Steuerfachwirte / Bilanzbuchhalter

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Steuerfachwirte / Bilanzbuchhalter
ESt / Grundstruktur der ESt
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Grundstruktur der Einkommensteuer
Wesen und Umfang der Einkommensteuer
Einordnung der Einkommensteuer
Die Einkommensteuer ist eine personenbezogene Steuer. Sie ist deshalb Personensteuer.
Aus § 1 (1) S. 1 EStG ergibt sich, dass Steuersubjekt der Einkommensteuer die natürliche Person ist. Persönliche Umstände, die in der Person des Steuerpflichtigen
liegen, wie Familienstand, Alter, außergewöhnliche Belastungen, spielen, anders als
bei den Verkehrsteuern (zB Umsatzsteuer) und Verbrauchsteuern (zB Tabaksteuer,
Mineralölsteuer), eine entscheidende Rolle.
Derjenige, der nach dem EStG steuerpflichtig ist, muss diese Steuer auch tragen.
Die ESt gehört daher zu den direkten Steuern. Als Gegensatz hierzu sind die indirekten Steuern zu sehen, bei denen zB der Unternehmer die Steuern in den Kaufpreis einkalkuliert und auf den Abnehmer abwälzt. Vom Abnehmer wird damit zwar
die Steuer letztlich getragen, Steuerschuldner ist aber der Kaufmann bzw das Unternehmen.
Die Einkommensteuer gehört verwaltungsmäßig zu der großen Gruppe der Besitzsteuern.
Sie ist schließlich eine Veranlagungssteuer, dh der Steuerpflichtige wird mit dem
von ihm im Veranlagungszeitraum erzielten Einkommen nach Ablauf des Kalenderjahres zur Einkommensteuer nach Maßgabe der §§ 25, 46 EStG veranlagt. Die Verwaltung der Einkommensteuer obliegt den Landesfinanzbehörden, deren sachliche
und örtliche Zuständigkeit sich aus den §§ 16 bis 29 AO ergibt.
Da das Aufkommen der Einkommensteuer nach Abzug eines den Gemeinden zustehenden Anteils dem Bund und den Ländern gemeinsam zusteht, wird sie in
Art. 106 (3) GG als Gemeinschaftssteuer bezeichnet.
Auch die Körperschaftsteuer ist faktisch eine Einkommensteuer. Hier wird das Einkommen der Körperschaften (juristische Personen  zB Aktiengesellschaften und
Gesellschaften mit beschränkter Haftung) nach dem Körperschaftsteuergesetz besteuert. Die Körperschaftsteuer ist somit die Einkommensteuer der juristischen Personen.
Die Lohnsteuer und die Kapitalertragsteuer (ZinsabschlagSt; ab Veranlagungszeitraum 2009: Abgeltungsteuer) stellen lediglich besondere Erhebungsformen der
Einkommensteuer dar. Sie werden im Wege des Steuerabzugs bereits „an der Quelle“ einbehalten und bei einer späteren Veranlagung eines Steuerpflichtigen in vollem
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Umfang auf die sich ergebende Einkommensteuer angerechnet. Dies gilt für die Kapitalertragsteuer nur noch in Ausnahmefällen, grundsätzlich unterliegen Kapitalerträge inkl. Gewinne aus der Veräußerung von Kapitalanlagen ab dem Veranlagungszeitraum 2009 der Abgeltungsteuer, mit der die Steuer auf die Kapitalerträge als abgegolten gilt. Diese ist nicht auf die Einkommensteuer anrechenbar.
Gliederung einer ESt-Klausur
Die Bearbeitung einer ESt-Klausur erfolgt regelmäßig in der Reihenfolge des § 2
EStG. Die folgende Gliederung ist für die meisten Fallgestaltungen ausreichend:
I.
Vorspann
In einem kurzen Vorspann sollen folgende allgemeine Fragen beantwortet werden:
Steuerpflicht, Veranlagungsform, Tarif, Berücksichtigung von Kindern.
II.
Ermittlung der Einkünfte
In diesem Hauptteil wird der Gewinn (Einkunftsarten 1 - 3) bzw der Überschuss der
Einnahmen über die Werbungskosten (Einkunftsarten 4 - 7) ermittelt; Ergebnis:
Summe der Einkünfte.
III.
Zu versteuerndes Einkommen
In diesem Teil geht es insbesondere um folgende Abzugsbeträge: Altersentlastungsbetrag, Entlastungsbetrag für Alleinerziehende, Verlustabzug, Sonderausgaben, außergewöhnliche Belastungen, Freibeträge für Kinder, Härteausgleich. Ergebnis: zu
versteuerndes Einkommen.
IV.
Steuerermäßigungen und Steuererhebung
Steuerermäßigungen sind geregelt in den §§ 34c bis 35a.
Regelungen zur Steuererhebung finden sich in den §§ 36 – 46 EStG.
 Hinweis
Maßgebend ist die genaue Aufgabenstellung in der Klausur. Sie sollten mit
dem Lesen der gesamten Aufgabenstellung beginnen, damit der Sachverhalt
gleich unter Berücksichtigung der Aufgabenstellung erarbeitet werden kann
und nicht zu viel bzw zu wenig in der Lösung geschrieben wird. Denken Sie
stets an das Zeitmanagement.
Bei einer Aufgabenstellung „Ermitteln Sie das zu versteuernden Einkommen
und geben Sie Hinweise zur Steuerermäßigung“, sind die Steuerermäßigungen in der Regel nur darzustellen, nicht aber zu berechnen.
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Ermittlung des zu versteuernden Einkommens; R 2. EStR
Einkünfte aus
1. Land- und Forstwirtschaft
2. Gewerbebetrieb
3. selbständiger Arbeit
4. nichtselbständiger Arbeit
5. Kapitalvermögen
6. Vermietung und Verpachtung
7. sonstige Einkünfte
= Summe der Einkünfte
./. Altersentlastungsbetrag
./. Entlastungsbetrag für Alleinerziehende
./. Freibetrag für Land- und Forstwirte
= Gesamtbetrag der Einkünfte
./. Verlustabzug
./. Sonderausgaben
Vorsorgeaufwendungen
zusätzliche Altersvorsorge
übrige Sonderausgaben,
Zuwendungen (Spenden)
./. außergewöhnliche Belastungen
= Einkommen
./. Freibeträge für Kinder
./. Härteausgleich
= zu versteuerndes Einkommen
Anwendung der Tarifvorschriften
Steuerbetrag nach
oder Anwendung des Progressionsvorbehalts
+ Steuer aufgrund Berechnung nach
= tarifliche Einkommensteuer
./. ausländische Steuern
./. Steuerermäßigung bei gewerblichen Einkünften
./. Steuerermäßigung bei Zuwendungen (Spenden)
./. Steuerermäßigung für haushaltsnahe Besch. +
Dienstleist.
+ ausländische Steuern
+ Anspruch auf Zulage für Altersvorsorge
+ Anspruch auf Kindergeld
= festzusetzende Einkommensteuer
./. Vorauszahlungen
./. anzurechnende Lohnsteuer und Kapitalertragsteuer
= Abschlusszahlung oder Erstattung
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EStG
§§ 13 ff.
§§ 15 ff.
§ 18
§ 19
§ 20
§ 21
§§ 22, 23
§ 2 (1)
§ 24a
§ 24b
§ 13 (3)
§ 2 (3)
§ 10d
§ 10 (1) Nr. 2, (2, 3),
§ 10c (2)
§ 10a
§ 10 (1) Nr. 1, 1a, 4, 5, 7,
8, 9
§ 10b
§ 33 – 33b
§ 2 (4)
§ 31, § 32 (6)
§ 46 (3), (5) iVm § 70
EStDV
§ 2 (5)
§
§
§
§
§
§
§
§
§
§
§
32a (1, 5), § 50 (3) oder
32b
34, § 34b
32a (1, 5)
34c (1, 6), § 12 AStG
35
34g
35a
34c (5)
10a (2)
2 (6) S. 3; § 31 S. 4
§
§
§
§
2 (6)
36 (2) Nr. 1
36 (2) Nr. 2
36 (4)
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Steuerpflicht §§ 1, 1a EStG
§ 1 EStG trifft zunächst die Feststellung, dass nur natürliche Personen - also Menschen – einkommensteuerpflichtig sind. Die Vorschrift unterscheidet alsdann zwischen einer unbeschränkten und einer beschränkten Einkommensteuerpflicht.
Unbeschränkte Einkommensteuerpflicht
Unbeschränkt einkommensteuerpflichtig sind alle natürlichen Personen, die im
Inland einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, sowie ins Ausland
entsandte deutsche Behördenangehörige, soweit sie Arbeitslohn aus einer inländischen öffentlichen Kasse beziehen. Die Begriffe „Wohnsitz“ und „Gewöhnlicher Aufenthalt“ werden in den §§ 8 und 9 AO definiert.
 Beispiel
Der Student Rüdiger Rassel hat seinen Wohnsitz in Berlin. Er ist unbeschränkt einkommensteuerpflichtig, weil er seinen Wohnsitz im Inland hat.
Ob er Einkünfte erzielt oder nicht, ist ohne Bedeutung.
Die unbeschränkte Einkommensteuerpflicht hat zur Folge, dass sämtliche Einkünfte
der betreffenden Personen vom inländischen Fiskus erfasst werden, gleichgültig in
welchem Teil der Welt sie entstanden sind (Welteinkommensprinzip); vgl H 1a. „Allgemeines“ EStH.
Unbeschränkte Einkommensteuerpflicht auf Antrag
Unbeschränkt einkommensteuerpflichtig auf Antrag sind natürliche Personen,
die im Inland weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, soweit sie inländische Einkünfte im Sinne der beschränkten Einkommensteuerpflicht
nach § 49 EStG beziehen; § 1 (3) EStG.
Voraussetzung ist, dass
•
ihre Einkünfte im Kalenderjahr mindestens zu 90 % der deutschen ESt unterliegen
oder
• die nicht der deutschen ESt unterliegenden Einkünfte nicht mehr als 8.004 € im
Kalenderjahr betragen. Bei diesem Betrag handelt es sich um den Grundfreibetrag
gem § 32 a (1) Nr. 1 EStG.
Dieser Betrag muss unter den Voraussetzungen des § 1a (1) Nr. 2 S. 3 EStG verdoppelt werden.
Die Vorschrift ist in erster Linie für Grenzpendler interessant, die im Ausland leben,
aber im Inland arbeiten, um sich die Vorteile der unbeschränkten Steuerpflicht (Veranlagung, Sonderausgabenabzug, außergewöhnliche Belastungen etc) zu sichern.
Vgl auch § 50 (1) EStG.
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 Beispiel
Ein Schweizer mit Wohnsitz in Basel (Schweiz) arbeitet bei einer Firma in
Weil am Rhein (Inland) als kaufmännischer Angestellter. Er fährt täglich
von seinem Wohnsitz zur Arbeitsstelle und zurück. Außer seinem Arbeitslohn hat er keine weiteren Einkünfte.
Der Steuerpflichtige ist beschränkt einkommensteuerpflichtig, weil er im
Inland weder einen Wohnsitz noch seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat;
§ 1 (4) EStG. Er kann aber auf Antrag nach § 1 (3) EStG als unbeschränkt
einkommensteuerpflichtig behandelt werden.
§ 1a EStG bietet unbeschränkt Steuerpflichtigen, auch denen, die nach § 1 (3) EStG
auf Antrag als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig zu behandeln sind, bestimmte Steuervergünstigungen, wenn sie die Staatsangehörigkeit eines Staates der
EU/EWR besitzen; § 1a (1) Nr. 1 - 2 EStG.
Bei diesen Steuervergünstigungen handelt es sich um das Realsplitting; § 10 (1)
Nr. 1 EStG und die Ehegattenveranlagung; § 26 (1) EStG. Weitere gemeinsame Voraussetzung ist, dass der Ehegatte seinen Wohnsitz / gewöhnlichen Aufenthalt in einem EU / EWR-Staat hat.
Beschränkte Einkommensteuerpflicht
Beschränkt einkommensteuerpflichtig sind alle anderen natürlichen Personen, soweit
sie inländische Einkünfte iSd § 49 EStG erzielen; § 1 (4) EStG. Hier wird nicht das
Welteinkommen, sondern nur die in § 49 EStG genannten Einkünfte vom deutschen
Fiskus besteuert. Besteht mit dem Wohnsitzstaat des beschränkt Steuerpflichtigen
ein Doppelbesteuerungsabkommen, so gehen die dort getroffenen Regelungen der
Anwendung des § 49 EStG vor; vgl § 2 AO.
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