Alkohol im Betrieb
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Alkohol im Betrieb
Personalmanagement-Tipp Alkohol im Betrieb Woran erkenne ich einen alkoholgefährdeten Mitarbeiter? Kompetenz im Handwerk Alkohol im Betrieb — Woran erkenne ich einen alkoholgefährdeten Mitarbeiter? Vielleicht habe Sie ja in Ihrem Betrieb einen Mitarbeiter oder Kollegen bei dem Sie sich schon häufiger gefragt haben, was eigentlich mit ihm los ist. Er fällt dadurch auf, dass er weniger leistet als früher. Er kommt immer öfter zu spät zur Arbeit. Er sieht immer ungepflegter aus. Immer häufiger denken Sie darüber nach, was zu tun ist. Und Ihnen ist auch schon mal der Gedanke gekommen, dass es mit Alkohol zu tun haben könnte. Aber wer will schon einen unbegründeten Verdacht aussprechen. Also lässt man lieber die Finger davon. Mit weitreichenden Folgen für den Betrieb ... Alkoholismus ist auch ein wirtschaftliches Problem für Ihren Betrieb Durch Alkoholmissbrauch bedingte Kosten setzen sich aus einer Vielzahl von Faktoren zusammen und sind nur zum Teil direkt erfassbar. Folgen von Alkoholmissbrauch sind zum Beispiel: • Schlechte Arbeitsqualität Schon kleine Mengen Alkohol können die Leistungsfähigkeit eines Mitarbeiters beeinträchtigen. Er wird vielleicht sogar zum Sicherheitsrisiko. Man geht davon aus, dass ein Mitarbeiter mit Alkoholproblem nur etwa 75% seiner Arbeitsleistung erbringen kann. Die Kosten, die für den Betrieb dadurch entstehen, sind ca. 1,25% der gesamten Lohn- und Gehaltssumme. • Betriebsunfälle Bei 10 bis 30% der Betriebsunfälle spielt Alkohol eine Rolle. Alkoholkranke sind ca. dreimal häufiger in Betriebsunfälle verwickelt als gesunde Mitarbeiter. 2 • Fernbleiben vom Arbeitsplatz Alkoholismus führt bei Mitarbeitern häufiger als bei anderen zu entschuldigtem und unentschuldigtem Fernbleiben vom Arbeitsplatz. Sie sind hauptsächlich wegen ihrer Rauschzustände oder wegen der Folgen von langjährigem Alkoholmissbrauch wesentlich öfter arbeitsunfähig als gesunde Mitarbeiter. In deutschen Unternehmen hat man folgende Fehlzeiten bei alkoholkranken Mitarbeitern festgestellt: • 16 mal häufigeres Fernbleiben vom Arbeitsplatz • 2,5 mal häufiger krank • 1,4 mal längeres Fehlen nach Unfällen. Außerdem fallen Überstundenkosten wegen Ausfall alkoholkranker Mitarbeiter an. Ebenso häufig beeinträchtigen alkoholisierte Mitarbeiter das Arbeitsklima. Warum trinkt jemand während der Arbeitszeit? • Beruflicher Stress Wer beruflich Stress hat, sucht nach Entspannung. Das Trinken von Alkohol wirkt kurzfristig gegen den Stress. Aus dieser kurzfristigen Wirkung für den Mitarbeiter, der trinkt, entwickeln sich jedoch langfristige gesundheitliche Folgen. • Leichter Zugang zum Alkohol Steht beispielsweise in der Werkstatt immer eine Kiste Bier für den Feierabend, ist es leichter für den Alkoholgefährdeten auch mal zwischendurch etwas zu trinken. • Soziale Isolierung Arbeitet der alkoholgefährdete Mitarbeiter alleine an seiner Arbeitsstätte, dann fehlt die soziale Kontrolle. Niemandem fällt auf, dass während der Arbeitszeit getrunken wird. ................................................................................... • Kein direkter Vorgesetzter Ein Vorgesetzter erfüllt viele Funktionen für einen Mitarbeiter. Eine davon ist die Aufsichtsfunktion, die den Arbeits- und Gesundheitsschutz einschließt. Fehlt diese Rückmeldung, entsteht beim Mitarbeiter der Eindruck, Arbeits- und Gesundheitsschutz sei nicht so wichtig: Er beachtet die Vorschriften nicht mehr und trinkt am Arbeitsplatz. Ab wann ist also der Genuss von Alkohol problematisch? Wer 20 bis 30 alkoholische Getränke pro Woche trinkt, gilt als alkoholauffällig. Als ein Getränk gilt 1 Glas Schnaps, 1 Glas Wein oder eine Flasche Bier. Checkliste: Woran erkenne ich einen alkoholgefährdeten Mitarbeiter ? Fehlzeiten • • • • häufig einzelne Fehltage Entschuldigung für Fehltage durch andere (z.B. Partner) Aufrechnung von Fehltagen gegen Urlaub unbegründete Abwesenheit vom Arbeitsplatz während der Arbeitszeit Leistungsminderung • • • • Starke Leistungsschwankungen abnehmende Lernbereitschaft mangelnde Konzentration Unzuverlässigkeit Verhaltensänderungen • • • • • starke Stimmungsschwankungen unangemessene Nervosität und Reizbarkeit unangemessene Gesprächigkeit oder Geselligkeit extreme Selbstüberschätzung oder Aggressivität extreme Unterwürfigkeit oder Überangepasstheit Erscheinungsbild / • Auftreten • • • • • Trinkverhalten Vernachlässigung der Körperpflege und Kleidung starkes Händezittern Schweißausbrüche Sprach- und Ausdrucksschwierigkeiten Versuch, Alkoholfahne zu tarnen (mit Pfefferminz o.ä.) Alkoholgeruch des Menschen • • • • Alkoholkonsum bei unpassenden Anlässen heimliches Trinken heimliche Alkoholvorräte demonstrative Vermeidung von Alkohol mit alkoholfreien Getränken • Herunterspielen der Trinkmenge • Erfinden von Alibis für den Alkoholkonsum .................................................................................... 3 Alkoholmissbrauch im Betrieb Was Sie wissen sollten... Alkoholverbot Ein generelles gesetzliches Alkoholverbot gibt es nicht. Haben Sie in Ihrem Betrieb einen Betriebsrat, können Sie ein allgemeines Alkoholverbot im Betrieb nur mit Zustimmung des Betriebsrates anordnen. Sie können auch einzelvertraglich ein Alkoholverbot mit Ihren Mitarbeitern vereinbaren. Aber Sie dürfen nicht ohne Sachgründe einzelne Mitarbeiter in das Verbot einbeziehen oder ausschließen. Achtung: Die Mitbestimmung des Betriebsrates kann nicht durch einzelvertraglich vereinbarte Alkoholverbote aufgehoben werden. Alkoholkontrollen Der Betriebsrat hat auch Mitbestimmungsrecht bei der Einführung von Kontrollmechanismen. Der Einsatz technischer Hilfsmittel kommt außerdem nur mit dem Einverständnis des Betroffenen selbst in Betracht. Eine Ausnahme kann es für den Einsatz von Atemmessgeräten geben, wenn es sich um einen alkoholsensiblen Arbeitsplatz handelt und Kontrollen im Interesse der Belegschaft z.B. bei Kranführern sind. Auf Grund Ihrer Fürsorgepflicht müssen Sie dem Mitarbeiter bei Anzeichen einer Alkoholisierung Gelegenheit geben, durch entsprechende Tests den Vorwurf auszuräumen. Einstellung neuer Mitarbeiter Nach „normalen“ Trinkgewohnheiten dürfen Sie den Bewerber nicht fragen. Anders bei Alkoholismus. Das ist eine Krankheit, die die Eignung des Bewerbers für eine bestimmte Arbeit beeinträchtigen kann oder sogar ausschließt. Der Arbeitnehmer muss in diesem Fall seine Alkoholabhängigkeit offenlegen. Kündigung bei Alkoholmissbrauch Sie können fristgemäß verhaltensbedingt kündigen, wenn der Arbeitnehmer nicht Alkoholiker ist, aber bedingt durch seinen Alkoholmissbrauch Fehlverhalten zeigt. Typisches Fehlverhal- 4 ................................................................................... ten sind z.B. Leistungsminderungen, Nichtbefolgen von Arbeitsanweisungen oder Störungen der Betriebsordnung. Vor der verhaltensbedingten Kündigung ist eine Abmahnung erforderlich. Sie müssen dem Mitarbeiter hinreichend Gelegenheit und Zeit geben, sein Verhalten zu ändern. Kündigung bei Alkoholerkrankung Arbeitsrechtlich ist von einer Krankheit auszugehen, wenn der gewohnheitsmäßige und übermäßige Alkoholgenuss trotz besserer Einsicht nicht aufgegeben oder reduziert werden kann und eine psychische und physische Abhängigkeit vom Alkohol besteht. In diesem Fall kommt nur eine personenbedingte Kündigung in Betracht. Eine verhaltensbedingte Kündigung kommt nicht in Betracht, weil das Fehlverhalten des Arbeitnehmers bei krankheitsbedingter Leistungsminderungen aus rechtlicher Sicht nicht von seinem Willen abhängt. Bei langjährig beschäftigten Mitarbeitern sollten Sie den Kündigungsgrund in einem Personalgespräch ansprechen und die Alternative Therapie anbieten. Entgeltfortzahlung Ein Mitarbeiter verliert seinen Anspruch auf Entgeltfortzahlung, wenn ihn an der Arbeitsunfähigkeit ein Verschulden trifft. Ein Verschulden ist anzunehmen, wenn z.B. ein Verkehrsunfall auf alkoholbedingte Fahruntüchtigkeit zurückzuführen ist oder jemand wegen Alkoholmissbrauch eine Treppe herunterstürzt. Anders ist die Lage bei einer Alkoholerkrankung. Bei einer Alkoholerkrankung kann nicht ohne weiteres von einer verschuldeten Arbeitsunfähigkeit ausgegangen werden. Eine selbstverschuldete Arbeitsunfähigkeit liegt wiederum dann vor, wenn ein Arbeitnehmer nach durchgeführter Entziehungskur erneut rückfällig wird. Versicherungsschutz Alkoholmissbrauch schließt den Versicherungsschutz nicht in jedem Fall aus. Unter Alkoholmissbrauch eingetretene Unfälle sind nur dann nicht versichert, wenn der Alkohol die rechtlich alleinige Ursache war. Nur wer so betrunken ist, dass er zu seiner Arbeit nicht mehr fähig ist, ist nicht mehr versichert. .................................................................................... 5 Was können Sie tun? Sie müssen mit dem Betroffenen reden, und das ist oft der schwerste Schritt. Bei fortgeschrittenem Alkoholismus ist der Mitarbeiter nicht mehr in der Lage, sein Alkoholproblem zu erkennen. Er leide nicht unter seinem Alkoholkonsum. Wer eine Verhaltensänderung bei seinem Mitarbeiter bewirken will, muss mehrere Gespräche mit ihm führen. In der Praxis erprobt ist der 5-Stufen-Plan: Stufe 1 Feststellen des Alkoholproblems Schreiben Sie Auffälligkeiten im Verhalten des Mitarbeiters bezüglich Arbeitsleistung, Arbeitsverhalten und Anwesenheit jeweils mit Ort, Datum und Uhrzeit auf. Falls Sie eine Stellenbeschreibung haben, vergleichen Sie die Aufgaben mit den tatsächlichen Leistungen. Erkundigen Sie sich nach Hilfsangeboten, wie ambulanten und stationären Betreuungs- und Behandlungsmöglichkeiten. Stufe 2 Stellen Sie den Mitarbeiter mit seinem Alkoholproblem und treffen Sie Vereinbarungen! Machen Sie Ihrem Mitarbeiter klar, dass Sie bestimmte Verhaltensweisen nicht tolerieren werden. Sie sollten bei diesem ersten Gespräch folgendes beachten: Nur betriebliche Aspekte einbringen Als Chef beurteilen Sie nur die berufliche Leistung und das Arbeitsverhalten des betroffenen Mitarbeiters. Solange der private Konsum keine Auswirkungen auf die Arbeitssituation hat, sollten Sie es nicht erwähnen. Tatsachen vortragen, keine Gerüchte Vermeiden Sie Sätze wie: „Mir ist zu Ohren gekommen, dass..“ und „ Auch andere haben schon gesagt, dass....“. 6 Konfrontieren Sie den Betroffenen nur mit Tatsachen auf Grund Ihrer Aufzeichnungen. Dadurch merkt der Mitarbeiter, dass er Ihrem Urteilsvermögen vertrauen kann. Klare Vereinbarungen treffen Dem Mitarbeiter muss am Ende klar sein, dass Sie die gemachten Vereinbarungen (z.B. absolute Nüchternheit) überprüfen und dass die geplanten Konsequenzen erfolgen werden. Konsequenzen können sein: Schriftliche Abmahnung, Streichung von Zulagen, Aufsuchen einer Suchtberatungsstelle etc. Stufe 3 Erste Abmahnung, falls der Mitarbeiter sich nicht an die Vereinbarung hält Überprüfen Sie zu einem fest vereinbarten Gesprächstermin, ob der Mitarbeiter sich an die Auflagen hält. Falls nicht, seien Sie konsequent und mahnen ihn sofort nach einer Auffälligkeit ab. Er muss merken, dass es Ihnen ernst ist mit Ihrer Sorge um ihn und um die Sicherheit des Betriebes. Stufe 4 Zweite Abmahnung, falls der Mitarbeiter sich erneut nicht an die Auflagen hält. Hat der Mitarbeiter sich wiederum nicht an die Auflagen gehalten, gibt es die zweite Abmahnung mit dem ausdrücklichen Hinweis, dass es beim erneuten Verstoß zur Kündigung führt. Bieten Sie ihm noch mal Ihre Unterstützung an. Der Mitarbeiter soll im Gespräch merken, dass es Ihnen nicht darum geht, ihn loszuwerden, sondern dass Sie Ihrer Pflicht als Chef nachkommen. Stufe 5 Kündigen Sie, wenn der Mitarbeiter sein Trinkverhalten nicht ändert. ................................................................................... Wenn der Mitarbeiter bis zu diesem Zeitpunkt nicht zur Einsicht gekommen ist und sein Trinkverhalten nicht geändert hat, sollten Sie ihm kündigen. Sie haben alles getan um ihm zu helfen. 6 Tipps zur Vorbeugung Zugang zum Alkohol erschweren Sorgen Sie dafür, dass kein Alkohol in der Nähe ist. Steht irgendwo eine Kiste Bier herum, greift man zum Durstlöschen schnell schon mal zu. Das kann für alkoholgefährdete Menschen zur Falle werden. Vorbildverhalten Wenn Sie selbst während der Arbeit ab und zu etwas Alkoholisches trinken, weicht die Hemmschwelle Ihrer Mitarbeiter auf. Machen Sie deutlich, dass Sie selbst während der Arbeitszeit nicht trinken und dass Sie es auch bei Ihren Mitarbeitern nicht tolerieren. Informieren Informieren Sie Ihre Mitarbeiter durch Plakate, Infobroschüren, Artikel, Mitteilungsblätter, Filme, Vorträge usw. Das steigert die Aufmerksamkeit unter den Kollegen für das Problem. Wo finde ich Hilfe? Der Arbeitsmedizinische Dienst (AMD) stellt den Betriebsarzt der Mitgliedsunternehmen der Berufsgenossenschaft. Der AMD betreut alle Betriebe ab einem Mitarbeiter, also auch Klein- und Mittelbetriebe. Bei Fragen zum Gesundheitsschutz kann er jederzeit angesprochen werden. Der Betriebsarzt im AMD erfüllt alle Aufgaben, die das Arbeitssicherheitsgesetz dem Unternehmer vorgibt und nimmt ihm darüber hinaus Verwaltungsarbeit ab. Die Kosten für diese umfassenden Leistun- Reduzierung besonders belastender Arbeitsbedingungen Stellen Sie fest, dass ein Mitarbeiter dauerhaft gestresst wirkt, überprüfen Sie seine Arbeitsbedingungen. Vielleicht gibt es ja Punkte, die sich vermeiden lassen - wie Lärmbelästigung, hoher Termindruck, schlechte Stimmung zwischen Kollegen,.. Vermeidung von Unterforderungen Wenn Menschen sich unterfordert fühlen, macht sie das unzufrieden und manche davon ertränken ihren Frust im Alkohol. Vermeidung sozialer Isolierung Achten Sie bei der Personaleinsatzplanung darauf, dass Ihre Mitarbeiter nicht zu lange ganz alleine an einer Arbeitsstätte sind. Wenn es sich nicht vermeiden lässt, kann man vielleicht dafür sorgen, dass der Mitarbeiter seine Pausenzeiten nicht alleine verbringt. gen betragen ein Tausendstel der jährlichen Lohnsumme. Der AMD ist stets über neue Entwicklungen und Erkenntnisse im Arbeitsund Gesundheitsschutz informiert. Literaturtipp Wer mehr wissen möchte zum Thema Alkohol im Betrieb, findet umfassende Informationen zu Rechtsfragen, aber auch zu den Ursachen und Lösungsansätzen bei: Dr. Peter Bengelsdorf: „Alkohol im Betrieb“, erschienen bei der Verlagsanstalt Handwerk in Düsseldorf. .................................................................................... 7 I M P R E S S U M Stand: März 2003 Herausgeber: Management-Center Handwerk (MCH) der Landes-Gewerbeförderungsstelle des NRW Handwerks (LGH) Tel: 0211 30108-333 Fax: 0211 30108-530 http://www.mch.de Geschäftsführer: Dipl.-Volkswirt Reiner Nolten stv. Geschäftsführer: Dipl.-Ök. Jürgen-Johannes Lau Redaktion: Claudia Stemick M.A. Autorin: Dipl.-Päd. Ulla Habelt Produktion: Wohlfeld und Wirtz, Duisburg Foto: PhotoDisc Das Projekt ist finanziert mit Mitteln der Europäischen Union (EFRE) und des Landes NRW.