Industriemeisterverband Deutschland eV Fragerecht des Arbeitgebers

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Industriemeisterverband Deutschland eV Fragerecht des Arbeitgebers
Industriemeisterverband Deutschland e.V.
Verband betrieblicher Führungskräfte
Serie Recht der Anwaltskanzlei Ledfuß
März 2014
Fragerecht des Arbeitgebers
Ledfuß Rechtsanwälte ist eine auf Arbeits- und Verkehrsrecht spezialisierte
Kanzlei. Wir betreuen und beraten unsere Mandanten bei allen
arbeitsrechtlichen Fragestellungen. Daneben bildet die Schulung und
Weiterbildung von Arbeitnehmern einen weiteren Schwerpunkt unserer
Arbeit.
Zukünftig werden wir Sie an dieser Stelle regelmäßig über aktuelle
Rechtsprechung und Trends im Arbeitsrecht informieren.
In unserem ersten Kurzbeitrag geht es um das sowohl Arbeitnehmer als
auch Arbeitgeber immer wieder bewegende Thema des Fragerechts des
Arbeitgebers. Der Arbeitgeber möchte sich Erkenntnisse über die
Arbeitnehmer verschaffen, die aus seiner Sicht für die Eingehung oder die
Durchführung
des
Arbeitsverhältnisses
von
Bedeutung
sind.
Demgegenüber möchte der Arbeitnehmer nicht allzuviel von sich
preisgeben und seine Privatsphäre schützen. In diesem Spannungsfeld
bewegt sich die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG), das
sich zuletzt mit der Frage nach einer Schwerbehinderung und der Frage
nach Ermittlungsverfahren auseinandergesetzt hat.
In seiner Entscheidung vom 16.2.2012 (6 AZR 533/10) hat das BAG die
Frage nach einer Schwerbehinderung zumindest nach Ablauf der 6monatigen Wartefrist des § 90 Abs.1 Nr.1 SGB IX für zulässig erachtet.
Dadurch soll dem Arbeitgeber ein rechtstreues Verhalten im
Zusammenhang mit seinen Pflichten zur behinderungsgerechten
Beschäftigung, Zahlung einer Ausgleichsabgabe und Gewährung von
Zusatzurlaub ermöglicht werden. Im Vorfeld einer beabsichtigten
Kündigung darf der Arbeitgeber nach der Schwerbehinderung fragen, um
den gegenüber dem schwerbehinderten Arbeitnehmer bestehenden
Sonderkündigungsschutz zu beachten. Ob die Frage in der Situation der
Vertragsanbahnung zulässig ist, musste das BAG in dieser Entscheidung
2014-03--Fragerecht des Arbeitgebers
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RA-Ledfuß / IMV .03.2014 O.Piehl
Industriemeisterverband Deutschland e.V.
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nicht beantworten. Jedoch wird sie in der Literatur seit Inkrafttreten der
EG-Gleichbehandlungsrichtlinie (2000/78/EG) und deren Umsetzung in
deutsches Recht (§ 81 Abs.2 SGB IX, § 1 AGG) allgemein für unzulässig
erachtet.
Allgemein gilt hinsichtlich der Frage nach Ermittlungsverfahren, dass die
Frage nach solchen personenbezogenen Daten vor der Eingehung eines
Arbeitsverhältnisses nur dann zulässig ist, wenn der künftige Arbeitgeber
ein berechtigtes, billigenswertes und schutzwürdiges Interesse an der
Informationsbeschaffung hat. Dementsprechend ist die unspezifizierte
Frage nach eingestellten Ermittlungsverfahren grundsätzlich unzulässig.
Dagegen kann die Frage nach anhängigen Straf- und Ermittlungsverfahren
zulässig sein, wenn bereits ein Ermittlungsverfahren Zweifel an der
persönlichen Eigung des Arbeitnehmers entstehen lassen kann (BAG
20.5.1999, 2 AZR 320/98 und zuletzt 15.11.2012, 6 AZR 339/11).
Zur immer wieder diskutierten Frage nach dem Bestehen einer
Schwangerschaft ist anzumerken, dass diese seit langem für unzulässig
erachtet wird (BAG 6.2.2003, 2 AZR 621/01). Sie erweist sich nach § 3
Abs.1 S.2 AGG als unmittelbare Benachteiligung wegen des Geschlechts.
Zwar hat das BAG die Unzulässigkeit einer Frage nach der
Schwangerschaft bislang ausdrücklich nur für den Fall einer unbefristeten
Einstellung festgestellt. Für den Fall einer nur befristeten Einstellung hat
das LAG Köln am 11.10.2012 (6 Sa 641/12) entschieden, dass weder ein
Fragerecht des Arbeitgebers noch eine Offenbarungspflicht der
Arbeitnehmerin besteht. Es folgte damit der Rechtsprechung des
Europäischen Gerichtshofs, wonach dies selbst dann gilt, wenn ein auf
weniger als neun Monate befristeter Arbeitsvertrag begründet werden soll
und feststeht, dass die Bewerberin während eines wesentlichen Teils der
Vertragszeit nicht arbeiten kann. Im konkreten Fall sollte die
Arbeitnehmerin, der das Bestehen der Schwangerschaft bei Abschluss des
Arbeitsvertrages
bekannt
war,
für
16
Monate
als
Schwangerschaftsvertretung eingestellt werden.
Im ungünstigsten Falle hat ein Arbeitgeber zwei schwangere
Arbeitnehmerinnen, die wegen eines Beschäftigungsverbots keine
Arbeitsleistung erbringen dürfen.
Yvonne Ledfuß
Rechtsanwältin
Fachanwältin für Arbeitsrecht
2014-03--Fragerecht des Arbeitgebers
Guntram Ledfuß
Rechtsanwalt
Fachanwalt für
Arbeits- und Verkehrsrecht
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RA-Ledfuß / IMV .03.2014 O.Piehl

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