Mit welcher Software Kernprozess steuern?
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Mit welcher Software Kernprozess steuern?
FOTO: SG- DESIGN, FOTOLIA 36 TOURENPLANUNG MIT IT-TOOLS Mit welcher Software Kernprozess steuern? DIE TOURENPLANUNG IST FÜR DIE AMBULANTE PFLEGE EINE DER WICHTIGSTEN STEUERUNGSMÖGLICHKEITEN FÜR DIE WIRTSCHAFTLICHKEIT. IT-TOOLS MACHEN EFFEKTIVES STEUERN ERST MÖGLICH UND VEREINFACHEN DEN PROZESS – VORAUSGESETZT DER PFLEGEDIENST SCHÖPFT DIE TECHNISCHEN MÖGLICHKEITEN AUCH AUS. EIN MARKTÜBERBLICK. Von Alexander Cito Aufenacker I T ist bei Stammdatenpflege, Verordnungsmanagement, Dienst-/ Einsatzplanung, Tourenwirtschaft, Fahrzeug- und Routenplanung, Abrechnung, Statistiken und Controlling aus der ambulanten Pflege nicht mehr wegzudenken. Anbieter von Softwareprodukten für ambulante Pflegeeinrichtungen sind der Meinung, dass mittlerweile weit über 80 Prozent aller Dienste aus Privatwirtschaft, Wohlfahrt und kommunaler Trägerschaft den Wechsel von der Stecktafel zum IT-System vollzogen haben – nicht zuletzt auch wegen des DTA-Verfahrens mit den Kassen. Die Anbieter dieser IT-Systeme haben sich den Marktanforderungen gestellt und sich kontinuierlich weiterentwickelt. Beispielhaft sei hier die vorbildliche Vorbereitung auf das Pflege-Neuausrichtungsgesetz (PNG) genannt: Fast alle guten, namhaften Systemanbieter haben sich frühzei- tig mit den Veränderungen auseinandergesetzt und ihre Softwareprogramme entsprechend angepasst – und den Kunden daraufhin Updates und Schulungen angeboten. Daher können auch diese Anbieter eindeutig als Gewinner des PNG bezeichnet werden. 2013 scheint für viele sogar umsatztechnisch ein Rekordjahr zu werden – wer sich heute für ein System bei den „Guten“ entscheidet, kann sich glücklich schätzen, zeitnah noch eine Systemumstellung zu erfahren. Woran erkennt man aber einen guten Anbieter? Viele Pflegedienste arbeiten noch mit selbst programmierten Exceltabellen. Doch gut zehn nennenswerte Softwareanbieter sind mit einer Branchensoftware am Markt – fünf davon sind aus Autorensicht als sehr gut und am Markt dominant einzustufen. Aber nicht alle passen auch automatisch zu jedem HÄUSLICHE PFLEGE | 09.2013 TOURENPLANUNG MIT IT-TOOLS 37 Die meisten Anbieter haben ihre Software entlang des Kundenprozesses orientiert, beginnend bei der Angebots-, Vertragsgestaltung, über die Eingabe aller relevanten Kundeninformationen , über Pflegeplanung, Personaleinsatzplanung, -einsatz und Tourenwirtschaft bis hin zur mobilen Datenerfassung, Abrechnung und Rechnungsstellung – bei Bedarf auch samt Factoring. Die nahtlos ineinandergreifenden Funktionen gewährleisten einen ökonomischen Einsatz aller unternehmerischen Ressourcen. Pflegedienst – jeder Pflegedienst hat eigene Anforderungen an ein Softwareprodukt. Bei einer Systemauswahl sind daher vorab entscheidende Faktoren zu klären: • Handelt es sich um einen Systemwechsel oder um eine Erstinstallation? Der Trend geht mehr zur Ablöse als zur Erstinstallation. Der Markt scheint demnach quasi gesättigt. • Welche Geschäftsmodelle werden mit der ambulanten Pflege verbunden und sollen im System berücksichtigt werden (stationär, teilstationär, Essen auf Rädern, Kurzzeitpflege, Tagespflege, Hauswirtschaftliche Versorgung)? • Soll klein begonnen werden, oder soll gleich ein Komplettpaket angeschafft werden (beispielsweise inklusive Einsatz mobiler Geräte für Zeiterfassung, Pflegedokumentation etc.)? • Soll die IT zentral oder dezentral installiert sein, also am Hauptstandort oder in jeder Geschäftsstelle einzeln, beziehungsweise sollen Einzelarbeitsplätze oder ein Terminalserver eingesetzt werden? • Welches Budget steht zur Verfügung? Wie soll die Finanzierung erfolgen – Leasing oder Kauf? Fragen Sie Ihre PDL regelmäßig, welche Auswertungen und Tools genutzt werden und was aus Zeitmangel noch nicht vertieft wurde. Bei der Preisfindung der Anbieter ist die Größe eines Pflegeunternehmens, gemessen an der Anzahl Kunden und Mitarbeiter, die am häufigsten angewandte Messmethode. MOBILE LÖSUNGEN VERBESSERN DIE EFFIZIENZ Vor der Auswahl eines Softwareproduktes sollte der Pflegedienst wissen, was genau er möchte. Viele Anbieter bieten gerne das Komplettpaket an, das heißt Software zuzüglich mobiler Endgeräte. An dieser Stelle sei zur sorgfältigen Abwägung angeraten, denn es muss vorher sichergestellt sein, dass der Pflegedienst auch fit und reif für eine Komplettumstellung ist. In der Praxis findet man viele Einrichtungen mit funktionierender Software, jedoch mit Prozessproblemen in der effektiven Anwendung der MDA Geräte. Oft reichen im ersten Schritt die PC-Software und die damit verbundenen Lizenzen aus. Die mobilen Endgeräte könnten bei allen Anbietern in einem zweiten Schritt eingeführt werden. Dennoch: mobile Geräte, wie MDA oder Pad, können einen wichtigen Beitrag zur Amortisation einer Systemeinführung leisten und die Effizienz in den Verwaltungsabläufen wie im Controlling entscheidend verbessern. HÄUSLICHE PFLEGE | 09.2013 Warum aber läuft es bei vielen Pflegediensten nicht so rund, wie von den Entscheidungsträgern gehofft, von den Softwareanbietern geplant und auch großteils geschult? Und warum kommen viele Möglichkeiten Der Soll-Ist-Vergleich verbindet Planung, Erfassung und Abrechnung. Leitungskräfte sollten ihn täglich kontrollieren, um den Pflegedienst zu steuern. und hilfreiche Tools nur rudimentär zum Einsatz? Aus externer Sicht und vielfacher Begleitung bei der Einführung oder beim Wechsel von Systemen wurde erklärbar: 1. Bei der Einführung der Software kann man sich schon einmal aufgrund der Vielzahl an Möglichkeiten leicht überfordert fühlen. Die Systeme scheinen mit Eingabemasken, Auswertungen, Statistiken zwar im ersten Schritt noch übersichtlich, oft aber für die Anwender überladen. Hier die dringende Empfehlung an Pflegdienste, zu Beginn in Einführungen und Lehrgänge zu investieren, Zuständigkeiten im Umstellungsprozess festzulegen und die (teilweise sehr guten) Servicehotlines der Anbieter in Anspruch zu nehmen. Oft wird aber an den Schulungen gespart und auf „learning by doing“ gesetzt. Diese eher gängige Praxis verschärft das Problem, dass nur 38 TOURENPLANUNG MIT IT-TOOLS > Der entscheidende Vorteil der ITgestützten Tourenplanung ist die direkte Auswertung, ob die geplante Tour im „Ist“ bestimmte Bereiche vertieft und andere wiederum weggelassen werden. 2. Das Problem liegt oft auch vor dem Computer begründet. Die Systemauswertungen für das Controlling und Statistiken basieren fast immer auf Excel. Das beherrscht allerdings nicht jeder. Somit bleiben die vorgefertigten Auswertungen, Exports und Vergleiche ungenutzt. 3. Leitungskräfte werden vom Management mit dem Werkzeug zu oft alleingelassen. Es ist wichtig, die PDLs regelmäßig zu fragen, welche Auswertungen und Tools genutzt werden und was aus Zeitmangel noch nicht vertieft wurde. 4. Mit dem Einsatz muss auch geklärt werden, wer sich welchen Aufgaben widmet beziehungsweise wer welche Kompetenzen erfährt – wer macht was, und wer macht was nicht? Oft ist es sinnvoll, die Aufgaben zwischen PDL, der Stellvertretung und Verwaltung zu verteilen und Kompetenz zu delegieren. Der Kern der Softwareprodukte und eine der wichtigsten Steuerungsmöglichkeiten für die Wirtschaftlichkeit eines Pflegeanbieters ist die Tourenwirtschaft. Hier werden die Kunden den jeweiligen Tagestouren zugeordnet – optisch angelehnt an die klassische Stecktafel, per drag and drop leicht zu bedienen. Dennoch kann man die IT-Tourenplanung bei weitem nicht der Stecktafel vergleichen. Der entscheidende Vorteil liegt nun in der direkten Auswertung, ob die geplante Tour im „Ist“ bereits kostendeckend ist. Hier unterscheiden sich die Anbieter eigentlich nur optisch (farblich) und strukturell voneinander. Die meisten Anbieter haben die Touren längs, wenige quer angelegt (zum Beispiel profsys). Vor Inkrafttreten des PNG nutzten nur wenige Dienste die Möglichkeit, während der Planung schon die Wirtschaftlichkeit zu betrachten – was SOLL-IST-VERGLEICH Ein Soll-Ist-Vergleich ist auf zweierlei Wege möglich: • über die tägliche Kontrolle der Rückläufe der Tagestourenzettel • oder über die automatisch gelieferten Istwerte über mobile Endgeräte (MDAs, Smartphones). • Beide Wege zeigen den Unterschied zwischen den von der Leitung geplanten Touren (Soll) und der täglichen Wirklichkeit (Ist) der Mitarbeiter beim Kunden auf. Problem: In Diensten „mit Papier“ werden die Tourenrückläufe oft in Postfächern abgelegt, welche die Leitungen zeitnah auswerten sollen – wozu es aber oft aus tagesaktuellen, wichtigen Gründen nicht kommt. Diese tägliche Aufgabe ist zeitintensiv aber wichtig und lohnenswert! Lösung: MDA-Geräte bringen hierbei eine Effizienzsteigerung, weil keine weiteren Eingaben erforderlich sind. Aber auch hier muss der Prozessschritt der Überwachung zeitlich klar, fix und täglich sein. FOTO: FOTOLIA/PICTURE-FACTORY bereits kostendeckend ist. sicherlich an der detaillierten zu erstellenden Vollkostenkalkulation pro Mitarbeiter oder Qualifikationsgruppe liegt. Durch die für die Verhandlungen mit den Kassen notwendige Zeitwertkalkulation wurden diese Hausaufgaben je Bundesland separat gemacht. Viele Dienste nutzen nun diese Richtwerte für ihre Kostenkalkulation und haben die jeweiligen Stundensätze für Pflegefachkräfte, Pflegekräfte und ungelernte Kräfte in ihren Systemen – bei vivendi zum Beispiel unter Mitarbeiter/ Stammdaten/Beschäftigungsverlauf oder bei medifox unter Einstellungen/Personaleinsatzplanung/Qualifikationen hinterlegen. KALKULATORISCHE STUNDENSÄTZE HINTERLEGEN Wenn sich Ihnen jetzt Fragen stellen – Sie also diese Werte weder erfasst noch im System hinterlegt haben, ist es nun an der Zeit, den Artikel wegzulegen und sowohl mit der Finanzbuchhaltung als auch mit der Servicehotline des Softwareanbieters in den Austausch zu gehen. Denn ohne diese Funktion arbeiten Sie noch mit der Stecktafel – nur am PC! Wenn Sie die Zeiten mit kalkulatorischen Stundensätzen hinterlegt haben, dann achten Sie darauf, dass die Kalkulation stets geöffnet über den Tagestouren erscheint. Dienste mit vielen defizitären Touren, also rot markierten Deckungsbeiträgen, neigen dazu, die Anzeige auszublenden. Bei einem Anruf bei der Servicehotline sollte Wert darauf gelegt werden, dass Ihre Fragen zeitnah beantwortet werden. Unangenehm sind stark verzögerte Rückrufe deshalb, weil man sich oft längst wieder anderen Dingen widmen musste der Rückruf einen dann bei dieser anderen Tätigkeit stört. Jede Leitungskraft sollte einen konstanten Draht zur Hotline pflegen: Die direkte Hilfe am Bildschirm lehrt vieles unkompliziert. HÄUSLICHE PFLEGE | 09.2013 TOURENPLANUNG MIT IT-TOOLS 39 Mobile Geräte können einen wichtigen Beitrag zur Amortisation einer Systemeinführung leisten und die Effizienz in den Verwaltungsabläufen wie im Controlling entscheidend verbessern. Die meisten Softwareprodukte zeigen in tabellarischen Formen eine Gegenüberstellung von geplanten Einsatzzeiten (Sollplanung) und den Echtzeiten (Istrücklauf). Die Ausreißer werden farblich beziehungsweise mit Hilfe von Symbolen markiert (zum Beispiel bos&s). Die PDL kann nun diese Informationen nutzen und handeln. Kaum ein Anbieter nutzt diese Informationen für eine visuell ansprechende Gegenüberstellung der Sollplanung mit den Istrückläufen. Nach Kenntnis des Autors hat einzig snap aktuell diese Informationen mit Hilfe einer Deckungsbeitragsrechnung so verarbeitet, dass man tages- und tourengenau sehen kann, ob sich eine Tour oder ein Tag rechnet. Ist der Istwert über 100 Prozent, so war diese Tour beziehungsweise dieser Tag kostendeckend. Ein sehr wertvolles Controllinginstrument für Management und Leitungsteam! Dies haben auch viele andere Anbieter erkannt und gehen mit Updates auf diesen Kundenwunsch ein (beispielsweise medifox „Controlling, Umsatz V“). Ergebnisorientierte Tourenplanung ist unter anderem Bestandteil des Titelthemas Leistungsmanagement in Häusliche Pflege 10/2013. Wie Sie Ihren Pflegedienst anhand von Kennzahlen effektiv steuern, lesen Sie in Häusliche Pflege 11/2013. Arbeitet Ihr Pflegedienst wirtschaftlicher, seitdem Sie Ihre Touren IT-gestützt planen und auswerten? Diskutieren Sie das Thema mit uns auf XING in der Fachgruppe Häusliche Pflege von Vincentz: www.xing.com/net/ ALEXANDER CITO AUFENACKER SOFTWAREANBIETER IM ÜBERBLICK Wenn Sie sich nicht sicher sind, welche Software zu Ihrem Pflegedienst passt, dann lohnt ein Blick auf die Internetseiten der jeweiligen Anbieter – die Liste erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit: bosundsoftware.de, curasoft.de, comfuture.de (C2000), connext. de (vivendi), danprodukte.de, dm-edv.soft, dmrz.de, euregon.de (snap), heimbas.de, hycare.de, icsys.de (profsys), managingcare.de (c&s), medifox.de, optada-gruppe.de (eva), sinfonie.de, sosoft.sozial software.de, swing.info, systema.de (cgm sozial) Eine Marktübersicht der Softwareanbieter finden Sie im Branchenführer Altenhilfe: www.marktundpartner.net Wie in jeder anderen Branche entscheidet auch im Pflegedienst das Verhältnis von geplanten zu erfassten Leistungen über Gewinn oder Verlust. In den meisten Softwareprodukten stellt der Soll-Ist-Vergleich das Bindeglied zwischen Planung, Erfassung und Abrechnung dar. Der Soll-Ist-Abgleich ist ein kontinuierlicher Kernprozess, der durch die Leitungskräfte zeitnah zu gewährleisten ist. Denn nur durch die tägliche Kontrolle bleibt ein Dienst steuerbar und kann zum Beispiel zusätzlich erbrachte Leistungen abrechnen, neue Angebote erstellen, die Mitarbeiter für die Einhaltung der Vorgaben sensibilisieren, Zeiten korrigieren oder sogar streichen. Hier findet man sowohl auf Seiten der Pflegedienste als auch auf Seiten der Anbieter große Unterschiede (siehe auch Infokasten Soll-Ist-Vergleich links). HÄUSLICHE PFLEGE | 09.2013 > ist Inhaber der aufenacker unternehmensberatung, Hamburg, www.aufenacker.net > Kontakt: [email protected] FOTO: PRIVAT haeuslichepflege