Interviewtechnik

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Interviewtechnik
Zürcher Hochschule Winterthur
MTU-Woche
Interviewtechnik
Tipps zur Durchführung von Telefongesprächen, Interviews und Umfragen
Quelle: gammarus AG (www.visumsurf.ch)
1. Generelle Tipps:
Bei Befragungen haben Sie es mit anderen Menschen zu tun. Seien Sie also freundlich und
aufmerksam. Nehmen Sie Ihr Gegenüber ernst. Stellen Sie Ihre Fragen laut und deutlich.
Es gibt unterschiedliche Fragearten:
Die Art und Weise wie eine Frage formuliert ist, bestimmt die Antwort mit. Mit der Art der
Frage kann die Antwortbereitschaft gefördert oder gehemmt, die Länge und Ausführlichkeit der
Antwort mitbestimmt, der Redefluss gehemmt oder gefördert und gar der Inhalt beeinflusst
werden. Darum ist es wichtig, die richtigen Fragen zu stellen. In der Literatur zum
Journalismus oder zur Marktforschung werden unterschiedlichste Frageformen unterschieden.
Im Folgenden sind einige wichtige Frageformen aufgeführt.
Beschreibung
Beispiel
Effekt
Schwierigkeit
Offene Frage
Die offene Frage ist so
formuliert, dass nicht mit ja
oder nein oder einem einzigen
Wort geantwortet werden
kann.
Wie sind Sie hierher gereist?
Geschlossene Frage
Die geschlossene Frage lässt
nur eine Antwortmöglichkeit
offen. Dies wird mittels einer
Vorgabe oder einer ja/neinAntwortmöglichkeit erreicht.
Sind Sie mit dem Auto
gekommen?
Die befragte Person antwortet Sie erhalten eine klare
begründend, erklärend oder
Antwort. Das Gegenüber
erzählend. Der Redefluss kann muss sich entscheiden. Der
in Gang gesetzt werden.
Redefluss wird gebremst.
Mindert die Einflussnahme
Kann zu einem Gefälle
durch den Interviewer.
führen (Kreuzverhörgefühl)
Direkte Frage
Indirekte Frage
Beschreibung
Stelle einen direkten Bezug
Der Fragegegenstand wird
zwischen der befragten Person mit dem Urteil anderer
und dem Fragegegenstand her. konfrontiert.
Beispiel
Wie beurteilen Sie diese
Resultate?
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Wie meinen Sie, dass die
Geschäftsleitung die
Resultate beurteilt?
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Effekt
Offenes, direktes Klima
Interviewer verdeckt seine
Absicht und erfährt etwas
über Wertungen und
Beziehungen.
Schwierigkeit
Ermöglicht Abwehrstrategien
des Befragten. Unbewusste
Wertungen und Haltungen
werden nicht klar.
Erzeugt Erklärungsdruck und
können das Klima
verschlechtern.
Gestützte Frage
(halboffene Frage)
Ungestützte Frage
Beschreibung
Gibt mit der Frage einige
mögliche Antworten.
Lässt alle Antwortmöglichkeiten offen.
Beispiel
Welches Messgerät haben Sie Welches Messgerät haben Sie
gebraucht, den Meter, den
gebraucht?
Massstab oder den Rollmeter?
Effekt
Hilft der antwortenden
Person, eine Antwort zu
geben. Die Interviewerin denkt
mit.
Lässt grosse Freiheit.
Sachkompetenz des
Interviewers wird nicht
offen.
Schwierigkeit
Unsichere Personen können
sich anlehnen.
Gibt Raum für Redefluss.
Der Erfolg einer Befragung hängt unter anderem von der Qualität der Fragen ab. Beachten Sie
folgende Regeln:
• einfache Formulierungen wählen
• lange Fragen vermeiden
• keine Doppelfragen stellen (z.B. Haben Sie ein Fahrrad oder keines?)
• doppelte Verneinung vermeiden (z.B. Sind Sie nicht auch der Meinung, dass man dies nicht
beachten sollte?)
• Fragen möglichst konkret formulieren
• offene Frage eignen sich für den Einstieg in eine Gespräch
• geschlossen Fragen eignen sich dann, wenn man präzise Antworten haben möchte
2. Telefongespräch
Notieren Sie sich vor dem Anruf alle Fragen, die Sie stellen wollen. Es ist ärgerlich, wenn Sie
wegen einer vergessenen Frage nochmals anrufen müssen. Ordnen Sie Ihre Fragen so, dass
alle Fragen zum gleichen Thema aufeinanderfolgen. Wenn Sie dies getan haben können Sie
anrufen.
• Nennen Sie Ihren Namen und den Grund Ihres Anrufs.
• Fragen Sie, welche Person für Ihr Anliegen zuständig ist und ob Sie mit dieser Person
sprechen können.
• Notieren Sie sich den Namen Ihres Gesprächspartners.
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•
•
•
Stellen Sie Ihre Fragen und notieren Sie sich die Antworten.
Möchten Sie, dass man Ihnen Unterlagen zuschickt, so fragen Sie, ob dies möglich ist und
ob die Unterlagen etwas kosten. Geben Sie Ihre Adresse an.
Bedanken Sie sich für das Gespräch.
3. Interview
Wenn Sie sehr viele Fragen haben ist es sinnvoll, einen Interviewtermin mit der zu befragenden
Person zu vereinbaren. Teilen Sie Ihrem Gesprächspartner telefonisch mit, zu welchem Thema
Sie Fragen stellen werden. Legen Sie die Dauer des Interviews (z.B. eine halbe Stunde),
Datum, Uhrzeit und Gesprächsort fest. Erscheinen Sie pünktlich zum Termin.
• Für das Interview müssen Sie Ihre Fragen gut vorbereitet haben (z.B. in Form einer
Checkliste). Beachten Sie dabei die erwähnten Regeln der Fragestellung. Es ist sinnvoll,
wenn Sie beim Interview einen zweiten Studierenden dabei haben. So kann jemand Fragen
stellen und der/die andere kann sich die Antworten notieren.
• Fragen Sie nach, wenn Ihnen eine Antwort nicht klar ist.
• Halten Sie sich an die abgemachte Gesprächsdauer.
• Bedanken Sie sich nach dem Gespräch für das Interview.
4. Auditgespräch
Vorbereitung
• Ziel der Anfrage kennen
• Tätigkeit / Funktion der Kontaktperson kennen
• bei brieflicher Kontaktnahme Grund der Anfrage erläutern
• Fragenkatalog formulieren (siehe auch Tipps für die Erstellung einer Checkliste)
• In der Gruppe die Rollen klar aufteilen: Wer stellt welche Fragen? Wer führt Protokoll?
(Für die Gesprächspartner kann es sehr unangenehm sein, wenn eine Gruppe von 4
Personen gleichzeitig Fragen stellt.)
• Im Rahmen einer Interviewerschulung Probeinterviews durchführen und das InterviewerVerhalten diskutieren.
Intervieweröffnung
• Begrüssung, Vorstellung und Dank für die Gesprächsbereitschaft.
• Kurze Information über Ziel und Inhalt des Gesprächs.
• grobe Übersicht über die Themen des Interviews geben und gegebenenfalls Reihenfolge der
Themenblöcke.
• Informieren über die Form des Interviews: z.B. Fragen und Fragereihenfolge vorgegeben
(strukturiertes, halb-standardisiertes Interview) mit festen Antwortvorgaben sowie offenen
Antwortmöglichkeiten (offene und geschlossene Fragen).
• Bei Tandem-Interview: Rollen der Interviewer kurz erläutern (z.B. ein Befrager und ein
Zuhörer/Protokollierer)
• Ungefähre Dauer des Interviews bekanntgeben.
• Vertraulichkeit der Angaben zusichern.
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Im Gespräch
• positiv auftreten, Interesse wecken.
• neugierig sein, aber Ansprechpartnerln nicht "überfahren".
• transparent sein: das Ziel Ihrer Anfrage nennen und deutlich machen wozu die Antworten
verwendet werden.
• offen sein für Gegenfragen (auch kritische!) Widerstände und "Standpunkte" respektieren
Zeit/Goodwill nicht missbrauchen schriftliche Kurzinformation abgeben.
• Dem Befragten Gelegenheit zur Klärung allfälliger Fragen geben.
• Fragen möglichst im Wortlaut stellen und Fragereihenfolge innerhalb der Interviewthemen
einhalten. Bei Fragen mit vorgegebenen Antwortalternativen die Antwortvorgaben
vorlegen.
• Der befragten Person bei offenen Fragen Zeit zum Nachdenken geben, zuhören.
• Antworten nicht kommentieren oder werten. Sich nicht mit Detailkenntnissen über die
Thematik hervortun.
• Eindruck eines "Examens", eines Verhörs vermeiden.
• Überleitungssätze (z.B. "Nun zu einem anderen Thema...", "Die nächste Frage knüpft an
diesen Aspekt an...") sind hilfreich bei Wechsel zu anderen Frageteilen oder Themen.
• Die Verwendung von nonverbalen oder verbalen Signalen, beispielsweise "hm, hm", mit
dem Kopf nicken o.ä., die das Gespräch aufrechterhalten, kann, falls sehr häufig
angewendet, zu längeren oder gar ausschweifenden Antworten führen, was insbesondere
bei "Vielrednern" im Auge behalten werden sollte.
• Der Interviewer sollte Ruhe ausstrahlen und eine entspannte Gesprächsatmosphäre
schaffen. Weder eine überbetonte Sachlichkeit noch eine allzu herzliche, als plump
empfundene Vertraulichkeit sind angebracht.
• Bei länger dauerndem Interview eine kurze Pause dazwischen schalten.
Abschluss des Interviews
• Gegebenenfalls noch fehlende Dokumente für die Dokumentenanalyse erbitten.
• Gegebenenfalls Interviewteile, in welchen quantitative Angaben gefordert werden, zum
Ausfüllen abgeben.
• Dank für das Interview aussprechen.
• Gelegenheit zur Beantwortung allfälliger Fragen der befragten Person geben.
• Ausblick geben über weitere Schritte der Untersuchung und die Form der Rückmeldung der
Ergebnisse.
5. Nachbereitung
• mündlicher oder schriftlicher Dank für die Unterstützung
Ziel: langfristig Vertrauen aufbauen, denn Kontaktpersonen sind PartnerInnen für
Informationen und aktive Mitwirkung
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