Tattoo-Trend Jetzt kommt die löschbare Tinte

Transcription

Tattoo-Trend Jetzt kommt die löschbare Tinte
Tattoo-Trend
Jetzt kommt die löschbare Tinte
Tattoos haben Hochkonjunktur. Gleichzeitig boomt das Business mit Lasern, die sie
wieder entfernen. Wie gut, dass fünf New Yorker Guys an einer auslöschbaren
Tätowiertinte arbeiten.
Tattoos sind heutzutage nicht mehr in jedem Fall für ewig.

22.06.2016/Birgitta Willmann
Sie haben es salonfähg gemacht: Model Cara Delevingne, Fussballstar David
Beckham, Sängerin Rihanna oder Schauspielerin Angelina Jolie zeigen trendige
Tattoos. Und lassen mit ihren Haut-Kunstwerken die Arschgeweihe, Delfine oder
Décolleté-Röschen der heimischen Tattoo-Avantgarde der 90er-Jahre blass
aussehen. Wer aktuell noch Blicke auf sich ziehen möchte, muss dafür deutlich mehr
Aufwand treiben. Und das tun laut Bundesamt für Statistik doch immerhin vier von
zehn Schweizern.
Von der Bundesratsgattin bis zum Rapper, von der Hochschulprofessorin bis zur
Floristin, alle zeigen, was sie haben. Der beginnende Sommer 2016 deckt auf, wohin
der Trend geht: Es scheint, als sei aktuell keine Körperstelle mehr sicher vor den Nadeln der Tattookünstler: Hals, Ohren, Finger, sogar ganze Gesichter verschwinden
unter Farben und Muster. Eine Million Eidgenossen hat sich mehr als nur ein Sujet vier
Millimeter unter die oberste Hautschicht stechen lassen. Man kann nur ahnen, wie es
in zukünftigen Altersheimen aussehen wird, wenn die Kunstwerke auf den Häuten
einer ganzen Generation in die Jahre kommen.
Diese Aussicht freilich schreckt 20-Jährige kaum ab – wer denkt schon daran, dass
man auch mal 80 wird? Und dass die im Liebestaumel oder aus einer Laune heraus
entstandenen Motive dann vielleicht gar nicht mehr so cool wirken, wie man damals
dachte.
Neue Tattootinte mit Tintenkiller
Aber – es gibt Hoffnung! Ein Team junger Wissenschaftler an der Universität New York
hat sich des Problems angenommen und ist dabei, wie die «Huffington Post» berichtet,
eine ganz neue Tinte zu entwickeln. Diese wird genau wie die bis anhin verwendete
Farbe unter die Haut gespritzt, wird aber innerhalb von zwei Jahren vom Körper
abgebaut. Und, das ist die gute Nachricht für alle Fashionistas: Sie kann dank einer
speziellen Substanz vorzeitig entfernt werden, wie mit einem Tintenkiller. Und das
völlig narbenlos.
Seung Shin, jedenfalls, CEO der Erfinderfirma Ephemeral-Inks, ist davon überzeugt,
dass gefahrlose, zeitliche begrenzte Kunstwerke auf der Haut eine grosse Zukunft
haben: «Wir hoffen, dass wir in den kommenden fünf Jahren die Tattoo-Industrie, ihre
Kultur und ihre Zukunft nachhaltig verändern können», sagt er auf der Website seiner
Firma. Das sind optimistische Prognosen für die Tattoobranche und die allein in der
Schweiz geschätzten über 600 Tattoostudios. Denn wenn die Hemmschwelle des
«lebenslänglich» bei den Tattoos entfällt, werden sich möglicherweise noch mehr
Schweizer zumindest temporär verzieren lassen wollen.
Immer mehr Tattoo-Entfernungen
Dann würden auch die in zweierlei Hinsicht schmerzhaften Erfahrungen wegfallen, die
Tätowierte heute machen, wenn sie ihr Tattoo loswerden wollen: Zum einen, weil auch
das Entfernen mit dem Laser weh tut, zum anderen, weil es ins Geld geht. Kleine
Tattoos sind mit ein paar Hundert Franken Vergangenheit, Kostenpunkt bei einem
grossen Motiv: bis zu 6000 Franken.
Und das Bedürfnis danach scheint analog der steigenden Anzahl der Tätowierungen
zu wachsen. «Wir beraten jeden Tag mindestens einen Patienten, der sein Tattoo
bereut», sagt Dr. Christoph Schänzle, Chef-Dermatologe bei den Pallas Kliniken. An
vier Standorten kann hier rückgängig gemacht werden, was oft aus einer Laune heraus
entstanden ist. Allein in Olten entfernten Schänzle und sein Team letztes Jahr 107
Tattoos. Männer und Frauen halten sich die Waage.
YAG-Laser im Einsatz
Gearbeitet wird an den Pallas-Kliniken mit dem YAG-Laser (Aluminium-Granat-Laser).
Dieser gibt Lichtimpulse auf die Tätowierung ab, welche die Farbpigmente in der Haut
so zerkleinern, dass sie vom Lymphsystem abtransportiert werden können und auf der
Haut nicht mehr sichtbar sind. Vor der Entfernung werden Reaktionen sowie
Unverträglichkeiten der Haut getestet. «Der Eingriff», so Christoph Schänzle, «ist
praktisch schmerzarm, wird aber je nach Körperstelle unterschiedlich empfunden».
Rechnen müssen Tattoo-Reuige ungefähr mit 6 bis 10 Sitzungen, zwischen denen
man rund drei Wochen verstreichen lassen muss. Und möglicherweise bleibt die Haut
an der behandelten Stelle dauerhaft etwas heller.
Dennoch: Eingefleischte Anhänger der «echten» Tattookunst wird nichts von dem
Drang nach immer neuen Motiven abhalten. Denn vielleicht ist ihre künstlerische
Unvergänglichkeit genau das, was Tattoos so einzigartig macht. Wer aber einfach
gefahrlos und reparabel mit der Mode gehen möchte, der kann nur darauf hoffen, dass
die Tinte der New Yorker Jungs möglichst bald marktreif ist.
Das müssen Sie über Tattoos wissen
Stechen
Beim Hautarzt ein mögliches, allergisches Risiko abklären und nur Studios wählen, die
sehr hygienisch arbeiten. Beim Stechen können Krankheiten übertragen werden, oft
Hepatitis-Viren. Registrierte Betriebe: www.swiss.tattoo. Infos zur Sicherheit:
www.blv.admin.ch
Schützen
Sie brauchen eine Extraportion Schutz, darum immer Lichtschutzfaktor 50 verwenden.
Tätowierte Haut ist sensibel, und die Motive verblassen rascher bei UV-Belastung.
Hände weg von Tattoo-Sonnensticks! Die meisten fallen bei Tests durch. toppharm.ch
Entfernen
Via Laser lassen sich Tattoos relativ schmerzfrei und nachhaltig entfernen. Pro
Behandlung mit ca. 250 Franken rechnen. Je grösser die Fläche, desto öfter die
Wiederholung. Infos bei Dermatologen, Schönheitschirurgen oder unter: tattooentfernen.org oder pallas-kliniken.ch
Kreieren
Rihanna hats vorgemacht: Sie zeigte sich mit einem weissen Tattoo. Sieht schick aus,
aber viele reagieren allergisch auf die helle Tinte. Wieder sehr en vogue ist
sogenanntes «Blackwork» – ohne Farbe. Weitere Hypes: Insekten, Realismus und
Aquarell-Tattoos. Dauerbrenner: Vornamen der Kinder.

Documents pareils