Das Allgemeine Gleichstellungsgesetz

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Das Allgemeine Gleichstellungsgesetz
Das Allgemeine Gleichstellungsgesetz (AGG) und seine Bedeutung für Vereine
Mit Wirkung vom 15.08.2006 ist das allg. Gleichstellungsgesetz (ADG) in Kraft getreten. Es greift
in viele Lebensbereiche ein und ist zum Teil auch für Vereine von Bedeutung. In diesem Beitrag
sollen die wichtigsten Regelungen und seine Auswirkungen für Vereine dargestellt werden.
1.
Inhalt des Gesetzes
Ziel des Gesetzes ist, die Benachteiligung von Personen aus Gründen
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der Rasse
der ethnischer Herkunft
des Geschlechts
der Religion
der Weltanschauung
einer Behinderung
des Alters
der sexuellen Identität
zu verhindern. Derartige Benachteiligungen sind nach dem Gesetz verboten und sanktioniert,
d.h. bei Verstößen kann der Betroffene eine Beseitigung der Benachteiligung und evtl. Schadenersatz verlangen.
Der Anwendungsbereich (§ 2) erstreckt sich auf folgende Bereiche
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Arbeitswelt, insbesondere die Arbeitsbedingungen sowie die Einstellungen und Entlassungen von Arbeitskräften
den Zugang zu Berufsberatungen, der beruflichen Aus- und Weiterbildung
der Mitgliedschaft in Gewerkschaften oder Arbeitgeber-Vereinigungen
den sozialen Schutz einschließlich der sozialen Sicherheit und des Gesundheitsdienst
soziale Vergünstigungen
der Bildung
der Versorgung mit öffentlichen Gütern und Wohnraum
Auf Grund des genau beschriebenen Anwendungsbereiches wird deutlich, dass das AGG
nicht bei der Aufnahme von Mitgliedern anzuwenden ist. Basierend auf der verfassungsrechtlich garantierten Vereinsautonomie, steht es dem Verein frei, darüber zu entscheiden, wer Mitglied werden soll. Eine Ausnahme kann allenfalls bei marktbeherrschenden
Vereinen oder Verbänden gelten. Dennoch sollten die Vereine bei einer Verweigerung der
Aufnahme eines Mitgliedes Gedanken über eine Begründung der Ablehnung machen,
sofern dies nach der Satzung vorgesehen ist. Evtl. sollte die Satzung insoweit geändert
werden, dass bei einer Ablehnung keinerlei Begründung hierfür abgegeben wird. Ansonsten läuft der Verein Gefahr, im Falle einer nicht gesetzeskonformen Begründung mit
Schadenersatzansprüchen konfrontiert zu werden. Es kann nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden, dass ein Gericht das AGG dennoch
auch bei der Aufnahme von Mitgliedern im Verein für anwendbar erklärt.
Verboten ist nach § 3 AGG jede unmittelbare oder mittelbare Benachteiligung oder Belästigung
von Personen.
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Eine Benachteiligung liegt vor, wenn in vergleichbarer Situation eine Person weniger
günstig behandelt wird als eine andere Person. Eine mittelbare Benachteiligung ist gegeben, wenn Vorschriften oder Kriterien zwar neutral gefasst sind, aber dennoch Benachteiligungen bewirken können, es sei denn ein sachlicher Grund für eine unterschied-
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liche Behandlung liegt vor. Dies kann z.B. aus Gründen der Arbeitssicherheit der Fall
sein, beispielsweise beim Beschäftigungsverbot von Schwangeren in bestimmten Arbeitsbereichen.
Eine Belästigung liegt dann vor, wenn durch unerwünschte Verhaltensweisen, die Würde der betroffenen Person verletzt wird. Darunter wird ein Verhalten zu verstehen sein,
dass allgemein als Mobbing bekannt ist.
Eine sexuelle Belästigung ist gegeben, wenn von der betroffenen Person ein unerwünschtes sexuelles Verhalten gefordert wird, das diese nicht wünscht. Dazu gehören
auch „anzügliche“ Bemerkungen und Witze in Gegenwart Dritter.
Eine unterschiedliche Behandlung ist zulässig, wenn durch geeignete Maßnahmen bestehende
Nachteile verhindert oder ausgeglichen werden (§ 5). Werden beispielsweise im Arbeitsleben
Frauen bei Gehaltserhöhungen bevorzugt, kann dies gerechtfertigt sein, wenn dadurch ein Zustand erreicht wird, bei dem die Geschlechter für gleiche Arbeit auch gleichen Lohn erhalten.
Zulässig ist aber eine Differenzierung auf Grund „beruflicher Anforderungen“. Soll z.B. Damenmode vorgeführt werden, kann diese Stelle ausschließlich für Frauen ausgeschrieben werden.
2. Das AGG im Arbeitsrecht (§ 6 ff)
a) Allgemeines
Eine zentrale Stellung im AGG nimmt das arbeitsrechtliche Diskriminierungsverbot ein. Hierin
liegt eine besondere Bedeutung für Vereine, soweit diese Arbeitnehmer beschäftigen.
Der Schutz des AGG gilt allen Beschäftigten. Als Beschäftigte gelten alle Arbeitnehmer und
Auszubildende sowie arbeitnehmerähnliche Personen. Diesen Personenkreis gleichgestellt sind
alle Bewerber um einen Arbeitsplatz sowie die ehemaligen Mitarbeiter des Unternehmens. Arbeitgeber ist jede natürliche oder juristische Person (also der Verein), die die genannten Personen beschäftigt.
Zurzeit nicht geklärt ist, ob das AGG auch bei freien Mitarbeitern Anwendung findet. Nach der
Gesetzesbegründung soll das Gesetz bei diesem Personenkreis keine Anwendung finden, allerdings nimmt das AGG die Unterscheidung zwischen Arbeitnehmern und Selbständigen nicht an
Hand der üblichen Abgrenzung der Weisungsgebundenheit vor, sondern an Hand des Begriffs
der „wirtschaftlichen Abhängigkeit“. Hier könnte eine Lücke entstehen, die erst durch die Rechtsprechung gefüllt werden muss. Es besteht daher die Gefahr, dass ein Gericht einen freiberuflich selbständigen Übungsleiter als abhängig Beschäftigten ansieht und das AGG hier anwendet, auch wenn keine Sozialversicherungspflicht besteht.
Nach § 6 Abs. 3 AGG gilt das Gesetz auch bei Organmitgliedern. Es würde damit auch bei
hauptberuflichen Vorstandsmitgliedern des Vereins Anwendung finden. Eine Voraussetzung ist
aber, dass eine berufliche Aufstiegsmöglichkeit gegeben ist. Nur in diesen Fällen ist das Gesetz
zu beachten. Dies ist aber bei Vereinsvorständen in der Regel nicht gegeben, so dass hier nicht
von einer Anwendung auszugehen ist. Im Übrigen sind die Vorstände überwiegend ehrenamtlich
tätig, so es am Merkmal der Hauptberuflichkeit fehlt.
b) Die Regelungen im Einzelnen
aa) Geltung bei bestehenden Arbeitsverhältnissen
Im Arbeitsrecht besteht grundsätzlich ein generelles Benachteiligungsverbot (§ 7), dies gilt auch
bei der Ausschreibung von Stellen. Allerdings ist eine unterschiedliche Behandlung aufgrund
beruflicher Anforderungen zulässig (§ 8), dies gilt auch im Bezug auf
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die Religionszugehörigkeit (§ 9) und
das Alter (§ 10)
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Der Verein, vertreten durch den Vorstand nach § 26 BGB, muss daher darauf achten, dass keiner seiner Mitarbeiter in irgendeiner Weise benachteiligt wird. Dies gilt vor allem in Bezug auf die
Arbeitsbedingungen und die Bezahlung. Gleiche Arbeit muss auch gleich entlohnt werden. Der
Verein hat daher die Pflicht, Maßnahmen zu treffen, um Benachteiligungen zu verhindern (§ 12).
Soweit Arbeitsanweisungen vorhanden sind, müssen diese dahingehend überprüft werden, ob
sie mit dem AGG im Einklang stehen.
Der Vorstand muss aber auch darauf achten, dass Mitarbeiter nicht durch Mitglieder, z.B. durch
Abteilungsleiter, benachteiligt oder belästigt werden. Er muss also dafür sorgen, dass Personen,
die zur Aufsicht über die Mitarbeiter befugt sind, keinerlei Verstöße gegen das AGG begehen.
Werden dem Vorstand Vorwürfe wegen Mobbing oder sexueller Belästigung bekannt, muss er
sofort einschreiten und für Abhilfe sorgen, ansonsten macht er sich schadenersatzpflichtig.
bb) Ausschreibung von Stellen
Die Vorschriften des AGG sind auch bei der Ausschreibung und Besetzung von Stellen zu beachten. Stellengesuche müssen daher geschlechtsneutral erfolgen, auch dürfen keine Vorstellungen über das Alter der potenziellen Bewerber kundgetan werden. Eine Stellenausschreibung
mit dem Inhalt „Bürokraft in Teilzeit, weiblich, ca. 30 - 40 Jahre“ ist unzulässig. Es ist nur noch
möglich, die Ausschreibung völlig neutral zu formulieren (z.B. „Bürokraft in Teilzeit gesucht“).
Selbstverständlich darf die Anzeige etwas über die persönlichen Voraussetzungen (z.B. EDVKenntnisse in WORD, EXCEL etc., Buchhaltungserfahrung oder Sprachkenntnisse) enthalten,
Alter, Geschlecht oder Religionszugehörigkeit sind aber tabu. Sucht der Verein einen Übungsleiter zur Betreuung einer Herzsportgruppe darf aber auf die besonderen Voraussetzungen, die
erforderlich sind, eine solche Gruppe zu leiten, hingewiesen werden.
Im Bewerbungsgespräch dürfen Fragen zu Alter und Religionszugehörigkeit auch nicht gestellt
werden, zulässig sind nur Fragen zum beruflichen Werdegang und den beruflichen Erfahrungen.
c) Folgen eines Verstoßes
Liegt ein Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot vor, steht dem Arbeitnehmer ein Beschwerderecht (§ 13) zu. Der Arbeitnehmer muss seine Beschwerde dem Arbeitgeber vortragen können, ohne dass sich hieraus wiederum eine weitere Benachteiligung ergeben könnte. Außerdem
kann der Arbeitnehmer die Ausübung der weiteren Tätigkeit ohne Lohnverlust verweigern, wenn
der Arbeitgeber keine Maßnahmen zur Beseitigung oder Unterbindung von Benachteiligungen
bzw. Belästigungen ergreift.
Außerdem hat der Arbeitnehmer bei einem Verstoß einen Anspruch auf Schadenersatz bzw.
angemessene Entschädigung. Schadenersatz ist zu leisten, wenn dem Betroffenen tatsächlich
ein Schaden entstanden ist, eine Entschädigung gibt es, wenn es sich um einen immateriellen
Schaden handelt, beispielsweise Schmerzensgeld wegen Mobbings verlangt wird. Der Anspruch
hieraus muss innerhalb von zwei Monaten schriftlich von dem betroffenen Arbeitnehmer geltend gemacht werden. Die Frist beginnt mit der Ablehnung (bei Bewerbern) oder dem Zeitpunkt
der Kenntniserlangung (§ 14 Abs. 4).
3. Das AGG im Zivilrecht (§§ 19 ff)
a) Massegeschäfte
Das AGG gilt auch bei Geschäften des täglichen Lebens. Benachteiligungen bei so genannten
Massegeschäften (z.B. Kauf-, Reiseverträge, Restaurantbesuche etc.) und dem Abschluss einer
Versicherung sind grundsätzlich unzulässig. Verhindert werden soll, dass Menschen auf Grund
der o.g. Kriterien Angebote, die einer Vielzahl von Personen offen stehen, nicht in Anspruch
nehmen können. Die Privatautonomie, also das Recht selbst zu entscheiden, mit wm ein Vertrag
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abgeschlossen wird, wird damit eingeschränkt. Allerdings gehört die Aufnahme in einen Verein
nicht in diesen Bereich (s.o.), so dass das AGG bei der Begründung der Mitgliedschaft nicht
unbedingt beachtet werden muss (Einschränkungen s.o.).
Sofern der Verein jedoch im Rahmen des wirtschaftlichen Geschäftsbetriebes eine Gaststätte
betreibt oder Veranstaltungen oder Reisen durchführt, die jedermann offen stehen, ist dass AGG
zu beachten. Dies gilt insbesondere auch für den Zugang zu öffentlichen Veranstaltungen (Wettkämpfen, Spielen, Feiern etc.). Kunden bzw. Besucher dürfen also nicht aus den im AGG genannten Gründen zurückgewiesen werden.
b) Mietrecht
Gelegentlich vermieten Vereine auch eigene Räumlichkeiten. Das AGG findet auch im Bereich
des Mietrechtes Anwendung. Allerdings gilt die Vermietung von weniger als 50 Wohnungen
nicht als Massegeschäft im Sinne des AGG. Bei der Vermietung von einzelnen Wohnungen
muss das AGG also nicht beachtet werden, was nicht bedeutet, dass in diesem Bereich diskriminiert werden darf.
Keine Anwendung findet das AGG bei Schuldverhältnissen, die ein besonderes Nähe- und Vertrauensverhältnis begründen. Bei Mietverhältnissen gilt dies insbesondere dann, wenn der Vermieter bzw. Angehörige auf demselben Grundstück wie die zu vermietende Wohnung wohnen,
also bei Mietwohnungen, die sich auf dem Vereinsgelände befinden.
c) Ausnahmen
Ausnahmen von dem Benachteiligungsverbot können
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zur Vermeidung von Gefahren
zum Schutz der eigenen Intimsphäre
und bei Religionsgemeinschaften
gemacht werden (§ 20).
d) Folgen einer Verletzung
Im Falle einer Benachteiligung, die unter das AGG fällt, hat der Betroffene einen Anspruch auf
Beseitigung bei der Beeinträchtigung und Schadenersatz im Falle eines Vermögensschadens ist
diese als in Geld zu erbringen (§ 21).
Die Beweislast für eine Benachteiligung liegt zunächst beim Antragssteller, dieser muss allerdings die Benachteiligung lediglich durch Indizien nachweisen. Ist dieser Nachweis erbracht,
muss die andere Partei sich exkulpieren (§ 22).

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