Fitnessboxen - Fitnessboxing
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Fitnessboxen - Fitnessboxing
Bewegung Fitnessboxen Box dich fit! Ausdauer und Schnelligkeit trainieren, dazu Aggressionen und Stress abbauen: Fitnessboxen ist vielfältig und hat mit Ali, Tyson & Co. wenig zu tun. Grund genug, dass es sich jetzt zum Breitensport entwickelt. Grundpositio Die schwäch Hand ist vorn Text: Caroline Doka Fotos: Stefan Jermann Hair & Make up: Matteo Leone U m es gleich vorwegzunehmen: Fitnessboxen ist kein Box-Aerobic, bei dem man mit blossen Fäusten in die Luft schlägt und mit den Beinen auf einen imaginären Gegner kickt. Beim Fitnessboxen wird nämlich mehrheitlich gegen Widerstand geschlagen, Ablauf und Aufbau gleichen dem eines klassischen Boxtrainings. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer tragen im Training Boxhandschuhe und üben in Zweiergruppen verschiedene Schlagtechniken. Eine schweisstreibende 22 Actilife Mai 2008 Teilnehmerin: Isabella Wirz trainiert seit sechs Monaten Fitnessboxen. eilnehmerin: sabella Wirz trainiert seit chs Monaten itnessboxen. Sache, die nicht nur den Körper, sondern auch den Kopf fordert. Klubschule Migros Zürich-Limmatplatz, Freitagabend. Der verspiegelte Trainingsraum im vierten Stock füllt sich, Frauen sind leicht in der Überzahl. Darunter ist auch Isabella Wirz. Vor einem halben Jahr hat die Adliswilerin mit Fitnessboxen begonnen und ist begeistert. «Ich hätte nie gedacht, dass mich dieser Sport derart fordert und mir so unglaublich viel Freude macht.» Zum Weiterplaudern reicht die Zeit aber nicht mehr – schon gehts los mit einem zehnminütigen Aufwärmen. Instruktor Ivo Furrer gibt die Übungen vor: eine Minute Gelenke kreisen, zwei Minuten Seilspringen, fünfzig Rumpfbeugen. Ganz schön anstrengend, und zum Verschnaufen bleibt kaum Zeit. Es folgen weitere zwei Minuten Seilspringen, ein paar Übungen zur Stärkung der Schulter- und Rückenmuskulatur und zum Abschluss noch einmal zwei Minuten Seilspringen. «Aufwärmen ist wichtig», sagt der Hochschul-Sportlehrer. «Die Bewegungen im Boxen sind sehr explosiv. Wenn die Muskeln nicht warm sind, riskiert man eine Zerrung.» Nach der Aufwärmphase kommen die Boxhandschuhe zum Einsatz, die im Geräteraum aufbewahrt werden. Darunter tragen alle aus Hygienegründen ihre persönlichen baumwollenen Innenhand- Grundposition: Die schwächere Hand ist vorn. bin ich “soNie fit wie nach dem Boxen!” Springseil: Aufwärmen ist Pflicht. schuhe. Kopf- und Zahnschutz sind nicht nötig, da ausschliesslich kontrolliert und gezielt in die Innenfläche der Boxhandschuhe des Gegenübers geschlagen wird. Für die erste Übung des boxspezifischen Techniktrainings gesellen sich alle zu einem Partner. Nach jeder Übung wird wieder gewechselt; der Sandsack kommt nur bei ungerader Teilnehmerzahl zum Einsatz. Isabella Wirz übernimmt zuerst den aktiven Teil, sie ist mit Boxen dran. Die Telefonistin baut sich ihrem Trainingspartner gegenüber auf, die stärkere Körperseite eine Fusslänge nach hinten versetzt, die Beine nicht ganz durchgestreckt. Actilife Mai 2008 23 Bewegung Fitnessboxen Die geballten Fäuste nimmt sie vors Gesicht, die schwächere Hand ist dabei etwas weiter vorne als die stärkere. «Mit der vorderen, also der schwächeren Hand wird häufiger geschlagen», erklärt Ivo Furrer. «Die hintere Hand ist die Schlaghand, sie hat mehr Kraft. Durch die leicht versetzte Haltung legt sie einen längeren Weg zurück, was eine grössere Schlagkraft mit sich bringt.» Inzwischen hat das Gegenüber von Isabella Wirz die Boxhandschuhe mit den Innenflächen nach vorn auf Schulterhöhe positioniert. Die 25-Jährige tänzelt mit den Beinen und schlägt dann blitzschnell zu. Ihre rechte Faust in des Partners Linke, ihre Linke in des Partners Rechte. Bei jedem Aufprall erklingt ein satter Ton. Links, rechts, links, rechts – eine einfache Übung, aber die hohe Kadenz der Schläge strengt an. Da die Arme die meiste Zeit im Einsatz sind, werden Arm-, Rücken-, Nackenmuskeln am stärksten beansprucht, aber auch Bauch und Po werden trainiert. Und durch die boxtypische tänzelnde Bewegung auf dem Vorfuss wird die Bein-, Waden- und Fussmuskulatur ebenfalls beansprucht. «Fitnessboxen ist ein ausgezeichnetes Ganzkörpertraining, bei dem Kraft, Schnelligkeit, Reaktion, Ausdauer und Koordination gefördert werden», weiss der Instruktor. Nach zwanzig Schlägen wird getauscht. Nun präsentiert Isabella Wirz ihrem Partner auf Schulterhöhe die Handflächen ihrer Handschuhe. Nicht 24 Actilife Mai 2008 dass sie sich jetzt ausruhen könnte. Weit gefehlt. «Die Schläge des Gegenübers zu halten ist ähnlich anstrengend wie das Schlagen selbst», sagt sie. Die Adliswilerin hatte sich das Fitnessboxen lockerer vorgestellt. Mehr wie eine Art Aerobic. «Ich hätte nicht gedacht, dass man in diesem Kurs die Boxtechnik lernt», sagt sie. «Fitnessboxen ist eine gesunde Mischung aus Körperbeherrschung, Verteidigung, Ausdauer und Schnelligkeit. Dabei lachen wir viel und können wunderbar Dampf ablassen.» Fitnessboxen kann jede und jeder lernen, spezielle Vorkenntnisse sind nicht nötig. Allerdings ist eine gewisse Ausdauer für das schweisstreibende Training von Vorteil. Der Instruktor zeigt die Grundtechniken und wirft stets ein Ich gehe “dank dem Training aufrechter, habe mehr Selbstvertrauen. ” wachsames Auge auf die Einzelnen. Weil man gegen einen Widerstand boxt, spüren allerdings alle auch selbst, ob sie das Gezeigte richtig anwenden. Eine saubere Technik erlaubt, schon mit minimalem Kraftaufwand hart zuzuschlagen. «Wer plötzlich über eine höhere Schlagkraft verfügt, ist nicht von einem Moment auf den nächsten kräftiger geworden», sagt Ivo Furrer, «sondern hat technische Fortschritte gemacht.» Inzwischen wurde die Komplexität der Übungen gesteigert. Jetzt werden sieben verschiedene Abfolgen verlangt: zwei Geraden, ein Aufwärtshaken, zwei Seitwärtshaken, noch eine Gerade zum Kopf und abschliessend ein Aufwärtshaken mit der anderen Faust. Zwanzigmal hintereinander. Dies strengt nicht nur körperlich an, sondern ist auch ein hartes Stück Kopfarbeit. Um Unfälle durch Unachtsamkeit zu vermeiden, fordern die Übungen von allen Teilnehmenden zu jedem Zeitpunkt volle Konzentration. Allerdings sei die Gefahr, einen Hieb einzustecken, sehr gering, relativiert Ivo Furrer. «Verletzungen hatten wir in den Kursen noch keine.» Unterrichtet wird streng nach Lehrbuch. In einer ersten Phase die Deckung, danach Schlaghärte und Schnelligkeit. Anfangs werden vor allem Angriff und Verteidigung trainiert, etwas später kommt der spielerische Zweikampf dazu, an dem Fitnessbox-Fan Isabella Wirz besonders viel Spass hat. Kann man von diesem Training auch im Alltag profitieren? Ivo Furrer nickt. «Wer ein halbes Jahr Boxen trainiert hat, wird entschiedener und kann im Notfall zuschlagen.» Auch Isabella Wirz fühlt sich stärker und besser gewappnet durch ihr Boxtraining. «Ich gehe aufrechter und habe mehr Selbstvertrauen», erzählt sie. «Und ich denke, dass ich zuschlagen würde, wenn ich angegriffen würde.» Nötig war das bis jetzt zum Glück noch nie. Der Schweiss rinnt der jungen Frau aus allen Poren, die Arme wollen gegen Ende der Stunde bei den langen Boxserien fast nicht mehr oben bleiben. «Aber wenn die anderen durchhalten, kann ich das auch», motiviert sich die 25-Jährige selbst und macht weiter. Das Training in der Gruppe ist für sie zusätzliche Motivation. Für die Telefonistin steht dabei der Spass im Vordergrund, sie freut sich aber auch über die durchaus positiven Nebeneffekte wie eine bessere Kondition und einen strafferen Körper mit trainierten Muskeln. Die Stunde geht zu Ende, die Boxhandschuhe werden abgestreift, zum Ausklang wird gedehnt. Müde? Von wegen! «Herrlich ausgepowert und freigeboxt», sagt Isabella Wirz und lacht. «Nie bin ich so fit wie nach dem Boxen! Ich gehe voller Energie ins Wochenende.» Mehr zum Thema www.actilife.ch Fitnessboxen “Das Schlagen baut Stresshormone ab.” Michael Knobloch, Facharzt für Sportmedizin in Zürich, über die gesundheitlichen Aspekte des Fitnessboxens. nicht nötig, man sollte aber doch eine gewisse Ausdauer mitbringen. Zudem sollte man sich von einem qualifizierten Trainer in der Sportart instruieren lassen. Ist Fitnessboxen eigentlich gesund? Fitnessboxen stärkt einerseits durch seine hohe Ausdauerkomponente das Herz-Kreislauf-System, andererseits wird eine Vielzahl von Muskelgruppen beansprucht, und die Kraftausdauer wird verbessert. Neben der positiven Wirkung auf das Reaktions- und Koordinationsvermögen führt es durch eine mögliche Gewichtsabnahme auch zu einer Optimierung des Körpergewichts. Auch zur psychischen Entlastung ist es geeignet. Durch das Schlagen werden Stresshormone abgebaut, positive Hormone aktiviert. Es wird mit einem Partner geboxt, ist das nicht gefährlich? Neben Sandsackboxen und Schattenboxen werden Partnerübungen ohne Wettkampf betrieben. Wenn diese Übungen durch einen qualifizierten Fitnesstrainer instruiert werden, sind sie sicherlich ungefährlich. Worauf muss man beim Fitnessboxen achten? Wie bei jeder Sportart ist ein gezieltes Aufwärmtraining wichtig. Eine spezielle Vorerfahrung ist zwar Für wen ist Fitnessboxen nicht geeignet? Im Prinzip ist das Training für Menschen jeden Alters geeignet. Weil Fitnessboxen jedoch relativ anstrengend sein kann, sollten sich Neueinsteiger ab 35 Jahren sportärztlich untersuchen lassen. Schwangere Frauen, Menschen mit rheumatischen Erkrankungen oder Gelenkabnützungen sollten zudem auf das Boxen eher verzichten. Fitnessboxen: Worauf es ankommt Ivo Furrer, Instruktor Fitnessboxen an der Klubschule Migros Zürich, Hochschul-Sportlehrer und Inhaber Fairplay Fitnessund Kampfsportstudio in Zürich (www.fit4fight.ch), erklärt, was man über Fitnessboxen wissen sollte. • Fitnessboxen ist Fitness und Selbstverteidigung in einem. Es fordert ein Höchstmass an Selbstbewusstheit und eignet sich ideal als Breitensport. • Im Unterschied zum Boxen arbeitet man beim Fitnessboxen nur mit kontrollierten Treffern. Der gemeinsame Fortschritt steht im Vordergrund. boxen für alle von fünf bis siebzig Jahren. Als sehr gutes Rücken- und Nackentraining ist es ein idealer Ausgleich für Menschen, die den ganzen Tag sitzen. • Die Gesundheit des anderen wird immer über das eigene Ego gestellt. Ein Verhalten, das zu Verletzungen führt, wird nicht toleriert. • Auch Jugendliche sind vom Fitnessboxen fasziniert. Sie können sich auf eine gesunde Art messen und spüren dabei ihren Körper. Aggressionen und Stress können dosiert abgebaut werden. • Wenn der Kursleiter gut ist, eignet sich Fitness- Actilife Mai 2008 25