STRAFBARKEIT DES A I. §§ 242, 243 I S. 2 Nr. 1, 244 I Nr. 3 du
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STRAFBARKEIT DES A I. §§ 242, 243 I S. 2 Nr. 1, 244 I Nr. 3 du
Prof. Dr. Hans Kudlich WS 2004/2005 Examensklausurenkurs* Strafrechtsklausur am 04.02.2005 Rechtswidrige Zueignung durch A zwar objektiv (+), aber kein Vorsatz hinsichtlich der Rechtswidrigkeit der Zueignung, da A irrig von einer „Einwilligung“ des C ausging IV. § 303 durch Beschädigen des Garagentores 1. TEIL: STRAFBARKEIT DES A I. §§ 242, 243 I S. 2 Nr. 1, 244 I Nr. 3 durch Entwenden des Porsche TB: Porsche ist für A fremde bewegliche Sache (+) Wegnahme: objektiv (+), da tatsächlich kein Einverständnis des C § 244 I Nr. 1a: wohl (-), da nach Umständen Werkzeug objektiv gerade nicht nur zu Verletzungszwecken mitgeführt und subjektiv kein gefährlicher Verwendungsvorbehalt [Streit muss hier nicht vertieft werden, da ohnehin subjektiver Tatbestand entfällt] § 244 I Nr. 3: (-), da Garage keine Wohnung i.S.d. § 244 I Nr. 3 (engerer Begriff als in § 123, da kein Schutz des Hausrechts, sondern nur gegen Eindringen in innere Privatsphäre) [Streit muss hier nicht vertieft werden, da ohnehin subjektiver Tatbestand entfällt] Vorsatz bezüglich Wegnahme (-), da A glaubte, C sei mit Wegnahme des Fahrzeugs einverstanden (Vorstellung eines tatbestandsausschließendes Einverständnis, § 16 I 1) II. § 248b durch Entwenden des Porsche TB: Kraftfahrzeug (+) objektiv Ingebrauchnahme gegen Willen des Berechtigen aber kein Vorsatz hinsichtlich entgegenstehenden Willens III. § 246 durch Entwenden des Porsche TB: Porsche fremde bewegliche Sache (+) * Nach Examensklausur 1997/I. §§ ohne Gesetzesangaben sind solches des StGB – Lösungshinweise stimmen nicht notwendig mit denen des JPA überein. TB: Beschädigung einer fremden Sache (+) aber Erlaubnistatbestandsirrtum des A, da er von einer Einwilligung des C ausging (vgl. o.): i.E. daher Straflosigkeit V. § 123 durch Betreten der Garage TB: Garage zumindest als befriedetes Besitztum (+) und auch Eindringen: objektiv (+), da tatsächlich Handeln gegen den Willen des Berechtigten aber auch hier Vorsatz (-) wegen Vorstellung eines tatbestandsausschließendes Einverständnis, § 16 I 1 VI. §§ 263, 22 gegenüber und zu Lasten der Versicherung X VP: keine Vollendung, da die Versicherung X schon nicht getäuscht wurde (der an der Tat nicht beteiligte C hat gegenüber X wahrheitsgemäße Angaben gemacht) Strafbarkeit des Versuchs, §§ 23 I, 263 II TB: Tatentschluss • Vorsatz hinsichtlich * Täuschung, Irrtum, Verfügung, Schaden gegenüber und zu Lasten von X (+) * Mittäterschaftliche Begehung zusammen mit C (§ 25 II)? sowohl nach Tatherrschaftslehre als auch nach subjektiver Theorie (+) [hinsichtlich Tatherrschaftslehre a.A. vertretbar, dann nur straflose versuchte Beihilfe!] – Arbeitsteiliges Zusammenwirken A mit C; unerheblich auch, dass Schadensanzeige letztlich allein von C ausgefüllt werden soll [aber: nur Mitwirkung im Vorbereitungsstadium! daher nach e.A. keine –2– Mittäterschaft möglich, nach a.A. hervorgehobener Beitrag im Vorbereitungsstadium erforderlich, hier auch fraglich, aber immerhin unabdingbare Vorbereitung] – Eigenes Interesse des A im Hinblick auf Weiterverkauf des Porsche [unerheblich, dass A die Versicherungssumme unmittelbar nicht zufließt] – I.E. daher § 25 II (+) • Bereicherungsabsicht des A * Selbstbereicherungsabsicht des A – zwar (+) hinsichtlich 10.000 € – insoweit aber keine Stoffgleichheit mit Schaden der X (das erwartete Vermögensstück sollte aus dem Autoverkauf, nicht aber aus dem Vermögen der X stammen) * Drittbereicherungsabsicht bezüglich einer Bereicherung bei C: – Stoffgleichheit zwar hinsichtlich Schaden der Versicherung (+) – aber dolus directus I. Grades bei A zumindest problematisch, da der Eingang der Versicherungssumme bei C Endziel bzw. notwendiges Zwischenziel für die Bereicherung aus dem Verkauf des Porsche an D sein müsste [laut SV wurde der Porsche auch vor Überweisung der Versicherungssumme an D verkauft!]; aber vertretbar: es kam A auf Bereicherung des C an, damit er selbst Geld des D „endgültig behalten darf“ Unmittelbares Ansetzen: [nur sofern Bearbeiter – was „klausurtaktisch ratsam ist – oben Bereicherungsabsicht bejaht haben] • Grundsätzlich: einheitlicher Eintritt aller Mittäter in das Versuchsstadium gem. § 25 II, sofern auch nur einer von ihnen unmittelbar ansetzt i.S.v. § 22 • Problem der „vermeintlichen Mittäterschaft“: A glaubte irrig, C, der seinen „Schaden“ bei X geltend ma–3– chen sollte (wäre unmittelbares Ansetzen zum vorgestellten Betrug), sei sein Mittäter * e.A.: unmittelbares Ansetzen des vermeintlichen Mittäters ausreichend; quasi untauglicher Versuch mit „untauglichem Mittäter“ (4. Strafsenat im Münzhändler-Fall, BGHSt 40, 299) * h.M.: nicht ausreichend, da Zurechnung nur möglich, wenn auch Mittäterschaft vorliegt (3. Strafsenat im Haustür-Fall, BGHSt 39, 236) * beide Ansichten vertretbar; überzeugender wohl, unmittelbares Ansetzen abzulehnen, da es mangels eigenen Handelns des A bereits an „Bezugsobjekt“ einer Vorstellung des A i.S.d. § 22 fehlt, so dass insoweit seine eigene Vorstellung alleine gerade nicht ausreicht ggf. RW, SCH VII. § 265 TB: versicherte Sache (+): Auto Beiseiteschaffen: Verbringen aus räumlichem Herrschaftsbereich des Versicherungsnehmers (+); auch Überlassen (+) Vorsatz (+) Absicht, Drittem Zahlung zu verschaffen: (+/-), vgl. o. RW, SCH ggf. (+); falls §§ 263, 22 bejaht, formelle Subsidiarität VIII. § 263 gegenüber und zu Lasten des D TB: Täuschungshandlung des A (-): A war gutgläubig der Ansicht, er dürfe zusammen mit B das Auto verkaufen (§ 164 BGB) und D würde daher auch vollgültiges Eigentum vom Berechtigten erwerben; A handelte daher nicht „zur Irreführung“ –4– IX. § 259 durch Weiterverkauf an D TB: Sache aus der Vortat eines anderen: (+), sofern man B als mittelbaren Täter bzgl. des Diebstahls am Porsche ansieht (dazu unten) Absetzen (+) Vorsatz • bzgl. Sache aus (Diebstahls-) Vortat (-), da A gutgläubig (s.o.) • bzgl. Sache aus einem Betrug gegenüber X (-), da Porsche auch in der Vorstellung des A nicht durch den Betrug erlangt ist RW/Schuld: (+) III. §§ 248b, 123, 25 I Var. 2 tatbestandlich ebenfalls (+), aber § 248b formell subsidiär, und § 123 wohl von §§ 242, 243 konsumiert IV. § 263 (i.V.m. § 22) gegenüber und zu Lasten der Versicherung X TB: Täuschung (-): C hat X nicht getäuscht; B hat X ebenfalls weder getäuscht noch stellt er sich Mittäterschaft mit C vor V. § 263 gegenüber und zu Lasten des D Strafbarkeit des B I. §§ 303, 25 I Var. 2 am Garagentor des C TB: Beschädigen einer fremden Sache (+) Begehung in mittelbarer Täterschaft • Strafbarkeitsdefizit bei A, vgl. o. • Wissensüberlegenheit des B bzgl. unrechtsrelevanter Tatsachen (fehlende Einwilligung des C) Vorsatz bzgl. Beschädigung des Garagentores und der die mittelbare Täterschaft begründenden Merkmale RW/Schuld: (+) Strafantrag, § 303c, gestellt (+) II. §§ 242, 243 I S. 1 Nr. 1, 25 I Var. 2 bezüglich des Porsche TB: Wegnahme einer fremden beweglichen Sache (+) in mittelbarer Täterschaft (+), s.o.; auch bezüglich des Regelbeispiels Nr. 1 („Eindringen in umschlossenen Raum mit Dietrich“), da dessen Verwirklichung dem mittelbaren Täter bei entsprechendem Vorsatz zugerechnet wird Vorsatz und (Selbst-) Zueignungsabsicht (+) [eigene sinnvolle Nutzung durch Verkauf] –5– TB: Täuschung (+): darüber, dass B in der Lage ist, D das Eigentum am Porsche zu verschaffen [da vorgeblich vom Eigentümer C beauftragt und Porsche nicht gestohlen] Irrtum: Problem „Irrtum unter Zweifeln“ [D hält es für möglich, dass Porsche gestohlen] • sofern Getäuschter an der Wahrheit der behaupteten Tatsache zweifelt, trotz seines Zweifels aber die Vermögensverfügung im Vertrauen auf die Wahrheit vornimmt, liegt nach h.M. (insbes. Rspr.) Irrtum vor • sofern Getäuschter die Verfügung ohne Erwartung der Wahrheit vornimmt, handelt er nicht mehr im Irrtum • hier keine Papiere/ kein Originalschlüssel/extrem günstiger Kaufpreis Ö alles spricht dafür, dass D ohne Vertrauen auf die Wahrheit die Verfügung vorgenommen hat (so i.E. auch die Lehre von der Schutzbedürftigkeit des Zweifelnden) Ö daher Irrtum bei D (-) [a.A. vertretbar] VI. §§ 263, 22 gegenüber und zu Lasten des D VP: keine Vollendung (s.o.) Strafbarkeit des Versuchs (+), §§ 23 I, 263 II TB: Tatentschluss –6– • Vorsatz bezüglich: Täuschung, Irrtum, Verfügung, Schaden (+) • Bereicherungsabsicht (+) lich nicht gebilligt, sondern missbilligt; daher außer nach rein wirtschaftlich Vermögensbegriff nach allen Meinungen kein geschütztes Vermögen des A, daher i.E. auch kein Vermögensverfügung / kein Vermögensschaden unmittelbares Ansetzen (+) RW/SCH: (+) IX. §§ 265, 26 VII. § 259 TB: Haupttat durch A (+), vgl. o. (-), da B selbst (s.o.) und nicht „ein anderer“ den Porsche gestohlen hat Bestimmen (+) doppelter Anstiftervorsatz (+) VIII. § 263 gegenüber und zu Lasten des A TB: Täuschung (+): über die Tatsache, dass dem C ein Teilbetrag von 10.000 EUR aus dem Verkauf zustünde Irrtum (+) RW, SCH (+) Strafbarkeit des D I. Vermögensverfügung: • Nichtgeltendmachen weiterer 5.000 EUR, die dem A bei gleicher Aufteilung zugestanden hätten, grundsätzlich (+) • Problem: gehörten diese 5.000 EUR zum geschützten Vermögen des A? * Wirtschaftlicher Vermögensbegriff: alle und nur wirtschaftlich wertvolle Positionen * Juristischer Vermögensbegriff: alle und nur subjektive Rechte * Juristisch/ökonomischer Vermögensbegriff: nur aber nicht alle wirtschaftlich wertvollen Positionen (Problem der Ausgrenzung: bei fehlender rechtlicher Billigung der Vermögensposition (aM) bzw. bei rechtlicher Missbilligung (hM) * Ö hier: Verkauf des gestohlenen Autos im Rahmen des „Betrugsplans“ sittenwidrig (§ 138 I: Umstandssittenwidrigkeit), da alle Beteiligten die Tatsachen, auf die sich die Sittenwidrigkeit stützen lässt, kennen [A geht von „Versicherungsbetrug“ aus] bzw. grob fahrlässig nicht kennen [D]; Anspruch auf Zahlung der 5.000 EUR Erlösanteil daher ebenfalls nicht nur recht–7– § 259 TB: Sache, die ein anderer gestohlen hat (+) ankaufen oder sonst sich oder einem Dritten verschaffen: • Übertragung der tatsächlichen Verfügungsgewalt am Porsche (+) • Im Einvernehmen mit dem Vorbesitzer (+) Vorsatz (+), da D zumindest billigend in Kauf nahm, dass der Porsche gestohlen worden war Bereicherungsabsicht: D wollte sich um die Differenz zwischen Kaufpreis und Marktwert bereichern (+) RW/Sch: (+) II. § 263, 22, 27 (Beihilfe zum versuchten Betrug zu Lasten der X) ? vertretbar: es fehlt schon an einem versuchten Betrug gegenüber X, zu dem D Hilfe leisten könnte [falls oben ein versuchter Betrug des A gegenüber X abgelehnt worden ist]; Vorstellung des D allein genügt insoweit nicht, da nur straflose versuchte Beihilfe –8– jedenfalls wurde ein eventueller versuchter Betrug nicht gefördert, da Porsche schon vorher versteckt war und es ohne Belang ist, ob er in Händen des A oder des D ist (a.A. vertretbar) 2. Teil: Strafprozessuale Zusatzfrage zu 1. Die Berufungshauptverhandlung findet vor einer (kleinen) Strafkammer des zuständigen Landgerichts statt (§ 74 III GVG). Die Kammer ist mit zwei Berufsrichtern und zwei Schöffen besetzt (§§ 76 I S. 1, III i.V.m. § 29 II GVG). Gesamtergebnis und Konkurrenzen A) §§ 263, 22 (+)/(-) zu 2. B) §§ 303, 25 I Var. 2; 242, 243, 25 I Var. 2; 263, 22 D) § 259; §§ 263, 22, 27 (+)/(-) Grundsatz: Zeugnisverweigerungsrecht nur gegenüber dem Angehörigen B, nicht gegenüber A Ausnahme aber, sofern (kumulativ) • mehrere Beschuldigte • prozessuale Gemeinsamkeit zwischen den Beschuldigten in irgendeinem Stadium des Verfahrens • Zeugnisverweigerungsrecht besteht gegenüber einem der Beschuldigten Ö dann ZVR auch gegenüber allen anderen Beschuldigten, da Aussage nicht „teilbar“ Dies aber nur solange, wie Verfahren gegen den Beschuldigten, gegenüber dem ZVR besteht, nicht endgültig abgeschlossen ist (Tod, rechtskräftige Verurteilung o.ä.) Ö hier Verfahren gegenüber B rechtskräftig abgeschlossen, daher kann für V mögliche Zwangslage nicht mehr bestehen Ö V ist daher zur Aussage verpflichtet –9– – 10 –