In der fast 30 Jahre andauernden „Geschichte“ des HipHop gibt es
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In der fast 30 Jahre andauernden „Geschichte“ des HipHop gibt es
17:51 Uhr Seite 2 In der fast 30 Jahre andauernden „Geschichte“ des HipHop gibt es nur wenige Namen, die den HipHop-Liebhabern weltweit so geläufig sind, wie der von Joseph Saddler, besser bekannt als Grandmaster Flash. Am 18. Dezember kommt er zur „Extravaganca“ ins Freiburger Westbad. Grund genug, uns ein wenig mit ihm zu beschäftigen. Grandmaster Flash gilt als einer der Mitbegründer des HipHop und als Erfinder des Scratchens. Er war der erste, der die Schallplattenspieler als „Instrument“ benutzt hat. Zudem hat Flash mit einer der ersten und größten Rapgruppen aller Zeiten Geschichte geschrieben: „Grandmaster Flash & The Furious Five”. Seine legendäre, oft kopierte und nie erreichte Single „The Message“ (1982) ist der wahre Klassiker des HipHop. Erstmals wurde hier offen und sozialkritisch über das Leben im Ghetto gerappt. „The Message” war auf Platz 1 der Charts in den USA, im UK und in Asien. Verewigt wurde Grandmaster Flash bereits in Blondie’s Hit „Rapture” (1980): „Flash is fast, Flash is cool!” Bereits Anfang der 70er organisierte Flash mit selbst gebastelten Soundsystems eigene Parties in den Parks der New Yorker Bronx, wo er auch aufgewachsen ist. Die Leute waren damals vor allem von seiner Mixtechnik angetan. Flash war der erste, der aus der Arbeit mit den Turntables eine „Kunstform“ machte, indem er die Arrangements der von ihm gespielten Platten permanent veränderte, die Breaks verlängerte usw. Er tat dies, indem er Duplikate von den gleichen Platten verwendete und diese mit seinen Handgelenken oder auch Ellbogen vor- und zurückbewegte. Bald eignete er sich weitere Tricks und Techniken an oder erfand diese einfach neu: Cutting, Scratching oder Backspinning sind alles heute angewandte DJ-Techniken, die Grandmaster Flash geprägt oder „erfunden“ hat. Diese Entwicklung fand schnell weltweit Anklang, und so erschien Grandmaster Flash auf der globalen musikalischen Landkarte. Bill Gates (Microsoft) hat erst vor kurzem Flash mit dem „DJ Vanguard Award” ausgezeichnet, weil er der Erste war, der die Plattenspieler wie G R A N D M A S T E R F L A S H 70 71 T O N T R Ä G E R 06.12.2004 N E U E SEITE 70_Quark_4 ein Instrument benutzt hat. Seit jeher entwickelte Flash seine akrobatischen DJ-Fähigkeiten immer weiter, sodass er die Platten sogar mit seiner Zunge, den Füßen oder Ellbogen auflegen und scratchen kann! Bei den Billboard-Awards 2003 wurde Flash mit einem Preis für seinen musikalischen Einfluss geehrt. In seiner Dankesrede liefert er seine ganz eigene Interpretation des Plattenmischens: „Ich erfand die Wissenschaft, die herausfinden will, wie ich den verdammt noch mal zu kurz geratenen Teil einer Platte so weit verlängern kann, wie ich es will.“ In den letzten Jahren ist aus Flash ein tüchtiger Geschäftsmann geworden: 1998 hat er beim Super Bowl aufgelegt, vor Millionen von TV-Zuschauern, 2002 hat er bei der Abschlussveranstaltung der „Commonwealth Games“ in England vor über 40.000 Gästen aufgelegt, darunter auch Queen Elizabeth und Premierminister Tony Blair. Für die Elektronikfirma „Rane” hat er einen DJ-Mixer mitentwickelt, für Louis Vuitton und Helmut Lang Logos entworfen und mit internationalen Firmen wie u.a. Sprite, Tommy Hilfiger, Gemini und Kangol Caps kooperiert. Für Microsoft hat er im Herbst 2004 den ersten im 5.1-Audio-Format geschriebenen Track produziert, der demnächst auf www.msn.com zu hören sein wird. Aktuell gründet er ein eigenes Plattenlabel, das ausschließlich neue Talente entdecken und featuren soll: Adrenaline City Entertainment. Was erwartet die Gäste der „Extravaganca“? Flash sagt hierzu: „Die Gäste werden auf meinen Floor kommen, da ich jegliche Arten von Musik spiele und auflegen werde: von HipHop über Soul und Funk bis hin zu Rock und House. Die Leute haben also keinen Grund den Floor wieder zu verlassen, ich biete ein vielseitiges musikalisches Repertoire.“ Daniel Schmidt 12-01 04/05 17:53 Uhr Seite 4 DIE G R O O V I G E INFLATION LOKALER DJS Die DJ School Freiburg hat ihre Pforten geöffnet: Die Macher sind zufrieden – es gab bisher zwei volle Workshops und es gibt viele Pläne fürs nächste Jahr. die Musikauswahl, das Gefühl für das Initiator und gleichzeitig einer der Publikum und die Technik. Die richtige Dozenten an der neuen Freiburger Mischung aus diesen Komponenten Musikinstitution ist Sebastian Stang, entwickelt sich nicht über Nacht. vielen besser bekannt als DJ Shaddy. Und von der Technik haben die Unter dem Namen legt er schon seit wenigsten Musikbegeisterten die nötige mehr als zehn Jahren auf. Seine BiograAhnung. Wer an Musik interessiert ist phie dürfte so manchem Kollegen verund das auch vor Publikum zeigen will, traut klingen: Ende der 80er erste der braucht einen Einstieg, braucht Begeisterung für groovende elektroniTipps, Empfehlungen, Handwerkszeug. sche Musik, Partybesuche in Köln und Wie funktioniert ein Plattenspieler? Wie Berlin, um dort zu hören, was es in lese ich eine Schallplatte? Was erwartet Freiburg seinerzeit noch nicht zu hören mich in einem Club? Lichtverhältnisse? gab, den endgültigen Kick durch die Loveparade 1992, die hat ihn „komplett Monitoreinstellung? Was brauche ich für Equipment? weggehauen“! Zurück in Freiburg der zunächst vergebliche Versuch, an PlatWozu eine DJ School? ten ranzukommen und vom eigenen Plattenspieler zu ersten „Aufträgen“ Auflegen kann doch jeder, oder!? bei Partys im Bekanntenkreis war es Diese und tausend andere Fragen wernur ein kleiner Schritt. den von DJ Shaddy im GrundlagenSebastian wurde der erste Break Beat workshop beantwortet. Es wird auch DJ in Südbaden, als es den „Berufsbald einen Scratching-Kurs geben, den stand“ in der hiesigen Musikdiaspora der auf HipHop spezialisierte Kollege noch gar nicht gab, und hat sich seitLobsang Rampa (TMH Crew) leitet und her so einige Gedanken gemacht über es wird in Zukunft auch intensive Eindie Vertreter seiner Zunft, über die zelkurse geben. Und warum das alles in Geschmäcker seines Publikums sowie Zusammenarbeit mit der Jazz & Rock über das Musikbusiness im AllgemeiSchule stattfindet? „Weil die in Sachen nen. Seine Philosophie, die ihn von Musik ziemlich offen sind, das zeigt ja der persönlichen Musikbegeisterung auch die Sache mit der Popakademie. bis zur Gründung einer DJ School Und außerdem haben sie die passende führte, ist ganz klar: „Ich verstehe mich Infrastruktur und gute Konditionen.“ in erster Linie als Dienstleister und Die beiden bisherigen Veranstaltungen will die Leute auf eine musikalische haben bewiesen, dass es genug MusikReise schicken. Sie sollen etwas zu begeisterte in Freiburg gibt, die darauf hören bekommen, was sie noch nicht hinarbeiten möchten, eines Tages als kennen und wenn es ihnen gefällt, Club-DJ aufzulegen. Die Schule verleiht dann kommen sie auch wieder.“ zwar kein Diplom, will aber auf jeden Was einen fähigen „Reiseleiter“ ausFall für einen qualitativen Schub in der macht, dafür hat Sebastian eine griffige Szene sorgen, die so inflationär mit Formel gefunden: „Es gibt Platten dem Begriff des DJs umgeht. für die Seele und es gibt Platten für die Tanzfläche. Die Kunst ist, aus der pasGeorg Giesebrecht senden Mischung einen guten Abend zu machen.“ Schlechte Plattenaufleger gibt es genug, die Charts rauf- und runterspielen kann auch jeder, und außerdem ist im Zeitalter von Viva und MTV eh alles viel zu Information und Anmeldung: mainstreamlastig. Was also tun, wenn Jazz&Rock Schule einem Musik so am Herzen liegt wie DJ Tel. 0761/368889-0 Shaddy? Genau, ’ne Schule gründen! und www.jrs.org Hauptkriterien für einen guten DJ sind 72 F R E I B U R G 06.12.2004 D J _ S C H O O L SEITE 70_Quark_4 17:52 Uhr Seite 3 Hey Sven Väth in the Mix Depeche Mode „The Sound of the Fifth Season" „Remixes 81–04 “ (Cocoon Rec) (Mute) Alter! Foto: www.celebritypicturesarchive.com T O N T R Ä G E R 06.12.2004 N E U E 71 G R A N D M A S T E R 70 F L A S H SEITE 70_Quark_4 Ibiza-Feeling im deutschen Winter Construction Sounds Again Er ist einer der ganz großen TurntableArtists weltweit und vielleicht der einzige DJ-Popstar aus Deutschland, der es über den Technoboom hinaus zu bleibender Anerkennung gebracht hat: Sven Väth, der sich mit seiner Marke „Cocoon“ international positioniert hat und der sich mit dem neuen „Cocoon Club“ in Frankfurt sein eigenes „Denkmal“ gesetzt hat. Auch auf der Partyinsel Nummer Eins setzen Väth & Cocoon mit dem „CocoonClub@Amnesia Ibiza“ seit fünf Jahren jeden Sommer erneut Akzente, was elektronische Musik betrifft. Rechtzeitig zur kalten Jahreszeit kommt nun ein Stückchen Sommer und Ibizafeeling zurück zum heimischen CD- & DVD-Player: für das akustische Hörvergnügen zeigen sich u.a. Goldfrapp, Tiefschwarz, Freeform Five, Black Strobe, Roman Flügel, Anthony Rother, Gabriel Ananda verantwortlich. Der Trend geht eindeutig hin zu TechHouse, Elektro, Minimal mit Groove. Zusätzlich gibt es eine DVD mit einem zweiten Liveset von Väth, es folgt eine Interview-Session, Eindrücke der letzten fünf Jahre aus dem CocoonClub Ibiza und der Clubhit Nummer Eins des Jahres 2004: Alter Egos „Rocker“, live performed im Amnesia. Also auch beeindruckende visuelle Eindrücke! Wer sich das Original-IbizaPartyfeeling nach Hause holen möchte, der ist mit „Sound of the fifth season“ gut bedient. Lob verdient die Idee mit der DVD, die Blicke hinter die Kulissen ermöglicht und den Käufer teilhaben lässt an der ausgelassenen Feierstimmung und der ausgefallenen Deko. Vor kurzem erschien die „Depeche Mode Remixes 81-04“-Collection, die einen Überblick über 20 Jahre Remix-Geschichte gibt. Die Compilation erschien in drei Versionen für jeden Geldbeutel: als Einzel-CD, als reguläre Doppel-CD und als Limited Edition mit drei CDs. Viele der zahlreichen Depeche Mode-Remixes, die bislang nur auf Maxis erhältlich waren, wurden jetzt endlich zusammengetragen. Sammler treffen so auf zahlreiche „Bekannte“, „Neulinge“ bekommen eine gute Auswahl geboten. Die zahlreichen DM-Single-Klassiker wurden von so illustren Namen wie Underworld, Goldfrapp, Portishead, Air, LFO, Madonna-Produzent William Orbit, Adrian Sherwood, Flood, Houselegende Danny Tenaglia, Drum’n’Bass-Guru DJ Shadow, Rex The Dog, Timo Maas oder Kruder & Dorfmeister geremixt. In seltenen Fällen klingen die Remixe sogar besser als das Original (insbesondere der „Useless“-Remix von Kruder und Dorfmeister ist ein zeitloses Stück Musikgeschichte!), oft verändern sie die Songs fast bis zur Unkenntlichkeit und geben ihnen einen ganz neuen Charakter, manchmal wirken sie auch überflüssig. Eine gelungene Reise in die Vergangenheit und Gegenwart von Depeche Mode ist die Compilation so oder so. Martin Gore von Depeche Mode sagt rückblickend auf die Remix-Ära: „Es ist schon ein großartiges Gefühl, sich zurückzulehnen und zu hören, wie so ein interessanter Mix von Künstlern den Depeche-Mode-Spirit aufgreift und ihm eine neue Dimension hinzufügt.“ Dem ist nichts mehr hinzuzufügen! Daniel Schmidt Daniel Schmidt Hallo! Schön, dass wir uns wieder sehen. Einige von euch haben Geburtstag gehabt, stimmt's? Und sind nun ganz offiziell ein Jahr älter. Andere schauen mit Grauen auf 2005. Wieder ein Jahr vorbei ... „Älter.“ Zugegeben, ein übles, schreckliches Wort, es reimt sich auf „kälter“. Manch einer von euch wird denken: „So, jetzt bin ich 28 geworden, bin zu alt für ne Rockband und muss aber noch 40 Jahre schuften, bis zu dem Tag, an dem ich keine Rente bekomme ...“ Älter werden ist hart, für dich, für mich, aber für Musiker ist es die Hölle. Man denke an Whitney Houston. Früher eine Sexbombe, heute fertig. Man denke an Ozzy Osborne. Früher ein taffer Rocker mit Biss, heute ein MTV-Kasperle. Wer rockt mit beginnendem Bäuchlein noch die Halle? Welches Gesicht mit Krähenfüßen um die Augen raubt den Jungs noch den Schlaf? Sieht Mikroschwingen mit über 30 noch geil aus? Wird Madonna noch mal auf einer selbst losgetretenen Sexwelle surfen? Sweet bird of youth ... Viele sahen ihn davonfliegen oder bös gerupft davonwatscheln. Vielleicht sind wir aber doch alle auf dem falschen Dampfer, vielleicht ist älter werden ja ganz okay. Werfen wir einen Blick in die CD-Abteilung: Tina Turner, Rod Stewart, die Rolling Stones, 2Raumwohnung (Inga Humpe), David Bowie, Iggy Pop, Sting sind auch schon über 30 und wie's scheint, haben sie eine Menge Spaß. Einige der älteren Herrschaften wird man von der Bühne tragen müssen. Und dann? Dann schimpfen wir über Coldplay, The Strokes, Tele, Virginia Jetzt, Mia und einige andere auch. Denn warum sollen die mit 30 oder 40 aufhören wollen? Gibt es etwas größeres als Musik? Pascal Cames 12-01 04/05