Jungsauen termingerecht in die Brunst bringen

Transcription

Jungsauen termingerecht in die Brunst bringen
Jungsauen termingerecht in die Brunst bringen - welche Möglichkeiten und Hilfsmittel gibt es?
Am Hormoneinsatz bei der Rauschestimulierung in der Sauenhaltung scheiden sich die Geister. Während die
Einen die Vorteile einer hormonellen Brunsteinleitung nicht mehr missen möchten, lehnen andere dieses ganz
entschieden ab.
Einen festen Stammplatz hat die hormonelle Brunstsynchronisation der Jungsauen in vielen größeren
Sauenanlagen in den neuen Bundesländern. Hier werden diese Verfahren bereits seit mehren Jahrzehnten
eingesetzt. In den Ferkelerzeugerbetrieben in Weser-Ems bekommt diese biotechnische Methode erst in den
letzten Jahren eine gewisse Bedeutung. Dabei sind es vorwiegend größere Bestände und solche, die den Bestand
auf einen Drei- oder Vier-Wochenrhythmus umstellen, die sich mit der medikamentellen Brunstgleichschaltung
befassen. Das Gros der hiesigen Ferkelerzeugerbetriebe kommt bislang noch sehr gut mit der natürlichen Rausche
zurecht, zumal es auch ohne Hormonspritze Möglichkeiten gibt, den Brunsteintritt der neuen Sauen zu forcieren
und zu terminieren.
Unter Brunstsynchronisation wird die biotechnische Gleichschaltung der Rausche und damit der Eisprünge bei
einer Gruppe von Sauen verstanden. Durch diese Verfahren wird es möglich, die Tiere ohne arbeitsaufwändige
Brunstkontrolle an einem vorher errechneten Termin in Rausche zu bekommen und zu besamen. Die
Brunstsynchronisation mittels 15 – 18-tägiger Altrenogest–Behandlung (Regumate®) hat sich mittlerweile als
Standardbehandlung in der Praxis bewährt.
In der Übersicht 1 ist das Vorgehen bei dieser inzwischen klassischen hormonellen Brunstsynchroniastion
aufgezeigt. Die Jungsauen bekommen hier 15 bis 18 Tage täglich zur gleichen Zeit ein Hormon über das Futter
zugeführt, dass analog dem Progesteron den normalerweise ablaufenden Sexualzyklus blockiert. Nach der
regelmäßigen Hormongabe sind alle behandelten Sauen zyklusmäßig gleichgeschaltet. Bedingt durch einen
abrupten Wegfall der Regumate® -Gabe setzt dann bei diesen Tieren ein normaler Zyklus mit Follikelreifung etc.
ein, der dem Zustand der Altsauen nach dem Absetzen der Ferkel entspricht. Um noch eine zusätzliche
Stimulierung der Follikelreifung zu bekommen erhalten die so behandelten Tiere ein PMSG-Präparat (Bsp.
Intergonan®).
In neueren Untersuchungen von Frau Prof. Schnurrbusch zeigt sich, dass der Abstand zwischen der letzten
Regumate® -Gabe und der PMSG-Gabe anstatt der bisher empfohlenen 24 Stunden besser auf 40 bis 42 Sunden
ausgeweitet werden sollte.
Wie in der Übersicht 1 ersichtlich, ist es am praktikabelsten Regumate® 18 Tage lang von sonntags bis mittwochs
jeweils vor der Nachmittagsfütterung (16:00 Uhr) zu geben. Es ist dabei wichtig, dass jedes Tier immer zur
gleichen Tageszeit die Tagesdosis von 5ml erhält. So etwas geht nur, wenn Einzelfressstände vorhanden sind oder
aber die Dosis jedem einzelnen Tier direkt verabreicht wird. Nach diesem Schema sollte die PMSG-Gabe dann 40
Sunden nach der letztmaligen Regumate®-Dosis, also freitags morgens um 8:00 Uhr erfolgen. Eine
duldungsorientierte Besamung kann dann in den ersten Tagen der Folgewoche durchgeführt werden.
Will man es noch genauer haben, geht man terminorientiert vor. Dabei erhalten die Sauen genau 79 Stunden nach
der PMSG-Gabe ein weiters Hormon (HCG), das die Ovulation auslöst. Strikt 24 Stunden später und ein zweites
Mal nach weiteren 12-16 Stunden werden die Tiere besamt.
Übersicht 1:
Ablaufschema für die hormonelle
Ovulationssynchronisation bei Jungsauen
mit duldungsorientierter Besamung
5ml Regumate®
je Tier und Tag
Tag 1
sonntags
16:00 Uhr
40 Std. nach letzter
Regumategabe
800 i.E. PMSG
Tag 18
mittwochs
16:00 Uhr
Tag 20
freitags
08:00 Uhr
Tag 23 und 24
Besamung
nach Duldung
Regumate® nur bei Jungsauen einsetzen die bereits einmal gerauscht haben:
Solch eine Regumate® -Synchronisation darf nur erfolgen, wenn die Jungsauen mindestens einmal gerauscht
haben, der natürliche Sexualzyklus also eingesetzt hat, da ansonsten mit nachfolgenden Fruchtbarkeitsstörungen
und vor allem auch anhaltenden Leistungseinbußen zu rechnen ist.
Für alle Jungsauen, die erst später die Geschlechtsreife erlangen empfiehlt Prof. Schnurrbusch eine kombinierte
Pubertätsinduktion und Brunstsynchronisation unter Einsatz von Prostaglandin. Diese Behandlung beginnt bei
Tieren im Alter von 200 bis 210 Tagen mit einer gleichzeitigen Gabe von PMSG- und HCG-Hormonen. Genau
20 Tage später wird den Tieren ein Prostaglandin (PgF2ά) gespritzt. 24 Stunden später wird dann noch einmal
PMSG gegeben, um dann wie bei der Regumate® -Stimulierung entweder duldungsorientiert oder nach Plan
terminorientiert zu besamen.
Es geht auch ohne Hormongaben!
Die hormonelle Brunstsynchronisation funktioniert recht gut, das konnte mittlerweile auch in vielen Weser-EmsBetrieben festgestellt werden. Ein Nachteil ist der doch recht hohe finanzielle Aufwand im Bezug auf die
Medikamentenkosten. Der hohe Arbeitsaufwand insbesondere durch die tägliche Regumate® -Verfütterung sollte
nicht als Nachteil gewertet werden. Es hat sich gezeigt, dass gerade dadurch ein sehr guter Mensch-Tier-Kontakt
entsteht, der sich für die Jungsauen nur positiv auswirken kann.
Viele unserer hiesigen Familienbetriebe werden sich aber trotzdem auch in Zukunft mit solch einen doch recht
massiven Hormoneinsatz schwer tun und auch künftig versuchen ihre Jungsauen ohne zusätzliche
Hormonverabreichung passgerecht in die Gruppen einzugliedern. Das auch dieses sehr gut möglich ist zeigen
viele Beispiele aus der täglichen Praxis. Voraussetzung dafür ist ein gutes Management mit optimaler
Eingliederungsplanung.
Jungsauen termingerecht zukaufen:
In der Regel beziehen unserer Ferkelerzeugerbetriebe die Jungsauen im Alter von ca. 180 -190 Tagen aus einem
Zuchtbetrieb. Die Wichtigkeit einer optimalen Eingliederung wird mittlerweile kaum noch in Frage gestellt.
Zahlreiche Eingliederungsempfehlungen die im Kern alle eine langsamen stressarmen Übergang, eine
Gewöhnung an die neue Umgebung und die Betreuungspersonen sowie eine behutsame Anpassung an das
Bestandskeimmilieu beinhalten wurden in den letzten Jahren veröffentlicht.
Um jetzt zudem eine passgenaue und gleichgeschaltete Rausche der Jungsauen zu bekommen, muss der
Jungsauenzugang nach einem ausgeklügelten Zeitplan erfolgen. Ein Schema für solch einen terminorientierten
Jungtierzugang, verbunden mit einer schonenden Eingliederung ist in der Übersicht 2 dargestellt.
Übersicht 2: Empfehlungen zur Jungsaueneingliederung und natürlichen Brunstgleichschaltung:
Jungsauen 45 bis 48 Tage vor geplanten Belegtermin in sauberen und hellen, vom eigentlichen
Schweinestall abgetrennten Eingliederungsstall einstallen.
notwendige Impfungen je nach Immunstatus der Jungsauen in Absprache mit dem Haustierarzt in den
ersten Tagen nach Ankunft durchführen lassen und soweit notwendig nach 2-4 Wochen wiederholen
energiereiches Futter mit nicht zu hohem Proteingehalt einsetzen (Rückenspeckbildung)
während der Eingliederungszeit täglich Kontakt zu den Jungsauen halten (Gewöhnung an Menschen),
dabei Besonderheiten wie Rausche, Krankheitsanzeichen etc. in Sauen- oder Gruppenkarten
protokollieren.
Jungsauengruppe nach drei Wochen (20. – 21. Tag) für ein bis zwei Tage in das Deckzentrum bringen
(Ebernähe), um sie anschließend noch einmal für drei Wochen in den Eingliederungsstall
zurückzubringen.
(Ziel: Keimanpassung und Rauschestimulierung) .
Achtung:
Diese kurzeitige Einstallung in das Deckzentrum darf nur erfolgen, wenn Jungsauen klinisch gesund sind!
6 Wochen nach Anlieferung Jungsauen in das Deckzentrum bringen und duldungsorientiert besamen
Nach dem obigen Schema sollten die Jungsauen 45 bis 48 Tage vor dem geplanten Besamungstermin in einen
sauberen, trockenen und hellen Eingliederungsstall kommen. In den ersten drei Wochen bleiben die Tiere vom
eigentlichen Bestand abgeschottet unter sich. Notwendige Impfungen, behutsame Kontaktaufnahme und
Gewöhnung an den Betreuern etc. findet in dieser Zeit statt. Genau drei Wochen nach der Anlieferung kommen
die Jungsauen dann für ein bis zwei Tage in das Deckzentrum. Dieses hat zwei wesentliche Effekte: Einerseits
haben die Tiere nach einer Eingewöhnung von drei Wochen jetzt für kurze Zeit die Möglichkeit sich intensiv mit
den Bestandskeimen auseinanderzusetzen. Die so gestaltete Keimanpassung ist erfahrungsgemäß effektiver als
zum Beispiel das Zustallen von Altsauen. Zum Zweiten wird durch diese kurzzeitige Umstallung und der damit
verbundenen Kontakt mit Ebern und rauschenden Altsauen eine gezielte Rauschestimulierung induziert, die dann
passgenau drei Wochen nach der Transportrausche auftritt. Nach spätestens zwei Tagen werden die Jungsauen
dann wieder in den Eingliederungsstall zurückgebracht, wo sie sich mit den eingefangenen Bestandskeimen
auseinandersetzen und entsprechende Antikörper bilden können. Die weiterhin intensiv gefütterten und betreuten
Jungsauen werden dann nach weiteren drei Wochen endgültig in das Deckzentrum und damit in den
Sauenbestand übernommen. Die so vorbereiteten Tiere rauschen in der Regel recht gut und können dann
entsprechend duldungsorientiert besamt werden.
Zwei wichtige Voraussetzungen für diese Form der Jungsauenanpassung und Rauschestimulierung gilt es zu
beachten: Die neuen Tiere müssen zum Zeitpunkt der Umstallung in das Deckzentrum gesund sein und es muss
entsprechend Platz im Deckzentrum vorhanden sein.
Wenn dieses nicht gegeben ist, sollte man drei Wochen nach Anlieferung einen Buchtenwechsel innerhalb des
Eingliederungsbereiches vornehmen und soweit möglich einen Eberkontakt (zweimal täglich für ca. 20 Minuten)
herstellen. Zur Keimanpassung müssen in diesen Fällen Sauen oder Jungstiere aus dem Altbestand in
Nachbarbuchten zugestallt werden, so dass ausreichend Kontakt zwischen neuen und alten Tieren zustande
kommt. Auch hier ist es vorteilhaft, den ersten Kontakt mit den Tieren des Altbestandes drei Wochen nach der
Anlieferung zu platzieren, weil dieses in gewissen Maße auch rauschestimulierend ist und man so ebenfalls drei
Wochen nach der Transportrausche den natürlichen Zyklus unterstützt.
Körperfettbildung positiv werten:
Die Jungsauen sollen während der Eingliederungsphase so gefüttert werden, dass es zu einer ausreichenden
Rückenspeckbildung kommt. Angestrebt wir eine Rückenspeckdicke von mind. 16 mm zum Belegzeitpunkt. Das
Körperfett ist für die Regulierung der Sexualhormone äußerst wichtig, es speichert neben den
Geschlechtshormonen auch eine Reihe von wichtigen fettlöslichen Vitamine, die im Sexualzyklus eine
bedeutende Rolle spielen. Fettzellen sind außerdem Bildungsstätten des Hormons Leptin. Dieser Stoff steuert
einerseits die Nahrungsaufnahme und den Energieverbrauch, andererseits greift Leptin auch bei der Steuerung des
Hormonhaushaltes im geregelten Sexualzyklusablauf ein. Neuere Untersuchungen weisen zudem darauf hin, dass
Leptin auch eine entscheidende Funktion bei der Immunreaktion des Körpers auf Entzündungen einnimmt.
Es zeigt sich somit auch hier, wie wichtig eine ausreichende und ausgewogene Fütterung der Jungtiere mit
ausreichender Körperfettbildung ist. Damit werden auch Zusammenhänge zwischen ungenügender
Rückenspeckbildung, höherer Krankheitsanfälligkeit und ungenügender Fruchtbarkeitsleistung deutlich.
Auch eine noch so gute Fütterung und Pflege im Eingliederungsstall kann Fehler in der Jugendentwicklung der
Jungsauen nicht ausbügeln. Jungsauen sollen im Mittel eine Lebenstagszunahme von 560 bis 580g aufweisen
und eine möglichst gleichmäßige Entwicklung durchlaufen haben. Alle Tiere, die als Ferkel oder Läufer in der
Aufzuchtphase größerer Gesundheitsprobleme zum Beispiel infolge von Atemwegs- oder Darmerkrankungen
durchgemacht haben, gehören aus der Zucht ausgeschlossen. Wichtig ist zudem, dass die künftigen Sauen auch
im Aufzuchtstall keinem größeren und vor allem anhaltenden Stress ausgesetzt waren. Untersuchungen zeigen,
dass andauernder Stress in der Aufzuchtphase eine signifikant schlechtere Fruchtbarkeitsleistung zur Folge hat.
Diesbezüglich tragen die Aufzüchter eine besondere Verantwortung.
Zusammenfassung:
Im Zuge der immer größer werdenden Ferkelerzeugerbestände und dem Trend nach Mehrwochenrhythmus
kommt einer einheitlichen Brunst der Neuankömmlinge eine immer größer werdenden Bedeutung zu. Die teils
seit Jahren bekannten Möglichkeiten der hormonellen Brunstsynchronisation funktionieren und haben inzwischen
auch in hiesigen Ferkelerzeugerbetrieben Fuß gefasst. Trotzdem werden diese Verfahren aber von vielen
Sauenhaltern eher kritisch gesehen und nur in Notfällen angewandt. In der Praxis zeigt sich, dass auch auf
natürlichem Wege ohne größere Hormonverabreichung eine weitgehende Brunstgleichschaltung erreicht werden
kann. Voraussetzungen dafür sind aber neben einer guten Genetik, optimale Jungsauenaufzuchtbedingungen,
bestmögliche Futterstrategie und letztlich ein in allen teilen optimales Jungsaueneingliederungs-Management.
Dr. J. Schulte-Wülwer
LWK-Weser-Ems - Meppen

Documents pareils