Baustellenkreissägen für das Schneiden von Polystyrol
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Baustellenkreissägen für das Schneiden von Polystyrol
03 Polystyrol_BauPortal 23.04.14 17:10 Seite 2 Baustellenkreissägen für das Schneiden von Polystyrol-Hartschaumplatten Dipl.-Ing. Detlev Opara, Frankfurt a.M. Insbesondere seit dem Inkrafttreten der Energie-Einspar-Verordnung (EnEV) werden Gebäude verstärkt wärmegedämmt. Auffällig ist dabei das Unfallgeschehen bei den Hoch- und Tiefbaufirmen, die Polystyrol-Hartschaumplatten mit der Baustellenkreissäge schneiden. Hierfür sind die Baustellenkreissägen gemäß der Betriebsanleitung nicht vorgesehen und die „üblichen” Sägeblätter nicht geeignet. Jetzt wurde für das Schneiden von Polystyrol-Hartschaumplatten ein spezielles Sägeblatt entwickelt. Die Hersteller der Baustellenkreissägen greifen diese Innovation auf und erweitern den Anwendungsbereich ihrer Produkte. Im folgenden Beitrag wird diese Entwicklung aus der Sicht des Arbeitsschutzes betrachtet und diskutiert. Die Energiewende ist in vielen Medien präsent und wird aus unterschiedlichsten Perspektiven betrachtet und beurteilt. Unabhängig von der Diskussion sind die Folgen der Energiewende für alle durch die steigenden Kosten spürbar. Bei den Bauherren besteht einerseits großes Interesse Geld zu sparen, indem sie ihre Gebäude energetisch optimieren. Andererseits gibt es durch die EnEV eine gesetzliche Verpflichtung zur energetischen Optimierung. Gedämmt wird das Gebäude von der Bodenplatte bis zum Dach. Hierfür kommen verschiedenartige Baustoffe zum Einsatz, die in der Praxis unterschiedlich verarbeitet werden. Im Bereich der Bodenplatte und der Kellerwände werden häufig Polystyrol-Hartschaumplatten verwandt (Abb. 1). Diese werden überwiegend von den Hoch-und Tiefbaufirmen eingebaut. Zum Schneiden der Polystyrol-Hartschaumplatten, z.B. Styrodur, verwenden die Firmen meist die Baustellenkreissägemaschine. Hierbei ist ein relevantes Unfallgeschehen aufgetreten, mit erheblichen Schnittverletzungen an den Händen und hohen Kosten für die BG BAU. Abbildung 2 zeigt das Unfallgeschehen in % bei den Mitgliedsunternehmen der BG BAU beim Umgang mit Holzbearbeitungsmaschinen im Zeitraum von 2010 bis 2013. Der Unfallschwerpunkt liegt mit 32,1 % bei den „alten“ Baustellenkreissägen, also Baustellenkreissägen ohne selbsttätig absenkende Schutzhaube. Das Unfallgeschehen beim Schneiden von Polystyrol-Hartschaumplatten wurde getrennt dargestellt und beträgt 3 %. Insgesamt ergibt sich damit ein Unfallgeschehen an der „alten“ Baustellenkreissäge von ca. 35 %. Im Vergleich hierzu beträgt das Unfallgeschehen an der „neuen“ Baustellenkreissäge, das sind Maschinen mit selbsttätig absenkender Schutzhaube, nur 4,8 %. Diese Differenz ist vor allem zurückzuführen auf die geringe Akzeptanz in den Unternehmen gegenüber den neuen Baustellenkreissägen und auf die Kosten, die der Austausch der alten Sägen verursachen würde. Erfahrungen zeigen, dass sich die Akzeptanz bei den Mitarbeitern durch entsprechende Schulungen erheblich verbessern lässt und dass auch das zweite Argument mit dem Hinweis auf die Möglichkeit der Nachrüstung von Altmaschinen entkräftet werden kann. Ursächlich für die Verletzungen beim Schneiden von Polystyrol-Hartschaumplat- Abb. 1: Wärmedämmung mittels Polystyrol-Hartschaumplatten im Kellergeschoss 10 ten sind i.d.R. das Verkleben bzw. das Verkanten des Werkstückes und das Hineingeraten der Hand und/oder Finger in das Sägeblatt sowie das Abrutschen der Hand und/oder Finger beim Schneiden von Passstücken oder beim Rückschlag des Werkstückes. Möglicherweise haben die Hersteller der Baustellenkreissägen diese Entwicklung vorausgesehen. In deren Bedienungsanleitungen wird der Anwendungsbereich sinngemäß mit der Aussage beschrieben, dass die Baustellenkreissäge für das Schneiden von Holz und holzähnlichen Werkstoffen mit Sägeblättern aus Stahl vorgesehen sind. Damit ist grundsätzlich das Schneiden von Polystyrol-Hartschaumplatten ausgeschlossen. Im Vergleich hierzu gibt es bei den Malerund Putzerfirmen kein nennenswertes Unfallgeschehen. Sie verwenden üblicherweise keine Baustellenkreissäge sondern schneiden die Polystyrol-Hartschaumplatten manuell oder mit Heißdraht-Schneidemaschinen. Da die Heißdraht-Schneidemaschinen meist im Freien eingesetzt werden, gibt es keine bzw. nur sehr geringe chemische Belastungen durch die beim Schmelzen entstehenden Dämpfe. Eine Abb. 2: Auswertung des Unfallgeschehens bei der BG BAU www.baumaschine.de/Werkzeug, Geräte – BauPortal 5/2014 03 Polystyrol_BauPortal 23.04.14 17:10 Seite 3 Gesundheitsgefährdung liegt nicht vor. Angeboten werden Heißdraht-Schneidemaschinen mit Standardschnittlängen von ca. 1,10 m aber auch mit einer Schnittlänge von bis zu 1,30 m. Damit können die handelsüblichen, benutzten PolystyrolHartschaumplatten geschnitten werden. Diese Art des Schneidens stellt den Stand der Technik dar. Aufgrund der Nachfrage hat die Fa. Streckdiele GbR ein spezielles Sägeblatt für das Schneiden von Polystyrol-Hartschaumplatten entwickelt (Abb. 3). Durch die Sägeblattausbildung wird insbesondere das Verkleben bzw. das Verkanten des Werkstückes verhindert. Darüber hinaus eignet es sich auch zum Sägen von Holz und holzähnlichen Werkstoffen. Da mit der Entwicklung dieses Sägeblattes wesentliche Unfallursachen beseitigt werden, stellt sich die Frage, wie diese Entwicklung aus der Sicht des Arbeitsschutzes zu beurteilen ist. Grundsätzlich sollte das Sägeblatt mit den „neuen“ Baustellenkreissägen eingesetzt werden, denn diese stellen den Stand der Technik dar. Für den Einsatz ist die Erlaubnis der Hersteller von Baustellenkreissägen maßgeblich. Denkbar ist folgende Fallunterscheidung: • Gemäß der Bedienungsanleitung des Herstellers der Baustellenkreissäge ist das Schneiden von Polystyrol-Hartschaumplatten nicht vorgesehen. Der Unternehmer möchte aber das Sägeblatt zum Schneiden von Holz- und holzähnlichen Werkstoffen verwenden. Hierfür benötigt der Unternehmer die Erlaubnis bzw. Zustimmung des Herstellers der Baustellenkreissäge. • Gemäß der Bedienungsanleitung des Herstellers der Baustellenkreissägemaschine ist das Schneiden von Hartschaumplatten zulässig oder ist für dieses spezielle Sägeblatt auf Nachfrage erlaubt. Der Unternehmer muss diesen Fall in seiner Gefährdungsbeurteilung berücksichtigen und in einer Betriebsanweisung dokumentieren. Hierbei ist insbesondere zu beachten: Abb. 3: Sägeblatt der Fa. Streckdiele GbR – Die Dicke der Hartschaumplatte: In der Bedienungsanleitung des Herstellers der Baustellenkreissäge ist die max. Schnitthöhe festgelegt. Dickere Platten dürfen damit nicht geschnitten werden (Abb. 4). Das heißt, insbesondere das Entfernen bzw. Hochklappen der Schutzhaube für Verdecktschnitte ist nicht zulässig. – Das Schneiden von Passstücken: Wie beim Schneiden von Passstücken bei Holz und holzähnlichen Werkstoffen ist auch bei Polystyrol-Hartschaumplatten der Parallelanschlag und der Schiebestock einzusetzen (Abb. 5). Abb. 4: Das Schneiden von Polystyrol-Hartschaumplatten mit dem speziellen Sägeblatt der Fa. Streckdiele GbR unter Berücksichtigung der max. Schnitthöhe mit einer „neuen“ Baustellenkreissäge (Quelle: AP Heidemann) Fazit Die Vergangenheit hat gezeigt, dass auf den Baustellen beim manuellen Schneiden von Polystyrol-Hartschaumplatten oder beim Schneiden mit Heißdraht-Schneidemaschinen kein nennenswertes Unfallgeschehen vorhanden ist. Dagegen traten erhebliche Schnittverletzungen beim Einsatz der Baustellenkreissägen auf, die entgegen der Betriebsanleitung zum Schneiden von Polystyrol-Hartschaumplatten verwendet wurden. Durch die Entwicklung eines neuen Sägeblattes hat sich die Situation verändert, denn es verhindert insbesondere das Verkleben und Verkanten der Polystyrol-Hartschaumplatten. Damit werden wesentliche Unfallursachen beseitigt. Als Folge hiervon erlauben die Hersteller von Baustellenkreissägen zum Teil diese Anwendung. Abb. 5: Schneiden von Passstücken mit Parallelanschlag und Schiebestock (Quelle: AP Heidemann) Autor: Dipl.-Ing. Detlev Opara BG BAU Prävention, Bereich Hochbau Umstellung des DGUV-Regelwerkes Seit dem 1. Mai 2014 weist das Vorschriften- und Regelwerk der DGUV eine neue Struktur auf. Die altbekannten Bezeichnungen BGV/GUV-V, BGR/GUV-R oder BGI/GUV-I werden durch DGUV-Vorschriften, DGUV-Regeln und DGUVInformationen ersetzt. Grundlegend umgestaltet und vereinheitlicht wird dabei auch die Nummerierung. Für die verbliebenen Unfallverhütungsvorschriften wird beispielsweise der Zahlenbereich von 1 bis 99 vorgehalten. Alle anderen Schriften bekommen hingegen eine 6-stellige Zahl. Über die ersten 3 Ziffern wird einerseits erkennbar sein, ob es sich um eine Regel (Zahlenbereich 1xx), eine Information (Zahlenbereich 2xx) oder um einen Grundsatz (Zahlenbereich ab 3xx) handelt. Andererseits wird daraus ersichtlich sein, welcher DGUV-Fachbereich für die Schrift verantwortlich ist. Eine DGUV-Information des Fachbereichs Bauwesen wird z.B. immer über die Zahl 201-xxx gekennzeichnet werden. Die folgenden 3 Ziffern sind letztendlich eine fortlaufende Nummerierung innerhalb des zuständigen Fachbereichs. Die DGUV wird eine Transferliste bereitstellen, welche die Umstellung erleichtern soll. In der DGUV-Publikationsdatenbank wird man zukünftig über die alten und neuen Bezeichnungen Schriften finden können. ‡ http://publikationen.dguv.de BauPortal 5/2014 – www.baumaschine.de/Werkzeug, Geräte 11