Das nächste große Ding
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Das nächste große Ding
40 GELD SPEZIAL 18. A P R I L 2013 Der Markt für Crowdinvesting Das nächste große Ding Volumen in Mio. Euro und Anzahl Fundings, 1. Quartal 2013 E 20 Plattformen vermitteln Anteile an Start-ups »Mit ein wenig Glück sind vielleicht auch Renditen von mehreren 100 Prozent möglich«, sagt Jens-Uwe Sauer. Der Seedmatch-Chef befeuert die Fantasie seiner Kunden gerne mit solchen Sätzen. Seedmatch, noch keine zwei Jahre am Markt, ist mit fast 4,5 Millionen Euro Finanzierungsvolumen, das die Firma an 36 Start-ups vermittelte, die mit Abstand größte der inzwischen über 20 Crowdinvesting-Plattformen in Deutschland. Und bald schon kommen womöglich noch einmal 500 000 Euro dazu, die Kleinanleger von heute an in AoTerra investieren können, eine Dresdner Firma, die Server in Wohnhäusern aufstellt und diese mit der Abwärme beheizen will. Über Seedmatch haben bereits 2666 Investoren durchschnittlich 637 Euro investiert, darunter in ein Start-up, das Tamponschachteln mit Werbung bedruckt, oder in einen Hersteller für Miederwaren, der damit wirbt, üppigen Kurven »ein Zuhause« zu bieten. Nicht einmal zehn Stunden hat es gedauert, bis die Gründer des Berliner Start-ups Refined Investment, das Privatanlegern Zugang zu professionellen Handelssystemen an der Börse verspricht, 350 000 Euro beisammen hatten. »Europarekord«, sagt Sauer. Im Sog des auf Spenden basierten Crowdfundings boomt auch das Crowdinvesting, allein in Deutschland hat sich der Markt in nur einem Jahr vervierfacht. Wirtschaftsprofessor Ralf Beck von der Fachhochschule Dortmund rechnet Ende 2013 mit einem Marktvolumen von mehr als 20 Millionen Euro, für 2014 schon mit 50 Millionen. Verglichen mit den 822 Millionen Euro Wagniskapital, das Deutschlands Gründer im vergangenen Jahr einer Dow-Jones-Analyse zufolge insgesamt eingesammelt haben, ist das nicht viel. Allerdings investieren auf Seedmatch & Co. vor allem Kleinanleger. Und für die mögen Robs 25 Prozent in Niedrigzinszeiten auf den ersten Blick eine prima Rendite sein. Was sie dabei übersehen: Profiinvestoren freuen sich über eine solche Rendite nicht bei einer einzelnen Beteiligung, sondern über all ihre Investitionen hinweg. Sie streuen ihr Kapital auf verschiedene Start-ups und spekulieren auf den einen großen Exit, der den Totalverlust wahrscheinlicher Pleiten ausgleichen muss. Werden Privatinvestoren wie in Robs Fall von einem großen Investor mit 25 Prozent abgespeist, dürfte die Rechnung zumindest bei jenen Anlegern, die ihr Geld auf mehrere Firmen verteilen, nicht mehr aufgehen. Zumal die wenigsten die Verträge der Crowdinvesting-Portale im Detail durchschauen. Das fängt schon mit der Art der Beteiligung an: Bei den meisten Plattformen werden die Anleger zu stillen Teilhabern an einer Gesellschaft, die die Portale eigens dafür gründen, ein bestimmtes Start-up zu finanzieren. Companisto, Nummer drei im Markt, und die Deutsche Mikroinvest, eine Tochter der Cerberus Consulting Group, setzen dabei auf eine Art Mischform aus stiller Gesellschaft und atypischer stiller Gesellschaft. Die Kölner Firma Innovestment, Nummer zwei hinter Seedmatch, versteigert seine stillen Beteiligungen, Mashup Finance vermittelt Beteiligungen über Genussrechte. Und Marktführer Seedmatch, der die ersten 22 Start-ups noch über stille Beteiligungen finanzierte, setzt seit ein paar Monaten auf partiarische Darlehen, also Kredite mit gewinnabhängiger Verzinsung . Kompliziert wird es auch beim Blick in die Verträge, etwa wenn es um Ausstiegssfristen (Innovestment: drei Jahre, Seedmatch: fünf bis sieben Jahre, Companisto: acht Jahre) oder die Bewertung des Start-ups zum Zeitpunkt der Kündigung des Kleinanlegers geht – mal ganz unabhängig von der Frage, ob das Start-up überhaupt liquide genug ist, um gleichzeitig mehrere Kleinanleger auszuzahlen, falls sich nach Ablauf der Mindesthaltedauer immer noch kein Käufer für die Firma gefunden hat. Seedmatch etwa bietet seinen Kunden dann den Ausweg an, entsprechend ihrer Beteiligungshöhe ihren Anteil am einfachen Umsatz oder am Sechsfachen des Ebit (Ergebnis vor Zinsen und Steuern) auszuzahlen. Zum Vergleich: Die schwedische Beteiligungsgesellschaft Kinnevik zahlte 2012 für zehn Prozent am Online-Versender Zalando fast 300 Millionen Euro, umgerechnet etwa das Dreifache des Umsatzes. Im Kern geht es bei diesem Verwirrspiel um die Frage, wem sich der Anbieter mehr verpflichtet fühlt: Der Crowd oder den Start-ups? Jens-Uwe Sauer sagt, er denke wie die Crowd, allein schon, weil er selbst in jedes der 36 Start-ups investiert habe, die über sein Unternehmen Geld eingeworben haben. Seedmatch funktioniere nur, wenn die Crowd zufrieden sei. Dass er als Chef einer Vermittlungsplattform so auf einen Interessenkonflikt zusteuert, scheint ihm wenig bewusst zu sein. Companisto wirbt von vornherein damit, eher Start-up-freundlich zu sein. Die Verträge sind so konstruiert, dass Start-ups, so sie es schaffen, möglichst reibungslos eine Anschlussfinanzierung oder einen Exit hinbekommen. Deshalb die langen Kündigungsfristen, deshalb sind die Anteile der Crowd bei Kapitalerhöhungen auch nicht gegen Verwässerung geschützt, also davor, dass ihr Anteil an der Firma sinkt, weil an neue Investoren neue Anteile ausgegeben werden. Und im Falle eines Exits landen Anleger im Gegensatz zu Seedmatch in einer Pooling-Gesellschaft, »der wir als zentraler Ansprechpartner dienen können«, heißt es bei Companisto. Übersetzt dürfte damit gemeint sein, dass sich das Start-up nur noch mit der Auffanggesellschaft als ANZEIGE VON MARCUS PFEIL V um ol en Anzah Gesamt 70 l Deutsche Kleinanleger beteiligen sich neuerdings gemeinsam an Start-ups. Aber die wenigsten wissen, worauf sie sich dabei einlassen nde März postete »Rob« stolz auf dem Blog des Internetunternehmers Thomas Promny, dass er sich in den vergangenen sechs Monaten zwei Mal an einem Start-up beteiligt und dabei jeweils 25 Prozent Gewinn gemacht habe. »Weil ein großer Investor an Bord kam, der die Kleinen raushaben wollte.« Robs öffentliche Angeberei ist der erste öffentliche Gewinnjubel eines deutschen Anlegers, der sich gemeinsam mit anderen Sparern an einem Start-up beteiligt hat, in der Hoffnung, dass später ein großer Investor komme und ihm seinen Anteil mit Gewinn abkaufe. Es ist der erste Nachweis, dass sich Crowdinvesting – ein neuer Anlagetrend, bei dem man sich über eine Onlineplattform schon mit geringen Beträgen an vielversprechenden Start-ups beteiligt – für Kleinsparer auszahlen kann. Dass auf dem Blog hernach eine hitzige Debatte darüber entflammte, ob 25 Prozent Rendite nun viel oder wenig seien, zeigt, dass immer mehr Sparer Crowdinvesting für sich als einen Ausweg aus der Zinsfalle entdecken. 70 Gründer haben bislang in Deutschland ihre Firmen mithilfe der Crowd an den Start gebracht. Insgesamt haben Kleinanleger 6,8 Millionen Euro in Startups investiert, allein 2,35 Millionen Euro davon im ersten Quartal. Sie träumen davon, es Peter Thiel gleichzutun, der 2004 als erster Investor 500 000 Dollar in Facebook investierte, die sich bis zum Börsengang 2012 auf etwa sieben Milliarden Dollar vermehrten. Sie sind auf der Suche nach dem Facebook von morgen. Crowdinvesting wird geschickt vermarktet unter dem Begriff der Schwarmintelligenz. Die Weisheit der Masse (crowd) verheißt, dass die vielen Entscheidungen Einzelner die profitabelste Investition schon ans Licht oder, besser noch, irgendwann an die Börse bringen. Und so dem Schwarm der Kleinanleger eine ordentliche Rendite beschert. Was aber ist ordentlich angesichts des Risikos, das sie eingehen? Denn die Crowd ist in Wahrheit gar nicht mächtig: Zwischen ihr und dem Unternehmen, an dem sie sich beteiligt, steht die Vermittlungsplattform. Und die fühlt sich im Zweifel den Start-ups, die sie finanziert, näher als der Crowd. Schließlich kassiert die Plattform bei erfolgreicher Vermittlung eine Provision. Crowdinvestoren hingegen erwerben meist keine Aktien, sondern eine stille Beteiligung, mit der kaum Mitspracherechte verbunden sind. Sie zahlen also, haben aber nichts zu sagen, und auf Gewinne und Dividenden warten sie oft vergeblich, weil die Mehrheit der Start-ups – das belegen die meisten seriösen Gründer-Studien – eher pleitegeht als schwarze Zahlen schreibt. Kleinanleger träumen gleichwohl von einem lukrativen Exit, die meisten von mehr als dem, was Rob über die Internetplattform Seedmatch kassiert hat. D I E Z E I T No 17 Ansprechpartner herumschlagen muss statt mit Hunderten nervigen Kleinsparern. 6,8 Eine Gemeinsamkeit haben die Anbieter allerdings doch: Sie haben keine Erlaubnis der Finanz36 aufsicht Bafin. Die braucht nur, wer stille Beteiligungen von über 100 000 Euro vermittelt, weil Seedmatch er dann einen Wertpapierprospekt veröffentli4,0 chen muss, der Anleger auf mögliche Risiken ihrer Investition hinweist. Kein Wunder, dass die Plattformanbieter diese Grenze am liebsten an17 heben würden. Oder umgehen, wie Sauer mit Innovestment seinen partiarischen Nachrangdarlehen – für 1,3 diese unverbrieften Ansprüche gilt die Prospekt12 pflicht im Kapitalanlagegesetz nämlich nicht. Companisto Anleger verzichten dadurch aber auf jede Kon1,1 trolle durch die Finanzaufsicht – und ohne Aus5 sagen in rechtsverbindlichen Prospekten bleiben Schadensersatzforderungen nahezu aussichtslos. Andere ZEIT- GRAFIK /Quelle: »Bei uns ist doch alles transparent«, sagt Sauer. 0,4 Crowdinvesting Report, Er habe keine Lust auf Regulierung. »Das lähmt Crowdinvest 24.de doch nur.« Doch möglicherweise professionalisiert sich der noch junge Markt bald. In den kommenden Wochen Erlaubnis der Bafin, wobei Sandler dabei zugute wird mit Bergfürst eine neue Firma einen neuen Ansatz kam, dass er einst die Berliner Effektenbank gewagen. Auf deren Plattform bekommen Investoren für gründet hat. ihr Geld richtige Aktien, die sie auf einer eigenen Aber auch die Bergfürst-Chefs werden Anleger Börsenplattform untereinander handeln können. Weil nicht vor sich selbst schützen können. »Ich kann die Firma Beteiligungen in Höhe von zwei bis fünf ja niemanden zwingen, den Prospekt auch wirkMillionen Euro vermitteln will, brauchten die beiden lich zu lesen«, räumt Sandler ein. Gerade unerfahGründer Guido Sandler und Dennis Bemmann die rene Investoren entscheiden häufig allein aufgrund ihrer persönlichen »gefühlten« Bewertung einer Geschäftsidee. Dabei »scheitert die Mehrzahl aller Start-ups«, warnt die britische Finanzmarktaufsicht FSA in einer Studie zum britischen www.volkswagenbank.de Markt. »Anleger können ihr gesamtes Geld verlieren.« Crowdfunding sei nur für sehr erfahrene Investoren geeignet. Und auch die sollten nur Geld in Projekte stecken, dessen Verlust sie problemlos verschmerzen könnten. Wenn eine Geschäftsidee gut ist, fällt sie einem Profi vor der Crowd auf Kraftstoffverbrauch in l/100 km: kombiniert zwischen 7,6 und 3,7; CO2-Emissionen in g/km: kombiniert zwischen 139 und 96. Der ideale Parkplatz für Ihr Tagesgeld! Sichern Sie sich 1,60 % p.a.1 als Kennenlern-Angebot. 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Je Kunde kann nur ein Plus Konto TopZins eröffnet werden. Nach Ablauf des Aktionszeitraumes gelten für die gesamte Einlage die dann gültigen Plus Konto Zinsen. 2 Der Zinssatz für die über 50.000,– Euro hinausgehende Einlage ist variabel. Im Falle einer Zinsänderung wird der Zinssatz auch während des Aktionszeitraums entsprechend angepasst. Volkswagen Bank direct ist ein Geschäftsbereich der Volkswagen Bank GmbH. Stand: 1. April 2013 Crowdinvesting-Portale im Vergleich 100 000 Euro an der Firma, die sie bereits nach Seedmatch drei Jahren kündigen kann. SonderkündigungsBeim deutschen Marktführer können sich Anleger über eine Art Nachrangdarlehen in Höhe von 250 bis maximal 10 000 Euro über fünf bis sieben Jahre an Start-ups beteiligen. Wird die Firma verkauft, bekommen Anleger ihren Anteil am Gewinn. Bleiben die Anleger im Fall einer Anschlussfinanzierung Miteigentümer, verwässern ihre Anteile. Ein Pooling der Kleinanleger lehnt das Portal normalerweise ab. Bis Ende März 2013 hat Seedmatch ohne BafinLizenz knapp 4,5 Millionen Euro an 36 Startups vermittelt. Innovestment Seit Ende 2011 können sich Anleger per Auktion auf dem Portal ab 1000 Euro Start-upAnteile sichern. Die Crowd erwirbt eine atypische stille Beteiligung über maximal rechte etwa bei Gehaltserhöhungen der Gesellschafter oder einer Änderung des Unternehmensgegenstandes erschweren die Liquiditätsplanung der Start-ups zusätzlich. Im Fall einer Anschlussfinanzierung verwässern die Anteile der Crowd erst, wenn das Kapital um mindestens zehn Prozent erhöht wird. Bis Ende 2012 sind über Innovestment ohne Bafin-Lizenz 1,3 Millionen Euro in 17 Start-ups geflossen. Companisto Das Berliner Unternehmen bietet ebenfalls ohne Bafin-Lizenz Beteiligungen schon ab einem Einsatz von fünf Euro an. Investoren werden über maximal 100 000 Euro stille Teilhaber und profitieren von möglichen Verkaufserlösen. Die Mindestvertragslaufzeit beträgt acht Jahre. Companisto ist das am stärksten auf Anschluss- finanzierungen durch Venture-Capital-Firmen ausgerichtete Portal. Bei Kapitalerhöhungen wird die Crowd in einer eigenen Gesellschaft gepoolt, ihre Anteile verwässern. Bislang sind über Companisto elf Start-ups im Gegenwert von 1,1 Millionen Euro finanziert worden. Bergfürst Das Berliner Unternehmen ist die einzige Crowdinvesting-Plattform, die eine Erlaubnis der Finanzaufsicht vorzuweisen hat. Bergfürst vermittelt Beteiligungen zwischen zwei und fünf Millionen Euro. Anleger können über Bergfürst Aktien von den Start-ups mit einem Mindesteinsatz von 250 Euro kaufen, die sie danach untereinander handeln können. Dafür hat Bergfürst eine eigene Handelsplattform entwickelt. In den kommenden Wochen geht die Plattform an den Start. Sie will in diesem Jahr noch drei bis fünf Start-ups finanzieren. Die hübsche Idee, das Geld des kleinen Mannes für Großes zu bündeln, könnte also eine Illusion bleiben. Schon deshalb, weil die Vermittlungsportale wegen der Aussicht auf Provision geneigt sind, auch mittelmäßige Firmen der Crowd zum Fraß vorzuwerfen. Und wenn eine Geschäftsidee wirklich gut ist, gibt es unter den etablierten Venture-Capital-Firmen ganz bestimmt immer jemanden, dem das auffällt, bevor die Crowd es überhaupt merken kann. Warum sonst ist die Zahl der geglückten Anschlussfinanzierungen crowdfinanzierter Firmen überschaubar? Gerade einmal fünf der 70 Firmen haben für ihre nächste Finanzierungsrunde einen Venture Capital Fonds oder einen Business Angel gewonnen. Weitere sechs bemühten ein zweites Mal die Crowd erfolgreich.. Nicht umsonst zögern professionelle Risikoinvestoren, Start-ups in der hoch riskanten ersten Phase zu finanzieren, und überlassen das lieber den Förderbanken von Bund und Ländern oder dem halbstaatlichen Hightech-Gründerfonds. Doch selbst falls den Profis eine brillante Idee durch die Lappen ginge, warum sollten Gründer freiwillig eine Herde von Kleinanlegern mitreden lassen? Wohl nur, weil ihnen Crowdinvesting im Gegensatz zu konventionellen Finanzierungen die Chance auf Aufmerksamkeit, auf direkten Kontakt mit potenziellen Kunden verspricht. Was klappen kann, aber nicht muss. Für Sauer jedenfalls »ist die Crowd ein Katalysator für ein Geschäftsmodell«. Das sei ein echter Mehrwert. Deshalb würden sich viele Firmen bewusst für die Crowd und Seedmatch entscheiden und nicht aus Mangel an Alternativen. Und so wurmt es ihn, wenn die Wirtschaftswoche Seedmatch als »Resterampe« für Unternehmen wie Tampons4you« beschreibt. Die Firma mit den reklamebunten Tamponschachteln sammelte nicht nur 100 000 Euro über Seedmatch ein, sondern wollte vor allem für ihr Produkt werben. Der echte Mehrwert: Von den 174 Investoren sind über 90 Prozent Männer. Die Crowd kann sogar manchmal ganz schön lästig werden. Vor allem, wenn tatsächlich irgendwann der große Investor vorfährt. So war es etwa bei Smarchive, das daran arbeitet, Dokumente nach deren Digitalisierung semantisch durchsuchbar zu machen. Nur drei Monate nachdem die Firma 100 000 Euro über Seedmatch eingeworben hatte, unterschrieben die Gründer einen Deal mit der Telekom-Tochter T-Venture. Die 144 stillen Seedmatch-Beteiligungsgeber um Zustimmung zu bitten sei eine schweißtreibende Angelegenheit gewesen, sagt CEO Steffen Reitz. Einer von ihnen war übrigens »Rob«. Der Deal mit der Telekom stand unter dem Vorbehalt, dass er und die anderen 143 Smarchive-Investoren entweder der Barabfindung über die besagten 25 Prozent zustimmten oder ihre Beteiligung in die Smarchive Crowd Pooling UG einbrächten. Zu riskant schienen T-Venture die Rechtsansprüche und möglichen Klagen der Schwarminvestoren zu sein. Die UG, ausgestattet mit einem Stammkapital von drei Euro, hatte einzig und allein den Zweck, den Deal nicht zu verhindern. Dafür dürfte schon Jens-Uwe Sauer gesorgt haben, der ja auch an Smarchive beteiligt war. Der Seedmatch-CEO sagt, der Deal mit T-Venture sei »doch der Beleg, dass wir mit Smarchive richtig gelegen haben«. Er sagt wir, er denkt ja wie die Crowd. Ob 25 Prozent nicht ein bisschen wenig sind, wenn die Crowd richtig gelegen hat? »Besser kann es doch nicht laufen.«