Vorsicht am Flipper, der ICE fährt jetzt ab

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Vorsicht am Flipper, der ICE fährt jetzt ab
AutomatenMARKT | Januar 2000 | Praxis
Neue Dimension
Vorsicht am Flipper, der ICE fährt jetzt ab
In Augsburg hat jetzt Deutschlands wohl größte Spielstätte eröffnet. Die
Harlekin-Gleishalle liegt direkt am Hauptbahnhof und sieht auch so aus.
Der Schalter rastet ein. Nacheinander ziehen die Relais für die
Hauptstromversorgung an. Alle fünf Sekunden eines, sodass die Zeiger der drei
Strommessgeräte die kritischen 400 Ampere nie übersteigen. Licht flackert auf,
Musik erklingt und mehr als einhundertfünfzig Spielautomaten führen ihren
Selbsttest durch. Dann, nach einer halben Minute, ist der Spuk vorbei. Die Zeiger
der Messgeräte verharren bei 180. In der nagelneuen Harlekin-Gleishalle in
Augsburg haben die Elektriker ganze Arbeit geleistet.
Mit Superlativen sollte man stets
vorsichtig umgehen. Was aber macht
man, wenn die Realität eine andere
Sprache spricht? Fakten auflisten,
damit sich jeder sein ganz eigenes
Bild machen kann.
Ein Versuch: Automatenaufsteller
Peter Eiba hat Mitte November eine
neue Spielstätte eröffnet. Das
Gebäude, in der die HarlekinGleishalle untergebracht ist, ist zirka
70 Meter lang, 20 Meter breit und drei
Stockwerke hoch. Die Gesamtfläche
Direkt vor der 70 Meter langen
beträgt 4 200 Quadratmeter. Fast 2
Fensterfront der Harlekin-Gleishalle fahren
500 Quadratmeter davon werden als
die Züge ab.
Spielstätte genutzt. Der Rest sind
Werkstatt-, Büro-, Lager- und
Betriebsräume.
Mit der einen, komplett verglasten Längsseite liegt das Gebäude direkt am Bahnsteig
1 des Augsburger Hauptbahnhofes. Schon bald sollen hier ICE-Züge halten. Jeweils
an den Ecken befindet sich einer von insgesamt sechs Eingängen der Spielstätte.
Zur anderen Seite grenzt die Gleishalle an ein ebenfalls gerade eröffnetes Einkaufsund Freizeitzentrum. Neben einer Reihe von Geschäften gibt es hier ein
Bowlingcenter, ein Großraumkino und ein Fastfood-Restaurant. Beide Gebäude bilden
architektonisch einen zusammenhängenden Komplex und sind im ersten und zweiten
Stockwerk direkt miteinander verbunden.
Im Großen und Ganzen lässt sich die Gleishalle in drei Spielbereiche unterteilen:
Unterhaltung, Sport, Geldgewinn.
Die Unterhaltungsautomaten nehmen
den meisten Platz in Anspruch und
sind im Erdgeschoss und im zweiten
Stockwerk untergebracht. Hier stehen
zum Beispiel acht Manx TT Super
Bike, vier Cruis’n World und vier
Alpine Racer – nebeneinander. Aber
auch einige exotische Simulatoren für
Golf oder Basketball lassen sich hier
entdecken. Vorausgesetzt man läuft
lange genug zwischen den vielen
Geräten umher. In der Nähe der
einzigen Raucherecke des gesamten
Wie auf einem echten Bahnhof: Überall in
Bereiches wirbt Konamis High-Techder Spielstätte sind solche Deko-Elemente
Simulator Road Rage um Fahrgäste.
zu finden.
Beide Etagen sind über eine mächtige
stählerne Treppenkonstruktion
miteinander verbunden. Automaten
mit Weiterspielmarken sucht man derweil vergeblich. Peter Eiba hält nichts von
diesen Geräten.
Die Inneneinrichtung der Spielstätte ist eigentlich mehr eine Außeneinrichtung. Soll
heißen: In der Gleishalle wurde das Thema Bahnhof ganz konsequent
aufgenommen: grauer Steinfußboden, offen liegende Entlüftungsschächte, große
Werbeplakate, beleuchtete Signaltafeln, metallene Sitzbänke. Sogar die
Geräuschkulisse von den Bahnsteigen wird über ein Außenmikrofon in die Spielstätte
übertragen. Monitore informieren über die Abfahrtszeiten der Züge.
Peter Eiba: „Wir haben den Augsburger Hauptbahnhof sozusagen um die HarlekinGleishalle erweitert. Dabei haben wir uns große Mühe gegeben, eine möglichst
realistische Atmosphäre zu schaffen. Viele der Dekorationselemete stammen aus
orginal Bahnbeständen.
Typisch für die Spielstätten des
Augsburger Unternehmers sind
farbenprächtige Wandmalereien. In
der Gleishalle bilden sie einen
deutlichen Kontrast zu dem
allgegenwärtigen Grau.
Ebenfalls typisch: Alle
Unterhaltungsautomaten in den
Harlekin-Spielstätten sind freigemünzt.
Auch die Sportspielgeräte, die in der
Gleishalle den zweiten Bereich bilden.
Stattdessen wird über einen
Automaten am Eingang einmalig ein
Für 15 Mark Eintritt darf an den
fester Betrag kassiert. Dafür darf dann
Unterhaltungsautomaten ohne zeitliche
so lange gespielt werden, wie man
Begrenzung gespielt werden.
will. Allerdings nur, wenn vorher per
Knopfdruck bestätigt wurde, dass man
mindestens 18 Jahre alt ist. In der
Gleishalle wird dieser Vorgang per Videokamera aufgezeichnet. Der Eintrittspreis
beträgt 15 Mark. Geöffnet ist von 6 bis 1 Uhr.
Überhaupt spielt das Thema Sicherheit in Deutschlands wohl größter Spielstätte eine
bedeutende Rolle. Alle der nahezu einhundert verschiedenen Sektionen werden
durch Videokameras überwacht. Teilweise offensichtlich, teilweise versteckt. Sogar
der Gang zum stillen Örtchen wird erst dann freigegeben, wenn das Porträt des
Anfragenden aufgezeichnet wurde.
Peter Eiba: „Aufgrund der Objektgröße und der Nähe zum Bahnhof ist dieser
Aufwand leider notwendig. Darüber hinaus haben wir sehr genau darauf geachtet,
keinerlei Depot-Möglichkeiten für Drogen oder Ähnliches zu schaffen.
Zwischendecken werden Sie hier nicht finden.“
Über einen separaten Zugang und
ohne Eintritt zu zahlen gelangt man in
den dritten Teil der Spielstätte. Hier
stehen die Geldspielgeräte. Die vier
Zehner-Konzessionen befinden sich im
ersten Stockwerk und sind rund um
den Sektor für die Aufsicht
angeordnet. Thematisch ist dieser
Bereich ganz ähnlich gestaltet wie der
Rest der Spielstätte. Lediglich ein
Teppichboden ist hinzugekommen. An
jeder Zweiergruppe ist ein
Serviceschalter installiert. Alle 40
Alle 40 Geldspielgeräte des neuen
Automaten sind an ein JackpotAutomatencenters sind an ein
System angeschlossen. Eiba hält
Jackpotsystem angeschlossen.
dieses für sinnvoll, weil derartige
Systeme indirekt die Auszahlquote der
Geräte erhöhen würden.
In der Gleishalle arbeiten drei Servicekräfte, wobei eine davon meist auf
Kontrollgang ist. Über ein elektronisches Meldesystem wird ihr Weg entlang der 30
Anlaufstellen überwacht.
In der gesamten Spielstätte gibt es nur eine einzige Cafétheke, die sich bei den
Sportautomaten befindet.
„Reicht völlig“, kommentiert Eiba die Bemerkung, dass die Einrichtung im Vergleich
zum übrigen Angebot irgendwie unterdimensioniert wirkt. „Ich bin von Beruf
Automatenaufsteller. Die Gastronomie überlasse ich denjenigen, die das besser
können als ich und noch dazu damit ihren Lebensunterhalt verdienen.“
Sorgen, ausreichend Publikum in die Spielstätte zu bekommen, hat Eiba keine.
Obwohl der Wettbewerb in Augsburg ziemlich hart sei, erklärt er.
„Ein großer Vorteil der Harlekin-Gleishalle ist ihr Standort. Schon bald wird die Bahn
ein Bayern-Sparticket einführen. Damit kann man dann für acht Mark quer durch
das Land reisen – also auch nach Augsburg.“