„Die Menschen konnten wir retten, die Jobs aber leider nicht“ Luxus
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„Die Menschen konnten wir retten, die Jobs aber leider nicht“ Luxus
Unia-Uhren-Chef Pierluigi Fedele zu den Richemont-Entlassungen: „Die Menschen konnten wir retten, die Jobs aber leider nicht“ Standhafte Belegschaften und die Unia verhindern in acht Fabriken der Luxusuhrengruppe Richemont mehr als 200 Entlassungen. Es funkelt glitzerglamourös, wenn das Haus Cartier, das zur Richemont-Gruppe gehört, seine Uhren preist. Etwa die „Anhängeruhr mit geheimnisvollem Doppeltourbillon, Handaufzug, 25karätigem Saphir, Diamanten“. Oder die „Rotonde de Cartier Erde und Mond“ (im Bild). Die Preise solcher Meisterwerke der Uhrmacherkunst erreichen leicht den 30fachen Monatslohn jener Frauen und Männer, die sie im Jura schaffen, über ihre Etablis gebeugt, die Lupe fest vors Auge geklemmt. Ein schwieriges Metier. Ein schöner Beruf. Ein knallhartes Geschäft. Als nun die Machthaber im fernen Peking die Korruption attackierten, das Wachstum in Asien schwächelte und die Schweizer Nationalbank den Franken aufblähte, spürte Cartier eine Umsatzflaute. Auch bei Piaget, quasi nebenan, und hinten im Vallée de joux VD, bei Vacheron Constantin, registrierten die Manager sinkende Verkäufe. Da befahl der Richemont-Konzern, dem die drei Edelmarken gehören, die Streichung von 300 Stellen in der Schweiz. Jobs gegen Devisen Die Gewerkschaft Unia reagierte rasch. Pierluigi Fedele, für die Uhrenindustrie zuständig, forderte „den Erhalt von möglichst allen Arbeitsplätzen“. Denn Richemont geht es gut: Der Genfer Konzern ist weltweit die Nummer drei der Luxusgüterindustrie (Schmuck, Uhren, Kleider, Schreibgeräte, Parfums, Edelleder). In diesen Tagen wird Richemont einen Reingewinn von vermutlich über 1,3 Milliarden Franken bekanntgeben. Ende 2015 verfügte die Gruppe über Bargeldreserven von 5,6 Milliarden, und an der Zürcher Börse wiegt sie weit über 40 Milliarden. Zu Richemont gehören neben Cartier, Piaget und Vacheron auch Montblanc, IWC, Ralph Lauren, Baume et Mercier, Dunhill, Jaeger-Le Coultre, Purdey und etliche weitere Dealer des schönen Lebens. Stellenabbau trotz hohen Dividenden für die Aktionäre? Richemont-Besitzer Johann Rupert aus Stellenbosch, Südafrika, und Zug, Schweiz, hat sein Handwerk bei US-Banken gelernt. Doch nun erfuhr Rupert Widerstand. So kamen etwa bei Vacheron Constantin 240 der 270 Angestellten an die Betriebsversammlung gegen die Massenentlassung. In der Uhrenindustrie hat die Gewerkschaft traditionell einen hohen Organisationsgrad. Die Proteste wirkten. Luxusfirmen sind empfindlich, wenn es um ihr Bild in der Öffentlichkeit geht. Die Verhandlungen wurden für jeden der acht Standorte der drei Firmen geführt. Am Ende stehen jetzt „weniger als 100 Entlassungen“ (Unia). Industriepolitik Rund 50 Arbeitende werden mit voller Rente frühpensioniert, rund 150 bekommen neue Stellen, oder sie können eigene Wege gehen. Zu den gleichen Bedingungen, wie der Sozialplan für die Entlassenen vorsieht: mit bis zu 18 Monatslöhnen, je nach Dauer der Betriebszugehörigkeit. Und für künftige Firmengründerinnen und -gründer gibt es einen Bonus von 10‘000 Franken. Cartier würde gerne weiterfunkeln. Unia-Mann Fedele aber hegt gemischte Gefühle: „Die Menschen konnten wir retten, die Jobs der Uhrenindustrie nicht.“ Er fordert endlich eine wirksame Industriepolitik. Und besseren Kündigungsschutz. Image ist alles Luxus luxurlös Eine Zahl spricht Bände: Jeder und jede Angestellte von Richemont macht für den Konzern 417‘900 Franken Umsatz. Da war für Unia-Mann Pierluigi Fedele klar: „Es ergab keinen Sinn, wie bei anderen Industriebetrieben über Kostensenkungen zu verhandeln. Die Massenentlassung war eine reine Finanzoperation. Hohe Margen sind typisch für die Luxusgüterindustrie. Sie dienen dazu, gigantische Marketingaufwendungen zu finanzieren (eigene Boutiquen, Werbung mit globalen Stars, Sport- und Kultursponsoring, Stiftungen). Image ist in der 280Milliarden-Dollar-Branche alles. Ein Blick auf die Internetseite von Cartier genügt. Kriegskasse Zudem muss die Kriegskasse für den rasenden Konzentrationsprozess gut gefüllt sein. Im vergangenen Oktober fusionierte Richemont zwei Onlinehandelsportale für Luxusgüter. Jetzt stieg Mohamed Alabbar, der mächtigste Händler im Nahen Osten, mit 100 Millionen in das Portal ein. Und Richemont holte sich den früheren TopComputerhacker Jeff Moss von der US-Homeland Security in den Verwaltungsrat. Oliver Fahrni. Work, 20.5.2016. Personen > Fahrni Oliver. Richemond SA. Entlassungen. Work, 2016-05-20