38 - Arznei
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zurück 106 Nebenwirkungen 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 q* ERHÖHTE MORTALITÄT: AUS FÜR APROTININ (TRASYLOL) Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) hat mit sofortiger Wirkung das Ruhen der Zulassung für das Antifibrinolytikum Aprotinin (TRASYLOL) angeordnet.1 Auch andere Behörden wie die US-amerikanische FDA und Health Canada fordern den Hersteller Bayer zur Marktrücknahme auf.2,3 Gleichzeitig erklärt Bayer, die Vermarktung weltweit auszusetzen.4 Grund für die zunächst als vorläufig bezeichnete Marktrücknahme ist eine Zwischenauswertung der kanadischen BART**-Studie, die soeben nach Einschluss von 2.400 Patienten (geplant 3.000) vorzeitig abgebrochen worden ist. In diesem mit herzchirurgisch behandelten Risikopatienten durchgeführten randomisierten Vergleich von Aprotinin mit Tranexamsäure (CYKLOKAPRON) und Aminocapronsäure (hierzulande nicht im Handel) ist die Mortalität unter Aprotinin numerisch deutlich höher als in den Vergleichsgruppen (relatives Risiko jeweils 1,5; p = 0,06 bzw. p = 0,08), obwohl schwere postoperative Blutungen unter Aprotinin seltener auftreten.5 Noch im September dieses Jahres erläuterte ein Mitarbeiter der FDA während der Sitzung eines Beratergremiums, dass die BART-Studie unverändert fortgesetzt werde.6 Bereits 2006 wiesen epidemiologische Studien auf ein erhöhtes Risiko renaler Schäden und Gefäßkomplikationen unter Aprotinin hin (a-t 2006; 37: 23-4).7,8 Sie führten zu einer Einschränkung der Indikation auf Patienten mit aortokoronarer Bypassoperation und erhöhtem Risiko für Blutverlust oder Transfusionsbedarf. Eine von Bayer selbst in Auftrag gegebene Sicherheitsstudie errechnete nach Auswertung von etwa 78.000 Patientenakten ebenfalls ein erhöhtes Mortalitätsrisiko unter Aprotinin (relatives Risiko 1,7; 95% Konfidenzintervall 1,53-1,84).6 Das BfArM erachtet die Nutzen-Schaden-Abwägung für Aprotinin auf Grundlage der derzeitigen Studienlage als „ungünstig”. Das Präparat darf ab sofort nicht mehr in Verkehr gebracht werden, und Ärzte werden aufgefordert, „TRASYLOL nicht mehr anzuwenden”. 1 2 3 4 5 6 7 8 BfArM: Pressemitteilung 29/07 vom 5. Nov. 2007; zu finden unter http://www.bfarm.de/ FDA News, 5. Nov. 2007 http://www.fda.gov/bbs/topics/NEWS/2007/NEW01738.html Health Canada: Information Update, 5. Nov. 2007 http://www.hc-sc.gc.ca/ahc-asc/media/advisories-avis/2007/2007_157_e.html Bayer AG: Pressemitteilung vom 5. Nov. 2007; zu finden unter http://www.press.bayer.com BfArM: Bescheid vom 5. Nov. 2007; zu finden unter http://www.bfarm.de FDA: http://www.fda.gov/ohrms/dockets/ac/07/briefing/2007-4316b1-01FDA.pdf MANGANO, D.T. et al.: N. Engl. J. Med. 2006; 354: 353-65 KARKOUTI, K. et al.: Transfusion 2006; 46: 327-38 PLÖTZLICHER HÖRVERLUST UNTER PHOSPHODIESTERASE-5-HEMMERN Die US-amerikanische Arzneimittelbehörde FDA ordnet einen auffälligen Hinweis auf plötzlichen Hörverlust in den Produktinformationen der Phosphodiesterase (PDE)-5-Hemmer Sildenafil (VIAGRA, REVATIO), WTadalafil (CIALIS) und WVardenafil (LEVITRA) an.1 Auslöser der Maßnahme ist ein Bericht über einen 44-jährigen Mann, dessen Hörvermögen nach 15-tägiger Einnahme von täglich 50 mg Sildenafil auf beiden Ohren plötzlich abnimmt.2 Bei einer daraufhin durchgeführten Recherche in Postmarketingberichten findet die FDA in engem zeitlichen Zusammenhang mit PDE-5-Hemmern 29 Meldungen über akuten Hörverlust mit oder ohne Tinnitus beziehungsweise Schwindel/Drehschwindel. Bei einigen Berichten können an * Vorversion am 5. Nov. 2007 als blitz-a-t veröffentlicht. ** BART = Blood conservation using antifibrinolytics: A randomised Trial in a cardiac surgery population study a r z n e i - t e l e g r a m m® 2007; Jg. 38, Nr. 11 dere Faktoren zum Ereignis beigetragen haben. Meist ist lediglich ein Ohr betroffen mit partieller oder kompletter Höreinschränkung. Bei einem Drittel der Berichte ist das Ereignis vorübergehend, bei den übrigen dauert es an, oder es fehlen Angaben zur Nachbeobachtung.1,3 Auch bei der Anwendung von Sildenafil gegen pulmonale Hypertonie ist Hörverlust beschrieben.3 Warenzeichen in Österreich und Schweiz (Beispiele) Im NETZWERK DER GEGENSEITIGEN INFORMATION dokumentieren wir einen Bericht über beidseitige Hörminderung und Tinnitus bei einem 54-Jährigen, der innerhalb von mehreren Wochen fünfmal Sildenafil eingenommen hat (NETZWERK-Bericht 14.205). Exenatide. BYETTA (A, CH) Patienten, die PDE-5-Hemmer gegen erektile Dysfunktion einnehmen, sollen diese bei plötzlichem Auftreten von Hörstörungen sofort absetzen und den Arzt aufsuchen. Wer jedoch Sildenafil gegen Lungenbluthochdruck einnimmt, soll damit nach Vorgaben der FDA fortfahren und sofort mit dem behandelnden Arzt Kontakt aufnehmen.1 In den deutschen Fachinformationen der drei PDE-5-Hemmer fehlen Hinweise auf Hörstörung und Taubheit als Nebenwirkung. 1 2 3 Die amerikanische Arzneimittelbehörde FDA warnt vor Pankreatitis unter der Therapie mit dem bei Typ-2-Diabetes zugelassenen Inkretinmimetikum WExenatide (BYETTA).1 Bereits zum Zeitpunkt der europäischen Zulassung lagen 40 Verdachtsmeldungen zu Pankreatitis unter Exenatide vor. Das Mittel ist bereits seit April 2005 in den USA im Handel. Die Störwirkung ist in der deutschen Fachinformation2 aufgeführt. Die FDA begutachtet nun 30 Berichte. Bei 27 Patienten liegen noch andere Risikofaktoren (Gallensteine, Alkoholmissbrauch oder schwere Hypertriglyzeridämie) vor. Sechsmal beginnen oder verschlechtern sich die Symptome im zeitlichen Zusammenhang mit der Anwendung von Exenatide. Bei 21 Patienten bessern sich die Beschwerden nach Absetzen. Treten unter Behandlung mit Exenatide akute Oberbauchschmerzen auf, muss an die Möglichkeit einer Pankreatitis gedacht werden. Wir sehen nach wie vor keinen Stellenwert für das ohne Langzeitdaten eingeführte Antidiabetikum (a-t 2007; 38: 43-5). 2 Sildenafil, bei Impotenz: VIAGRA (A, CH) Sildenafil, bei pulmonaler Hypertonie: REVATIO (A, CH) Tadalafil: CIALIS FDA News vom 18. Okt. 2007 (A, CH) http://www.fda.gov/bbs/topics/NEWS/2007/NEW01730.html MUKHERJEE, B., SHIVAKUMAR, T.: J. Laryngol. Otol. 2007; 121: 395-7 Scrip 2007; Nr. 3305: 23 PANKREATITIS UNTER ANTIDIABETIKUM WEXENATIDE (BYETTA) 1 Aprotinin: TRASYLOL (A, CH) Tranexamsäure: CYKLOKAPRON (A, CH) Vardenafil: LEVITRA (A, CH) FDA: Information for Healthcare Professionals – Exenatide – vom 16. Okt. 2007; http://www.fda.gov/cder/drug/InfoSheets/HCP/exenatideHCP.htm Lilly: Fachinformation BYETTA, Stand Sept. 2007 arznei-telegramm® (Institut für Arzneimittelinformation), Bergstr. 38 A, Wasserturm, D-12169 Berlin, Telefax: (0 30) 79 49 02 20, Email: [email protected] und [email protected] Im Internet: http://www.arznei-telegramm.de Herausgeber: A.T.I. Arzneimittelinformation Berlin GmbH Redaktion: W. BECKER-BRÜSER, Arzt und Apotheker (verantw.), U. BUCHHEISTER, Ärztin, Dr. med. H.R. GIECK, J. HALBEKATH, Ärztin, Dr. med. A. JUCHE, B. KERN, Apothekerin, Prof. Dr. med. M. M. KOCHEN, Dr. med. A. von MAXEN, Prof. Dr. med. I. MÜHLHAUSER, S. SCHENK, Ärztin, Prof. Dr. med. P. S. SCHÖNHÖFER, Dr. med. H. WILLE, Dr. rer. physiol. B. WIRTH Das arznei-telegramm® (a-t) erscheint monatlich, Bezug im Jahresabonnement, Kündigung drei Monate zum Jahresende. Das a-t wird ausschließlich über die Abonnements finanziert. Jahresbezugspreis für Ärzte, Apotheker und andere Angehörige der Heilberufe 48 &, für Studenten (Nachweis erforderlich) 33 &. Für Firmen, Behörden, Institutionen mit Mehrfachlesern 96 &. Ausland: zzgl. 7,50 & Versand; bitte Zahlungen gebührenfrei für Empfänger vornehmen, ggf. anfallende Bankspesen werden nachberechnet. Die im Heft angegebenen Internet-Adressen werden am Tag der Drucklegung auf Verfügbarkeit geprüft. Die gewählten Produktbezeichnungen sagen nichts über die Schutzrechte der Warenzeichen aus. © 2007, A.T.I. Arzneimittelinformation Berlin GmbH vor