erfahrungsbericht-fzj (129KB, pdf) - Hanse

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Erfahrungsbericht proMINat 2015
von Pia Torwesten
Prolog
Als mein Physiklehrer mich darauf ansprach, mich bei der Studierendenakademie
proMINat mit der Möglichkeit eines wissenschaftlichen Praktikums in einem der größten
Forschungszentren Europas anzumelden, war für mich klar:
Da will ich hin! Diese Chance wollte ich gerne nutzen, um im FZJ (Forschungszentrum
Jülich) für einige Tage unmittelbar Forschergeist spüren und Zukunftsluft schnuppern zu
können! Nach drei Wochen angespannten Wartens kam endlich die Zusage. Ich habe
mich sehr gefreut und konnte kaum den Beginn der Akademiewoche erwarten.
Als der Tag der Anreise in greifbare Nähe rückte, wurde mir schon etwas mulmig. Was,
wenn meine Kenntnisse doch nicht ausreichen würden, um die anspruchsvollen Aufgaben
durchzu- führen? Oder ich in einem Bereich arbeiten würde, zu dem ich so schnell keinen
Zugang finden könnte?
Zu meiner freudigen Überraschung hat sich mein Mentor, Herr Dr. Ingo Weyand (Dr. der
Biologie) schon im Vorfeld per Email an mich gewandt, um mich über das Laborprogramm
der einzelnen Tage zu informieren. Somit hatte ich schon eine konkrete Vorstellung
davon, welches Thema und welche einzelnen Versuchsschritte dort auf mich zukommen
würden.
Forschung hautnah
In Jülich angekommen, haben wir - die beiden proMINat-Betreuer und die Stipendiaten einen ausgiebigen Spaziergang in der Natur unternommen, um uns näher kennenzulernen. Danach ging es zum Abendessen, dem die erste abendliche Gesprächsrunde
folgte, bei der die Abläufe der nächsten Tage und andere organisatorische Fragen
besprochen wurden.
Der erste Eindruck am Folgetag im Forschungszentrum war schon ziemlich imposant:
Mit all den Sicherheitsschleusen und Kontrollbeamten fühlte man sich, als würde man die
„Area 51“ betreten - ganz zu schweigen von dem großflächigen, stadtähnlichen Komplex.
5.700 Mitarbeiter sind hier in der Grundlagenforschung für Schlüsseltechnologien von
morgen tätig. Nach der gemeinsamen Sicherheitseinweisung im JuLab und der Rundfahrt
über das Gelände mit den vielen Instituten wurde uns ein weiteres Mal bewusst, dass wir
uns hier an einem ganz besonderen Ort – einer Werkstatt für die Zukunft – befanden.
Nach dem Mittagessen in der Zentrumsmensa wurden wir von unseren jeweiligen
Mentoren in Empfang genommen.
Mein Arbeitsplatz
Glücklicherweise wurde ich dem „Institut für zelluläre Biophysik“ (Institut of Complex
Systems, ICS-4) zugeteilt, dessen Aufgabenschwerpunkte mich sehr faszinieren.
Man beschäftigt sich dort vor allem mit der Frage, was mit einer Zelle geschieht, wenn ein
Reiz auf sie trifft und wie die Reizweiterleitung funktioniert.
Mein Mentor hatte für mich ein ambitioniertes Versuchsprogramm zusammengestellt, das
auch real zur aktuellen Forschung gehörte und nicht nur ein „Pseudo“-Experiment
bedeutete. Meine Aufgabe war es herauszufinden, unter welchen Bedingungen ein ganz
bestimmtes Membranprotein am besten markierbar ist, um danach sowohl die
Markierung, als auch die Menge des Proteins nachzuweisen zu können.
Das zu untersuchtende Membranprotein (GltPh) ist ein Aspartat-Transporter des Archaebakteriums Pyrococcus horikoshii, welches den Glutamat-Transportern (EAAT's), die in
Nerven- und Gliazellen vorkommen, Glutamat außen am synaptischen Spalt binden und
in die Zelle weiterleiten, sehr ähnlich. Daher wird es als Modellsystem für die EAAT's
verwendet.
Elution eines Farbstoffs
SDS-Gelelektrophorese
Protein, markiert mit Cu+-Bincinchoninsäure
Mein Laboralltag gestaltete sich sehr abwechslungsreich:
vom Ansetzten und Pipettieren verschiedener Lösungen und Reaktionsansätze, über das
Gießen von Gelen bis hin zum Bedienen der verschiedenen Laborgeräte.
Außerdem hatte ich das Privileg ziemlich eigenständig arbeiten zu können, sodass ich die
Arbeit eines Forschers authentisch nachempfinden konnte.
Besonders hat es mich gefreut, dass am Ende der Woche mein Versuch gelungene
Ergebnisse hervorbrachte und mein Mentor recht zufrieden war. Ergänzend erklärte er,
dass auch ein unerwartetes Ergebnis kein „schlechtes“ sei, es bedeute nur, dass man
weiter nach einer Lösung des Problems suchen müsse.
Biomolekulare Bildgebung des SDS-Gels mit dem Typhoon FLA 7000
links: Protein(-kontroll)leiter, rechts: untersuchtes Protein + Markerstoff
grün: Fluoreszierendes Protein, rot: Markerstoff
Die verbleibende Zeit außerhalb der Institute gestaltete sich für mich und meine
Mitstipendiaten durchaus etwas stressig. Denn es war, neben unseren Tätigkeiten in den
Instituten, noch so manch anderes für uns geplant. Abgesehen von den täglichen
Abendrunden, in denen wir u. a. kurze Aufsätze schrieben oder Referate über unsere
individuellen Praktika hielten, besichtigen wir den "COSY" (Cooler Synchrotron) - den
Teilchenbeschleuniger aus einem Institut für Hadronen-, Teilchen- und Kernphysik. An
einem anderen Tag besuchten wir die Zentral-Bibliothek des FZJ und wurden mit der
wissenschaftlichen Arbeit per Fachliteratur vertraut gemacht.
Resümee
Es war eine sehr engmaschig geplante, aber auch sehr inspirierende und schöne Woche.
Die Zeit im Labor habe ich sehr genossen. Ich habe mich äußerst wohl gefühlt, da nicht
nur mein Mentor, sondern auch alle anderen Wissenschaftler, mit denen ich zu tun hatte,
unglaublich freundlich, zuvorkommend und hilfsbereit waren.
Obwohl aus vielen verschiedenen Nationen stammend war spürbar, dass die Forscher mit
der Benutzung der englischen Sprache nicht nur formal „eine Sprache“ sprechen, sondern
dass sie durch die gemeinsame, große Leidenschaft für die Naturwissenschaften eng mit
einander verbunden sind.
Die Labortätigkeiten und die Gespräche mit meinem Mentor und Anderen im FZJ waren
für mich sehr aufschlussreich, da ich vorher nicht genau wusste, welchen Schwerpunkt
ich für mein Studium setzen sollte. Jetzt weiß ich, dass ich auch langfristig in einem Labor
biochemische oder biophysikalische Untersuchungen durchführen möchte. Ich habe
festgestellt, dass ich mich beim Experimentieren ganz „in meinem Element“ fühle und
kann mir gut vorstellen, meine berufliche Laufbahn darauf auszurichten.
Allen, die sich sehr stark für Naturwissenschaften interessieren und auch durch proMINat
die Möglichkeit der Teilnahme haben, kann ich diese Akademiewoche sehr empfehlen.
Pia Torwesten
Hanse-Kolleg, Hamm

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