Market Tracker Dez 2015
Transcription
Market Tracker Dez 2015
CATELL A | MARKET TR ACKER DEZEMBER 2015 market tracker Dezember 2015 FinTechs und andere Start-ups: Bedeutung für gewerbliche Immobilienmärkte An den europäischen Büromärkten fragen Banken und Versicherungen traditionell rund 25 % der Büroflächen p.a. nach. Ihre Geschäftsmodelle werden zurzeit durch schnelle und innovative Start-up-Unternehmen herausgefordert – mit entsprechenden Folgen für die zukünftige Büroflächennachfrage. Flächennachfrage klassischer Finanzunternehmen sinkt, FinTechs dringen in den Markt Der Finanzsektor steht mitten in einem grundlegenden Umbruch. Ein zeitlicher Vergleich der Beschäftigtenzahl in diesem Sektor zeigt, dass zwischen 2004 und 2014 an den großen europäischen Standorten zwar 9 % mehr Personen beschäftigt waren, jedoch die Flächennachfrage um 17 % zurückging. Dies deutet darauf hin, dass die Nutzung von Flächen effizienter gestaltet wird. Mit den aufkommenden FinTechs tritt nun ein weiterer Marktfaktor hinzu. Und es ist fraglich, ob dieser dazu beitragen kann, die aufkommende Nachfragelücke zu schließen. „FinTech“ verbindet die Begriffe Financial Services und Technologies und steht für eine Klasse von IT-Start-ups, die sich gerade aufmachen, den traditionellen Banken, Versicherungen und Finanzproduktanbietern Marktanteile abzunehmen. Die Spannweite der Firmen in diesem Segment reicht von mobilen oder webbasierten Zahlungssystemen über Kontoverwaltung bis hin zu Anlagekonzepten und -strategien („robo advice“). Allen gemeinsam ist indes die Auflösung der physischen Leistungserstellung hin zur Digitalisierung – der Kunde wird immer mehr zum Produzenten der Dienstleistungen. Eine „sichtbare“ Bank(-dienstleistung) an einem Standort wird zunehmend unsichtbarer. Konkrete FinTech-Angebote sind: Banking: Schnelle, individuelle und unkomplizierte Kontoführung Versicherungen: Kundenorientierte Versicherungskonzepte Kredite: Vergabe von Privatkrediten und Applikationen zum Vergleich von Krediten Zahlungen: Neue Bezahlmethoden mit niedrigen Transaktionskosten und einfacher Abwicklung (Aktien-)Handel: Neue Depotverwaltungskonzepte und Optimierung der Investitionsstrategien Catella ist ein europaweit führender Financial Advisor und Asset Manager für die Bereiche Property, Fixed-Income und Equity. Wir nehmen eine führende Position im Immobiliensektor ein, mit einer starken lokalen Präsenz in Europa mit rund 500 Mit arbeitern in 12 Ländern. Aktuell lässt sich nur schemenhaft erkennen, welche Auswirkungen das Aufkommen der FinTechs auf die Flächennachfrage in den lokalen Immobilienmärkten haben wird. Gleichwohl zeigt sich eine FinTech-DNA in der Ansiedlungspolitik. Was wir deutlich sehen können ist, dass die Investoren hohe Erwartungen an den Markt haben. Sie wetten Milliarden auf ihren zukünftigen Erfolg. Inzwischen gibt es weltweit mehr als 12.000 FinTechs. Sie finden sich vor allem in Großbritannien, gefolgt von den nordischen Ländern Schweden und Finnland. Großbritannien ist ein großer Markt mit einer hohen Tech-Affinität. Gerade der Finanzplatz London wirkt hier als Katalysator. In den nordischen Ländern ist das Internationalisierungsstreben der Wachstumstreiber. FINTECH-MARKT BEI INVESTOREN HOCH IM KURS Investitionen in deutsche FinTech-Unternehmen (in Mio. US-Dollar, Stand: Okt. 2015) Investitionsvolumen 300 60 1,5 Mio USD 2,2 Mio USD 4,4 Mio USD 6,3 Mio USD 250 50 200 40 150 30 100 20 50 10 0 0 2012 2013 2014 2015 Crowdfunding-/investing & P2P Kredite Risikomanagement/Kredit-Scoring Payment Services Personal Finance Management/P2P Payments Sonstige Quelle: statista Ihre Ansprechpartner: Dr. Thomas Beyerle [email protected] +49 (0)69 31 01 930-220 Carolin Gesell [email protected] +49 (0)69 31 01 930-275 1 / 2 CATELL A | MARKET TR ACKER DEZEMBER 2015 SITZ DER EUROPÄISCHEN FINTECHS ki 30 lsin e n He ha g n pe Ko 25 20 15 10 5 0 Lo UK nd on St Nordics oc kh Hintergrund erwarten wir eine weitere Agglomerationstendenz in den bekannten Bankenvierteln Europas. rg bu m n H a ch e r f ün o M s seld t r ü D k fu an Fr olm r li n r is Pa Deutschland Frankreich Be n elo rc B a id r ad M Spanien a Luxemburg Quelle: Catella Research Unsere Analyse zeigt, dass die deutliche Mehrzahl der Start-ups in Europa innerstädtische Lagen bevorzugt. Oft handelt es sich hierbei um sogenannte In-Bezirke, die eine hohe Unternehmensdichte und eine gute Erreichbarkeit sowie ein gut ausgebildetes Arbeitskräftereservoir aufweisen. LAGEKATEGORIEN DER EUROPÄISCHEN START-UPS 3 % Randlage/Peripherie 16 % Äußerer Stadtkern 13 % Bankenviertel (CBD) 68 % Innenstadt/Zentrum Quelle: Catella Research In Deutschland wächst die Zahl der FinTech-Start-ups deutlich Gab es in Deutschland vor einem Jahr noch etwa 40 FinTechStart-ups, kletterte die Zahl bis Anfang November 2015 auf rund 250; ca. 40 % der Unternehmen sitzen in Berlin. Insbesondere in den Bereichen Kredite, Privatbanking, Geldanlage und Versicherung werden immer mehr Start-ups gegründet. Ihr Fokus: Front End-Produkte, benutzerfreundliche Apps oder Online-Plattformen, die den Kundenbedürfnissen in einem 24/7-Umfeld schneller und einfacher gerecht werden als die Lösungen traditioneller Banken. Verglichen mit den USA ist der europäische Markt für Start-upUnternehmen noch relativ intransparent. Neue Nutzerbedürfnisse zwischen Coworking/Shared working spaces, Labs und Smart Production befinden sich noch im Entwicklungsmodus. Kurzfristige Bindungen werden bevorzugt Für Start-ups stellen dauerhafte Mietverhältnisse ein systemimmanentes Risiko dar: Eine Fläche mit langer Bindung kann für sie schnell zu groß bzw. zu klein werden. Aktuell stellen in der idealisierten Darstellung deshalb sogenannte Virtual Offices in Businesscentern (FinTech-Campus) eine maßgebliche Alternative zur klassischen Anmietung von Büroräumen dar: Das Fixkostenrisiko wird auf ein Minimum reduziert und das äußere Erscheinungsbild ist repräsentativ. Trotz der zunehmenden Virtualisierung ist die physische Nähe zum Kunden heute wichtiger denn je. Auch vor diesem In unserer Analyse lassen sich folgende immobilienspezifische Effekte bzw. Entwicklungen der Start-ups ausmachen: Hohes Mietpreisniveau aufgrund der hohen Flächennachfrage Kurz laufende Mietverträge (1-3 Jahre) Verdichtung der Stadtzentren - vorwiegend in zentralen Lagen Flexible Arbeitsformen (Coworking/shared working space) Moderner Arbeitsplatz (mit/ohne Inventar) M&A etablierter Start-ups an Großkonzerne (Nachfragekraft der FinTechs) VERMIETUNGSLEISTUNG FIDI IN EUROPA (IN 2014) Standorte Vermietungsleistung von Finanzdienstleistungen in % Kopenhagen Berlin Frankfurt Düsseldorf München Hamburg Madrid Barcelona Paris (IDF) London (Central) Luxemburg 10,0 10,0 36,0 6,7 4,8 5,4 13,3 6,0 6,2 25,0 29,0 Vermietungsleistung von Finanzdienstleistungen in m² 20.000 64.500 122.400 15.550 22.600 28.350 38.050 12.150 133.550 211.250 50.750 Quelle: Catella Research BRANCHENVERTEILUNG DER WERTVOLLSTEN START-UPS IN EUROPA 8 % Consumer-Mobile/Web-Application 42 % E-Commerce 25 % Finanzen/FinTechs 8 % Online-Service-Portal 8 % IT/Softwareentwicklung 9 % Medien und Kreativwirtschaft Quelle: Catella Research FinTechs absorbieren nur teilweise die Nachfragelücke FinTechs werden nicht von heute auf morgen die klassischen Finanzdienstleistungsunternehmen ersetzen. Gleichwohl stellen sie für die etablierten Marktteilnehmer ernstzunehmende Wettbewerber dar, die bei ihren Kunden mit einer besonders hohen Transparenz und einer vergleichsweise höheren Dienstleistungsorientierung punkten können. Catella Research erwartet, dass bis 2020 in Europa die Nachfrage nach Flächen im klassischen Bankenbereich um rund 30 % zurückgehen wird, wovon voraussichtlich die Hälfte durch das neue Segment der FinTechs aufgefangen werden kann. Die „Flächendifferenz“, so die absehbare Prognose, wird sich wahrscheinlich als „Residentialfläche“ am Markt wiederfinden. 2 / 2