ACCADEMIA ED ISTITUTO PER LA RICERCA SOCIALE
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ACCADEMIA ED ISTITUTO PER LA RICERCA SOCIALE VERONA PALAZZO ISTITUTO NAZIONALE DELLE ASSICURAZIONI – STUDIO GERMA CORSO PORTA NUOVA 11 – I – 37122 VERONA Zentrum für Kraftfahrergesundheit Bozen: Ein italienisches Pilotprojekt Prof.(Gast)Albrecht Goeschel Staatliche Universität Rostov Accademia ed Istituto per la Ricerca Sociale Verona Beitrag zur Fachkonferenz “Autobahn-Stadt Europa–ohne Gesundheitsversorgung? ver.di-Bildungszentrum Brannenburg 14.Februar 2014 1 Verehrte Damen, meine Herren, ursprünglich wollte Direktor Ulrich Seitz von der Bozener Landesregierung an dieser Stelle referieren. Leider ist er verhindert. Er hat aber für die Teilnehmerinnen und Teilnehmer unserer Konferenz ein Grußwort verfasst, das Sie in Ihren Tagungsmappen finden. Direktor Seitz kündigt in diesem Grußwort an, dass die Südtiroler Landesregierung in Bälde das „Europäische Zentrum für Kraftfahrergesundheit“ realisieren wird, an dem wir dort seit 2008 arbeiten. Ziel ist ein europaweites Netzwerk für Kraftfahrergesundheit. Bei diesem Projekt sollen Lkw-Fahrer einerseits und Bus-Fahrer andererseits berücksichtigt werden. Standort wird wohl Bozen werden. Verehrte Damen, meine Herren, ich habe es bei der Begrüßung schon angedeutet dass es ohne die Bozener Landesregierung und dass es ohne den Gesundheitsbezirk Brixen die mittlerweile recht breite Diskussion über Kraftfahrergesundheit in Deutschland und in Italien nicht gäbe. Erlauben Sie mir bitte, dass ich ein bisschen auf die „Ideengeschichte“ dieses Themas eingehe – auch als Ermunterung und als Ermutigung, keinesfalls aufzugeben, wenn Widerstände auftauchen. 2004 kam das Thema „Kraftfahrergesundheit“ in Deutschland auf die Tagesordnung. Unser Institut hat damals zahlreiche deutsche Krankenhäuser beim Aufbau von „Zentren für Männergesundheit“ beraten. Man hatte damals erkannt, dass vor allem aus demografischen Gründen eine Welle von älteren männlichen Patienten auf die Krankenhäuser und anschließend die Pflegeheime zurollt. Bei der Ausschau nach gesundheitlichen Hochrisikogruppen der Männerbevölkerung mussten wir beinahe zwangsläufig auf die hunderttausende Berufskraftfahrer stoßen. Was uns allerdings sehr überrascht hat war die regelrechte Abwehr und Ablehnung einer Gesundheitsaufgabe „Kraftfahrervorsorge und Kraftfahrerbehandlung“ gerade bei den Reha-Kliniken. Diese befanden sich damals wieder in einer ihrer zahlreichen Krisen und hatten neue Aufgabenstellungen eigentlich dringend nötig – aber sie wollten nicht. Das gleiche galt für Kurorte, die ebenfallseine Neuausrichtung ihrer eher abgestandenen „Besserverdiener“-Angebote nötig hatten. Und besonders enttäuschend war, was wir bei den Sozialverbänden erlebten, die sich ja gerne für alternsgerechtes Arbeiten aufblasen – nur bei Lkw-Fahrern nicht. Ich habe hier überhaupt keine Hemmungen, Namen zu nennen – erstens sind wir hier sozusagen unter uns und zweitens besteht gar keine Veranlassung irgendjemanden zu schonen. 2 So war es tatsächlich die„Innovationsmanagerin“ der hochmögenden Reha-Gruppe Waldburg-Zeil, die mitteilte, dass Lkw-Fahrer als Zielgruppe für ihre Häuser nicht in Frage kämen: „Zu proletarisch“ – auch der Hinweis: „Aber viele“ fruchtete nicht. Wunschklientel statt dessen: „Herren aus dem Management“. Ich muss schon sagen: „Sehr innovativ“. Nicht viel anders ist es uns in und mit Bad Aibling gegangen. Dort hat man zwar größte Probleme, die Kapazitäten auszulasten – aber bitte nicht mit LastwagenFahrern. Die allergrößte Enttäuschung war aber der Sozialverband VdK NRW: Er hat zwar in Bergisch-Gladbach eine Reha-Klinik mit den passgenauen Indikationen Orthopädie und Traumatologie und in der Nachbarschaft die Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) mit eigener Verkehrsgesundheitsforschung. Aber trotz Lage in einer der straßengüterverkehrsreichsten Regionen, dem Großraum Köln keinerlei Interesse an den alternden Fahrerschaften. Statt dessen: deutliche Ablehnung und Abwimmelei. Hätte es nicht ein paar Jahre später das großartige Engagement von Manuel Sauer von ver.di Nordhessen und von Eugen Jung von der SVG Hessen gegeben hätten wir wohl das Transitland Deutschland aufgegeben. Aber in der Zwischenzeit war es Südtirol, das die Kraftfahrergesundheit in Europa vorangebracht hat. Wir hatten 2004 und 2005 für die Bozener Landesregierung eine vergleichende Untersuchung zur gesundheitlichen Lage der Männer in Südtirol erarbeitet. Nach einem internationalen Kongress in Bozen im Jahr 2006 hat die Landesregierung dann unserem Vorschlag zugestimmt und uns 2007 mit einer Studie zur Gesundheitslage der Berufskraftfahrer beauftragt. Von Anbeginn an war das beabsichtigte Projekt eines „Europäischen Zentrum für Kraftfahrer-Gesundheit“ grenzüberschreitend angelegt. Ein Start in Sterzing/Vipiteno am Südausgang des Brennerpasses war natürlich auch psychologisch motiviert: Wohl kein Platz in Europa hat einen solchen Nimbus von Nord-Südverbundenheit in Europa wie der Brennerpass. Der Brenner: Ein LkwFahrer-Mythos. Lanthaler‘s Brennerpass-Krimis bei Diogenes gehören mit zum Feinsten. Nach Vorlage unserer „Machbarkeitsstudie“ hat sich 2008 eine Arbeitsgruppe aus Landesregierung, Gesundheitsbezirk Brixen, dem Bozener Logistiker FERCAM, dem Ospedale Sterzing und unserem Institut zur Weiterentwicklung zusammengefunden. Ergebnisse waren erste Check-Up-Konzepte für Lkw-Fahrer und eine Fahrerbefragung bei FERCAM. Um nun auch die breitere Fachöffentlichkeit für das Vorhaben zu gewinnen, wurden insbesondere deutsche Fachstellen und Fachverbände, Gewerkschaften, Kranken- und Unfallversicherer, 3 Berufsgenossenschaften etc. angesprochen und 2011 eine erste Fachkonferenz „Logistik und Gesundheit“ in Bozen veranstaltet. Damals begann auch die Zusammenarbeit mit der Autostrada dell’ Brennero – also der Brennerautobahn mit Sitz in Trento. Wir haben es auf dieser Basis dann noch einmal in Deutschland versucht – und Glück gehabt und mit unseren beiden Partnern ver.di-Nordhessen und SVG-Hessen zunächst die 2013er Fachkonferenz „Logistik und Gesundheit“ in Kassel veranstaltet und dann vor allem ein „Zentrum für Kraftfahrer-Gesundheit Kassel“ am SVG-Autohof Lohfeldener Rüssel konzipiert. Mit unserer Konferenz hier in Brannenburg ist nun eine richtig interessante Situation entstanden: Nicht zuletzt durch unsere Gäste aus Salzburg haben wir nun in der Ganzgroßregion Brennerpass ein Logistik- und Gesundheit- Cluster von Verona/Bozen über Brannenburg/Rosenheim bis Marquartstein/Salzburg. Verehrte Damen, meine Herren, man braucht auch immer ein paar Visionen: Die möchte ich gerne beflügeln: Die Comune di Malcesine am Gardasee, die zur Regione Veneto gehört, möchte ihr traumhaft gelegenes Ospedale für die Kraftfahrer-Familien-Reha öffnen, und das Consorzio ZAI Verona, eines der bedeutendsten Logistikzentren in Italien und Europa hat mir schon vor zwei Jahren über die deutsch-italienische Handelskammer in Verona sein Interesse an unserem Anliegen signalisiert. Verehrte Damen, meine Herren, selbst wenn nur ein Teil von alledem realisiert wird haben wir das auch dem Weitblick und dem Sozialengagement der Südtiroler Landesregierung zu verdanken. Danke sehr!