alkoholkrankheit - Blaues Kreuz Wien

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alkoholkrankheit - Blaues Kreuz Wien
ALKOHOLKRANKHEIT
Diagnostik - Therapie - Abstinenz
Zusammengestellt von
Hermann HOFSTETTER
Alkoholkrankheit
Klassifikation nach ICD-10
F 10.2: Psychische- und Verhaltensstörungen durch Alkohol
(Abhängigkeitssyndrom)
ICD-10 online (WHO-Version 2006)
Eine Alkoholkrankheit oder -abhängigkeit, früher auch „Dipsomanie”, „Trunksucht”,
„Alkoholsucht” oder „Alkoholismus” genannt, ist eine Abhängigkeit von der psychotropen
Substanz Ethanol. Es handelt sich um eine progressive Krankheit, in deren Verlauf sich die
Beschaffung und der Konsum von Alkohol zum lebensbestimmenden Inhalt entwickeln kann.
Typische Symptome sind der Zwang zum Konsum, fortschreitender Kontrollverlust,
Vernachlässigung früherer Interessen zugunsten des Trinkens, Leugnen des
Suchtverhaltens, Entzugserscheinungen bei Konsumreduktion, Nachweis einer Toleranz
gegenüber Alkohol (Trinkfestigkeit) sowie der Veränderung der Persönlichkeit . Der
übermäßige Konsum wird auch als Alkoholabusus oder Alkoholmissbrauch
(Alkoholkonsum mit nachweislich schädlicher Wirkung) bezeichnet, im medizinischen Jargon
manchmal auch als C2-Abusus (Ethanol ist ein C2-Körper, C steht für Kohlenstoff)).
Klassifikation und unterschiedliche Grade der Alkoholkrankheit
Das ICD-10 klassifiziert Alkohol in der Kategorie F10 „Psychische und Verhaltensstörungen
durch Alkohol”. Die Codierungen Im amerikanischen System DSM IV sind 303.90 für
Alkoholabhängigkeit und 305.00 für Alkoholmissbrauch.
Um den Krankheitswert der Störung zu betonen, aber auch um die Hemmschwellen
bezüglich Inanspruchnahme ärztlicher Hilfe abzubauen, wird in der heutigen
Beratungsliteratur weitgehend auf den in der wissenschaftlichen Literatur verwendeten
Ausdruck „Alkoholismus“ verzichtet.
Die Alkoholkrankheit kann bereits durch den regelmäßigen Konsum kleinerer Mengen
beginnen. Nicht immer fallen die Betroffenen durch häufige Rauschzustände auf. Die
Alkoholkrankheit eines Betroffenen ist nicht immer nach außen hin bemerkbar. Ist der
Betroffene weiterhin leistungsfähig, spricht man von einem funktionierenden Alkoholiker. Die
Alkoholkrankheit verläuft relativ unauffällig und langsam (meist über mehrere Jahre hinweg).
Den erkrankten Personen wird die Schwere ihrer Erkrankung oft nicht bewusst und von den
Süchtigen wird diese oft ganz negiert.
Noch immer sind Männer weitaus häufiger betroffen als Frauen. Von den mehr als 4,3
Millionen Alkoholabhängigen in Deutschland sind ca. 70 Prozent Männer, wobei die Tendenz
bei Frauen steigend ist. Auch beginnt der Krankheitsverlauf bei Männern meist früher:
Während Frauen im Regelfall erst im mittleren Lebensalter beginnen, auffällig zu trinken,
sind bei Männern die Anfänge eines exzessiven Trinkverhaltens meist schon in der frühen
Jugend erkennbar.
Wegen des hohen Abhängigkeitpotentials von Ethanol wird häufig der ausnahmslose
Verzicht auf alkoholische Getränke, Speisen, Medikamente etc. propagiert. Um dieses Ziel
zu erreichen, braucht man Unterstützung, etwa durch Selbsthilfegruppen und
Psychotherapien.
Übermäßiger Alkoholkonsum kann schwere und bleibende psychische und körperliche
Folgeerkrankungen verursachen. Die Alkoholkrankheit verläuft nicht selten tödlich,
wenngleich die direkten Todesursachen meist durch die Folgekrankheiten (Leberzirrhose
und multiple Organschädigungen, Herzinfarkt, Demenz) bedingt sind.
Krankheitsverlauf und -bild
Es gibt keinen einheitlichen Krankheitsverlauf. Die Vorstellung von einer Alkoholabhängigkeit als ein einheitlich verlaufender, chronisch-progredienter, schließlich zu
sozialem Abstieg oder Tod führender Erkrankung hat sich als falsch erwiesen. Es wird
allerdings aus Gründen der Vollständigkeit der Ansatz von Jellinek dargestellt, welcher heute
aber nur noch historischen Wert hat.
Ursprünglich angenommener Krankheitsverlauf (nach Jellinek)
Der amerikanische Physiologe Elvin Morton Jellinek formulierte 1951 ein bis heute weit
verbreitetes Modell vom Verlauf der Alkoholkrankheit. Hierbei werden vier Phasen
unterschieden:
Symptomatische Phase
Der Beginn des Konsums alkoholischer Getränke ist immer sozial motiviert. Im Gegensatz zu
durchschnittlichen Trinkern empfindet der spätere Alkoholiker befriedigende Erleichterung,
entweder weil seine inneren Spannungen größer sind oder er – im Gegensatz zu anderen –
nicht gelernt hat, mit diesen umzugehen. Anfangs schreibt der Trinker seine Erleichterung
eher der Situation zu (lustige Gesellschaft) als dem Trinken. Er sucht Gelegenheiten, bei
denen beiläufig getrunken wird.
Im Laufe von Monaten bis Jahren lässt seine Toleranz für seelische Belastungen so sehr
nach, dass er praktisch tägliche Zuflucht im Alkohol sucht. Da er nicht offen betrunken ist,
erscheint sein Trinken weder ihm noch seiner Umgebung verdächtig. Mit der Zeit erhöht sich
die Alkoholtoleranz. Der Alkoholiker entwickelt einen gesteigerten Bedarf. Nach weiteren
Monaten bis Jahren geht das Stadium vom gelegentlichen zum dauernden Erleichterungs/Entlastungstrinken über. Für die gleiche Wirkung wird immer mehr Alkohol benötigt.
Vorläufer-Phase
In der Vorläufer-Phase (prodromale Phase) der Abhängigkeit können plötzlich
Erinnerungslücken, Amnesien ohne Anzeichen von Trunkenheit auftreten. Der Trinker kann
Unterhaltungen führen und Arbeiten leisten, sich aber am nächsten Tag tatsächlich nicht
mehr erinnern. Bier, Wein und Spirituosen hören auf Getränke zu sein, werden zur dringend
benötigten Droge („Medizin“). Dem Trinker wird allmählich bewusst, dass er anders trinkt als
andere. Er beginnt, sich zu schämen und vor Beurteilung durch andere zu fürchten. Er trinkt
heimlich bei geselligen Gelegenheiten und legt sich Verstecke mit größeren Alkoholvorräten
an. Der Alkoholiker denkt dauernd an Alkohol. Wegen der verstärkten Abhängigkeit tritt das
„gierige Trinken“ auf, das Herunterkippen des oder der ersten Gläser. Der Alkoholiker spürt,
dass etwas nicht stimmt und entwickelt Schuldgefühle und Scham wegen seiner Trinkart. Er
vermeidet Anspielungen auf Alkohol und Trinkverhalten in Gesprächen.
Oft verdrängt er eigentliche Bedürfnisse und/oder ist zu depressiv, etwas zu ändern. Teils
entlähmt der Alkohol, hilft, wie gehabt zu funktionieren.
Der Alkoholkonsum ist bis hierhin schon sehr hoch, fällt aber nicht besonders auf, da er zu
keinem deutlichen Rausch führt. Diese Phase endet mit „zunehmenden Gedächtnislücken“.
Durch die täglichen Betäubungen mit Alkohol verändern sich Nerven- und
Stoffwechselvorgänge. Die körperliche Leistungsfähigkeit und Abwehrkräfte nehmen
langsam ab. Es kommt häufiger zu Erkältungskrankheiten oder Kreislaufstörungen.
Die kritische Phase
In der kritischen Phase erleidet der Kranke Kontrollverluste. Schon nach dem Konsum
kleiner Mengen Alkohols entsteht ein intensives Verlangen nach mehr, das erst endet, wenn
der Trinker zu betrunken oder zu krank ist, um mehr zu trinken (Craving). Ein Rest von
Kontrolle besteht noch. Der Betroffene versucht, sich zu „beherrschen“. Er verspricht
Abstinenz und versucht, sie auch einzuhalten, scheitert damit aber auf Dauer. Er sucht
Ausreden für sein Trinken. Jeder Kontrollverlust habe einen guten äußeren Grund gehabt.
Die Erklärungsversuche seines Verhaltens sind ihm wichtig, da er außer dem Alkohol keine
anderen Lösungen seiner Probleme kennt. Parallel erweitert sich ein ganzes
Erklärungssystem, das sich auf das gesamte Leben ausdehnt. Er wehrt sich damit gegen
soziale Belastungen. Wegen seiner Persönlichkeitsveränderung entstehen immer häufiger
Konflikte mit der Familie. Der Süchtige kompensiert sein schrumpfendes Selbstwertgefühl
durch gespielte übergroße Selbstsicherheit nach außen.
Das Erklärungssystem und die Konflikte isolieren den Kranken zunehmend. Er sucht aber
die Fehler nicht bei sich, sondern bei den anderen und entwickelt ein auffälliges Verhalten.
Als Reaktion auf den sozialen Druck durchlebt mancher Kranke Perioden völliger Abstinenz.
Er versucht eine andere Methode, sein Trinken zu kontrollieren. Er ändert das Trinksystem
und stellt Regeln auf (nur bestimmte Alkoholarten an bestimmten Orten zu bestimmten
Zeiten). Dabei trifft er oft auf mangelndes Verständnis seiner Umgebung („ein Bier ist doch
o.k.“, „Ein Gläschen in Ehren kann niemand verwehren…“). Der Trinker „verliert das
Interesse“ an seiner Umgebung, richtet seine Tätigkeiten nach dem Trinken aus und
entwickelt ein auffallendes Selbstmitleid. Die soziale Isolation und die Verstrickung in Lügen
und Erklärungen sind besonders auffällig.
Das Familienleben ändert sich. Die Familie, die den Trinkenden oft noch „deckt“ (CoAlkoholismus, Co-Abhängigkeit), isoliert sich gesellschaftlich oder – ganz im Gegenteil –
flüchtet sich vor dem häuslichen Umfeld in ausgiebige Aktivitäten. Der Alkoholiker reagiert
mit grundlosem Unwillen. Wenn der „Stoff“ fehlt, startet er abenteuerliche
Beschaffungsversuche. Er versucht, seinen Vorrat zu sichern, indem er Alkohol an den
ungewöhnlichsten Orten versteckt. Körperliche Folgen treten auf, wie Händezittern,
Schweißausbrüche und sexuelle Störungen wie Impotenz.
Die chronische Phase
Die chronische Phase endet in der Zerstörung des Menschen. Der Alkoholiker baut ethisch
ab, Rauschzustände werden länger.
Bei einigen treten alkoholische Psychosen wie Schizophrenie auf. Der Betroffene trinkt mit
Personen weit unter seinem bisherigen sozialen Niveau. Falls keine alkoholischen Getränke
verfügbar sind, konsumiert er unter Umständen sogar vergällten Alkohol (z. B. Brennspiritus,
siehe unter Ethanol).
Ein Verlust der Alkoholtoleranz fällt auf, der Alkoholiker verträgt weniger. Es treten
undefinierbare Angstzustände und Zittern auf. Auf die Entzugssymptome reagiert der
Alkoholiker mit zwanghaft-maßlosem Trinken. Viele Alkoholiker entwickeln unbestimmte
religiöse Wünsche. Die Erklärungsversuche werden schwächer; es kommt der Punkt, an
dem das Erklärungssystem versagt. Der Süchtige gibt seine Niederlage zu. Der Kranke
bricht zusammen, nicht wenige begehen Suizid.
Trinkt der Kranke weiter, treten im Alkoholdelirium Alkoholpsychosen mit Halluzinationen,
Stimmenhören, Angst, Desorientierung auf. Die schwerste Folge ist das lebensgefährliche
Delirium tremens, das bei plötzlichem Alkoholentzug auftreten kann. Jetzt werden auch
Schizophrenie oder Epilepsie mit lebensbedrohlichen Zuständen offensichtlich. In dieser
Endphase ist der Kranke am ehesten bereit, Hilfe anzunehmen. Eine Einweisung in eine
spezielle Entgiftungsklinik ist für ihn lebensrettend – und der mögliche Einstieg in eine
Entwöhnungsbehandlung. Die Erfolgsraten sind jedoch gering, mehrfache Langzeittherapien
die Regel.
Ursprünglich angenommene Ausprägungen der Krankheit (nach Jellinek)
Auf Jellinek geht auch die gebräuchlichste Einteilung von Erscheinungsformen der
Alkoholkrankheit zurück:
Der Alpha-Typ (Erleichterungstrinker) trinkt, um innere Spannungen und Konflikte (z. B.
Verzweiflungen) zu beseitigen („Kummertrinker“). Die Menge hängt ab von der jeweiligen
Stress-Situation. Es besteht vor allem die Gefahr psychischer Abhängigkeit, da noch keine
körperliche Abhängigkeit eingetreten ist. Alphatrinker sind nicht alkoholkrank, aber gefährdet.
Der Beta-Typ (Gelegenheitstrinker) trinkt bei sozialen Anlässen große Mengen, bleibt aber
sozial und psychisch unauffällig. Betatrinker haben einen alkoholnahen Lebensstil.
Gesundheitliche Folgen entstehen durch häufigen Alkoholkonsum. Sie sind weder körperlich
noch psychisch abhängig, aber gefährdet.
Der Gamma-Typ (Rauschtrinker, Alkoholiker) hat längere abstinente Phasen, die sich mit
Phasen starker Berauschung abwechseln. Typisch ist der Kontrollverlust: Er kann nicht
aufhören zu trinken, auch wenn er bereits das Gefühl hat, genug zu haben. Auch wenn er
sich wegen der Fähigkeit zu längeren Abstinenzphasen sicher fühlt, ist er alkoholkrank.
Der Delta-Typ (Spiegeltrinker, Alkoholiker). Die Bezeichnung Spiegeltrinker bezieht sich bei
dieser Alkoholismusform auf den Blutalkoholspiegel, also die Konzentration des Alkohols im
Blut des Abhängigen; diese wird von ihm möglichst gleichbleibend im Tagesverlauf (und
auch nachts) gehalten. Dabei kann es sich durchaus um vergleichbar geringe
Konzentrationen handeln, die aber im Verlauf der fortschreitenden Erkrankung und der damit
sich erhöhenden Alkoholtoleranz ansteigen. Der Abhängige bleibt lange Zeit sozial
unauffällig („funktionierender Alkoholiker“), weil er selten erkennbar betrunken ist. Dennoch
besteht eine starke körperliche Abhängigkeit, so dass er ständig Alkohol trinken muss, um
Entzugssymptome zu vermeiden. Durch das ständige Trinken entstehen körperliche
Folgeschäden. Deltatrinker sind nicht abstinenzfähig und alkoholkrank.
Der Epsilon-Typ (Quartalssäufer, Alkoholiker) erlebt in unregelmäßigen Intervallen Phasen
exzessiven Alkoholkonsums mit Kontrollverlust, die Tage oder Wochen dauern können.
Dazwischen kann er monatelang abstinent bleiben. Epsilontrinker sind alkoholkrank.
Folgekrankheiten
Bei einmaligem Alkoholmissbrauch
Übermäßiger Alkoholkonsum schädigt den Körper auf vielfältige Weise. Ab einer gewissen
Blutalkoholkonzentration tritt eine Alkoholvergiftung ein. Der Schweregrad reicht von leichten
Rauschzuständen (0,5 bis 1,0 Promille) bis zum alkoholischen Koma.
Blutalkoholkonzentrationen von über vier Promille führen häufig zum Tode, es wurden jedoch
auch schon höhere Werte im Zuge von Verkehrskontrollen bei Autofahrern dokumentiert.
Bei chronischem Alkoholmissbrauch
Langfristiger Alkoholmissbrauch führt zu zahlreichen chronischen Folgekrankheiten.
Alkoholkonsum beeinträchtigt den Stoffwechsel, insbesondere den Fettstoffwechsel.
Typische alkoholbedingte Schädigungen der Leber sind etwa Fettleber, Alkohol-Hepatitis
und Leberzirrhose. Äußerlich können sie von Leberhautzeichen begleitet sein. Die
Bauchspeicheldrüse kann sich akut oder chronisch entzünden (Pankreatitis). Während eine
akute Pankreatitis direkt letal sein kann, kann als Folge einer chronischen Pankreatitis eine
exkretorische Insuffizienz oder ein Diabetes mellitus auftreten. Das Muskelgewebe der
Skelettmuskulatur und des Herzmuskels wird geschädigt (Alkoholische Myopathie). Weitere
Erkrankungen sind Gicht und Hormonelle Störungen. Chronischer Alkoholkonsum, oft in
Verbindung mit Fehlernährung oder Tabakkonsum, schädigt die Schleimhäute in Mund,
Rachen, Speiseröhre und Magen. Am häufigsten sind Speiseröhrenentzündungen und
Magenschleimhautentzündungen (Gastritis). Krebserkrankungen im Nasenrachenraum und
Kehlkopfkrebs sind bei Alkoholkranken häufiger als in der übrigen Bevölkerung. Besonders
hochprozentige Getränke begünstigen Speiseröhrenkrebs. Als Folge der Leberzirrhose
können sich auch Krampfadern in der Speiseröhre bilden. Die gerötete Knollennase
(Rhinophym) wird durch Alkoholkonsum nicht verursacht, aber verschlimmert.
Das Herz-Kreislauf-System ist ebenfalls betroffen. Alkoholmissbrauch kann zu
Bluthochdruck, Herzmuskelerkrankungen, Koronarer Herzkrankheit und Anämie beitragen.
Alkoholkonsum beeinträchtigt Gehirn und Nervensystem. Schon bei einzelnen Räuschen
treten Gedächtnislücken („Filmrisse“) auf. Langfristig bilden sich chronische
neuropsychologische Defizite in den Bereichen Aufmerksamkeit, Konzentration, Gedächtnis,
Lernfähigkeit, räumliches Vorstellungsvermögen, Zeitwahrnehmung und
Problemlösungsstrategien. Dazu kann es zu sozialen Störungen wie dem alkoholischen
Eifersuchtswahn und zu sexuellen Deviationen kommen.
Eine über Jahre bestehende Alkoholkrankheit führt häufig zum Absterben der Purkinjezellen
in der Kleinhirnrinde. Die Folge davon sind Ataxie und andere Symptome einer schweren
Kleinhirnschädigung. Weitere Krankheiten in diesem Zusammenhang sind das WernickeKorsakow-Syndrom, die Hepatische Enzephalopathie, die alkoholbedingte Polyneuropathie,
der alkoholische Tremor, die funikuläre Myelose, die zentrale pontine Myelinolyse, eine
allgemeine oder umschriebene Hirnatrophie, Hirngefäßschädigungen (die das Risiko für
Schlaganfälle und Hirnblutungen erhöhen), epileptische Anfälle und das Delirium tremens.
Bedingt durch die epileptischen Krampfanfälle und die damit verbundene Übersäuerung des
Muskelgewebes kann es zu einer Erhöhung des Kreatininspiegels kommen, was zu einer
irreversiblen Schädigung der Nieren führen kann.
Krankheitsursachen
Der Ausbruch einer Alkoholkrankheit basiert auf einer sogenannten „multifaktoriellen
Genese“, das heißt, nicht die genetische Veranlagung, die psychische Verfassung und das
soziale Umfeld des betroffenen Menschen als Einzelfaktoren, sondern eine nicht exakt
definierbare Verkettung maßgeblicher Lebensumstände unter zusätzlichem Einfluss von
Störfaktoren bewirken in der Regel die Entstehung der Sucht. Experten bezeichnen diese
Entwicklung als
„Bio-psycho-soziales Modell der Abhängigkeitserkrankung“
(Quelle: G.L.Engel und Thure von Uexküll)
Körper und Geist sind dabei oft nicht in der Lage, den Anforderungen der Umwelt
standzuhalten. Daher wird versucht, durch Substanzen oder Verhaltensweisen ein inneres
psychisches Gleichgewicht zu produzieren.
Diese multikausale, interaktive Entwicklung führt letztendlich zu einer schwer
beeinflussbaren Eigendynamik aus Spannungszuständen, ersten Ansätzen falscher
Verhaltensstrategien über den Missbrauch einer oder mehrerer Substanzen bis hin zum
Verlust der Kontrolle über das eigentliche Problem - die Suchtspirale beginnt sich zu drehen.
Die Suchtspirale
Lebensbewältigung
Lebensbejahung
Lebensgenuss
Auftreten innerer Spannungen,
Entwicklungsschritte,
Experimentieren, Neugier,
Sehnsüchte, Phasen der
Verunsicherung, Krisen,
Probleme
Suche nach
Strategien
Verleugnung
Scham
Stress
Verlust an
Selbstwertgefühl
Probleme
vermehren sich
ISOLATION
Kräfte für Veränderung
sind lahmgelegt
Probleme bleiben
ungelöst
Substanz oder
Verhalten als
Lösung
Gewohnheit
Suchtgefährdung
Missbrauch von
Substanzen oder
Verhalten
SUCHT
Kontrolle wird
versucht und gelingt
nicht mehr
Unangenehme
Gefühle
Einengung und
Verlust der
Wahlmöglichkeit
Substanzen oder
Verhalten werden
zur Dauerstrategie
(Quelle: Handbuch zur Suchtprävention, Drogenberatungsstelle des Landes Steiermark)
Individuelle und familiäre Ursachen
Die Hauptursache für die Erkrankung scheint in der psychosozialen Entwicklung zu liegen.
Alkohol – und Drogen allgemein – werden häufig zum Abbau innerer Spannungen
eingesetzt. Ein Grund für Spannungen entsteht, wenn das Selbstbild eines Menschen (z. B.
besonders männlich oder erfolgreich zu sein) durch gegenteilige Erfahrungen in der Realität
gefährdet wird. Drogenkonsum ist daher häufig bei Menschen zu beobachten, die dem
narzisstischen Persönlichkeitstypus entsprechen.
Allerdings werden auch genetisch verursachte Unterschiede diskutiert, etwa im
Alkoholabbau (Effizienz der Alkoholdehydrogenase) oder im Neurotransmitterstoffwechsel
des Gehirns. Grundsätzlich muss wohl wie bei vielen psychischen Erkrankungen von einer
multifaktoriellen Entstehung ausgegangen werden, die auch von der sog. Vulnerabilität
(psychische Verletzlichkeit) des Einzelnen abhängt.
Erbliche Faktoren spielen in vielen Fällen eine entscheidende Rolle. Viele Alkoholiker haben
oder hatten bereits Suchtkranke in der Familie. Wissenschaftler und Ärzte sind sich jedoch
nicht schlüssig, ob das Suchtverhalten in diesen Fällen wirklich vererbt oder eher
erlernt/abgeguckt ist. Einige Studien (vor allem durch Zwillinge) lassen jedoch vermuten,
dass die Vererbung eines erhöhten Suchtpotentials sehr wahrscheinlich ist.
Neuere Untersuchungen gehen von einer 50- bis 60-prozentigen genetischen Disposition
aus. Wissenschaftler des Nationalen Genomforschungsnetzes (NGFN) teilten in der
Fachzeitschrift „Molecular Psychiatry“ mit, dass Untersuchungen zufolge zwei Mutationen im
CRHR1-Gen die Anfälligkeit zum gesteigerten Alkoholkonsum beeinflussen. Dieses Gen ist
für ein Protein verantwortlich, welches bei der Verarbeitung von Stress und der Steuerung
von Gefühlen eine Rolle spielt. Das Risiko der Erkrankung von Kindern, deren Eltern
Alkoholiker sind und nicht bei ihnen aufwuchsen, ist etwa drei- bis viermal höher. Eine
Veränderung des MAOA-Gens scheint mit Alkoholismus, Drogenmissbrauch und
antisozialem Verhalten in Verbindung zu stehen.
Die Defizite eines Alkoholpatienten werden oft von dessen Lebenspartner und Familie
mitgetragen oder kompensiert. Meistens gewinnen Lebenspartner und Angehörige aus ihrer
Hilfeleistung eine persönliche oder gesellschaftliche Anerkennung wie auch Entwertung, und
auf lange Sicht entwickelt sich ein Ausgebranntsein, das so genannte Burnout-Syndrom. Es
kann anfangs das persönliche Selbstwertgefühl steigern und später zerstören, dazu das
Helfersyndrom. In Al-Anon wird die Alkoholkrankheit als Familienkrankheit gesehen mit
unterschiedlichsten Formen der Ermöglichung der Sucht, durch Verleugnung des Problems
selbst, wie Verleugnung von Denkmustern, Verhalten und Handlungen des Angehörigen
selbst, die die Sucht des betroffenen Alkoholikers stabilisieren und befördern. Partner, die
solchen Mechanismen unterliegen, werden auch als Co-Alkoholiker bezeichnet.
Gesellschaftliche Ursachen
Alkohol ist in vielen Kulturen eine gesellschaftlich anerkannte, einfach und billig zu
beschaffende Droge, deren Konsum in manchen Situationen geradezu erwartet wird.
Beispiele sind die „bürgerliche“ Trinkkultur (Wein, Sekt, Whisky) oder das „proletarische“
gemeinsame „Saufen“ von Bier und Schnaps. Die Grenzen sind hier jedoch fließend, so ist
beispielsweise das „Feierabendbierchen“ auch in „höheren“ Schichten eine Normalität.
Alkohol ist in vielen Nationen in den Alltag integriert. Besonders „trinkfeste“ Männer gelten
als bewundernswert männlich und erfahren. Dies erschwert die Auseinandersetzung mit dem
Problem und begünstigt Alkoholmissbrauch und Alkoholsucht.
Entwicklung der Konsumgewohnheiten
Über die letzten 3 Jahrzehnte konnte ein Rückgang des Alkoholdurchschnittskonsums
beobachtet werden. Der Anteil der Abstinenten bzw. Fastabstinenten (maximal viermal im
Jahr Alkoholkonsum) unter den Erwachsenen ist im letzten Jahrzehnt von 23% auf 31%
angestiegen, der Anteil der täglichen AlkoholkonsumentInnen von 12% auf 9% gesunken,
und der Anteil der AlkoholmissbraucherInnen hat sich von 18% auf 16% verringert.
16% der ÖsterreicherInnen (21% der Männer / 10% der Frauen) weisen problematische
Konsummuster auf, d.h. sie konsumieren Alkohol in gesundheitsschädlichem Ausmaß oder
sind an Alkoholismus erkrankt.
Der Anteil der Erwachsenen, die an Alkoholismus erkrankt sind, ist mit 5% (7,5% der Männer
und 2,5% der Frauen) zu schätzen (Querschnittdaten).
10% der ÖsterreicherInnen (14% der Männer und 6% der Frauen) erkranken im Laufe ihres
Lebens an Alkoholismus (Längsschnittdaten).
Knapp ein Drittel (31% gesamt, 24% der Männer und 38% der Frauen) lebt alkoholabstinent
oder fast abstinent (d.h., trinken maximal 4-mal pro Jahr Alkohol) und ein weiteres Drittel
(36% gesamt, 33% der Männer und 38% der Frauen) weist moderaten Alkoholkonsum auf.
Alkoholmissbrauch und Alkoholabstinenz
Reinalkoholkonsum pro Tag: Männer trinken im Durchschnitt 42g Reinalkohol und Frauen
14g Reinalkohol pro Tag.
Täglicher Alkoholkonsum: 21% der Männer und 10% der Frauen trinken täglich Alkohol.
Problematischer Alkoholkonsum inklusive Alkoholismus: 21% der Männer und 11% der
Frauen weisen problematisches Trinkverhalten auf.
Alkoholismus: 7,5% der erwachsenen Männer und 2,5% der erwachsenen Frauen sind
an Alkoholismus erkrankt.
Jugend und Alkohol
Seit vielen Jahren lässt sich der Trend beobachten, dass Jugendliche zunehmend früher
beginnen, Alkohol zu konsumieren. Dies ist als „Akzelerationseffekt" zu deuten, d.h. dass
Kinder bzw. Jugendliche immer früher reif werden und sich immer früher wie Erwachsene
verhalten und damit auch deren Konsummuster früher übernehmen. Die Interpretation dieser
beobachteten Veränderungen ist insofern besonders schwierig, als sich hier mehrere
gleichzeitig auftretende Prozesse überlagern, nämlich der „generelle Alkoholkonsumrückgang", die „Angleichung der Geschlechterrollen" und die spezifisch für diese
Altersgruppe geltende „Akzeleration".
Alkoholkonsum und Alter
Mit zunehmendem Alter wird mehr getrunken.
Anders als bei Nikotin und illegalen Drogen gibt es nur wenige ÖsterreicherInnen, die sich im
Laufe des Lebens zur Alkoholabstinenz entscheiden. Für Alkohol trifft das Gegenteil zu,
nämlich dass Konsummenge und Konsumfrequenz in höherem Alter steigen. Dies wird
jedoch bei Betrachtung der dementsprechenden Verlaufskurven nicht offensichtlich, da diese
ab ca. dem 60. Lebensjahr eine fallende Tendenz aufweisen, was einen scheinbaren
Höhepunkt des Alkoholkonsums zwischen dem 55. und 60. Lebensjahr und danach eine
Konsumreduktion nahe legt. In der Tat drückt sich in diesem Verlauf bloß die vorzeitige
Sterblichkeit der besonders starken AlkoholkonsumentInnen bzw. AlkoholikerInnen aus
(„Übermortalitätsbias"), deren Lebenserwartung um annähernd 20 Jahre reduziert ist und die
rund ein Drittel des in Österreich konsumierten Alkohols trinken.
Sterblichkeit durch Alkohol
Die Frage, wie viele ÖsterreicherInnen jährlich an den Folgen des Alkoholkonsums sterben,
ist eigentlich falsch gestellt. Korrekt müsste man fragen, wie viele Lebensjahre gehen
durchschnittlich durch Alkoholmissbrauch und Alkoholkonsum verloren. Da 10 % der
ÖsterreicherInnen im Laufe ihres Lebens an Alkoholismus erkranken und da die
durchschnittliche Reduktion der Lebenserwartung bei AlkoholikerInnen je nach Schätzung
zwischen 10 und 30 Jahre beträgt, ergibt sich, dass die durchschnittliche Lebenserwartung
aller ÖsterreicherInnen durch Alkoholismus um 1 bis 3 Jahre verringert wird.
Gesellschaftliche Folgen
Die Folgekosten der Alkoholkrankheit sind enorm, da neben den Belastungen des
Gesundheitswesens auch indirekte Kosten wie die Verluste an volkswirtschaftlicher
Produktivität durch Arbeitsunfähigkeit und Frühberentung sowie Folgekosten von
alkoholbedingten Verkehrsunfällen, Straftaten und erhöhte Scheidungsraten von
Alkoholkranken zu berücksichtigen sind.
Das Robert Koch Institut schätzte im Jahr 2002 den jährlichen volkswirtschaftlichen Schaden
für Deutschland auf 20 Milliarden Euro; andere Schätzungen belaufen sich auf 15 bis 40
Milliarden Euro. Neben diesen materiellen Kosten muss man natürlich auch die seelischen
„Kosten“ im Sinne des verursachten Leides berücksichtigen.
Diagnostik
Die ICD-10 definiert sechs Kriterien, von denen mindestens drei erfüllt sein müssen, um die
Diagnose stellen zu können:
•
•
•
•
•
•
starker Wunsch oder Zwang, Alkohol zu trinken
Kontrollverlust in Bezug auf die Menge, den Beginn oder das Ende des Konsums
körperliche Entzugserscheinungen bei Konsumstopp oder Konsumreduktion
Toleranzentwicklung
Vernachlässigung anderer Tätigkeiten, um stattdessen zu konsumieren, Alkohol zu
beschaffen, oder sich vom Konsum zu erholen
trotz nachgewiesener körperlicher Spätfolgen weiterer Alkoholkonsum
Als Screeninginstrument für den Allgemeinarzt bewährte sich das CAGE-Interview.
Mindestens zwei „Ja“ auf die folgenden Fragen weisen auf eine Alkoholabhängigkeit hin:
•
•
•
•
C = Cut down: „Haben Sie (erfolglos) versucht, Ihren Alkoholkonsum
einzuschränken?“
A = Annoyed: „Haben andere Personen Ihr Trinkverhalten kritisiert und Sie damit
verärgert?“
G = Guilty: „Hatten Sie schon Schuldgefühle wegen Ihres Alkoholkonsums?“
E = Eye Opener: „Haben Sie jemals schon gleich nach dem Aufstehen getrunken, um
‚in die Gänge zu kommen‘ oder sich zu beruhigen?“
Laborparameter
•
Enzymerhöhungen:
Da die Leber mit dem Abbau des Alkohols überfordert ist, kommt es zu einer sukzessiven
Leberschädigung durch nicht mehr (vollständig) abgebaute Stoffwechselprodukte, die in
mehreren Stadien abläuft:
•
•
•
Fettleber:
o nur allein γ-GT↑ ist erhöht
Fettleberhepatitis:
o jetzt auch Erhöhung der sog. Transaminasen:
ƒ GOT↑
ƒ GPT↑
o AP↑
Leberzirrhose:
o bei weiterer Schädigung kommt es zu einem fortschreitenden (irreversiblen)
Lebergewebeuntergang, bzw. Umbau in bindegewebiges funktionsuntüchtiges
Gewebe. Jetzt sind auch alle Stoffe erniedrigt, die die Leber herstellt, z. B.:
ƒ Albumin↓
ƒ in der Leber synthetisierte Gerinnungsfaktoren: Quick↓, Protein C↓,
Protein S↓
ƒ direktes Bilirubin↓
•
den Alkoholkonsum kann man (z. B. zur Klärung der Schuldfrage nach einem
Autounfall) nachweisen durch:
o direkte Blutabnahme oder „Blasen“ einige Stunden nach Alkoholeinnahme
o ETG↑ (Ethylenglukuronid) → Neuer, seit 2003 verwendeter, sehr
empfindlicher Kurzzeitmarker. Nachweis eines (auch einmaligen geringen)
Alkoholkonsums bis zu drei Tage, d. h., man kann damit schon den
einmaligen Konsum von einer halben Flasche Bier nachweisen, auch wenn
die Person nie zuvor oder danach je Alkohol zu sich genommen hat
o CDT↑ → Langzeitmarker (ab dem fünften bis zum ca. 21. Tag nachweisbar)
Mit CDT kann man die konsumierte Alkoholmenge in den letzten 3 Wochen
nachweisen bzw. abschätzen
•
MCV↑ (makrozytäre Anämie als Folge eines ernährungsbedingten Folsäuremangels)
Behandlungs- und Beratungsansätze
Die Behandlung bzw. in weiterer Folge die Betreuung und Beratung von Alkoholkranken
erfolgt nach einem schrittweisen Konzept.
1. Unterbrechung des Abhängigkeitsprozesses (Entzug/Entgiftung)
2. Körperliche und seelische Stabilisierung
3. Erarbeitung einer positiven Einstellung zur Suchtmittel-Abstinenz
4. Wiederaufbau bzw. Erarbeitung von Problemlösefertigkeiten ohne Einsatz von
Suchtmitteln
5. Entwicklung eines neuen Gesundheitsbewusstseins und Änderung des Lebensstils
6. Einbeziehung der Angehörigen bzw. wichtiger Bezugspersonen
7. Motivation zu einer Langzeitbetreuung
Die Schritte 1. und 2. sollten möglichst unter ärztlich/therapeutischer Begleitung erfolgen.
Für die Schritte danach eignet sich neben einer temporär befristeten ambulanten oder
stationären Therapie die Mitarbeit in einer Selbsthilfegruppe.
Entzug
Bei einem Alkoholentzug wird der Alkohol abrupt abgesetzt. Dabei können sehr heftige bis
lebensbedrohliche Entzugserscheinungen auftreten. Deshalb erfolgt die Entgiftung stationär
unter ärztlicher Aufsicht in einer speziellen Entgiftungsstation für Alkoholkranke. Dort wird
dann auch die Langzeittherapie eingeleitet und der Kontakt mit Beratungsstellen und
Selbsthilfegruppen geknüpft. Die stationäre Entgiftung dauert acht bis 14 Tage.
Entzugssymptome sind Übelkeit, Nervosität, Schlafstörungen, der starke Drang, Alkohol
trinken zu müssen („Saufdruck“), Gereiztheit und Depressionen. Ist die körperliche
Abhängigkeit schon weiter fortgeschritten, kommen zum Beispiel starkes Schwitzen, Zittern
(vor allem der Hände), grippeähnliche Symptome und - in äußerst schlimmen Fällen zerebrale Krampfanfälle, mit Zungenbiss und Halluzinationen bis zum Delirium tremens hinzu.
Um derartige Entzugserscheinungen zu vermeiden bzw. zu erleichtern, werden aber
Medikamente eingesetzt, die u.a. das Verlangen nach Alkohol herabsetzen und im Anschluss
an die Entgiftung die Abstinenz erleichtern („Campral“, „Revia“, etc.).
Fallweise erfolgt auch eine Behandlung mit „Distraneurin“ (Wirkstoff Clomethiazol) oder
eines Präparates vom Benzodiazepin-Typ (z. B. Diazepam, Clorazepat) sowie oftmals
blutdrucksenkende Mittel der Wirkstoffgruppe der Imidazoline (z. B. Catapresan). Um die
Gefahr von Entzugskrampfanfällen zu reduzieren, werden auch Antiepileptika eingesetzt.
Hat der Patient den Entzug abgeschlossen, ist sein Körper vom Alkohol entgiftet.
Therapie
Direkt anschließend an den Entzug beginnt die eigentliche Therapie. Sie besteht aus
Langzeitentwöhnung einerseits und Persönlichkeitsentwicklung und sozialem Training
andererseits. Entsprechende Therapien werden meist in speziellen Suchtkliniken
(Psychosomatische Klinik) als Langzeit- oder Kurzzeittherapie durchgeführt, seltener
ambulant. Wesentliche Methoden sind: Therapeutische Gemeinschaft, Soziales
Kompetenztraining, Selbsthilfegruppe, Reizexpositionsverfahren, Systemische
Familientherapie, bzw. in wenigen Einzelfällen Pharmakologische Aversionstherapie (z.B.
mittels Verabreichung von Disulfiram/Antabus),.
Die Therapien finden meistens in Gruppengesprächen und gelegentlich Einzelgesprächen
statt und werden von Sozialpädagogen, Psychiatern, Psychotherapeuten, Ergotherapeuten,
Heilpraktikern und Pfarrern durchgeführt. Erste Anlaufstellen für eine ambulante oder
stationäre Therapie sind Suchtberatungsstellen oder psychosoziale Beratungsstellen. Auch
die Gesundheitsämter können weiterhelfen.
Die wesentliche und notwendige Erkenntnis in der Therapie ist, dass der Zustand der
Abstinenz („Alkohollosigkeit“) unabdingbare Voraussetzung für die „Trockenheit“ ist, dass
aber die eigentliche Trockenheit durch persönliche und soziale Entwicklung erreicht wird und
dies ein lebenslanger Prozess ist.
Trockenheit bedeutet letztendlich, sich seiner „alkoholischen“ Denk- und Gefühlsstrukturen
bewusst zu werden, sie zu erkennen, zu durchschauen und zu überwinden. Vor allem,
Konflikte auszuhalten und zu lösen, ohne die Droge zu konsumieren, ist ein wichtiger Punkt.
Das Leben des „trockenen“ Alkoholikers ist auch ohne das Suchtmittel meisterbar. Trockene
Alkoholkranke können lernen, auch ohne ihre Droge ein intensives Lebensempfinden zu
erlangen. Somit muss die „Abstinenz“ für den Suchtkranken nicht unbedingt mit Verzicht des
Suchtstoffe oder Verbot für alkoholische Getränke gesehen werden. Es kann auch eine
Bereicherung seines Lebens sein, durch die Überwindung der Krankheit.
Seit vielen Jahren haben sich Selbsthilfegruppen, wie Anonyme Alkoholiker, Blaues Kreuz,
Guttempler oder Kreuzbund bewährt. Hier treffen sich in regelmäßigen Abständen trockene
Alkoholiker, die über ihr gemeinsames Problem sprechen. Beim Kreuzbund e. V. wird auch
die Familie mit einbezogen. Selbsthilfegruppen wirken außerordentlich unterstützend auf den
Therapieerfolg, in manchen Fällen können sie sogar als Alternative zur klassischen Therapie
in Betracht gezogen werden, insbesondere, wenn der Patient genügend Rückhalt durch
Familie und Freunde hat.
Alkoholabhängigkeit ist immer auch als Interaktion mit den Mitmenschen zu betrachten.
Diese sind deshalb in die Behandlung einzubeziehen. Lebenspartner, Kinder und ggf.
Kollegen spielen bei der Änderung auch des eigenen Verhaltens eine wichtige Rolle. Auch
für Angehörige und Freunde von Alkoholikern gibt es Selbsthilfegruppen, sowohl gemeinsam
mit wie auch getrennt von den Selbsthilfeangeboten für Alkoholkranke, z. B. Al-Anon.
Ambulante Therapien werden seit 1996 von Kostenträgern übernommen. Voraussetzung für
eine ambulante Behandlung ist eine mittelfristige Abstinenz von mindestens zwei bis drei
Monaten. Unabdingbar ist dabei eine soziale Einbindung (z. B. durch Arbeitsplatz, Familie,
Freundes- und Bekanntenkreis, Selbsthilfegruppe).
Medikamente
Bei Alkoholkranken ist die Übertragung vieler Botenstoffe im Gehirn gestört. Z. B. erhöht sich
die Anzahl der Glutamat-Bindungsstellen. Daher wurde versucht, durch die OpioidAntagonisten Acamprosat und Naltrexon regulierend einzugreifen und die psychischen
Entzugserscheinungen zu mildern – ein Verfahren, das bei Opioidsüchtigen bewährt ist. In
den USA wird derzeit eine injizierbare Depotformulierung von Naltrexon klinisch erprobt
(Handelsname Vivitrex ®). Schon wesentlich länger im Gebrauch ist die Substanz Disulfiram
(Antabus ®), die einen anderen Mechanismus nutzt: Durch Hemmung eines für den
Alkoholabbau wichtigen Enzyms erhöht sich bei Alkoholkonsum der Acetaldehyd-Spiegel,
was schwere Kopfschmerzen und Brechreiz auslöst und somit das Trinken unmöglich macht.
Für die Wirksamkeit von Acamprosat und Naltrexon in der Therapie der Alkoholabhängigkeit
gibt es zur Zeit die eindeutigsten Hinweise; bei Disulfiram sind die Ergebnisse weniger
eindeutig. Aktuell wird untersucht, ob auch Medikamente, die in den Stoffwechsel des
Botenstoffs Serotonin eingreifen (z. B. Fluoxetin und Ondansetron), zur Behandlung der
Alkoholabhängigkeit geeignet sind. Viele der oben genannten Medikamente werden oft auch
als Anti-Craving-Substanzen bezeichnet.
Zur Behandlung bei Suchtkrankheiten wird auch Akupunktur verwendet, allerdings bislang
ohne wissenschaftlichen Nachweis der Wirksamkeit.
Prognose
Dauerhaftigkeit der Abstinenz und Rückfall
Der Erfolg hängt meist weniger von der Art und Dauer der Therapie als von der Motivation
des Süchtigen ab. Trotzdem gilt: Je eher eine Alkoholkrankheit behandelt wird, desto besser
ist die Erfolgsaussicht. Ist der Patient einsichtig und hat er den starken Wunsch mit dem
Trinken aufzuhören, hat er recht gute Chancen. Immerhin schaffen es ca. 50 Prozent,
langfristig abstinent zu bleiben. Schwere Rückfälle machen einen erneuten Entzug mit
anschließender Therapie unumgänglich. Viele Patienten gelangen erst nach mehreren
Therapiemaßnahmen zu einer stabilen Trockenheit. Zu Rückfällen kann es nach Jahren und
sogar Jahrzehnten noch kommen. Eine Heilung im eigentlichen Sinne gibt es somit nicht. Die
Krankheit kann durch Abstinenz gestoppt, aber nicht geheilt werden.
Kontrolliertes Trinken
Vollkommene Abstinenz wird neuerdings nicht mehr als einzige Möglichkeit gesehen, der
Alkoholkrankheit entgegenzutreten. So ist es nach Davison et al. (2007) in gesellschaftlichen
Situationen durchaus hilfreich, kontrolliert trinken zu können, um eine Stigmatisierung der
Person erfolgreich zu verhindern. Auch Dawson et al. (2006) und Körkel zeigen in Ihren
Veröffentlichungen auf, dass ein gewisser (kleiner) Teil von Alkoholikern durchaus
längerfristig mit kontrolliertem Trinken ein vergleichsweise normales Leben führen können.
Auch zur Motivation einer Behandlung von jüngeren Personen mit riskantem oder
schädlichem Alkoholkonsum können offenere Trinkziele, wie zum Beispiel kontrolliertes
Trinken, oft besser geeignet sein, als die Aussicht auf lebenslange Abstinenz.
Dieses kontrollierte Trinken ist aber nur nach entsprechender Therapie und vor allem
für jüngere und weniger abhängige Trinker anwendbar.
Allerdings ist es nach Lindenmeyer (2006) problematisch, im deutschen Sprachraum diesen
Ansatz zu verfolgen, da immer noch z.B. alle wichtigen Selbsthilfegruppen die vollkommene
Abstinenz zum Ziel haben.
Das Leben ohne Alkohol
Für trockene Alkoholkranke wird durch Fachkliniken, Selbsthilfegruppen und Therapeuten
totale Abstinenz von allen alkoholischen Lebensmitteln empfohlen, weil laut
Erfahrungsberichten schon geringe Mengen Alkohol das Verlangen nach mehr entwickeln
können. So kann der alte Kreislauf von Abhängigkeit neu entstehen, manchmal reicht eine
Praline mit Alkohol aus. Das kann sogar nach Jahrzehnten der Abstinenz geschehen. Das
gilt auch für alkoholfreies Bier und andere Getränke wie Wein oder Sekt, die als alkoholfrei
verkauft werden. Diese enthalten oft bis zu 0,5 Prozent Alkohol, ohne dass das
gekennzeichnet werden muss. Hier sind jedoch Geschmack und Geruch sowie die
äußerliche Ähnlichkeit der entsprechenden Getränke die verantwortlichen Faktoren für
erneutes Alkoholverlangen. Der 0,5%ige Alkoholgehalt findet sich als natürliches
Nebenprodukt ungekennzeichnet auch in Fruchtsäften oder ähnlichen zuckerhaltigen
Getränken oder Nahrungsmitteln.
Bewältigungsstrategien für Betroffene und Angehörige
Die besten Absichten
Die besten Absichten bringen nichts wenn der andere nicht will. Erst einmal, es gibt keine
Universallösung. Aber es gibt verschiedene Strategien um die Sache anzugehen. Wichtig ist
hier, so lange die Betroffenen nicht aufhören wollen fallen alle Bemühungen auf
unfruchtbaren Boden. Es ist erwiesen das weder Drohungen noch Bettelei etwas bringen.
Aber ist der Wille wirklich da, dann besteht eine reale Chance auf ein trockenes zufriedenes
Leben für die Betroffenen.
Tipps für Betroffene (Nass)
- Gestehen Sie sich ihr Problem ein auch wenn es schwer fällt und Sie über ihren eigenen
Schatten springen müssen.
- Begreifen Sie das sie nicht Willenlos und Schwach sind. Sie sind Krank.
- Suchen Sie sich einen Menschen dem Sie unbedingt vertrauen und reden Sie mit ihm über
Ihr Problem. Dieser Mensch kann ein Angehöriger, ein Freund, ein Arzt, ein Pfarrer aber
auch ein Mitarbeiter einer Beratungsstelle sein.
- Haben Sie keine Angst und schämen Sie sich nicht. Niemand wird Sie belächeln,
auslachen oder verachten nur weil Sie Krank sind.
- Versuchen Sie sich ein Ziel vor Augen zu halten. Also Gründe warum es wichtig für Sie ist
mit dem Trinken aufzuhören. Das kann die Familie sein, die eigenen Kinder, die Gesundheit,
der Beruf etc.
- Fertigen Sie eine Liste an mit Vor- und Nachteilen. Also was ist gut für mich und
was ist schlecht für mich wenn ich weiter trinke. Fällt Ihnen das schwer so machen sie
dies mit einem Menschen dem Sie vertrauen.
- Auch wenn es beim ersten Mal nicht klappt, stehen Sie auf und versuchen es erneut.
- Nehmen Sie Kontakt zu einer Selbsthilfegruppe auf. Seien sie ehrlich zu sich selbst.
- Versuchen Sie nicht auch noch das Rauchen sein zulassen. Konzentrieren Sie sich erst
einmal auf die eine Sache. Es wird schwer werden, aber nicht unmöglich sein.
Tipps für Betroffene (Trocken)
- Suchen Sie sich einen neuen Freundeskreis, es sei den Ihre alten Freunde verstehen
sie und können damit umgehen.
- Versuchen Sie ihre alten Hobbys aufleben zu lassen. Suchen Sie sich alternativ dazu etwas
Neues was Ihnen Freude macht und worin Sie Erfüllung finden.
- Vermeiden Sie Dinge wo die Gefahr einer Suchtverlagerung besteht. Sie haben
nichts gekonnt wenn Sie zwar Trocken sind aber dafür dann Spielsüchtig werden oder
Drogen konsumieren.
- Belohnen Sie sich von Zeit zu Zeit, sie haben es sich verdient.
- Stellen Sie für sich einen Notfallplan auf falls Sie Saufdruck bekommen. Das kann z.B. eine
Telefonliste mit Nummern von Freunden oder Bekannten sein, die Ihnen im Ernstfall helfen
auf andere Gedanken zu kommen. Hier muss man schauen was einem helfen könnte.
- Setzen Sie für sich selbst eine Grenze im Umgang mit Alkohol bei Feierlichkeiten
oder anderen Anlässen. Also in wie weit ertrage ich es wenn andere in meinem
beisein Alkohol konsumieren. Vorsicht - Gratwanderung!
- Brechen Sie rigoros mit alten Gewohnheiten bei denen früher Alkohol konsumiert
wurde. Gerade am Anfang ist die Gefahr eines Rückfalles hier sehr hoch.
- Wenn Sie dazu in der Lage sind dann reden Sie stets offen über Ihre Krankheit. Wer damit
nicht umgehen kann soll es bleiben lassen. Sie vermeiden damit das Ihnen wo Sie gehen
und stehen Alkohol angeboten wird.
- Halten Sie sich stets Ihr früheres Leben vor Augen als Sie noch getrunken haben.
Man muss vor dem Alkohol keine Angst haben, aber ein gesunder Respekt ist auch
nach Jahren noch angebracht. Die meisten Rückfälle entstehen weil viele einfach vergessen
haben was der Alkohol mit ihnen früher angerichtet hat.
- Sollten Sie trotz allem einen Rückfall haben, dann gestehen Sie sich diesen auch ein und
holen sie sich umgehend Hilfe. Analysieren Sie selbst warum sie gerade jetzt getrunken
haben und entwickeln Sie Strategien um dies für die Zukunft zu vermeiden. Ein Rückfall ist
nicht schlimm, wird er aber nicht aufgearbeitet war ihre ganze Mühe bis hierher vielleicht
umsonst und Sie müssen von vorn anfangen.
- Suchen und halten Sie den Kontakt zu einer Selbsthilfegruppe. Man kann mit
anderen Betroffenen besser über manche Sachen reden als mit Außenstehenden.
Tipps für Angehörige
- Haben Sie viel Geduld, aber gestehen Sie sich auch eine Niederlage ein.
- Reden sie ruhig, klar und bleiben Sie sachlich.
- Sprechen Sie stets in der "Ich" - Form. Vermeiden sie Anschuldigungen.
- Konfrontieren Sie die Betroffenen mit realen Tatsachen. Rütteln Sie sie wach.
- Machen sie keine Versprechen die Sie nicht einhalten können.
- Denken Sie stets daran das der Betroffene eine emotionale Achterbahn durchfährt.
Seien Sie einfühlsam.
- Holen Sie sich selbst Hilfe bei einer Beratungsstelle oder ähnlichem.
- Achten Sie darauf nicht selbst an dem Problem zu zerbrechen. Manchmal kann man nur
noch loslassen, auch wenn es einem selber schmerzt.
- Werden Sie nicht Co- Abhängig. Sie können Hilfestellung geben, lösen muss der
Betroffene das Problem allein.
Dies hier soll nur eine Hilfestellung sein. Sicher kann man hier noch eine ganze Reihe
anderer Tipps geben. Betroffene werden wissen was ich meine. Manchmal muss man ganz
einfach für sich selbst eine Strategie entwickeln mit der man am besten klar kommt und die
einem hilft.
Rückfallprävention nach einer Alkohol - Entzugstherapie
Leitfaden für Angehörige
Wenn der/die Betroffene aus dem Krankenhaus oder aus einer Entwöhnungsbehandlung,
einer Therapie, etc. nach Hause, sollten Sie über Alkoholismus informiert sein. Sie sollten
wissen, was für eine Krankheit das ist, wie sie wirkt und was sie noch anrichten kann.
¾ Sie sollten daheim den Haushalt alkoholfrei halten, auch dann wenn der/die
Betroffene meint, das sei nicht notwendig. Wenn sie glauben, das sei nicht möglich
wegen Onkel Fred und Nachbar Karl: Wenn jemand zuckerkrank ist, machen Sie ihm
dann eine Sahnetorte zum Frühstück und stellen sie ihm ständig die geliebten
Pralinen vor die Nase? Griffnähe sollte vermieden werden, auch wenn man glaubt,
man habe alles im Griff - vielleicht kommt der Tag, an dem man mal nicht alles im
Griff hat. Denken Sie mal nach, wie war das mit der Schokolade im Schrank - nur ein
Stückchen ???
¾ Verzichten auch Sie einstweilen auf alkoholisches. Auch wenn der Partner sagt, das
sei nicht nötig! Damit haben Sie doch keine Probleme? Oder? Es kommt in der
Zukunft wieder der Tag, an dem Sie schon mal ein Eis mit Schuss essen können.
Das springt nicht so ins Gesicht wie ein Glas Bier und mit dem nächsten Kuss warten
sie dann ein paar Minuten, ja? Aber bis dahin ist noch ein weiter Weg.
¾ Sagen Sie nicht <<Alkohol ist DEIN Problem, das geht mich nichts an.>> Bei jeder
anderen chronischen Krankheit würden Sie das wohl auch nicht tun. Oder etwa
doch?? Partner sein bedeutet doch, auftauchende Probleme gemeinsam bewältigen.
Also interessieren Sie sich für Schwierigkeiten und Nöte, stellen Sie fest, ob Sie
etwas dafür tun können, dass die Trockenheit nicht so schwer fällt. Aber kontrollieren
Sie nicht alles und jedes. Ein wenig Normalität sollte bald einziehen können. All
zuviel Misstrauen macht neue Probleme.
¾ Fragen Sie gezielt nach Rückfall-Prävention. Wurde in der Klinik erarbeitet, wie der
persönliche Notfallplan im Falle eines Falles aussieht? Akzeptieren Sie
bedingungslos, wer als persönlicher Ansprechpartner für den Fall des Falles
angegeben wurde. Nörgeln Sie nicht, wenn Sie es nicht sind. Das ist nämlich
wahrscheinlich der Fall. Meist kann man in einer schwierigen Situation mit
Außenstehenden viel einfacher reden. Seien Sie froh, wenn überhaupt so ein Plan
existiert und Sie - wenn es darauf ankommt - den schwierigen Part an den
Ausgesuchten abgeben können. Lassen Sie sich den Notfall-Plan erklären - vielleicht
müssen Sie im Falle eines Falles den/die Betroffene daran erinnern, oder es ist sogar
Ihre Aufgabe, den Ausgesuchten zu informieren und alles Weitere an ihn abzugeben.
Fragen Sie präzise - WEISS der Ausgesuchte davon, dass er zum Notfallhelfer
erkoren wurde? Wenn ja, kennt er sich ein bisschen aus? Wenn er nichts davon weiß
- wieso? Muss das nachgeholt werden?
¾ Machen Sie eine Notfallplan für sich selbst. Überlegen Sie so realistisch wie möglich
- wenn der Fall des Falles eintritt, wenn dieser Mensch wieder mit dem Trinken
beginnt - was werden Sie tun? Gemeint ist nicht ein kurzer Ausrutscher, der schnell
wieder aufgefangen ist. Wenn es wieder in alte Trinkgewohnheiten abgleitet, dann
werden Sie wieder bekommen, was Sie hatten. Wollen Sie das? Wollen Sie noch
einmal von vorn beginnen und zusehen, wie dieser Mensch sich womöglich zugrunde
richtet? Können Sie das aushalten? Und was soll am Ende dabei herauskommen?
Haben Sie selbst für den Fall des Falles einen Nothelfer oder eine Nothelferin, mit
der sie dann reden werden? Das sollte möglichst nicht jemand sein, der einen
trinkenden Partner daheim hat, oder jemand, der selbst ein Alkoholproblem hat. Es
sollte jemand sein, der mit beiden Beinen auf der Erde steht und der in Sachen
Alkohol wenigstens ein bisschen bescheid weiß. Planen Sie diesmal ohne Druck,
was in solch einer Situation zu tun ist, was dem betroffenen Menschen nutz und nicht
schadet, und wie Sie das durchziehen werden. Schreiben Sie es auf. Und machen
Sie dann auch Gebrauch davon!
¾ Nehmen Sie dem Betroffenen nicht wieder alles ab und laufen Sie nicht von Pontius
zu Pilatus um Dinge in gang zu setzen, die dieser Mensch selbst in gang setzen
sollte. Er/sie ist nicht entmündigt und nicht hilflos - es ist wichtig, wenn er/sie für alles
Notwendige selbst sorgt, denn er/sie muss es WOLLEN, dass Hilfe kommt, wenn
etwas schief geht. Ein gesunder Respekt bis zu ein wenig Angst vor einem Rückfall
kann hier nichts schaden. Aber reden Sie diesem Menschen nicht Angst ein - wenn
er/sie sich nichts zutraut, ist der halbe Weg zum Rückfall schon gegangen. Machen
Sie Mut und geben Sie Kraft.
¾ Versuchen Sie zu klären, was für Sie in den vergangenen Monaten an
Ungeklärtheiten aufgelaufen ist. Machen Sie freundlich aber bestimmt deutlich, dass
Sie ein Recht darauf haben, jetzt über den Alkohol zu sprechen. In den vielen
Monaten der Trinkerei durfte man ja nicht über Alkohol oder seine Folgen sprechen.
Wahrscheinlich geht es Ihnen so, dass noch viele Fragen offen sind und Angst
wegen der Zukunft Ihr Denken beherrscht. Es ist ganz natürlich, wenn Sie Angst
haben, dass alles wieder von vorn beginnen könnte. Jeder Mensch in Ihrer Situation
hätte diese Angst. Nach der abschließenden Klärung sollte dann aber nicht wieder
jeden Tag das gleiche Thema auf den Tisch kommen - wenden Sie sich der Zukunft
zu und seien Sie nicht zu ängstlich.
¾ Akzeptieren Sie die Antwort: <ich werde alles tun, damit das nicht wieder so wird,
aber eine hundertprozentige Sicherheit kann ich Dir nicht geben.> Das Leben als
solches bietet nirgendwo eine 100%ige Garantie. Der/die Betroffene kann Ihnen
nichts anderes versprechen. Sehen Sie sich die Zahlen an - es ist ein 50/50 Risiko.
Hoffen Sie beide, dass Sie sich auf der richtigen Seite der 50% befinden und tun Sie
beide alles dafür. Reden Sie miteinander und klären Sie, was für jeden zu tun ist,
wenn doch ein Rückfall eintritt.
¾ Versuchen Sie ihn/sie in eine Selbsthilfegruppe zu vermitteln. Alle notwenigen
Schritte für solche Fälle sind dort bekannt. Helfende Hände gibt es viele. Evtl. wird
hier auch der fehlende Notfallhelfer gefunden. Und wenn man sich erst mal ein paar
Wochen kennt, werden Vorzeichen auf einen drohenden Rückfall oft hier vorher
erkannt. Sie knüpfen neue Kontakte, treffen auf Menschen, die sich auskennen, es
werden wahrscheinlich oft lustige Abende und hier haben Sie garantiert alkoholfreie
Umgebung. Nicht zu vergessen: Sie erhöhen die Chancen auf eine zufriedene
Abstinenz drastisch - es ist eine Art Versicherung gegen den Rückfall - niemand kann
garantieren dass er nicht eintritt, aber man hat alle Möglichkeiten, das Beste daraus
zu machen.
Und wenn Sie schlau sind, gehen Sie selbst in eine Gruppe - entweder mit dem betroffenen
Menschen zusammen oder in eine Gruppe nur für Angehörige. Auch wenn Sie denken,
wozu soll das gut sein. Sie werden erstaunt erfahren, was es noch alles gibt, was Sie seither
noch nicht wussten und sie werden Lebens-Partner dort treffen, die genau wissen, wovon
Sie reden, wovor Sie jetzt Angst haben und Ihnen gute Tipps geben, wie man das alles
miteinander durchsteht.
Die fünf Stufen der Veränderung im Umgang mit Alkohol
Stufe 5
Stufe 4
Stufe 3
Stufe 2
Stufe 1
Konkrete
Massnahmen
Gewöhnung
an die
Abstinenz
Erste
Initiativen
Änderungswunsch
Problembewußtsein
Start
Rückfall
Literaturübersicht zum Thema "Alkohol"
Buchtitel
Das Ende meiner Sucht
Alkoholismus - Therapie und Rückfallprophylaxe
Alk. Fast ein medizinisches Sachbuch
Der Mann mit der Ledertasche
Jeder zahlt drauf
Sucht als Chance
Alkoholismus; Vorbeugung und Therapie
Rückfall - was nun ?
Das letzte erste Glas
Ich fang noch mal zu leben an
Kapitulation; Aufgang einer Krankheit
Sie trinken nicht mehr, aber…
Die Liebe und der Suff
Die Zeit danach
Familienkrankheit Alkoholismus
Alkoholabhängigkeit
Therapieansätze bei Alkoholproblemen
Raus aus der Suchtfalle
Alkoholprobleme; Ratgeber für Angehörige
Alkoholkrank
Im Zeitalter der Sucht
Alkoholkrankheit
Die Suchtfibel
Jetzt ist es genug !
Wenn Alkohol zum Problem wird
Alki ? Ich doch nicht !
Alkoholismus; Erkennen und Behandeln
Alkohol und Depression
Sauf ruhig weiter, wenn du meinst
Wege weg vom Alkohol
AA: Selbsthilfe gegen die Sucht
Verfasser
Ameisen O.
Arend V.
Borowiak S.
Bukowsky Ch.
Bukowsky Ch.
Dolata U.
Feuerlein W.
Hägerbaumer H.
Hahn R.
Hellmann D.B.
Herhaus E.
Klein H.
Kolitzus H.
Küfner H.
Lambron U.
Lindenmeyer J.
Mann K.
Rau H.
Riegas V.
Rieth E.
Schaef A.W.
Schmidt L.
Schneider R.
Sommer V.
Soyka M.
Stewart M.
Tölle R.
Trenchmann U.
Weber A.
Werner A.
Zocker H.
Ziel

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