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001_069_BIOsp_0110.qxd 29.01.2010 11:22 Uhr Seite 51 51 Bakterielle Zellbiologie Fluoreszierende Proteine als Werkzeuge in der Mikrobiologie INGA WADENPOHL, MARC BRAMKAMP INSTITUT FÜR BIOCHEMIE, UNIVERSITÄT KÖLN Fluoreszierende Proteine haben viel zum Verständnis der räumlichen und zeitlichen Verteilung von Proteinen in Bakterienzellen beigetragen. Mit Recht kann man durch diese Entwicklungen von einer Ära der bakteriellen Zellbiologie sprechen. The use of fluorescent proteins has contributed significantly to our understanding of the spatial and temporal organization of proteins in bacterial cells. Rightfully, we can speak of an era of bacterial cell biology. ó Lange wurde die Bakterienzelle als relativ unstrukturiert betrachtet, mit Proteinen ohne geordnete räumliche Anordnung. In den letzten zehn Jahren gab es jedoch einen dramatischen Paradigmenwechsel, der zu einem Großteil auf Fortschritte im Bereich der Fluoreszenzmikroskopie zurückzuführen ist. Ein Meilenstein war der Einsatz des grün fluoreszierenden Proteins (GFP) zur spezifischen Fluoreszenzmarkierung von Proteinen in lebenden Zellen. Bei der Verwendung in lebenden Zellen hat es den Vorteil, dass keine spezifischen Kofaktoren (abgesehen von Sauerstoff) zur Ausbildung des Chromophors benötigt werden. GFP und andere fluoreszierende Proteine haben sich als Werkzeuge in der Zellbiologie rasant entwickelt, sodass wir heute für fast jede Anwendung das fluoreszierende Protein in der passenden Farbe und mit den passenden Eigenschaften wählen können (Tab. 1, [1]). Proteinlokalisation in vivo Die klassische Anwendung von Fluoreszenzproteinen war und ist die Lokalisation von Proteinen innerhalb einer Zelle. In der Mikrobiologie wurden vor allem Proteine des bakteriellen Teilungsapparats und des Zytoskeletts mithilfe von Protein-GFP-Fusionen sichtbar gemacht (Abb. 1). Durch die Verwendung von verschiedenen Fluoreszenzproteinen können mehrere Proteine in einer Zelle lokalisiert werden. In der Vergangenheit wurden die fluoreszenzmarkierten Proteine häufig BIOspektrum | 01.10 | 16. Jahrgang unter Kontrolle eines regulierbaren Promotors synthetisiert. Die Überexpression hat den Nachteil, dass sich überschüssiges Protein willkürlich in der Zelle verteilt. Dadurch können die tatsächlichen Lokalisationsmuster überdeckt werden. Wenn möglich sollte daher der natürliche Promotor zur Synthese eines Fusionsproteins verwendet werden. Analyse von Promotor-Aktivitäten in vivo und in situ Die Regulation der fluoreszierenden Proteine durch natürliche Promotoren wird auch dazu genutzt, Rückmeldung über die Aktivität von Promotoren zu unterschiedlichen Zeiten des Zellzyklus zu erhalten. Bei Zelldifferenzierungsprozessen wie der Sporulation von Bacillus subtilis können genetische Programme der unterschiedlichen Zelltypen durch den Einsatz von GFP sichtbar gemacht werden (Abb. 2). Ein weiteres Beispiel ist die Untersuchung von stochastischen Prozessen in Bakterienpopulationen (Abb. 2C). Auch Analysen von Gentransfer-Ereignissen in Bakterienpopulationen oder die Untersuchung von Promotor-Aktivitäten unter Umweltbedingungen sind mit GFP als Reporter möglich. Visualisierung von Proteindynamik Die gleichzeitige Verwendung von fluoreszierenden Proteinen mit unterschiedlichen Farben erlaubt nicht nur die Untersuchung von Ko-Lokalisation, sondern auch von Protein-Protein-Wechselwirkungen durch Fluoreszenz-Resonanz-Energietransfer (FRET). Dazu nutzt man ein Fluorophorpaar mit überlappenden Emissions- und Absorptionsspektren (z. B. CFP und YFP). Eine weitere Methode zur Untersuchung von Protein-Protein- Tab. 1: Eigenschaften von verschiedenen Fluoreszenzproteinen. Helligkeit1) Farbe Protein Quelle Anregung [nm] Emission [nm] Tiefrot mPlum [8] 590 649 4,1 Monomer Rot mCherry DsRed-monomer [9] Clontech 587 556 610 586 16 3,5 Monomer Monomer Orange mOrange [9] 548 562 49 Monomer Gelb Venus EYFP [10] Invitrogen 515 514 528 527 53 51 schwaches Dimer schwaches Dimer Grün Wildtyp-GFP EGFP GFPuv [11] Clontech Clontech 395/475 484 395 509 507 509 16 34 ND2) schwaches Dimer schwaches Dimer ND2) Cyan ECYP mCFP Cerulan Clontech [12] [13] 439 433 433 476 475 475 13 13 27 schwaches Dimer Monomer schwaches Dimer Blau EBFP Clontech 383 445 9 schwaches Dimer 1) Extinktionskoeffizient multipliziert mit Quantenausbeute 2) ND: keine Angaben Oligomerzustand 001_069_BIOsp_0110.qxd 52 29.01.2010 11:22 Uhr Seite 52 MET H ODE N & AN WE N DU NGEN ˚ Abb. 1: Lokalisation von fluoreszenzmarkierten Proteinen in Corynebacterium glutamicum und Bacillus subtilis. In C. glutamicum (oben) ist der Topologiefaktor DivIVA mit GFP (grün) markiert; das Chromosom ist mit dem Fluoreszenzfarbstoff DAPI (blau) gefärbt. In B. subtilis (unten) sind die Proteine FtsA (YFP, gelb) and MinJ (CFP, cyan) markiert. Der Farbstoff FM4-64 färbt die Zellmembranen an (rot). Größenstandard: 2 μm. Wechselwirkungen bietet die BiFC-Technik (bimolecular fluorescence complementation). Bei dieser Methode werden GFP-Fragmente, die sich spontan zu einem funktionalen GFP zusammenlagern können, an zwei zu untersuchende Zielproteine fusioniert. Bei einer Wechselwirkung der Zielproteine entsteht Fluoreszenz [2]. Die Dynamik eines Proteins in vivo kann, neben der traditionellen Fluoreszenzmikroskopie mit Zeitreihenaufnahmen, mit Methoden wie TIRF und FRAP untersucht werden. Die TIRF-Mikroskopie (total internal reflection fluorescence) zeichnet nur Fluoreszenzsignale von der Zelloberfläche auf. FRAP steht für fluorescence recovery after photobleaching (Wiedergewinnung der Fluoreszenz nach Photo-Bleichen). Dabei wird ein Bereich einer Zelle durch einen Laserstrahl gebleicht. Die Rückgewinnung von Fluoreszenz innerhalb dieses Bereichs wird zeitlich verfolgt und lässt Rückschlüsse auf die Dynamik und Wechselwirkung des markierten Proteins zu. Neuartige Fluorophore A B C ˚ Abb. 2: Visualisierung der Promotor-Aktivität in Bacillus subtilis-Zellen mit Promotor-GFPFusion. A, B, Mikroskopieaufnahmen von Sporangien im Phasenkontrast (oben) und Fluoreszenzkanal (unten). Die GFP-Synthese wurde durch Promotoren kontrolliert, die spezifisch für die Mutterzelle (A) oder die Spore (B) sind. C, Mikroskopieaufnahmen einer Zellpopulation im Phasenkontrast (links) und im Fluoreszenzkanal (rechts). Durch die Fusion des GFP mit dem comG-Promotor wird die Synthese nur in den kompetenten Zellen aktiviert. A B ˚ Abb. 3: Alternative Fluoreszenzmarkierung in vivo. A, Das Membranprotein YuaG aus Bacillus subtilis wurde mit dem SNAP-Protein fusioniert und mit dem fluoreszierenden Substrat BG-430 markiert. B, in vivo-Fluoreszenz mit YFP und Pseudomonas putida FbFP (PpFbFP) unter aeroben und anaeroben Bedingungen [6]. Neben den autofluoreszierenden Proteinen gibt es weitere Markierungsmethoden. Ein Beispiel ist das SNAP-Protein [3]. Hierbei wird das zu untersuchende Protein nicht mit einem fluoreszierenden Protein verbunden, sondern mit einer veränderten O6-Alkylguanin-DNAAlkyltransferase. Zur Fluoreszenzmarkierung gibt man fluoreszenzmarkiertes Substrat (Benzylguanin-Derivate) zu den Zellen, das kovalent gebunden wird (Abb. 3). Als Alternative zu dem 19,3 kDa großen SNAP-Protein kann die FlAsH-Markierung verwendet werden. Das FlAsH-Peptid enthält ein Motiv aus vier Cysteinen, an das Membran-durchgängige Biarsenate mit hoher Affinität binden [4]. Leider ist der Hintergrund, der bei der Verwendung von kleinen, synthetischen Fluoreszenzmolekülen entsteht, häufig höher als bei der Verwendung von Fluoreszenzproteinen wie GFP. Der große Vorteil dieser Markierung liegt in der Tatsache, dass auf diese Weise schnell der Fluorophor gewechselt werden kann. Darüber hinaus erlaubt die Technik, ein Protein zu verschiedenen Zeitpunkten im Zellzyklus mit unterschiedlichen Fluorophoren zu markieren. So erhält man optisch unterscheidbare Populationen des Proteins, die mit unterschiedlichen Synthesezeitpunkten verbunden sind. Ähnliche Anwendungen erlauben auch fluoreszierende Proteine, deren Farbe durch Laserbestrahlung verändert werden kann, die photokonvertierbaren Proteine [5]. Durch die LaserBIOspektrum | 01.10 | 16. Jahrgang 001_069_BIOsp_0110.qxd 29.01.2010 11:22 Uhr einstrahlung und den damit verbundenen Farbwechsel können Proteinpopulationen ebenfalls zeitlich und räumlich unterschieden werden. Problematisch war die Verwendung von GFP und dessen Derivaten in der Mikrobiologie lange Zeit für anaerobes Wachstum. Zur Bildung des aktiven GFP-Chromophors wird Sauerstoff benötigt. Abhilfe schaffen entweder die synthetischen Fluorophore (SNAP) oder aber Proteine, die auf bakteriellen Photorezeptoren für blaues Licht beruhen [6]. Diese Flavin-Mononukleotidbindenden Proteine (FbFP) wurden soweit optimiert, dass die Photostabilität und Fluoreszenzintensität mit den Werten für cyan fluoreszierendes Protein (CFP) vergleichbar sind. Anders als CFP fluoreszieren sie sowohl unter aeroben als auch unter anaeroben Bedingungen (Abb. 3B). Eine weitere Entwicklung ist die zunehmende Vernetzung von mikroskopischen und biochemischen Methoden. GFP-Fusionsproteine können mithilfe von immobilisierten Antikörperfragmenten, dem GBP (GFP-binding protein), in einer Ein-Schritt-Reinigung isoliert werden, und das Fusionsprotein sowie mögliche Bindepartner können nachfolgend analysiert werden [7]. Seite 53 tional studies with fluorescent fusion proteins. Mol Cell Proteomics 7:282–289 [8] Wang L, Jackson WC, Steinbach PA et al. (2004) Evolution of new nonantibody proteins via iterative somatic hypermutation. Proc Natl Acad Sci USA 101:16745–16749 [9] Shaner NC, Campbell RE, Steinbach PA et al. (2004) Improved monomeric red, orange and yellow fluorescent proteins derived from Discosoma sp. red fluorescent protein. Nat Biotechnol 22:1567–1572 [10] Nagai T, Ibata K, Park ES et al. (2002) A variant of yellow fluorescent protein with fast and efficient maturation for cell-biological applications. Nat Biotechnol 20:87–90 [11] Shimomura O, Johnson FH, Saiga Y (1962) Extraction, purification and properties of aequorin, a bioluminescent protein from the luminous hydromedusan, Aequorea. J Cell Comp Physiol 59:223–239 [12] Zacharias DA, Violin JD, Newton AC et al. (2002) Partitioning of lipid-modified monomeric GFPs into membrane microdomains of live cells. Science 296:913–916 [13] Rizzo MA, Springer GH, Granada B et al. (2004) An improved cyan fluorescent protein variant useful for FRET. Nat Biotechnol 22:445–449 Danksagung Wir möchten uns bei den Mitgliedern unserer Kölner Arbeitsgruppe sowie bei Dr. Leendert Hamoen (Newcastle University) und Dr. Thomas Drepper (Universität Düsseldorf) für die zur Verfügung gestellten Abbildungen bedanken. ó Literatur [1] Shaner NC, Steinbach PA, Tsien RY (2005) A guide to choosing fluorescent proteins. Nat Methods 2:905–909 [2] Cabantous S, Terwilliger TC, Waldo GS (2005) Protein tagging and detection with engineered selfassembling fragments of green fluorescent protein. Nat Biotechnol 23:102–107 [3] Keppler A, Pick H, Arrivoli C et al. (2004) Labeling of fusion proteins with synthetic fluorophores in live cells. Proc Natl Acad Sci USA 101:9955– 9959 [4] Griffin BA, Adams SR, Tsien RY (1998) Specific covalent labeling of recombinant protein molecules inside live cells. 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