Mit klarem Konzept die Zukunft meistern

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Mit klarem Konzept die Zukunft meistern
Management
Mit klarem Konzept die Zukunft meistern
Agraringenieur Theo Lenzen, Tierzuchtberater des Kreises Viersen - Krefeld
und Berater des Kreisvereins für Schweinehaltung der Region
Aufgrund politischer Zielsetzungen verstärkt sich Ungewissheit und Unmut
in der Landwirtschaft.
Dieser Bericht möchte zwei typische Ferkelerzeugerbetriebe der Region am
Niederrhein näher darstellen, welche als Familienbetrieb kontinuierlich
gewachsen sind und in denen die Junglandwirte mit klaren Zielen und in
der Gewissheit ihrer Managementkenntnisse optimistisch zukünftige
Aufgaben meistern wollen.
Haltungskomfort unserer
Hochleistungstiere ist die Basis
des Erfolges
Die Familie Norbert und Fine Butschen sowie
der Sohn Franz-Josef aus Viersen-Dülken stellen einen typischen Veredlungsbetrieb der
Region dar.
Es werden 50 ha mit großem Anteil Kartoffelanbau bewirtschaftet und 250 Sauen gehalten.
Sehr positiv sind die
Erfahrungen mit
der Abruffütterung
im Aussenstall mit
Liegehütten. Durch
die Möglichkeit, die
Herde in 2 Gruppen
mit jüngeren bzw.
älteren Sauen
zusammenzustallen,
ergibt sich eine
erstaunliche Ruhe."
Von Beginn an wurden die Ferkel mit ca. 30 kg
über die rheinische Erzeugergemeinschaft für
Qualitätsferkel (REG) vermarktet. Seit 1998
besteht eine sehr enge Partnerschaft mit
einem Mäster aus dem Nachbarkreis Kleve,
welcher alle verkaufsfähigen Ferkel mit
großem Erfolg einstallt.
Aufgrund der Ausbildung des Sohnes FranzJosef entstand der Kontakt zum RheinhybridVermehrungsbetrieb G. Winnekens in Rheinberg. Zu diesem Zeitpunkt entschied sich
Familie Butschen auf die Genetik der Rheinhybridsauen zu setzen. Das Resümee des
Chefs fällt heute eindeutig aus: "Der
Leistungsschub der Jungsauen mit 10,3 leb.
geb. Ferkel/Wurf hat uns enorm weiter
gebracht."
Die Familie mit 3 Arbeitskräften empfindet
sich als Team im Schweinestall mit konkreten
Schwerpunktaufgaben für den Einzelnen.
1993 begannen auf der Basis von 40 Sauen
die verschiedenen Wachstumsschritte. 1994
bereits wurde eine Abruffütterung für die
Gruppenhaltung der tragenden Sauen installiert. Im Jahr 2001 wurde eine weitere Abruffütterung und damit eine zweite Gruppe eingerichtet.
Außerdem wurde der Aufzuchtbereich von
700 Flat-Deck-Plätzen auf 1.180 erweitert.
Norbert Butschen kümmert sich sehr intensiv
um seine Rheinhybridjungsauen im Quarantänestall.
Besonderen Wert legt Norbert Butschen auf
die Eingliederung der Jungsauen. Separat eingestallt erhalten Sie täglich 2mal „persönlichen“ Kontakt, so dass die Gruppe sehr ruhig
bleibt.
Nach ca. 3 Wochen Eingewöhnungsphase
bekommen die Jungsauen regelmäßig Eberkontakt, so dass die Erstbesamung problemlos
nach Bedarf erfolgen kann.
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Top-Genetik 05 / 2002
Franz-Josef Butschen
ist hauptverantwortlich
für die Abläufe
im Abferkelstall.
Franz-Josef Butschen
im Erfahrungsaustausch mit der
Beraterin der REG
Kathrin Sperber. Die
optimale Ausstattung
mit Flat-Deck-Plätzen
hat sich schnell
bewährt.
Top-Genetik 05 / 2002
Neben den Auswertungen des Arbeitskreises
der Landwirtschaftskammer stellt Norbert
Butschen die Bedeutung des Scannerdienstes
der GFS heraus. Alle 14 Tage werden entsprechende Trächtigkeitsdiagnosen durchgeführt
und eventuelle Problemsauen frühzeitig
erkannt. Das Fazit lautet: "Vor allem der anonyme Erfahrungsaustausch
über aktuelle Probleme im
Land hat uns schon oft
frühzeitig die Augen geöffnet."
Im Rahmen der Meisterarbeit des Sohnes FranzJosef untersuchte er die
Auswirkungen von Gewichtsverlusten während
der Säugezeit.
Dabei hat er über den Zeitraum von einem Jahr alle
Sauen vor und nach der
Säugephase, sowie alle
Würfe gewogen. Dabei
stellten sich z.T. erhebliche
Gewichtsverluste der Sauen ein, welche augenscheinlich überraschten.
Heute wird im Abferkelstall
1 mal täglich gefüttert. Die Futtermenge wird
nach der Geburt kontinuierlich gesteigert, um
nach einer Woche die maximale Aufnahmekapazität zu erreichen. Dabei werden ca. 0,5
kg Futter pro Ferkel plus 1 kg für die Sau selbst
problemlos aufgenommen. So werden die
Gewichtsverluste auf ein Minimum reduziert
und vor allem die Umrauscherquote gesenkt.
Franz-Josef Butschen zeigt sich überzeugt:
"Durch optimale Futterqualität und Futter-
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menge gelingt es sogar, dass die Sau mit
einem höheren Gewicht das Abferkelabteil
verlässt als sie tragend eingestallt wurde."
Strukturierte Arbeitsabläufe werden den Familienbetrieb auch in
Zukunft sozial verträglich machen
Besonders positiv hat sich die Erweiterung der
Aufzuchtplätze ausgewirkt. Durch die
Installation einer Dunkelstrahlerheizung kombiniert mit Unterflurlüftung, aber vor allem
natürlich durch die deutlich herabgesetzte
Belegdichte wurde der Haltungskomfort für
die Ferkel stark verbessert und die Verluste
minimiert.
Die Familie Heinz Kochs aus Grefrath bewirtschaftet 60 ha mit zur Zeit 210 Sauen und
kompletter eigener Futtermischung. 1964
wurde ausgesiedelt mit damals 40 Sauen und
entsprechender Mast. 1984 wurde auf 100
Sauen erweitert und 1997 als letzter großer
Schritt ein Aufzuchtstall mit 840 Flat-DeckPlätzen errichtet.
Im letzten Jahr wurde im alten Gebäude dann
ein neues "Eros-Center" installiert, welches
allen heutigen Ansprüchen der Beratung entspricht. Dabei betont der Sohn Stephan die
Bedeutung der Kotklappe, die Lichtintensität
sowie die Möglichkeit des gesteuerten
Eberkontaktes im Laufgang. In den ersten
Monaten lag die Umrauscherquote im neuen
Deckzentrum bei 1 bis 2 % und hat sich heute
bei ca. 8 % eingependelt.
In der Diskussion über die Zukunft des Betriebes zieht der frischgebackene Landwirtschaftsmeister Franz-Josef Butschen ein klares
Resümee: "Sicher werden wir versuchen die
Sauenzahl weiterhin zu steigern. Entscheidend
wird jedoch sein, an den kleinen Managementschrauben weiterhin konsequent zu drehen. Durch die Schaffung guter Haltungsbedingungen und täglicher Sorgfalt werden
wir das Kind schon schaukeln."
Stephan Kochs (links)
schätzt die regelmäßigen
Besuche vor Ort durch den Tierzuchtberater
Theo Lenzen (rechts) hoch ein.
Diese finden im Rahmen des
Schweinegesundheitsdienstes
zusammen mit Fachtierarzt
Dr. Jürgen Harlizius statt.
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Auch der Betrieb Kochs versteht sich als
Familienbetrieb, in dem die Aufgaben klar verteilt sind.
Die Feldarbeiten sowie einige Lohnarbeiten
werden überwiegend von Heinz Kochs durchgeführt. Vor allem seine Frau sowie Sohn
Stephan bilden ein gut funktionierendes Team
im Schweinestall.
Von Beginn an wurde mit DL-Genetik des
Landesverbandes rheinischer Schweinezüchter
(LRS) gearbeitet und durch die Auswahl
fleischreicher Pietraineber "Metzgerschweinqualität" produziert.
Stephan Kochs betont die Bedeutung, bestimmte Arbeitsabläufe zu systematisieren, um
dann genügend Zeit zu haben sich den
Schweinen in den kritischen Phasen intensiv
zu widmen. Dazu zählt die intensive
Geburtsbegleitung, mit Wurfausgleich sowie
die Schaffung optimaler Bedingungen in den
ersten Tagen nach dem Absetzen im FlatDeck.
Das penible Reinigen der Flat-Decks mit anschließendem Austrocknen und Aufheizen ist
selbstverständlich.
Durch zusätzliche Futterschalen sowie Wasserquellen (Putentränken in den ersten drei
Tagen) wird versucht, den Stress des Absetzens und Umstallens nach ca. 21 Lebenstagen zu minimieren.
Alle Ferkel werden mit ca. 30 kg über die
Internet-Auktion der REG vermarktet. Diese
werden zuvor vom Tierzuchtberater begutach-
Top-Genetik 05 / 2002
Management
und arbeitet mit den speziell angefertigten Sauenkarten, um auch
positive Elemente neuen Verordnungen abgewinnen zu können.
Insgesamt sieht Familie Kochs der
Zukunft mutig ins Auge. Mittelfristig soll durch eine Auslagerung
der Ferkelaufzucht die Sauenzahl
weiter gesteigert werden. Dabei
werden weiterhin Betriebsabläufe
arbeitswirtschaftlich optimiert werden müssen. Dazu zählt Stephan
Kochs auch die Möglichkeit konsequent im 3-Wochen-Rhythmus in
der Zukunft zu fahren.
Heinz Kochs zieht dabei folgendes
Fazit: "Wir werden auch weiterhin
kontrolliert Vollgas geben."
Vor allem die ersten
Tage im Flat-Deck
sind entscheidend
für die weitere
Mast. Alle Ferkel
sollten dazu gleichzeitig Zugang zum
Futter bzw. frischem
Trinkwasser haben.
Top-Genetik 05 / 2002
tet, so dass die Qualität
auch über dieses Medium
bezahlt werden kann.
Heinz Kochs sieht darin
eine gute Zukunft: "Wir
können so nach unserem
wöchentlichen Angebot
sehr flexibel in der Stückzahl unsere Ferkel vermarkten."
Mit dem aktuellen Ergebnis von 22,7 abgesetzten
Ferkeln gehört Familie
Kochs sicherlich zu den
erfolgreichsten Betrieben.
Immer wieder sucht er den
Erfahrungsaustausch und
versucht die Anforderungen möglichst exakt umzusetzen.
Dazu zählt selbstverständlich auch die Dokumentation der Leistungsdaten,
der Arbeitsschritte und
nicht zuletzt der eingesetzten Arzneimittel. Hier hat
er sich einer Initiative des
Kreisvereins für Schweinehaltung Viersen-Krefeld, in
Absprache mit dem Veterinäramt angeschlossen
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