Dr. Bernhard Gißibl

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Dr. Bernhard Gißibl
Dr. Bernhard Gißibl
Zugang zur Natur – eine Frage der
Gerechtigkeit
Teil II: Beispiele aus der deutschen
Naturschutzpraxis in Ostafrika
Dr. Bernhard Gißibl
Aufbau:
1. Naturschutz in Ostafrika: Allgemeine Bemerkungen
2. Historische Genese des Naturschutzregimes in Tansania:
a) Naturschutz im Zeichen der Jagd: Deutsche Kolonialherrschaft vor dem
Ersten Weltkrieg
b) Naturschutz im Zeichen der Ökologie: Dekolonisierung um 1960,
Bernhard Grzimek und der Serengeti-Nationalpark
c) Naturschutz im Zeichen der Ökonomie: Dezentralisierung, Community
Conservation und das Selous Conservation Programme der GTZ (19872004)
3. Fazit: Gerechtigkeit und Naturschutzkommunikation
Dr. Bernhard Gißibl
Ob im Tourismus…
Dr. Bernhard Gißibl
oder im Kino…
Dr. Bernhard Gißibl
…oder in der
Naturschutzkommunikation…
Postkarte der TANAPA
Mitgliederzeitschrift der ZGF
Dr. Bernhard Gißibl
…oder in unseren Köpfen:
Afrika ist unberührte Natur, ursprüngliche Wildnis
Dr. Bernhard Gißibl
Tansania
Dr. Bernhard Gißibl
Tansania
• Bedrohte, aber noch weitgehend intakte
Natur
• Naturtourismus als Entwicklungsmotor
• Armut: 88% der Bevölkerung hat 2 Dollar
oder weniger zur täglichen Verfügung (2007)
• „Environmental state“: über 30% der
Landfläche mit Schutzstatus
Dr. Bernhard Gißibl
Tansania
• Koloniale Vergangenheit (seit 1885;
Unabhängigkeit 1961)
• Charakteristische Staatlichkeit: von oben,
nach außen
• Naturschutz als von außen importiertes
Anliegen
• Naturschutz als von oben initiiertes Anliegen
Dr. Bernhard Gißibl
Erste These
Naturschutz in Ostafrika ist kein anti-hegemonialer
Gegendiskurs, sondern eingebettet in asymmetrische
Machstrukturen. Er ist selbst mehr eine Triebkraft
von „Entwicklung“ als deren Bremse
Dr. Bernhard Gißibl
Zweite These
Der Naturschutz in Tansania ist seit seinen Anfängen
unter deutscher Kolonialherrschaft vor dem Ersten
Weltkrieg von einer grundlegenden Asymmetrie
zwischen westlichem Schutzinteresse an Wild und
Wildnis, zentralstaatlicher Naturschutzpolitik und
Marginalisierung der lokalen Bevölkerung geprägt.
Diese inter- und transnationale Architektur des
ostafrikanischen Naturschutzes ist seit einem
Jahrhundert im Wesentlichen intakt geblieben.
Dr. Bernhard Gißibl
Dritte These
Die Einrichtung von großflächigen Schutzgebieten in
Tansania war und ist bis in die Gegenwart begleitet
von der Umsiedlung, beziehungsweise der
physischen, kulturellen und ökonomischen
Entwurzelung der lokalen Bevölkerung, insbesondere
von indigenen Ethnien.
Die physische Entvölkerung von Nationalparks ging
mit ihrer mentalen Entvölkerung als „Wildnis“ einher.
Dr. Bernhard Gißibl
Historische Genese: Naturschutz
im Zeichen der Jagd vor 1914
• Naturschutzregime entsteht aus:
– Elfenbeinhandel
– Furcht vor Ausrottung
– Jagdregulierung und koloniales
Ressourcenmanagement
Dr. Bernhard Gißibl
Naturschutz unter deutscher
Kolonialherrschaft
• Etablierung von insgesamt 15 Wildreservaten
bis 1914 (3% der Landfläche)
• Nexus von Wild und Wildnis
• Entvölkerung ermöglicht Naturschutz
• Dichotomisierung und Insularisierung
schützenswerter Natur
• Grundlage der tansanischen
Naturschutzinfrastruktur
Dr. Bernhard Gißibl
Naturschutz unter deutscher
Kolonialherrschaft
Dr. Bernhard Gißibl
Naturschutz im Zeichen der
Ökologie
• Nachkriegsboom des Naturschutzes in
Ostafrika
– Safaritourismus
– Ökologisierung des Naturschutzmanagements
– Rückzug des Empire und Internationalisierung
des Naturschutzes (IUCN, UNESCO)
– Bernhard Grzimek als „ehrlicher Makler“
Dr. Bernhard Gißibl
Serengeti und die Folgen
• „Serengeti darf nicht sterben“ (1959)
• Diskreditierung der Großwildjagd als Form
der Wildnutzung außerhalb der
Nationalparks
• Nationalparks als Modernisierung durch
Tourismus
• „Menschheitserbe“ vs. pastorale
Humanökologie
Dr. Bernhard Gißibl
Serengeti und die Folgen:
• Erziehung zur Wertschätzung wilder Natur
• Zwangspotential des Naturschutzes
• Rasanter Ausbau der tansanischen Nationalparks
bis 1970 durch westliche Gelder und westliches
Know-how
• ZGF als „watchdog“ und „mastermind“ des
Naturschutzes in der Serengeti
• Kosmopolitische Naturschutzkommunikation,
Verschweigen der Kosmopolitik!
Dr. Bernhard Gißibl
Naturschutz im Zeichen der
Ökonomie
•
•
•
•
Scheitern der Ujamaa-Politik
Ökonomisierung und Dezentralisierung
Krise der „fortress conservation“
Nachhaltigkeit und Neoliberalismus:
– Protected Area Outreach
– Privatisierung
– Community-based Wildlife Conservation
Dr. Bernhard Gißibl
Selous Conservation Programme
• Selous Game Reserve: Vorgeschichte
permanenter Erweiterung/Umsiedlung seit
1896/1922
=> Größte „Wildnis“ Afrikas
• Hintergrund der Elfenbeinkrise
• Ziel des „nachhaltigen
Ressourcenmanagements“
Dr. Bernhard Gißibl
Selous Conservation Programme
• Erholung der Elefantenpopulation und
Akzeptanzförderung durch „benefit
sharing“
• Operation Uhai (1989/90): über 2000
Verhaftungen von „Wilderern“
• trotz 23,6 Mio Euro und 3000 Gesprächen:
Ziel der lokalen Beteiligung verfehlt
Dr. Bernhard Gißibl
2012 beginnt die ZGF ein auf 10 Jahre angelegtes
Projekt zur Unterstützung des Managements im
Selous Game Reserve…
Dr. Bernhard Gißibl
Gerechtigkeit und
Naturschutzkommunikation
• Kommunikationsideal vs. Asymmetrie,
Komplexität, Mehrpoligkeit und Strategie
• Kommunikation vs. „Substanz“
Dr. Bernhard Gißibl
Gerechtigkeit und
Naturschutzkommunikation
• Ungerechtigkeit des Naturschutzes in
Tansania:
– Historischer Kontext
– Verfahren
– Optionen
– Repräsentation
Dr. Bernhard Gißibl
Gerechtigkeit und
Naturschutzkommunikation
• Beitrag des Naturschutzes zu interkultureller
Gerechtigkeit?
– Gewährleistung ökonomischer Vorteile vs.
Garantie substantieller Rechte

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