Was du verbirgst - Olesen Kommunikation

Transcription

Was du verbirgst - Olesen Kommunikation
Bewusstheit fördern, Klarheit schaffen, für Verständnis sorgen
Was du verbirgst
Emotionsspuren im Gesicht als Wegweiser in Coaching oder Therapie.
Von Henning Olesen
Im Klientengespräch orientieren sich Coach und Therapeut an der Körpersprache, der Stimme, der Sprache
und auch an sichtbaren Zeichen des vegetativen Nervensystems ihrer Klienten, um hinderlichen unbewussten
Denk- und Verhaltensmustern auf die Spur zu kommen. Doch Forschungen zeigten, dass Coaches und
Therapeuten im besten Falle bis zu 50 Prozent der Emotionen ihrer Klienten richtig erkennen. Anders
betrachtet werden in der Hälfte der Fälle die Emotionen der Klienten falsch gedeutet.
Die gute Nachricht lautet, dass jede noch so kurz auflebende Emotion Spuren im Gesicht hinterlässt,
sogenannte Microexpressions, wie der US-amerikanische Psychologie Paul Ekmann sie nennt. Sie machen
jede kurz aufflackernde Emotion eindeutig identifizierbar. Die Fähigkeit, diese Microexpressions sicher
erkennen zu können, erhöht die Erfolgsquote auf bis zu 80 Prozent. Werden weitere Faktoren, wie
Körpersprache und Stimme einbezogen, werden über 90 Prozent der Emotionen richtig.
Der Mensch ist ein emotionales Wesen. Emotionen gehören zu uns, wir brauchen sie, wie die Luft zum
Atmen, und sie bestimmen jeden Augenblick unseres Handelns. Sie prägen unser alltägliches Erleben und
Verhalten. Sie sind die Grundlage für Kontakt und soziale Austauschprozesse mit anderen Personen. Über
unsere Emotionen regulieren wir z.B. Nähe und Distanz oder Flucht und Annäherung.
Emotionen haben eine deutliche Signalwirkung. Im Laufe der Evolution und unseres eigenen Lebens entstand
in unserem Gehirn ein Emotionssystem, das jeden einzelnen Emotionsauslöser speichert. Wenn wir z.B.
gelernt haben, uns vor etwas zu fürchten, wird der Auslöser dafür in unserem Gehirn gespeichert und künftig
automatisch verknüpft (Joseph LeDoux 2010). Dieses Emotionssystem oder, wie Paul Ekman es nennt –
unsere emotionale Alarmdatenbank, mobilisiert unsere emotionalen Reaktionen unbewusst und in wenigen
Millisekunden.
Aus der Praxis: Angst
Als Kind hat ein Klient (45 Jahre alt, Vertriebsleiter) bei bestimmten Rechenaufgaben starke Angst
empfunden, weil sein Vater ihn bei falschen Lösungen gerügt hat. In seinem Emotionssystem sind
seitdem Rechenaufgaben mit Angst verknüpft.
Diese Angst zeigt sich heute für ihn unbewusst und dennoch ganz deutlich in seinem Gesicht, wenn es um das
Thema Zahlen geht. In wichtigen Verkaufsgesprächen nehmen seine Geschäftspartner– ebenfalls unbewusst –
einen unsicheren Verkäufer wahr und schreiben die Unsicherheit dem Produkt zu.
Heute gibt es einige Kurzzeit-Coaching-Methoden, die kontextgebunden und zielorientiert die Lösung solcher
Emotionsauslöser bewirken. Gleichwohl sind wir biologisch in einer Weise beschaffen, die es erschwert, die
Emotion dauerhaft vom Emotionsauslöser zu entkoppeln. Denn Emotionen entstanden in der Evolution mit
der Funktion, das Überleben des Menschen zu sichern.
Sie äußern sich im körperlichen Ausdruck, in der Stimme, in der Sprache und in Veränderungen unseres
vegetativen Nervensystems, indem sich etwa eine Haupartie rötet oder Schweiß ausbricht. Doch noch zuvor
bewegen sich unsere Gesichtsmuskeln unwillkürlich, da unser Emotionssystem einen direkten und sofortigen
Einfluss auf unsere Gesichtsmuskeln hat. Bevor zum Beispiel der Wunsch nach mehr Distanz in Worten
geäußert wird, ist er im Gesicht bereits ablesebar. Diese unbewussten und oft nur Millisekunden andauernden
Bewegungen der Gesichtsmuskeln sind jene Microexpressions.
Gemeinsam mit seinem Kollegen Wallace Friesen hat Paul Ekmann das Facial Action Coding System
entwickelt (F.A.C.S. – 1976, www.face-and-emotion.com), und später dann emF.A.C.S. (em = emotion). In
seinen Studien fand Ekman heraus, dass der mimische Ausdruck der sieben Basisemotionen – Angst,
Überraschung, Ärger, Ekel, Verachtung, Traurigkeit und Freude – über alle Kulturen gleich sind.
OLESEN KOMMUNIKATION
Neuenhofer Straße 11
42657 Solingen
Tel. (0212) 54 88 762
Fax (032 12) 130 11 39
[email protected]
Stadtsparkasse Solingen
BLZ: 342 500 00
Konto-Nr.: 11 08 497
Henning Olesen
Bianca Olesen
USt. Id.Nr: DE 253404107
Finanzamt Solingen
Bewusstheit fördern, Klarheit schaffen, für Verständnis sorgen
Eine kurze Übung
Erkennen Sie, um welche Emotion es sich handelt?
Schauen Sie sich die Bilder einen ganz kurzen Moment
an – entscheiden Sie sich dann für eine der oben
genannten Emotionen und schreiben diese zur
jeweiligen Bildnummer.
Bild 1:____________________
Bild 2:____________________
Bild 3:____________________
Bild 4:____________________
(die Lösung finden Sie auf der letzten Seite)
Warum ist es oft so schwer, die wahren Emotionen der Klienten zu erkennen? Wir achten auf der einen Seite
auf das Verhalten unseres Klienten, und auf der anderen Seite beschäftigen wir uns mit unserer eigenen
Handlungs- und Gesprächsplanung. Gleichzeitig haben unser eigener Gefühlszustand, unsere Erwartungen
und Überzeugungen grossen Einfluss darauf, was wir an Emotionen wahrzunehmen glauben oder nicht.
Aus der Praxis: Lächeln
Eine Klientin erzählt von ihrem neuen Chef und ihrer wundervollen neuen Arbeit. Auch auf die
Nachfrage, ob die Arbeit wirklich so wundervoll sei, erscheint ein Lächeln in ihrem Gesicht und sie
sagt, es sei alles bestens.
Eine der einfachsten Emotionsmimiken ist das Lächeln, dafür müssen wir lediglich einen einzigen
Gesichtsmuskel bewegen. Ein Lächeln erkennen wir schon aus über hundert Meter Entfernung. In der Regel
erwidern wir es auch unbewusst. In einer Studie von Ken J. Rotenberg aus Kanada kam heraus, dass schon
Kleinkinder ein simples Lächeln als Zeichen für Ehrlichkeit werten. Dieses Verhalten bleibt ein Leben lang
bestehen.
Lächeln wird aber auch eingesetzt, um auftauchende wahre, aber vermeintlich nicht zulässige Emotionen zu
verbergen. So sind wir in der Arbeit mit unserem Klienten das eine oder andere mal auf diesem Auge blind
und schenken den Worten unseres Klienten Glauben.
Die Mimik der Klientin zeigt bei geschulter Betrachtung, dass das Lächeln eine Traurigkeit überspielt.
Bei der Feinjustierung eines Gesprächs spielen mimisch gesendete Emotionen eine wichtige Rolle. Sie zeigen
Informationsverarbeitungsprozesse an (z.B. Augenbrauen zusammen und nach unten gezogen), sie dienen u.a.
dazu Nähe zu anderen Menschen auszudrücken (z.B. Heben der Mundwinkel zu einem Lächeln) oder auch
Distanz (z.B. Heben der inneren Augenbrauen und Mundwinkel nach unten gezogen).
Wie unsere Emotionen uns beinflussen
Steigt eine negative Emotion in uns auf, fangen wir an, unser Erleben der Welt und das Handeln anderer im
Sinne dieser Emotion zu interpretieren. Die Emotion beeinflusst in dieser Phase „vernunftgemäßes“ Handeln.
Kognitiv können wir nur Informationen verarbeiten, die zu dem uns beherrschenden Gefühl passen. Die
Emotionsforscher nennen diese Zeitspanne Refraktärphase. Die Dauer der Refraktärphase ist bei jedem
Menschen und jeder Emotion individuell und unterschiedlich lang.
OLESEN KOMMUNIKATION
Neuenhofer Straße 11
42657 Solingen
Tel. (0212) 54 88 762
Fax (032 12) 130 11 39
[email protected]
Stadtsparkasse Solingen
BLZ: 342 500 00
Konto-Nr.: 11 08 497
Henning Olesen
Bianca Olesen
USt. Id.Nr: DE 253404107
Finanzamt Solingen
Bewusstheit fördern, Klarheit schaffen, für Verständnis sorgen
Unter anderem wird sie davon bestimmt, wie oft wir einem Emotionsauslöser begegnet sind und wie intensiv
wir die gespeicherte Emotion erlebt haben. Jedes Erleben wird aufaddiert und verlängert die nächste
Refraktärphase. In dieser Phase sind wir nicht in der Lage, die Ursache der Emotion zu benennen.
Die Klientin kann ihre Traurigkeit (nachdem diese angesprochen wurde) nicht mehr durch ein Lächeln
überspielen. Die Traurigkeit lebt auf. Sie ist zunächst so stark, dass die Klientin für einen Moment
(Refraktärphase) nicht mehr in der Lage ist über ihr Thema zu sprechen und ihre Gefühle klar zu äußern. Sie
beginnt stattdessen, die Handlungen ihres Umfeldes im Kontext ihrer Traurigkeit zu interpretieren. Dann sagt
sie, dass ihr Mann sich darüber beklage, dass sie weniger Zeit für ihn habe, und sie fühle sich als schlechte
Mutter.
Es stellt sich heraus, dass sie für den neuen Job eine wesentlich längere Fahrzeit in Kauf nehmen muss.
Fazit
In der zwischenmenschlichen Begegnung laufen auf verschiedenen, zum Teil unbewussten Ebenen, in sehr
kurzer Zeit komplexe emotionale Prozesse ab. Das gilt auch für die Begegnung Berater-Klient. Coach und
Therapeut profitieren dabei von der Klarheit und Bewusstheit über die eigenen Emotionen. Dabei kann sie die
Bewusstheit um die eigenen Microexpressions unterstützen. Ich nenne diese Art des Coachings von Klienten
„facecoaching“.
Bei der prozess- und emotionsorientierten Begleitung von Menschen hilft es, Microexpressions und die
Phasen des Emotionsablaufes sicher erkennen zu können und sie ethisch und nutzbringend in den Prozess des
Klienten einzubringen.
Literatur:
Jörg Merten (2003): Einführung in die Emotionspsychologie. Kohlhammer, Stuttgart
Paul Ekman (2010, 2. Auflage): Gefühle lesen. Spektrum Verlag, Heidelberg
Manfred Spitzer (2006): Geist & Gehirn. DVD, br-alpha / Auditorium Netzwerk, Müllheim/Baden
Jack Nasher (2010): Durchschaut. Wilhelm Heyne Verlag, München
Joseph LeDoux (2010, 5. Auflage): Das Netz der Gefühle, Deutscher Taschenbuch Verlag GmbH & Co. KG, München
Henning Olesen,
Coach, begleitender Kinesiologe mit eigenem Unternehmen, ausgebildet in F.A.C.S.
und emF.A.C.S., bildet selbst „facecoaches“ und „balancecoaches“ aus.
www.olesen-kommunikation.de/facecoaching.html
Auflösung Rätsel:
Bild 1: Angst, Bild 2: Überraschung,
Bild 3: Blende von Überraschung und Angst, Bild 4: Blende aus Wut und Ekel
OLESEN KOMMUNIKATION
Neuenhofer Straße 11
42657 Solingen
Tel. (0212) 54 88 762
Fax (032 12) 130 11 39
[email protected]
Stadtsparkasse Solingen
BLZ: 342 500 00
Konto-Nr.: 11 08 497
Henning Olesen
Bianca Olesen
USt. Id.Nr: DE 253404107
Finanzamt Solingen

Documents pareils