Urinanalytik - in der Universitätsmedizin Greifswald
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Urinanalytik - in der Universitätsmedizin Greifswald
Klinische Chemie (Übung) Humanbiologie 2012 Urindiagnostik Cornelia Müller, Universitätsmedizin Greifswald KöR Institut für Klinische Chemie und Laboratoriumsmedizin, Funktion der Nieren • Regulation: Wasser- u. Elektrolythaushalt, Säure-Basen-Gleichgewicht Kalzium u. Phosphatstoffwechsel • Produktion von Harn mit Exkretion harnpflichtiger Substanzen. • Aktivierung der Erythropoese Regulation des Blutdruckes. Damit nehmen die Nieren eine zentrale Rolle im Stoffwechsel des Menschen ein. Vokabeln Diurese Polyurie Ausscheidung von Harn Menge über 2800 ml/ 24h Pollakisurie häufiger Harndrang Miktion Blasenentleerung Algurie schmerzhafte Blasenentleerung Dysurie erschwerte (schmerzhafte) Blasenentleerung gesteigertes Durstempfinden Oligurie < 400 ml/ 24h Anurie < 100 ml/ 24h Polydipsie Nykturie vermehrtes (!) nächtliches Wasserlassen Diabetes insipidus Isosthenurie Störung der Diurese durch verminderte Wasserrückresorption Nierenstarre, aufgehobene Konzentrationsfähigkeit der Niere, Fixierung des spezifischen Gewichts bei ca. 1010 g/l Urin-Analytik bei Verdacht auf Nierenerkrankung Urin: Makroskopische Beurteilung Bestimmung der GFR Urin-Teststreifen Evtl. weitere Analytik Kreatinin (Serum bzw. Plasma) - aus Abbau von Kreatin-Phosphat und Kreatin - Kreatin-Phosphat = Energiespeicher des Muskels - ca. 1-2% des Muskelkreatins werden täglich zu Kreatinin abgebaut renale Ausscheidung Abhängigkeit von der Muskelmasse - Nahrungsabhängigkeit (Fleisch) - erniedrigte Kreatinin-Werte: beginnender Diabetes, Schwangerschaft, Untergewicht, - Meßmethode : Jaffé-Methode: Methode ist störanfällig (einige Medikamente falsch hoch) - Wird frei glumerulär filtriert, wird nicht rückresorbiert - Urin-Konz.: Maß für die Harnkonzentration - Serum-Konzentration: Anzeiger für die Funktion der Niere aber… Kreatinin Serum-Konzentration - Anzeiger für die Funktion der Niere? Creatinin-blinder Bereich: Kreatinin steigt erst bei stärkerer Nierenfunktionseinschränkung an: - normale Filtrationsmenge der Niere: etwa 125 ml (= 1/8 l)/min - erst bei Einschränkung der glomerulären Filtrationsleistung auf < 50 %: Anstieg der KreatininKonzentration im Blut Zur Früherkennung von Nierenschäden ist Kreatinin nicht geeignet. Kreatinin-Clearance 2 Kreatinin [ml / min ] = Urinkreatinin [µmol / l ]× Urinvolumen [ml ] × 1,73 [m ] Serumkreatinin [µmol / l ]× Sammelzeit [min ] KO [m 2 ] Clearance - Kreatinin-Clearance korreliert mit der Körperoberfläche (KO) - KO kann mittels Körpergröße und -gewicht aus einem Nomogramm ermittelt werden - Faktor 1,73 [m2] entspricht einer standardisierten Körperoberfläche, auf diesen Wert sind die Referenzbereiche bezogen. Häufigste Fehlerquelle: Urinsammlung! Nomogramm zur Berechnung der KOF bei Erwachsenen aus Größe und Gewicht Analyse v. 17.1.2011 Patient: x.x., geb. 19.2.83, weibl. Meßwert MDRD-Formel (Modifikation of Diet in Renal Disease) GFR(ml/min) = 186 x Kreatinin i.S.-1.154(mg/dl) x Alter(a) -0,203 x 0,742 bei Frauen x 1,21 bei schw. Hautfarbe - 1999 aus Daten von 1628 Studienteilnehmern entwickelt. - Einbeziehung der Hautfarbe berücksichtigt erhöhte Muskelmasse bei schwarzafrikanischer Herkunft. - keine Angabe des Körpergewichts, da glomeruläre Filtrationsrate bezogen auf eine standardisierte Körperoberfläche von 1,73 m2 - ist bei Menschen mit moderater bis schwerer chronischer Nierenfunktionseinschränkung genauer als Cockcroft-GaultFormel und Kreatinin-Clearance. - Wert der MDRD-Formel bei Nierengesunden ist nicht geklärt - nicht bei Kindern, Alter >65Jahre, ausgeprägtes Über/Untergewicht Cockcroft-Gault-Formel (140-Alter [a])x Gewicht [kg] Kreatinin = x 0,85 bei Frauen Clearance 0,82 x Serum-Kreatinin [µmol/l] - 1973 entwickelt - Zu Grunde lagen die Daten von 249 Männern mit einer Kreatinin-Clearance zwischen 30 und 130 ml/min. - Ergebnis ist nicht auf die Körperoberfläche bezogen - Formel überschätzt die glomeruläre Filtrationsrate, da sie die tubuläre Sekretion nicht berücksichtigt. Cystatin C • niedermolekulares Protein aus 120 AS • wird von allen kernhaltigen Zellen in konstanter Rate produziert • wird glomerulär filtriert, nicht tubulär sezerniert, nicht extrarenal eliminiert • unabhängig von Geschlecht, Alter, Ernährung • keine Urinsammlung erforderlich • bisher keine Einflüsse von Infektionen, Tumorerkrankungen, exogenen Substanzen bekannt (Ausnahme: Glukokortikoide↑) • kein „blinder“ Bereich • sensitiver und zuverlässiger Marker der Nierenfunktion Aber: Bestimmung im Serum / Plasma sehr teuer Schätzung der GFR über den Cystatin C-Wert im Serum (nach Larsson): GRF (ml/min) errechnet = 74,835 / Cystatin C (mg/l) 1,333 Patient: X.X, geb. 1.3.1936, männlich Einheit Referenzbereich Meßwert Harnstoff • Indikationen: Diagnostik und Verlaufskontrolle der chronischen Niereninsuffizienz Kontrolle des Eiweißkatabolismus • abhängig von Proteinzufuhr, Proteinumsatz und Diurese • routinemäßige Parallelbestimmung neben Kreatinin ist nicht sinnvoll Laboranalytik bei Verdacht auf Nierenerkrankung Urin: Makroskopische Beurteilung Urin-Teststreifen Auswertung: visuell reflektionsphotometrisch 1. Urinprobe durchmischen 4. Abstreifen am Röhrchenrand Deckel immer schließen!! 2.Teststreifen entnehmen 3. Streifen eintauchen: max 1s 5. Abtupfen auf einem Papiertuch 6. Vergleich mit Ablesetafel nach 60s Streifen sind feuchtigkeitsempfindlich! Teststreifen Parameter klinische Bedeutung Besonderheiten Spezifisches Gewicht Relativierung der erhaltenen Parameter, Abschätzung des Hydratationszustandes und der Konzentrationsfähigkeit der Niere Falsch hoch: hohe Proteinmengen (> 1g/l) und Ketosäuren Glucose Früherkennung Diabetes mellitus Nierenschwelle: >180mg/dl oder 10mmol/l (Nachweisgrenze:ca. >50mg/dl) Falsch negativ: hohe Konzentrationen von Reduktionsmitteln Falsch positiv: Reste von Oxidantien (z.B. Reinigungsmittel) Ketonkörper Fettsäurenabbau bei Hungerzuständen, Mit Glukosenachweis: dekompensierter Typ I Diabetes Ohne Glukosenachweis: längeres Fasten Hungerzustände, bei hohes Fieber Urobilinogen Hinweis auf Lebererkrankungen bzw. Überlastung der Leberfunktion (vermehrter Hb-Abbau) Bilirubin Hinweis auf Leber- und Gallenwegserkrankungen Erythrozyten Hämoglobin Screening-Test für Blut, Hämoglobin oder Myoglobin (Harnwegsinfekte, Steine, Tumore, Herzinfarkt, schwere Intoxikationen, nach starker körperlicher Anstrengung) Positiv: >5-10 Erys/µl Ursache Klären! Falsch-negativ: durch Photolyse (langes Stehen ohne Lichtschutz), hohe Nitrit-Konz. Falsch-postiv: Antibiotika mit starker Eigenfarbe, (überfärben und stören), hohe Bilirubin-Mengen Falsch negativ: hohe Konzentrationen von Reduktionsmitteln (Ascorbinsäure), Falsch positiv: Reste von Oxidatien, (Reinigungsmittel), Cave:Menstruationsblut ! Parameter pH-Wert klinische Bedeutung Besonderheiten nicht zur Diagnostik von Säure-BasenHaushaltsstörungen: unspezifischer Suchtest für Harnwegsinfekte Nahrungsmittelabhängig: Alkalisch: vegetarische Ernährung Sauer: fleischreiche Kost, fasten, katabole Stoffwechsellage, hohes Fieber, Gicht - bei langen Transport- und Lagerzeiten Screening-Test für entzündliche Prozesse im Bereich der Niere/ Leukozy ableitende Harnwege ten Leukozyturie auch ohne Bakteriurie möglich, z.B. bei Intoxikationen Positiv > 10Lks/µl falsch negativ: hohe Glucose- u. Eiweissmengen, hohes spezifisches Gewicht, Antibiotika Konservierungsstoffe (Borsäure) falsch positiv: Konservierungsstoffe (Formaldehyd), Vaginalsekret, stark farbige Proben (Bilirubin) Nitrit Harnwegsinfekt-Diagnostik: positiv bei bakteriellen Infektionen mit gramnegativen Bakterien, ein negatives Ergebnis schließt einen Harnwegsinfekt nicht aus, da nicht alle Bakterien Nitritbildner sind Falsch negativ: starke Diurese (nitrirbildung benötigt > 4h), Antibiotika, Ascorbinsäure Falsch positiv: alter Urin (sekundäre KeimBesiedelung) Protein Proteinurie= wichtigstes Leitsymptom bei Nierenerkrankungen (glomeruläre und tubuläre Proteinverluste) Positiv: Albumin >150mg/l Mikroalbumie wird nicht erfaßt! niedermolekulare Proteine und Leichtketten werden nicht erfaßt Quantitative Überprüfung pathologischer Befunde erforderlich! Ausscheidungsmuster bei Proteinurien Plattenepithel Leukozyten, wenige Erythrozyten und Bakterien (Stäbchen) Hyaliner Zylinder - werden in den distalen Nierentubuli und den Sammelrohren gebildet - größtenteils aus Tamm-Horsfall-Protein - vereinzelt auch bei Gesunden - insbesondere nach körperlichen Anstrengungen und bei Proteinurie Pilze Plattenepithelien, Pilzfäden, einige Bakterien Harnsäurekristalle Oxalat-Kristalle Amorphe Ureate Tripelphosphat- Kristalle Praktikum: Station 1: Makroskopie Station 2 Harnstreifentest Station 3 Sedimentmikroskopie Station 4 Berechnung der Kreatinin-Clearance