkeit des Fußballs über die Abgrenzung
zu Frauen und Schwulen, die in Sexismus und Homophobie
mündet.
Dies geschieht nicht nur auf dem Platz, auch die Fans tragen
erheblich dazu bei, diese homophobe Welt aufrecht zu
erhalten. Viele behaupten, dass das Stadion der einzige Ort ist,
wo sie echte Männlichkeit leben können.
Für viele Fans gehört die Entmännlichung gegnerischer Spieler
durch homophobe Äußerungen zum Stadionbesuch. Nicht
selten werden Spieler, die für verweichlicht gehalten werden
oder schlecht spielen, homophob beschimpft.
In der Dokumentation des Deutschen Sport Fernsehens zum
Thema Homosexualität im Fußball, gibt es zum Beispiel
folgende Aussagen von Fans auf die Frage nach einem Outing
eines Schwulen im Fußball:
Power point
„Als Schwuler, oh, das wäre schlimm. Schwule spielen keinen
Fußball.“
und
“Würde ich nicht akzeptieren wollen, weil ich gegen solche
Leute was habe.“
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Hinzu kommen Stadion Choreografien und Aufnäher wie die
Folgenden.
Power point
Bei dem Aufnäher ist die Aussage eindeutig. FanChoreografien sind meist für Nicht-Eingeweihte nicht so
einfach zu lesen, es geht jedoch immer um die Herabsetzung
des Gegners. Im Beispiel hier geht es darum deutlich zu
machen, dass die Gegner alle Schwul sind, sie können somit
gar nicht gewinnen. Als ich dieses Bild das erste mal gesehen
habe, war ich ganz beeindruckt davon, dass die Fans Schwule
so feiern. Ich habe das ganze leider falsch gelesen.
Auffällig ist, das Rassismus und Rechtsextremismus im
Unterschied zu anderen Formen der Diskriminierung wie etwa
Sexismus
und
Homophobie
von
Fans
in
der
Regel
wahrgenommen und zum Teil problematisiert werden. Alle
Formen
der
Diskriminierung
werden
jedoch
meist
als
‚normaler’ Bestandteil der Fußballkultur verharmlost.
Wird das gegnerische Team oder der Schiedsrichter als
„schwul“ bezeichnet, fällt den meisten die Diskriminierung
nicht auf bzw. sie behaupten, dass sie damit niemanden
beleidigen wollen, sondern einfach nur zum Ausdruck bringen,
dass die anderen schlecht sind. Schwulenfeindlichkeit oder
Sexismus werden häufig als Teil der kulturellen Logik des
Fußballspiels
verstanden.
Rassistische,
sexistische
oder
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homophobe Verhaltensweisen sind Provokation, Beleidigung
oder Erniedrigung des Gegners oder des gegnerischen
Fanblocks und dienen der Erlangung des Sieges.
Manche Sprüche, Lieder und Schimpfwörter gehören so zum
Fußballspaß, dass ihre Bedeutung nicht mehr hinterfragt wird.
Im Fußball und im Fußballstadion wird häufig toleriert und
erlaubt, was anderswo nicht ausgesprochen werden darf. In
der Masse kann gesagt werden, was sonst nie gesagt wird, weil
es nicht gesagt werden kann oder darf.
In einer 2009 in England vom Lesben- und Schwulenverband
Stonewall durchgeführten Studie in der Fußballfans befragt
wurden, meinten
61% der Befragten das Rassismus in den
letzten 20 Jahren abgenommen hat, nur 33% sind der Ansicht,
dies gelte auch für Homophobie.
70%
der
Befragten
Diskriminierende
haben
Äußerungen
in
den
letzten
gegenüber
5
Jahren
Homosexuellen
gehört.
Diese Ergebnisse lassen sich eins zu eins auf den deutschen
Fußball übertragen und wie ich in Gesprächen mit Fußballfans
aus der Schweiz erfahren habe, ist die Situation hier ähnlich.
Erschreckend bei der Instrumentalisierung der Homophobie als
Schmähung für den Gegner ist der Grad der Unwissenheit.
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Viele kennen bestenfalls eine Handvoll Schmähbegriffe für
Schwule. Sie wissen so gut wie nichts über Lesben und haben
klischeehafte Vorstellungen über homosexuelle Lebensformen.
Stereotype sind allgegenwärtig und fungieren als
Exklusionsmechanismen für Schwule und Lesben. Stereotype
Vorstellungen und Homophobie lassen sich dabei auf allen
Ebenen des Sports sowohl auf als auch um den Platz herum
finden.
Traditionell wird Heterosexualität als biologische Tatsache und
natürliche Lebensweise angesehen. Homophobie mit ihren
unterschiedlichen
Ausdrucksformen
und
sozialen
Verhaltensweisen dient dazu, dieses System, das System der
Heterosexualität, zu stabilisieren und alle anderen Arten von
Sexualität und Lebensformen als unnatürlich oder krank zu
stigmatisieren.
Karin
Fasting
definiert
Homophobie
als
„irrationale Angst und Intoleranz gegenüber Homosexualität,
Schwulen
und
Lesben
Verhaltensweisen,
welche
–
und
außerhalb
sogar
gegenüber
der
erwarteten
Geschlechterrollen-Vorstellungen liegen.“
Durch konsequente Verneinung wird Homosexualität zum
Tabu. Diese Verneinung ist gleichzeitig auch die gravierendste
Ausdrucksform
der
Homophobie.
Damit
beginnt
ein
Teufelskreis: Das Ausklammern von Homosexualität bewahrt
Schwule und Lesben zwar vor Diskriminierungserfahrungen,
aber leider nur so lange, wie sie ihre Homosexualität nicht
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thematisieren. Fasting spricht hier vom Gefangenen-Dilemma:
Homosexuelle werden nur diskriminiert, wenn sie sich outen,
aber sie outen sich nicht aus Angst vor Diskriminierung.
Sich nicht outen zu können oder zu wollen wiederrum ist eine
enorme Einschränkung der Lebensqualität. Stellen Sie sich
einmal vor, sie streichen alles, was Sie diese Woche in Ihrer
Beziehung, mit Ihrer Partnerin oder Ihrem Partner erlebt haben.
Oder stellen Sie sich einmal vor Sie sind immer falsch, Sie
entsprechen nicht der Norm und den Regeln, lediglich in einem
kleinen Teil Ihres Alltags beispielsweise in einem lesbischschwulen Sportverein können Sie so sein wie Sie sind.
Ansonsten verstecken Sie immer einen Teil Ihrer Identität…
Lassen Sie mich an dieser Stelle einen kleinen Ausflug
machen, für alle, die sich dieses „Anders“ oder „Falsch“ sein
nicht vorstellen können:
1998 habe ich an den Gay Games in Amsterdam teilgenommen,
einem lesbisch-schwulen Sportevent mit 14.000 Menschen aus
aller Welt. Es war toll: Amsterdam war lesbisch und schwul.
überall hingen die Gay Games Flaggen, Menschen aus der
ganzen Welt wuselten durch die Straßen und über allem schien
die Sonne vom strahlend blauen Himmel. Wir waren mit einem
Fußballteam dort, sind also immer mit einer großen Gruppe gut
gelaunter Frauen durch die ganze Stadt gereist - Fußball wird
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leider immer irgendwo weit draußen gespielt - und auf einer der
vielen Tramfahrten gegen Ende der Woche, plauderte unsere
holländische Mitspielerin mit einem Ehepaar, einem
heterosexuellen Ehepaar (muss ich dazu sagen), und erzählte
uns hinterher, was die beiden ihr erzählt hatten: In dieser
Woche hatten sie zum ersten Mal verstanden, was es heißt
anders zu sein, nicht der Norm oder den Regeln zu
entsprechen. Weil Amsterdam plötzlich Anders war, weil
Amsterdam plötzlich lesbisch und schwul war und sie, als
Heterosexuelle, waren nicht mehr die Regel, die Norm. Sie
waren so verunsichert, dass sie am Anfang nicht mal mehr
Hand in Hand gehen wollten, weil sie seltsame Reaktionen
befürchteten. Komischen, seltsamen oder diskriminierenden
Reaktionen sind sie in dieser Woche nicht begegnet. Sie
wurden eingeladen zum mitfeiern.
Wieder zurück zum Fußball: Es gibt deutliche Unterschiede in
der
Situation
von
beziehungsweise
Lesben
gibt
es
und
Schwulen
deutliche
im
Fußball
Unterschiede
der
Homophobie im Frauen- und Männer-Fußball.
Für den Männer-Fußball gilt: Fußball ist eine schwulenfreie
Zone. Es gibt in Europa offiziell keine schwulen Spieler. Es
kann sie auch gar nicht geben: Schwule können nicht Fußball
spielen. Schwule sind Balletttänzer, aber keine Fußballer.
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Ähnlich wie Mario Basler kennen andere Spieler keinen
Schwulen im Fußball. Die meisten möchten auch nichts zum
Thema sagen, aus Angst verdächtigt zu werden selbst schwul
zu sein. Andere Aussagen zeigen, wie wichtig es für den
einzelnen ist, sich vom Thema zu distanzieren oder die
Aussagen treffen bei aller Vorsicht überhaupt etwas zu sagen
gängige Klischees oder gehen in Richtung Homophobie. Auf
die Frage, wie sie Schwule in einem Fußballteam finden würden
antwortet
Power point
Marcell Jansen vom Hamburger Sport Verein „Ich hätte damit
kein Problem, so lange ich nicht belästigt werde, weil das
werde ich lieber von Frauen.“
Ervin Skela von Energie Cottbus meint: „Das ist jedem seine
eigene Entscheidung. Aber ich weiß nicht, im Fußball mit so
jemandem unter der Dusche zu stehen. Ich weiß nicht, das
finde ich schon komisch.“
Es sind immer wieder dieselben Klischees und Vorurteile, die
benannt werden und die Ängste schüren. Angst vor
Ansteckung, Angst vor Belästigung oder Missbrauch, Angst
vor Berührung mit einem Schwulen, denn dann könnten die
Umarmungen, das Herzen, Trösten und Anspringen nicht mehr
als nicht sexuell wahrgenommen werden.
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Trotz aller Verneinung gibt es schwule Fußballer. Es ist davon
auszugehen, dass prozentual betrachtet weniger Schwule im
Fußball als in der Gesellschaft zu finden sind, aber es gibt sie.
Diese Spieler führen oft ein verzweifeltes und absurdes
Doppelleben zwischen dem Machosport Fußball und den
eigenen
Bedürfnissen.
Sind
sie
zum
Beispiel
in
der
Schwulenszene unterwegs, müssen sie ständig Angst vor
Entdeckung,
Veröffentlichung
und
einem
Zwangs-Outing
haben.
Diese Spieler brauchen enorme Verdrängungsleistungen um
ihre Doppelidentitäten mit Frauen und Kindern sowie ihr
Schwul sein unter einen Hut zu bringen. Andere steigen
aufgrund der ständigen Diskriminierung schon früh aus dem
Sport aus. Im Männer-Fußball existieren Strukturen, die
Homosexualität unsichtbar und unmöglich machen.
Es ist also nicht verwunderlich, dass es offiziell keine
Schwulen im Fußball gibt. Nicht nur in den oberen Ligen des
Männerfußballs gibt es Homophobie, auch im Breitensport
spielt die Ablehnung von Homosexualität eine große Rolle.
Anders ist die Situation von Lesben im Fußball. Das es Lesben
im Fußball gibt ist nichts Neues. Es wird sogar davon
ausgegangen, dass nur lesbische Frauen Fußball spielen
können. Je besser also eine Frau Fußball spielt, umso
wahrscheinlicher ist es, dass sie lesbisch ist. Es scheint fast
17
so, als hätten sie ähnliche Fußballgene wie heterosexuelle
Männer….
Power point
Die Deutsche Nationalspielerin Lira Bajramaj, schreibt zum
Thema Homosexualität in ihrer gerade erschienen Biografie:
„Ich habe lange überlegt, ob ich das Thema Homosexualität
überhaupt in meinem Buch anschneiden soll. Doch dieser Teil
gehört zum Frauenfußball dazu wie zum Leben überhaupt und
ich wehre mich dagegen, alles immer zu tabuisieren. […] Unser
Sport ist immer noch mit Vorurteilen und Klischees behaftet.
Dadurch, dass alle immer nur unter vorgehaltener Hand reden
und nie offen damit umgehen, machen sie aus etwas ganz
Normalem etwas Anrüchiges.“ Weiter schreibt sie: „Es stört
mich auch ungemein, wenn Frauenfußball nur auf einen
>lesbischen Wuchtbrummensport< reduziert wird.“
Es ist ein offenes Geheimnis, dass viele Fußballerinnen, auch
in den höheren Klassen und in Nationalteams, lesbisch sind.
Lesbisch sein wird von der Gesellschaft eher toleriert als
Schwul sein. Und auch der Fußball der Frauen geht weniger
restriktiv mit Homosexualität um. Wobei lesbische Frauen
häufig nur als Sportlerinnen gesehen und nicht in ihrer ganzen
Persönlichkeit wahrgenommen werden. Sie werden nicht als
Lesben akzeptiert, sondern nur als Sportlerinnen.
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Mädchen und Frauen lieben den Fußballsport oft gerade aus
den Gründen, aus welchen ihnen die Teilnahme verweigert
wird. Auf dem Fußballfeld können sie sich entgegen der
traditionellen
weiblichen
Rollenmuster
und
Stereotype
verhalten. Sie können stark, mutig oder dominant sein und sich
austoben. Somit sind sie jedoch in vielen Augen keine
„richtigen Frauen“. Fußballerinnen betreiben den Sport der
Männer, den Sport, der in den meisten Ländern Europas
Nationalsport ist. Aufgrund ihrer Leistungen und ihrer Athletik
in einer kämpferischen Sportart, werden sie als Mannweiber
verschrien oder abwertend als Lesben bezeichnet, auch wenn
sie heterosexuell sind.
Verbände und Vereine wollen keine lesbischen Spielerinnen
beziehungsweise Spielerinnen die den gängigen Klischees von
Lesben
entsprechen
in
ihren
Teams.
Häufig
wird
Stillschweigen über die sexuelle Orientierung der Spielerinnen
vereinbart. Das Lesbisch sein soll im Privaten ausgelebt
werden und nicht an die Öffentlichkeit gelangen. Verbände und
Vereine achten auf die Außendarstellung ihrer Teams. Diese
sollen
möglichst
ein
„sauberes“
Bild
abgeben,
damit
Sponsoren oder ängstliche Eltern sich nicht beschweren.
1994 kam es bei einem schweizer Verein zur Auflösung eines
Frauen-Fußballteams.
Bonstetten
Der
begründete
Vorstand
die
des
Auflösung
FC
mit
Wettswilldem,
dort
praktizierten „Ausleben von >abnormen Veranlagungen<.
19
Privat sind lesbische Fußballerinnen out. Für das Team, die
Familie und Freunde muss kein Versteckspiel gespielt werden.
Öffentlich geoutet hat sich, wie bei den männlichen Kollegen
bis heute jedoch noch keine aktive Spielerin.
Lira Bajramaj schreibt dazu in ihrem Buch: „Ich bin überzeugt
davon, dass ein offenes Bekenntnis möglichen abenteuerlichen
Interpretationen die Grundlage nehmen könnte.“
Davon bin ich auch überzeugt, aber ein solches Coming Out ist
weder für eine Lesbe noch für einen Schwulen mal eben
einfach so möglich.
Der US-amerikanische Sportsoziologe Eric Anderson sagte
gerade in einem Interview mit der Zeit, dass es heute keinen
Grund mehr gibt sich zu verstecken. Anderson meint, dass
auch die Affären von heterosexuellen Spielern in der Presse
ausgewalzt werden; dass heute mit Sicherheit keine Sponsoren
mehr abspringen, wenn sich jemand outen würde. Er sagt:
"Dass Athleten so große Angst davor haben, sich zu outen, ist
in unserer Welt einfach irrational."
Aber gerade dieses irrationale ist es, was ein Outing unmöglich
macht. Irrationale Ängste zeichnen sich eben dadurch aus,
dass ich sie nicht weg reden oder schön reden kann. Sie sind
da. Und obwohl ich mich immer als offen lesbisch Lebende
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Frau bezeichnen würde, kann ich damit sehr viel anfangen. Es
gibt immer wieder Situationen, wo ich eine kleine Sekunde
überlege, bevor ich etwas sage, weil ich unsicher bin, was mein
Gegenüber sagt oder denkt. Stellen Sie sich vor, Sie sprechen
mit neuen Kolleginnen und Kollegen über das vergangene
Wochenende, als heterosexuelle Frau überlegen sie nicht und
erzählen einfach davon, dass sie mit ihrem Mann bei einer
Feier waren. Wie ist das jedoch, wenn Sie lesbisch sind?
Erzählen Sie dann auch sofort und allen davon, dass Sie mit
Ihrer Frau auf einer Feier waren? Die Angst vor Diskriminierung
und Ablehnung sitzt tief und lässt sich nicht mit ein paar
logischen Argumenten aus der Welt schaffen.
Dabei wissen die meisten, dass das jahrelange Versteckspiel
viel schlimmer ist, als zum Beispiel die gegnerischen Fans. Die
ständigen Lügen machen psychisch krank und kosten viel
Energie. Am stärksten leidet darunter die sportliche
Leistungsfähigkeit.
Power point
So sagt der gerade geoutete Rugbyspieler Gareth Thomas:
"Aus meiner Erfahrung würde ich jedem zweifelnden Fußballer
in Deutschland und England ja zu einem Outing sagen. Es war
einfach eine unglaubliche Erleichterung. Das Umfeld aus
Familie, Freunden und Mannschaft muss natürlich stimmen.“
21
Und hier sind wir bei dem Punkt angelangt, der meiner
Meinung nach am wichtigsten ist. Nicht das Coming Out sollte
im Vordergrund stehen, sondern das Umfeld der Sportlerinnen
und Sportler.
Momentan ist die Atmosphäre im Fußball, im Männer- und im
Frauen-Fußball weder auf den Rängen oder auf den Plätzen
noch in den Vereins- und Verbandsstrukturen so, dass Lesben
und Schwule sich wohl und willkommen fühlen können oder
fühlen.
Die meisten Vereine und Verbände ziehen sich beispielsweise
mit dem Argument aus der Affäre, dass es keine schwulen
Fußballer gibt beziehungsweise geben kann. Warum also
Homosexualität thematisieren, wenn es dafür keine Zielgruppe
gibt. Manche Vereine sind sogar gute negativ Beispiele: Der
Fußballer Jesus Datolo vom italienischen Erstligisten SSC
Neapel hat kürzlich für ein Schwulenmagazin posiert.
Power point
Dafür erhielt er vom Verein eine Geldstrafe. Der Verein lies
vermelden: Datolo sei nicht wegen der Bilder bestraft worden,
sondern wegen der unerlaubten Abbildung des Vereinslogos.
Auf einem der Bilder trägt Datolo ein Napoli-Shirt...
Ein weiteres Beispiel ist der Französische Fußballverein
Olympique
Marseille.
Der
Verein
verweigerte
die
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Unterzeichnung der Charta gegen Homophobie mit dem
Hinweis, keine bestimmte Art der Diskriminierung hervorheben
zu wollen. Schließlich habe man auch keine Charta gegen
Diskriminierungen
gegenüber
Juden,
Schwarzen
oder
Behinderten unterschrieben.
Es gibt zahlreiche Kampagnen von Vereinen für Fair Play und
gegen Rassismus und Gewalt. Kampagnen, die wichtig und
richtig sind. Kampagnen, die sich gegen Homophobie und für
Toleranz
gegenüber
gleichgeschlechtlichen
Lebensweisen
einsetzen, gibt es keine.
Die Fußballwelt, und leider nicht nur die, schafft es bis jetzt
immer
wieder
die
einzelnen
Diskriminierungsformen
zu
hierarchisieren: Ganz oben steht Rassismus und Gewalt, es
folgen Antisemitismus und Fremdenfeindlichkeit. All dies darf
und soll es im Stadion nicht geben. Homophobie und Sexismus
werden als Diskriminierung häufig nicht wahrgenommen
beziehungsweise werden nicht als „schlimm“ empfunden.
Womit ich wieder beim anfänglichen Dilemma angekommen
bin:
Antidiskriminierungsarbeit
im
Bereich
Homophobie
beginnt schon mit der Einsicht, dass es Homosexualität gibt,
und dass es sie auch im Fußballsport gibt. Gerade für Vereine
und Verbände stehen vielfältigste Wege zur Verfügung, sich
aktiv
gegen
Homophobie
einzusetzen.
So
sind
gerade
Trainerinnen und Trainer oder Betreuerinnen und Betreuer von
23
Teams in der besonderen Situation, ihren Spielerinnen oder
Spielern etwas über soziale Gerechtigkeit, Fairness und Vielfalt
zu vermitteln. Um Offizielle als Multiplikatoren einsetzen zu
können, muss jedoch bei ihnen mit einer engagierten
Antidiskriminierungsarbeit und der Vermittlung der Kenntnis
über Homosexualität und Homophobie begonnen werden. Nur
wenn vorhandene Stereotype und Vorurteile abgebaut werden,
kann sich die Situation für Lesben und Schwule ändern.
Selbstverständlichkeit im Umgang mit Homosexualität kann
nur erreicht werden, wenn sie zunächst thematisiert wird.
Solange dieses Thematisieren nur durch die in den 80er Jahren
entstanden schwul-lesbischen Sportvereine geschieht, wird
sich nicht viel bewegen. Zwar spielen neben dem sportlichen
Aspekt in „Homovereinen“ auch sportpolitische und politische
Ziele und der Kampf für Anerkennung und Toleranz von
„queeren“
Lebensformen
eine
wichtige
Rolle,
aber
sie
benötigen die Unterstützung von Anderen. Am besten von
Institutionen und Personen, von denen es am wenigsten
erwartet wird. Damit dürfte die größte Wirkung erzielt werden.
Hinzu kommt, dass so dem Vorwurf der Ghettoisierung, dem
Abkapseln begegnet werden kann.
Homosexualität wird weiterhin tabuisiert und als Provokation
empfunden. Ich habe Ihnen bereits zahlreiche Beispiele aus
dem Fußball geliefert um zu zeigen, wie vielfältig Homophobie
ist. Viele meinen zwar, dass dank schwuler Bürgermeister oder
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Außenminister und lesbischer Schauspielerinnen Schwule und
Lesben in der Mitte der Gesellschaft angekommen sind, aber
es gibt eindeutige Belege, die dagegen sprechen:
Power point
-Steigende Meldungen beim schwulen Überfalltelefon in Berlin
in 2009
-Die Studie „Deutsche Zustände 2009“ von Wilhelm Heitmeyer
belegt, dass Homophobie gerade bei Jugendlichen wieder viel
häufiger festzustellen ist
-Es gibt nach wie vor keine bzw. kaum geoutete homosexuelle
Spitzensportlerinnen und Sportler
-Homosexualität und Pädophilie werden immer wieder in
Zusammenhang gebracht, wobei bewiesen ist, dass solche
Übergriffe zum vorwiegenden Teil heterosexueller Natur sind.
Die Bereitschaft Jugendlicher zur Auseinandersetzung mit
Homosexualität nimmt eher ab als zu. Gerade unter männlichen
Jugendlichen ist Homophobie stärker verbreitet als noch vor
ein paar Jahren.
Um eine Bereitschaft zur Auseinandersetzung - nicht nur bei
Jugendlichen - zu erreichen müssen zu aller erst alle am
Fußball Beteiligten anerkennen, dass lesbische und schwule
Fußballerinnen und Fußballer existieren und dass nicht alle in
einem Team heterosexuell sein müssen. Selbst wenn es im
Team keine Homosexuellen gibt, gehören sie vielleicht zu
25
denen, die das Team medizinisch betreuen, die über das Spiel
berichten oder die das Fußballfeld instand halten. In diesem
Zusammenhang muss deutlich werden, dass Homosexualität
genauso
normal
und
selbstverständlich
ist
wie
Heterosexualität.
Jeder und jede kann dazu beitragen, Diskriminierung und
Homophobie im Fußball zu reduzieren, zum Beispiel schon
durch eine Sprache, die nicht automatisch annehmen lässt,
dass alle Spielerinnen und Spieler sowie ihre Trainerinnen und
Trainer dieselbe sexuelle Orientierung haben oder dadurch alle
fair und respektvoll zu Behandeln, unabhängig davon welches
Geschlecht oder welche sexuelle Orientierung sie haben.
Lesben und Schwule selbst werden weiterhin viel für ihre
Sichtbarkeit im Sport und im Fußball tun. Dies alleine genügt
aber nicht. Es braucht auch immer Unterstützung von
Organisationen und Menschen, die nicht zur diskriminierten
Gruppe gehören um Wirkung zu erzielen.
Viele wollen, dass Sport und Fußball „sauber bleiben“, dass
Fußball unpolitisch bleibt und sich aus allem heraus hält.
Meiner Meinung nach ist das schwer möglich. Sport und
Fußball hat einen bedeutenden Einfluss auf das Miteinander
von Menschen.
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Aus diesem Grund ist es wichtig, dass gerade die großen
Fußballvereine und –verbände nicht die Augen vor der
Verantwortung verschließen, die sie haben, sondern sich mit
allen
Diskriminierungsformen
die
der
Fußball
hat
und
produziert auseinanderzusetzen.
Nachdem der Präsident des Deutschen Fußball Verbandes,
Theo Zwanziger, 2006 auf einem Fankongress mit dem Problem
der Homophobie konfrontiert wurde ist der Deutsche Fußball
Verband
eine
der
führenden
Organisationen
in
der
Auseinandersetzung mit dem Thema der Homophobie im
Fußball.
Power point
Bisher wurden die unterschiedlichsten Aktionen unterstützt:
Aktionsabende gegen Homophobie in einzelnen Städten,
Paradewagen beim Christopher Street Day, Ihnen vielleicht
auch bekannt als Gay Pride, in Köln 2008 und 2009. Es gab
Postkarten zum Thema und bei einem Länderspiel im Oktober
letzten Jahres eine Flyeraktion. Diesen Flyer habe ich
mitgebracht. Darüber hinaus arbeitet der Verband daran sich
auch
intern
mit
dem
Thema
der
auseinanderzusetzen
beispielsweise
in
Weiterbildung
Trainerinnen
und
der
Homophobie
der
Aus-
Trainer
und
oder
Schiedsrichterinnen und Schiedsrichter. Diese Arbeit muss
natürlich auch in die Landes- und Regionalverbände getragen
werden.
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Mir und anderen Aktiven aus der schwul-lesbischen Szene ist
bewusst, dass damit noch lange nicht alle Probleme gelöst
sind. Ein Theo Zwanziger der das Problem erkennt und angeht
ist nicht der gesamte Deutsche Fußball. Aber ein Theo
Zwanziger ist ein Mann, den nicht nur in Deutschland viele
kennen und dem viele zuhören. Wenn durch sein Auftreten und
seine Aussagen andere angeregt werden überhaupt einmal
darüber nachzudenken, was die Lesben und Schwulen im
Fußball machen, dann ist schon viel erreicht. Und wer weiß,
vielleicht kommt das sogar in anderen Sportarten an.
Sport ist sicherlich nicht das Allheilmittel schlechthin, aber ich
bin davon überzeugt, das Sport viel bewirken kann.
Heterosexuelle, die an EuroGames teilnehmen, ein schwules
Volleyball Team, welches im Ligabetrieb teilnimmt, lesbische
Basketballerinnen, die am Turnier des Nachbarvereins beteiligt
sind, Eltern-Kind-Turngruppen, die zwar von einem lesbischen
Sportverein angeboten werden, deren Eltern aber sowohl
homo- als auch heterosexuell sind usw. All das ermöglicht
Begegnung und Kennen lernen und Miteinander und damit
auch den Abbau, nicht nur von Homophobie, sondern von
vielfältigsten Vorurteilen und Diskriminierung.
Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Tanja Walther-Ahrens
Kontakt: [email protected]
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Tanja Walther-Ahrens
Homosexualität und Homophobie in Teams
Wie tolerant und weltoffen ist Sport
tatsächlich, zum Beispiel im Fussball
Mario Basler:
„Gibt es nicht, sag ich nix dazu. Gibt es nicht.
Es gibt keine schwulen Fußballer.“
Jean Pierre Escalettes:
„Die Französische Charta gegen Homophobie
im Fußball lenkt die Aufmerksamkeit auf etwas, das
zum Glück nicht verbreitet ist.“
Mark Tewksbury
Judith Arndt
Ian Roberts
Irene de Kok
Almut Sülze:
„Zum Kern des männerbündischen Fußballsports
gehören für mich sowohl Gewalt als auch
Sexismus. Die Männlichkeit des Fußballs
funktioniert über die Abgrenzung zu Frauen und
Schwulen, die in Sexismus und
Schwulenfeindlichkeit münden“.
David Beckham:
„Being a gay icon is a great honor for me. I’m
quite sure of my feminine side, and I’ve not got a
problem with that at all. These days it’s the norm,
and it should be.”
„Als Schwuler, oh, das wäre schlimm. Schwule
spielen keinen Fußball.“
“Würde ich nicht akzeptieren wollen, weil ich gegen
solche Leute was habe.“
Marcell Jansen:
„Ich hätte damit kein Problem, so lange ich nicht
belästigt werde, weil das werde ich lieber von
Frauen.“
Ervin Skela :
„Das ist jedem seine eigene Entscheidung. Aber ich
weiß nicht, im Fußball mit so jemandem unter der
Dusche zu stehen. Ich weiß nicht, das finde ich
schon komisch.“
Lira Bajramaj
Gareth Thomas:
"Aus meiner Erfahrung würde ich jedem
zweifelnden Fußballer in Deutschland und England
ja zu einem Outing sagen. Es war einfach eine
unglaubliche Erleichterung. Das Umfeld aus
Familie, Freunden und Mannschaft muss natürlich
stimmen.“
Jesus Datolo
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Steigende Meldungen beim Überfalltelefon
Homophobie bei Jugendlichen steigt
keine geouteten SpitzensportlerInnen
Homosexualität = Pädophilie
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
[email protected]
www.eglsf.info
www.eurogames.info