Wachstumsfinanzierung bei KMU

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Wachstumsfinanzierung bei KMU
UNTERNEHMENSFINANZIERUNG
Philipp Hofstetter, Bengt Steinbrecher
Wachstumsfinanzierung bei KMU
Mögliche Instrumente und Stolpersteine – Ein Praxisbericht
Die Sicherstellung von Unternehmens-Finanzierungen ist im Vergleich zu den 90er Jahren schwieriger
geworden. Die Gründe dafür sind sicherlich in
verschärften externen Vorschriften, aber auch in der
vorsichtigeren Haltung der Fremd- und Eigenkapitalinvestoren zu suchen. Kennt ein KMU jedoch die
Anforderungen der Kapitalgeber und bereitet sich
entsprechend auf eine Finanzierungstransaktion vor,
so steht dem Unternehmen heute ein ganzer Strauss an
Finanzierungsinstrumenten zur Verfügung, aus welchem für jeden einzelnen Fall die richtige Form zu
wählen ist.
suchen sowohl Banken als auch Risikokapitalgeber nach attraktiven Unternehmungen bzw. Projekten, um die
vorhandenen erheblichen finanziellen
Mittel rentabel zu investieren. Der
vorliegende Artikel zeigt auf, welche
Finanzierungsformen in der jeweiligen
Unternehmenssituation zur Verfügung
stehen (Ziffer 2.) und wie diese zu
charakterisieren sind (Ziffer 3.). Danach wird aufgezeigt, welche Investitionskriterien zu erfüllen sind, um als
«attraktive Unternehmung» zu qualifizieren (Ziffer 4.) und woran eine
Finanzierung am häufigsten scheitert
(Ziffer 5.).
2. Lebenszyklus einer
Unternehmung
1. Ausgangslage
Historisch gesehen stellen Bankkredite
die wichtigste Finanzierungsquelle für
KMU dar. In Wachstumsphasen mit erhöhter Untersicherheit gestaltet sich
eine Kapitalbeschaffung durch einen
klassischen Bankkredit jedoch schwieriger. Insbesondere durch die neuen
Beschlüsse des Basler Ausschusses für
Bankenaufsicht (Basel II) wird der
Bonität des Schuldners erhöhte Bedeutung beigemessen. Diese reduziert
sich jedoch in Wachstumsphasen häufig.
So wird eine Finanzierung durch Bankkredite dann verteuert oder verunmöglicht, wenn sie am notwendigsten wäre
und der erhöhte Zinsaufwand schwer
auf dem Unternehmensergebnis lastet.
Dadurch haben Eigenfinanzierungen
relativ an Attraktivität gewonnen. Aber
auch Private Equity Investoren haben
ihre Investitionskriterien infolge hoher
Abschreibungen auf ihrem Investitionsportfolio und mangelnder Exit-Möglichkeiten verschärft. Eine Finanzierung mittels Kapitalmarktplazierung
stellt aufgrund der häufig ungenügenden
Grösse bzw. der heute realistischeren
Der Schweizer Treuhänder 11/03
Wachstumserwartungen der Börsen
ebenfalls nur selten eine Alternative
für KMU dar.
Auf der Seite der KMU erschweren
diese und weitere Faktoren die Finanzierung des Wachstums in den verschiedenen Lebensphasen. Andererseits
Philipp Hofstetter, Dr. oec. publ., eidg.
dipl. Wirtschafsprüfer, Partner, Corporate
Finance, PricewaterhouseCoopers, Zürich
[email protected]
Nebst der gegenwärtigen Kapitalmarktlage werden die Möglichkeiten der
Wachstumsfinanzierung einer KMUUnternehmung insbesondere durch deren aktuelle Lebensphase bestimmt.
So gibt das Entwicklungsstadium der
Unternehmung einen ersten Anhaltspunkt betreffend der Höhe des Finanzierungsbedarfs und der damit verbundenen Risiken. In einer ersten Entwicklungsphase ist der erforderliche
Finanzierungsbedarf für das weitere
Wachstum üblicherweise absolut betrachtet eher gering, die damit verbundenen Risiken jedoch hoch. Fremdkapital kommt in diesem Stadium höchstens zur Finanzierung der regulären
Geschäftstätigkeit zum Einsatz, kann
aber kaum als Instrument zur Finanzierung des Unternehmenswachstums
eingesetzt werden. Daher wird in dieser frühen Unternehmensphase meist
auf Eigenkapital in Form von Venture
Capital abgestellt. Dieses wird entweder von unternehmernahen Personen
(Friends & Family) oder professionellen Investoren (Venture Capital Firmen, Corporate Venturing und Business Angels) zur Verfügung gestellt.
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Philipp Hofstetter, Bengt Steinbrecher, Wachstumsfinanzierung bei KMU
Lebenszyklus und Finanzierungsmöglichkeit einer Unternehmung
Entwicklungsphase
Reifephase
auch auf operativer Ebene. Diese kann
gegeben sein durch Einsitznahme im
Verwaltungsrat und/oder eventuell eine
wenigstens temporäre Besetzung einer
Managementposition.
Umsatz
3.2 Private Equity
Unterneh«Seed» Start-up 1st Round
mensphasen:
Expansion
(Wachstum,
Akquisition)
Turnaround
Purchase
(Wechsel im
Aktionariat)
Zeit
Eigenkapitalfinanzierung:
Venture Capital
Framdkapitalfinanzierung:
Private Equity
IPO/RTO
IPO/RTO
Darlehensfinanzierung
Mezzanine
Ist eine erste Entwicklungsphase des
Unternehmens abgeschlossen, erweitern sich die Möglichkeiten der zukünftigen Wachstumsfinanzierung. Die
Unternehmung hat sich erfolgreich im
Markt positioniert und realisiert Gewinne. Für das weitere Wachstum, z.B.
auch durch Akquisitionen, müssen nun
grössere Beträge finanziert werden.
3. Charakterisierung möglicher
Finanzierungsinstrumente
Die möglichen Finanzierungsinstrumente können anhand verschiedener
Faktoren wie zum Beispiel der Anforderungen der Kapitalgeber oder
der Finanzierungskosten unterschieden
werden. Dies sind meist die beiden
entscheidenden Kriterien, ob ein Instrument zur Finanzierung eines bestimmten Projektes in Frage kommt
oder nicht.
Mezzanine
Mezzanine
einschliesslich Corporate Venturing
Abteilungen als mögliche Geldgeber
kontaktiert werden. Venture Capital
Firmen haben sich häufig auf einen
oder mehrere Industriezweige spezialisiert und sind daher in der Lage,
ihre Portfoliogesellschaften auch in
strategischen Fragestellungen mit entsprechendem Branchen-Know-how zu
unterstützen. Eine wesentliche Investitionsanforderung dieser Investorengruppe ist neben dem Vertrauen in das
vorhandene Management und einem
attraktiven Geschäftsmodell mit hohen
Renditeerwartungen (über 30%) zumeist die Möglichkeit zur Einflussnahme auf strategischer und eventuell
3.1 Venture Capital
Venture Capital kann bereits in einem
sehr frühen Entwicklungsstadium der
Unternehmung als Finanzierungsinstrument eingesetzt werden. Die investierten Beträge reichen dabei von
einigen Hunderttausend Franken bis
in den hohen einstelligen Millionenbereich. Dabei können private Investoren (Friends & Family oder Business
Angels) oder Venture Capital Firmen
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Nach Abschluss der ersten Entwicklungsphase und eventueller Lancierung erster Produkte oder Dienstleistungen im Markt gilt es, das weitere
Unternehmenswachstum finanziell sicherzustellen. Dies bedeutet häufig
grössere Investitionen für die Erweiterung der bestehenden Kapazitäten
oder ins Wachstum durch Akquisitionen. In solchen Fällen kommen Private
Equity Firmen als Investoren in Frage,
welche sich häufig auf einen einzelnen
oder einige wenige Industriesektoren
spezialisiert haben. Daneben können
zusätzliche Unternehmungen als strategische Investoren auftreten und eine
Beteiligung nehmen (Co-Investoren).
Pensionskassen und Versicherungsgesellschaften treten schliesslich auch als
mögliche Kapitalgeber auf, beteiligen
sich jedoch häufig nur im Rahmen
einer grösseren Finanzierungsrunde
gemeinsam mit Private Equity Firmen.
Im Gegensatz zu Venture Capital ist
das Investitionsvolumen kaum begrenzt
und die Renditeerwartungen liegen typischerweise tiefer (rund 20 bis 30%).
Sowohl Venture Capital als auch Private
Equity stellen Finanzierungsinstrumente dar, welche die Zinsenlast nicht
erhöhen, und sind daher ertragsneutral. Beurteilt man die Finanzierungskosten jedoch anhand der erwarteten
Rendite der Investoren, so handelt es
sich um teure Finanzierungsinstrumente. Zu beachten ist, dass die Kapitalgeber meist stark Exit-orientiert
sind, was mittelfristig eine Ablösung
der Finanzierung erforderlich macht.
Die Bereitstellung einer Finanzierung
mittels Venture Capital oder Private
Equity ist ein sehr zeit- und managementintensiver Prozess und dauert in
der Regel zwischen 4 und 12 Monaten.
3.3 Fremdkapital
Bengt Steinbrecher, CFA, lic. oec. publ.
Manager, Corporate Finance, PricewaterhouseCoopers, Zürich
[email protected]
Auch Fremdkapital in Form von Bankdarlehen stellt nach dem Abschluss
einer ersten Entwicklungsphase eine
mögliche Finanzierungsform dar. Bei
Der Schweizer Treuhänder 11/03
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der Beurteilung eines Kreditantrages kommt dem Unternehmensrating
hohe Bedeutung zu. Dieses bestimmt
nicht nur die Höhe der Finanzierungskosten des Unternehmens, sondern
auch den Eigenmittelbedarf der kreditsprechenden Bank. Die Ratingprozesse wurden aufgrund hoher Abschreibungen infolge schlechter Risiken
sowie der regulatorischen Entwicklungen (Basel II) laufend verfeinert
und haben sich kontinuierlich den
Charakteristiken einer Equity-Analyse
angenähert. So werden neben historischen Daten und quantitativen Faktoren (z.B. Eigenkapitalquote oder CashFlow Ratios) insbesondere prognostizierte Daten und qualitative Faktoren
(z.B. die Managementqualität) in eine
Beurteilung eingeschlossen.
Für ein KMU in der Wachstumsphase
birgt eine Finanzierung mittels Fremd-
kapital auch gewisse Risiken. So belasten die laufenden Finanzierungskosten das Unternehmensergebnis und
die Liquidität für Zins- und Amortisationszahlungen. Dadurch werden der
Finanzierungshöhe mittels Bankdarlehen aus operativer Sicht Grenzen gesetzt. Der Finanzierungsprozess wird
relativ schnell und standardisiert abgewickelt und dauert in der Regel nicht
mehr als 1 bis 2 Monate.
3.4 Mezzanine
Eine Mezzanine-Finanzierung bietet
eine Alternative zum Bankkredit, welche bezüglich Rendite- und Risikoverteilung zwischen einer Eigen- und
Fremdkapitalfinanzierung liegt. Insbesondere wenn die Kreditlinien voll ausgeschöpft sind, stellen Mezzanine-Produkte eine Finanzierungsalternative
dar. Dies ist häufig in Übergangs-
phasen, wie z.B. einem Turnaround
oder Management Buy-out, der Fall.
Die Konditionen der Finanzierung
können relativ flexibel gestaltet und die
laufende Zinslast durch eine mögliche
Partizipation am zukünftigen Unternehmenserfolg reduziert oder gar eliminiert werden. Wird das MezzanineKapital aufgrund der Nachrangigkeit
im Ratingprozess als wirtschaftliches
Eigenkapital gewertet, so kann sich
dadurch sogar die Bonität der Unternehmung erhöhen. Betrachtet man die
Finanzierungskosten als Summe der
Zinskomponente und der Partizipation
am zukünftigen Unternehmenserfolg,
so wird deutlich, dass diesen Vorteilen
einer Mezzanine-Finanzierung höhere
Kosten als bei einer klassischen Darlehensaufnahme gegenüberstehen. Die
hohe Flexibilität erfordert das Ausarbeiten und Verhandeln der entsprechenden Finanzierungs- und Amorti-
Übersicht Finanzierungsformen
Finanzierungsform
Finanzquellen
Vorteile
Nachteile
Venture Capital
• Friends & Family
• Business Angels
• Venture Capital
Firmen
• Corporate Venturing
• «Smart Money»
• Steigerung EK-Quote
• Teure Finanzierung
• Meist stark
Exit-orientiert
Private Equity
•
•
•
•
• «Smart Money»
• Steigerung EK-Quote
• Teure Finanzierung
• Meist stark
Exit-orientiert
Fremdkapital
• Banken
• Günstig
• Nur begrenzt
verfügbar
Mezzanine
• MezzanineGesellschaften
• Private Equity Firmen
• z. T. Banken
• Flexibel
• Reduzierte Zinslast
• Steigerung Bonität
• Relativ hohe Kosten
Initial Public Offering
• Institutionelle Anleger
• Privatanleger
• Finanzierung grosser
Projekte möglich
• Marketingeffekt
• Hohe Anforderungen
an Transparenz/
Publizität
Reverse Takeover
• Cash-Reserven der
übernommenen Firma
• Unabhängigkeit
von Kapitalmarktverhältnissen
• Bestehende
Aktionärsstruktur
• Finanzierung nur
begrenzt möglich
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Private Equity Firmen
Corporate Venturing
Pensionskassen
Versicherungsgesellschaften
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Voraussetzungen für eine erfolgreiche Finanzierung
• Persönlichkeit,
«Chemie»
• Innovation und
Fachkompetenz
• Netzwerk
(Kunden/Partner)
• Incentivierung
Leistungsbereitschaft
Der Business Case ist im Rahmen
des Business Plans verständlich
zu beschreiben:
• Klare Formulierung
der Vision und Strategie
• Attraktive Marktpositionierung
• Wachstumspotential
• Positive und stabile Cash-Flows
• Glaubwürdige Finanzplanung
Management/
Unternehmer
Geschäftsmodell
(Business
Case)
Unternehmensstrukturen
• Hohes Transparenzniveau (Accounting/Reporting)
• Corporate Governance
• Einfache Rechtsstruktur
Kapitalmarkt
• Timing
• Branche/Sektor
• Investoreninteresse
sationsmodelle und bewirkt einen
leicht längeren Finanzierungsprozess
als beim klassischen Bankkredit von
rund 2 bis 4 Monaten.
3.5 Initial Public Offering (IPO)
Eine Publikumsplazierung (IPO)
kommt nur für wenige KMU als Finanzierungsalternative in Frage. Einerseits sind die Anforderungen des Kapitalmarktes in bezug auf die minimale
Unternehmensgrösse zu hoch, und andererseits sind die regulatorischen Anforderungen üblicherweise nur unter
erheblichen Anstrengungen zu erfüllen.
Sollten jedoch diese Kriterien erfüllt
und ein Börsengang angestrebt werden,
so ist ein attraktiver Investment Case
für eine erfolgreiche Plazierung erforderlich. Zumeist sind die Vorbereitungsarbeiten für ein IPO sehr zeitintensiv
und ein Zeithorizont von mindestens
9 bis 24 Monaten muss kalkuliert werden. Damit kann diese Finanzierungsalternative nur als langfristiges Instrument der Wachstumsfinanzierung und
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nicht als schnelle Kapitalbeschaffung
eingesetzt werden.
3.6 Exkurs:
Reverse Takeover (RTO)
Falls eine KMU die Kapitalmarktfähigkeit aufweist, der Kapitalmarkt in der
fraglichen Zeit jedoch keine Primärmarkttransaktion (IPO) zulässt, bietet
ein RTO eine mögliche Alternative,
um an den Kapitalmarkt zu gelangen
und allenfalls in einer späteren Phase
im Rahmen eines Secondary Offering
zusätzliche Mittel aufzunehmen. In der
Phase des RTO kann nur dann Kapital
beschafft werden, falls in der übernommenen Firma noch liquide Mittel
vorhanden sind. Die Motivation für
eine solche Transaktion liegt häufig im
damit verbundenen Kapitalmarktzugang und Publizitätseffekt sowie in
der Verbreiterung der Aktionärsbasis.
Dies im Gegensatz zum IPO, wo die
Finanzierung im Vordergrund stehen
sollte. Die Schwierigkeit einer solchen
Transaktion liegt in der Verfügbarkeit
einer passenden RTO-Unternehmung.
Eine entsprechende Möglichkeit wird
dadurch häufig opportunistisch wahrgenommen.
4. Voraussetzungen für eine
erfolgreiche Finanzierung
Während eine erfolgreiche Fremdkapitalfinanzierung vom Ergebnis des
Ratingprozesses abhängt, ist bei jeder
Form der Eigenkapitalfinanzierung
primär die Beurteilung des Investment
Case ausschlaggebend. Wie bereits
erwähnt, haben sich moderne Ratingsysteme bereits sehr stark einer EquityAnalyse und damit einer Beurteilung
des Investment Case angenähert. Ein
attraktiver Investment Case setzt sich
aus einem überzeugenden Geschäftsmodell, einem vertrauensvollen Team
und professionellen Unternehmensstrukturen zusammen. Hinzu kommt,
dass die Kapitalmarktverfassung eine
Finanzierung ermöglichen muss.
Hinsichtlich des Geschäftsmodells ist
zu beachten, dass die Vision und StraDer Schweizer Treuhänder 11/03
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tegie der Unternehmung klar und verständlich formuliert sind. Die Gesellschaft sollte in einem attraktiven Markt
positioniert sein und über das nötige
Wachstumspotential verfügen. Positive
und stabile Cash-Flows werden heute
als attraktiver beurteilt als zukünftige
astronomische Gewinne nach einer
jahrelangen verlustbringenden Durststrecke. Eine plausible Finanzplanung
rundet ein überzeugendes Geschäftsmodell ab und bildet einen wesentlichen Faktor für das Vertrauen ins
Managementteam. Neben der Fachkompetenz und dem bestehenden
Netzwerk des Managements sind insbesondere die Incentivierungsstrukturen sowie die Persönlichkeiten ausschlaggebend. Schliesslich bedeutet
jede externe Finanzierung eine zumindest teilweise Öffnung gegenüber
Dritten. Diese erwarten professionelle
Unternehmensstrukturen, wie z.B. ein
hohes Transparenzniveau des Repor-
Der Schweizer Treuhänder 11/03
tings, zeit- und unternehmensgemässe
Corporate Governance und eine klare
Rechtsstruktur.
Bringt eine Unternehmung all diese
Voraussetzungen mit, so kann lediglich
die gegenwärtige Kapitalmarktverfassung eine Finanzierung erschweren
oder verzögern. Das Investoreninteresse an einzelnen Branchen oder
Sektoren ist dabei von entscheidender
Bedeutung.
5. Häufigste Stolpersteine
Sind die vorgängig beschriebenen
Faktoren aus Sicht der kapitalsuchenden Unternehmung erfüllt, kann eine
Finanzierung trotzdem noch scheitern.
Die Ursachen dafür sind vielfältiger
Natur. So ist beispielsweise das so
vielversprechende Geschäftsmodell bei
einer objektiven Beurteilung leider
häufig weniger attraktiv als erhofft.
Oftmals muss auch festgestellt werden,
dass die Vorbereitung der Unternehmung, der Dokumentation und/oder
des Managements auf eine solche
Transaktion ungenügend durchgeführt
wurde. Dies kann beispielsweise darin
zum Ausdruck kommen, dass die Transparenz des Reportings mangelhaft ist
und die erforderliche Detailbeurteilung nicht vorgenommen werden kann.
Gespräche zu Eigenkapitalfinanzierungen scheitern häufig auch an divergierenden Preisvorstellungen. So ist vielfach feststellbar, dass die Unternehmer
immer noch Preisvorstellungen haben,
welche auf den während der Boomphase Ende der 90er Jahre erzielten
Werten beruhen. Die Investorenseite
ist diesbezüglich jedoch viel realistischer und vorsichtiger geworden. Die
daraus resultierenden Divergenzen in
der Werteinschätzung sind oft unüber-
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Philipp Hofstetter, Bengt Steinbrecher, Wachstumsfinanzierung bei KMU
brückbar und lassen interessante Projekte scheitern.
Als weiterer wesentlicher Faktor der
Finanzierung ist die Chemie zwischen
Unternehmer und Investor zu bezeichnen. Auch wenn der Business Case
noch so gut ist, wird üblicherweise
keine Finanzierung zustande kommen,
wenn die Chemie nicht stimmt. Dies ist
auch nicht verwunderlich, denn mit
einer Finanzierung wird eine langjährige Partnerschaft eingegangen, die
erfahrungsgemäss nur erfolgreich sein
kann, wenn Vertrauen und Harmonie
stimmen.
Als einen der wichtigsten Scheiterungsgründe muss der fehlende Wille
des Unternehmers zur Öffnung der
Gesellschaft erwähnt werden. Ein Zusammengehen mit einem Finanzpartner bedeutet unter anderem das Teilen
von Informationen, Visionen, Entscheidungskompetenzen und – im Fall der
Eigenfinanzierung – des Eigentums
und somit des Wertes der Unternehmung. Leider muss immer wieder festgestellt werden, dass es viele Unter-
nehmer erst nach mehreren Anläufen
oder überhaupt nicht schaffen, sich und
die Unternehmung möglichen Investoren gegenüber dermassen zu öffnen,
dass eine Finanzpartnerschaft zustande
kommen kann.
6. Fazit
Die Sicherstellung von UnternehmensFinanzierungen ist im Vergleich zu den
90er Jahren schwieriger geworden.
Diese Tatsache gründet einerseits auf
verschärften externen Vorschriften
(z.B. Basel II), andererseits aber auch
auf einer vorsichtigeren Haltung der
Fremd- und Eigenkapitalinvestoren.
Die Investoren haben aus den Fehlern
der Vergangenheit gelernt und Prozesse
und Systeme eingeführt, welche mit
grösserer Sicherheit als früher erlauben, die Spreu vom Weizen zu trennen.
Zusätzlich wird auch weichen Faktoren
wie der Chemie zwischen Unternehmer
und Investor mehr Aufmerksamkeit
geschenkt. Unverändert zu früheren
Zeiten stehen sich viele Unternehmer
durch ihren mangelnden Willen zur
Öffnung immer noch selbst im Weg.
Mehr Offenheit könnte hier helfen,
interessante Projekte weiter wachsen
zu lassen.
Nebst einem objektiv überzeugenden
Business Case sind eine gute Vorbereitung der Unternehmung, des Unternehmers und der Manager sowie der
Dokumentation unabdingbare Voraussetzungen, um auf dem Finanzierungsmarkt aus der Position der Stärke agieren und bestehen zu können. Die traditionelle Fremdfinanzierung über eine
Bank ist nur eine von vielen möglichen
Finanzierungsarten. Es lohnt sich, vor
einem Finanzierungsentscheid den
ganzen Strauss an möglichen Finanzierungen zu analysieren und daraus die
beste Option zu wählen, denn eine
Finanzierung stellt eine langjährige
Partnerschaft mit der finanzierenden
Partei dar und kann für den Zukunftserfolg einer Unternehmung entscheidend sein. Wegen der Seltenheit und
Komplexität eines derartigen Projekts
ist es empfehlenswert, sich fachkundig
beraten zu lassen. Eine gute Beratung
wird sich mit Sicherheit bezahlt machen.
RESUME
Financement de la croissance des PME
Comparé aux années 90, le financement des entreprises est devenu plus
difficile. Ce fait repose, d’une part, sur
le renforcement des directives externes (p. ex. Bâle II) et, d’autre part,
sur l’attitude prudente des bailleurs de
capitaux propres et étrangers. Les investisseurs ont tiré un enseignement
des erreurs du passé et introduit des
procédures et des systèmes permettant mieux que par le passé de séparer
le bon grain de l’ivraie. Outre un
«business case» objectif et convaincant, une bonne préparation de l’entreprise, du chef d’entreprise, des
managers et de la documentation est
la condition absolue pour agir en position de force sur le marché du financement et pouvoir s’y maintenir. Une
attention plus grande sera accordée
940
non seulement aux données quantitatives mais aussi à des facteurs «souples»
tels l’entente entre l’entrepreneur et
l’investisseur. Le manque de volonté à
l’ouverture de la part de nombreux
chefs d’entreprise n’a pas changé et
reste un handicap. Un esprit plus ouvert permettrait de faire progresser
d’intéressants projets en cours.
Les possibilités de financer la croissance d’une PME se définissent non
seulement selon la situation du marché
des capitaux du moment mais aussi
en fonction du cycle de vie actuel de
l’entreprise. Le financement extérieur
traditionnel par l’intermédiaire d’une
banque ne représente qu’un des nombreux moyens de financement possibles. Les divers instruments de finan-
cement se distinguent grâce à certains
facteurs tels par exemple les exigences
des bailleurs de fonds ou les coûts de
financement. Ces deux facteurs décident si un projet sera en fin de compte
financé ou non. Avant une décision de
financement, il est indiqué d’analyser
tout l’éventail des possibilités de financement et de choisir la meilleure
option possible. Le financement représente en effet de longues années de
partenariat avec le financier et peut
être décisif de la réussite future d’une
entreprise. Etant donné la rareté et la
complexité d’un tel projet, il est
recommandé de s’adresser à des professionnels. Les fruits d’un conseil
efficace ne se feront pas attendre.
PH/BS/AFB
L’Expert-comptable suisse 11/03

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