Nachrichtensperre im Fall Marco W. verfügt Zeugin: „Ich habe von

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Nachrichtensperre im Fall Marco W. verfügt Zeugin: „Ich habe von
ANTALYA
an. Die „Bild“-Zeitung druckte den „Hürriyet“-Artikel nach. Demnach sagte Charlotte M. gegenüber dem türkischen
Staatsanwalt: „Ich schlief. Er war auf
mich gestiegen und hat sich an mir gerieben“. Die junge Britin will Marco W. erst
am Tag der Tat in der Disco getroffen haben, dort sollen sich die beiden Teenager
auch gestritten haben.
„Als ich erwachte, fühlte ich ihn
auf mir“
Weiter wird ihre Aussage in der „Bild“ zitiert: „Später, als ich, meine Schwester
und meine Freundin M. gemeinsam im
Zimmer waren, kamen der Beschuldigte
(Marco W.) und sein Freund. Er wollte
sich bei mir entschuldigen. Wir haben sie
hereingelassen. Eine Weile saßen wir auf
dem Bett und unterhielten uns. Später
setzten sich der Freund des Beschuldigten und meine Schwester auf den Balkon. Der Beschuldigte, ich und M. waren
im Zimmer. M. legte sich in ihr Bett und
schlief. Ich legte mich auch schlafen, obwohl der Beschuldigte neben mir war.
Zwischen unserer Unterhaltung und meinem Einschlafen waren ca. 15 Minuten
07. Juli 2007
verstrichen. Als ich plötzlich zu mir kam,
also erwachte, da fühlte ich den Beschuldigten auf mir. Ich schubste ihn weg. Dabei bemerkte ich aber eine Feuchtigkeit
auf meinem Körper. Danach sind wir
zum Arzt gegangen.“ Der Arzt hätte ihrer
Familie dann gesagt, dass Marco W. wohl
durch Reiben zum Höhepunkt gekommen sei. Der britische Teenager will auch
beim Erwachen „einen Schmerz am Körper gespürt“ haben, vermutet jedoch,
dass der vom Reiben herrührte und äußerlich war.
Für Marco wär’s das erste Mal gewesen
Marco W. stellte in seinem ersten MedienInterview den fraglichen Vorfall ganz anders dar: „In dem Zimmer haben wir uns
umarmt und das wäre für mich das erste
Mal gewesen. Sie hat mich geküsst, angefasst, da bin ich zu früh gekommen. Sie
hatte mir die Unterhose runtergezogen.
Ich habe ihre Vagina gar nicht berührt.“
Er gab aber auch zu: „ Wenn ich nicht gekommen wäre, hätte ich mit ihr geschlafen.“ Und weiter: „Sie wollte ja den Geschlechtsverkehr.“ Bei dem nächsten Prozesstermin am 6. Juli vor der 1. Schwur-
gerichtskammer in Antalya wird somit
Aussage gegen Aussage stehen.
Doch auch Charlotte M. ging bei ihrer Vernehmung ins Detail: „Da ich schläfrig
war und mich nicht genau erinnern
kann, stieg der Beschuldigte, während
ich schlief, auf mich und kam zum Höhepunkt, indem er sein Geschlechtsteil an
meinem rieb, ohne einzudringen. Von Vergewaltigung ist nicht die Rede. Ein Geschlechtsverkehr fand nicht statt. Aber
dieser Vorfall ereignete sich ohne meine
Zustimmung, während ich schlief. Ich habe infolgedessen auch nicht meine Jungfräulichkeit verloren.“
„Kein erzwungener Geschlechtsverkehr“
Marco W. stritt in seiner Vernehmung alle
Vorwürfe ab und wies nochmals darauf
hin, dass Charlotte M. sich ihm gegenüber auch älter gemacht hatte: „Ich widerspreche den Vorwürfen eines erzwungenen Verkehrs. Ich habe nicht unter
dem Vorsatz einer Straftat gehandelt. Dieser Vorfall tut mir sehr leid. Ich weiß, dass
diese Handlung auch in meinem Land
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verboten ist. Aber ich hatte keine Bedenken, da die Geschädigte vorgab, 15 Jahre
alt zu sein.“
Ob Marco W. vor dem Prozesstermin am
6. Juli freikommt, scheint derzeit unwahrscheinlich. Politiker und Behörden
versuchen allerdings alles, um die Lage
für den deutschen Teenager zu vereinfachen. So sicherte der türkische EUChefunterhändler Ali Babacan nach einem Gespräch mit Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) in
Brüssel zu, dass seine Regierung für ein
faires Verfahren sorgen werde. Und für eine kleine Chance, dass Marco W. demnächst vielleicht in ein deutsches Gefängnis überstellt wird, sorgte die Staatsanwaltschaft Lüneburg. Nach Angaben
der „Allgemeinen Zeitung Uelzen“ hat
diese nun ein Verfahren gegen Marco W.
eingeleitet. Damit wäre eine Anklage
auch in Deutschland möglich. Für die
Türkei bestünde damit die Möglichkeit,
das Verfahren im Rechtshilfewege an die
deutsche Justiz abzugeben - mit der Bitte, die Strafverfolgung hier zu übernehmen.
„Einmischung in schwebendes Verfahren“
Türkei
Nachrichtensperre im Fall Marco W. verfügt
Europaabgeordneter Öger kritisiert Merkel
Die Medien gieren nach Neuigkeiten über Marco W. Ein türkisches
Gericht hat jedoch vorerst eine Nachrichtensperre verfügt, zum Schutz
des 17-Jährigen, heißt es. Die Familie des Mädchens hat nun Polizeischutz - und will nicht mit Marcos Eltern sprechen.
Vural Öger hat die Äußerungen von führenden deutschen Politikern zum Fall Marco aus Uelzen kritisiert. Auch die Ankündigung von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), sich für den Jugendlichen einzusetzen, sei „äußerst kontraproduktiv“,
sagte Öger. „Dieser Druck auf die türkische Justiz führt dazu, dass die Richter eine vorgefasste Meinung einnehmen“, so
Öger. Die Reaktion deutscher Medien und
Politiker seien eine unzulässige Einmischung in ein schwebendes juristisches
Verfahren eines souveränen Staates. Die
Keine Entspannung im Fall Marco: Die
Familie des britischen Mädchens, das
der 17-Jährige während eines Türkeiurlaubs sexuell missbraucht haben
soll, will nicht mit den Eltern des jungen Mannes sprechen. Die Eltern der
13-Jährigen sagten, sie vertrauten auf
die türkische Justiz und sähen keine
Veranlassung, mit der Familie des Jungen im niedersächsischen Uelzen Kontakt aufzunehmen. Opfer sei nicht der
17-jährige Deutsche, sondern das 13
Jahre alte Kind. Eine Strafkammer im
türkischen Antalya verfügte am Donnerstag (28.6.) eine Nachrichtensperre
für das Gerichtsverfahren gegen den
Schüler. Das Verbot gelte auch für die
deutschen Kamerateams, die seit Tagen vor dem Gefängnis live berichteten, sagte Generalstaatsanwalt Osman
Vuraloglu der türkischen Nachrichtenagentur Anadolu. Vuraloglu hatte den
Verbotsantrag bei Gericht gestellt. Er
begründete den Schritt damit, dass die
Rechte von Minderjährigen geschützt
werden müssten.
Türkei sei „ein Rechtsstaat“, dessen Strafgesetzbuch sich an den europäischen
Maßstäben orientiere, so Öger. „Für Sex
mit Minderjährigen sehe das türkische
Recht „genau so wie in Deutschland“ eine
Strafe von „bis zu zehn Jahren Haft“ vor.
Er gehe davon aus, dass im umgekehrten
Fall ein türkischer Jugendlicher ohne
Wohnsitz in Deutschland auch wegen
Fluchtgefahr verhaftet würde. „Ich gehe
davon aus, dass am 6. Juli ein mildes Urteil
kommt, mit dem alle leben können“, sagte
Öger.
Antalyas Oberstaatsanwalt
Osman Vuraloglu
Loraine W. (19) in TV-Sendung zum Fall Marco
Zeugin: „Ich habe von Anfang an gesagt, die ist 16“
Der Fall von Marco W. (17) und der 13jährigen Britin Charlotte M. bewegt
Deutschland – und entzweit in einer Frage, die auch im Prozess gegen Marco entscheidend sein wird: Kann der Uelzener
Schüler, angeklagt des sexuellen Missbrauchs, eine 13-Jährige für 15 gehalten
haben? So alt gab sich Charlotte angeblich gegenüber Marco aus.
Offensichtlich gibt es jetzt eine entlastende Zeugin! Die Deutsche Loraine W.
(19) war zur gleichen Zeit wie Marco in
dem Hotel in Antalya, sah Charlotte jeden Tag.
Kindlich oder jugendlich-erwachsen –
wie wirkte die Britin? Loraine sagte dazu
in der TV-Sendung „Sam“ (Pro 7): „Ich
hab von Anfang an gesagt, die ist 16. Ich
hätte sie auf jeden Fall so eingeschätzt.
Ich hätte nie gedacht, dass sie so jung
sein würde, weil die immer sehr gestylt
rum gelaufen ist. Da kann man sich
schon älter machen, als man ist.“ Die 13jährige Charlotte und ihre Schwester
wurden von ihrer Mutter, die Marco W. angezeigt hatte, offenbar kaum kontrolliert.
Die beiden sollen immer bis spät nachts
in Discos gefeiert haben. Loraine weiter:
„Charlotte und ihre Schwestern waren
auch immer gut dabei und sie haben
sehr viel getrunken, muss ich sagen.
Und dann denkt man sowieso nicht, dass
sie so jung sind.“
Alkoholkonsum muss die Mutter ihrer
13-Jährigen ausdrücklich genehmigt haben. Loraine: „Da gab’s im Hotel pinkfarbene und grüne Bänder. Mit Grün durfte
man Alkohol trinken. Und weil die alle
ein grünes Bändchen hatten, sind wir
erst mal davon ausgegangen, dass sie so
alt sind.“
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