1.1 Embryologie der Niere - content

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1.1 Embryologie der Niere
1.1.1 Einführung
Die Nieren entwickeln sich nach einem kranio-kaudalen Gradienten und es werden 3 Entwicklungsstadien durchlaufen:
1. Pronephros (Vorniere)
2. Mesonephros (Urniere)
3. Metanephros (Nachniere)
Die 3 Vorstufen entwickeln sich aus dem intermediären Mesoderm. Im Laufe der Entwicklung
verschwinden die ersten 2 Entwicklungsstufen (Pronephros und Mesonephros) und aus der Metanephros entwickelt sich schließlich die definitive Niere.
1.1.2 Pronephros
Sie entwickelt sich im Laufe der 4. Woche im kranialen (zervikalen) Teil des nephrogenen Stranges (Vorwölbung der Urogemtalleiste) um sich alsdann in der 5. Woche wieder zurückzubilden
(die ersten rudimentären Gewebeblöcke, Nephrotome, bilden sich bereits zurück bevor die letzten entstanden sind)  keine Funktion.
1.1.3 Mesonephros
Der Mesonephros differenziert sich ab der 4. Woche und bildet sich anschließend nach der 8.
Woche wieder zurück.
Der sogenannte Mesonephroskanal bildet sich dorsal des nephrogenen Stranges auf Höhe des
9. Somiten als solider mesenchymaler Zellstrang. Dieser löst sich in weiterer Folge vom nephrogenen Strang ab und bildet einen Kanal aus, welcher schließlich in die Kloake mündet ( sobald
er kanalisiert ist = Wolff‘scher Gang = Ductus mesonephricus!). Dort, wo der Kanal in Kloake
mündet (der Wolffsche Gang fungiert hier als der primäre Harnleiter), entsteht der hintere Teil der
Harnblase.
Exkurs Wolff’scher Gang: Auf den Urnierengang, auch noch Ductus mesonephricus oder
primärer Harnleiter genannt, soll hier noch einmal gesondert eingegangen werden (auch für
Block 15 relevant!). Er ist neben dem Müller-Gang eine embryonale Genitalanlage, die bei
beiden Geschlechtern vorhanden ist und maßgeblich zur Geschlechtsdifferenzierung beiträgt. Weiters ist er der Ausführungsgang der zweiten embryonalen Nierengeneration. Bei
beiden Geschlechtern entstehen aus einer Aussackung des Urnierengangs (Ureterknospe)
schließlich auch die ableitenden Harnwege und im Rahmen der männlichen Sexualdifferenzierung auch der Samenleiter (Ductus deferens), der Ductus ejaculatorius als dessen
Endabschnitt und der Nebenhoden. Bei weiblicher Entwicklung bildet sich der Urnierengang vollständig zurück.
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Im Weiteren entwickelt sich der Mesonephros zum ersten Ausscheidungsorgan des Menschen:
nach Differenzierung des Mesonephros-Kanals beginnt die Entstehung der Mesonephrosbläschen aus dem nephrogenen Strang. Ihr mediales Ende mündet blind und bildet einen Glomerulus, während das dorsale Ende in den Wolff-Gang mündet exkretorische Einheit entsteht. Ab
der 6. Woche wird Urin produziert, allerdings wird nach der 10. Woche die Funktion wieder eingestellt und die exkretorische Mesonephroseinheit bildet sich zurück.
1.1.4 Metanephros
Die Entstehung der Metanephros (der definitiven Niere) beginnt in der 5. Woche. Es entsteht aus
dem intermediären Mesoderm der sakralen Region bzw. aus den folgenden zwei Strukturen:
1. dem metanephrogenen Blastem
2. der Ureterknospe
Das metanephrogene Blastem liegt kaudal des nephrogenen Stranges. Aus ihm entstehen Metanephrosbläschen, welche den Ursprüngen der Nephrone entsprechen.
Die Ureterknopse ist ein Divertikel des Ductus Mesonephricus (Wolff’scher Gang, siehe oben),
welches in das metanephrogene Blastem eindringt. Durch diesen Mechanismus entstehen die
extra- und intrarenalen Ausscheidungsgänge (Ureter, Nierenbecken, Nierenkelche).
1.1.5 Entwicklung der Nephrone
Die etappenweise Entwicklung des Nephrons ist ein überaus komplexer Prozess und soll hier nur
überblicksweise dargestellt werden.
Jedes Sammelrohr ist von metanephrogenem Blastem (Blastemkappe) umgeben. Dieses verdichtet sich und differenziert sich über Zwischenschritte zum fertigen Nephron.
1. Sammelrohrknospe induziert Entstehung von Zellanhäufungen aus dem Blastem
2. Aus diesen formen sich Bläschen
3. Diese verlängern sich zu S-förmigen Tubuli (den Nierenkanälchen)
Wenn das proximale Ende Kontakt mit Arteriole hat, wird ein Trichter ausgebildet, welcher diese
umschließt (Bowman‘sche Kapsel!)
Zeitgleich fusioniert das distale Ende des S-förmigen Tubulus mit einem Sammelrohr und der Metanephros wird somit funktionsfähig und zum definitiven Aussscheidungsorgan. (Alles weitere zur
Physiologie der Niere und der Harnausscheidung in Kapitel 2, Funktion der Niere.)
1.1.6 Aszensus der Niere
Der Metanephros wird der in Sakralregion auf Höhe der Bifurkation der Aorta gebildet und ändert
anschließend seine Position durch den sogenannten Aszensus (lat. Aufstieg) der Niere, die
schließlich auf der Höhe des 12. Brustwirbels zu liegen kommt.
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Der Aszensus geschieht zwischen 6. und 9. Woche und ist keine aktive Wanderung, sondern Resultat unterschiedlichen Wachstums der sakralen und lumbalen Körperregion.
Während des Aszensus wird die Niere von unterschiedlichen Gefäßen versorgt, erst gegen Ende
durch die definitive Nierenarterie aus der Lumbal-Region der Aorta (die anderen Gefäße bilden
sich zurück).
1.1.7 Klinische Bezüge: Pathologien durch Entwicklungsstörungen
Vor allem der Deszensus der Niere ist für Störungen anfällig. Eine Auswahl an Krankheitsbildern
verursacht durch gestörte Nierenentwicklung:
Zystenniere
Die proximalen Tubuli degenerieren und bilden multiple Zysten. Ebenfalls abnorme Differenzierung der Ureterknospe. 3 Typen nach Potter:
I.
polyzystische Nieren; AR
II.
Zysten segmental begrenzt  einseitig
III.
generalisierte Zysten  funktionelle Aplasie (Nieren funktionslos); AD
Abb. 1.1.1: Präparat einer Zystenniere
Abb. 1.1.2: Zystenniere beidseits im MRT
Nierenaplasie
Einseitig: 1:1000 bzw. beidseitig: 1:3000. In letztem Fall resultiert ein Oligohydramnion (Fruchtwassermangel durch fehlende Ausscheidung der getrunkenen Amnionflüssigkeit). Die Kinder sind
bis zur Geburt lebensfähig, dann tritt der Tod innerhalb weniger tage ein. Die Nierenaplasie ist
meist mit anderen schweren Defekten kombiniert und ist durch eine frühzeitige Degeneration der
Ureterknospe verursacht.
Doppelter Ureter
Durch frühzeitiges Aufspalten der Ureterknospe; vollständig/partiell
Beckenniere
Aufgrund eines Ausbleibens des Durchtritts durch die Gabel der Nabelarterie während Aszensus
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Hufeisenniere
Verwachsung infolge starker Annäherung
Überzählige Nierenarterien
Persistierende embryonale Gefäße
1.2 Histologie der Niere
Abb. 1.1.3: Hufeisenniere schematisch
1.2.1 Aufbau
Die Nieren sind als paarige Organe angelegt und liegen umgeben von Fettgewebe im Retroperitonealraum. Die Niere ist von einer straffen Capsula fibrosa überzogen und beide zusammen
wiegen etwa 300 g.
Auf der medialen Seite befindet sich das Hilum renalis. Hier treten Nerven und Arterien in den Sinus renalis ein und Venen, Lymphgefäße und der Ureter treten aus.
Der Ureter nimmt Harn aus dem Pelvis renalis (Nierenbecken) auf. Die Verzweigungen des Pelvis renalis sind die Kalices renalis (Nierenkelche). Sie sammeln den Harn, der aus den Papillen
tropft.
Im Nierenparenchym unterscheidet man 2 Bereiche: Kortex und Medulla. Die Medulla einer Niere
besteht aus ca. 7–9 Markpyramiden mit je einer Papilla renalis. Diese hat ca. 20 Öffnungen für
die Endstrecken der Sammelrohre (Ductus papillares).
Die Columnae renales sind Rindengewebe, das die Pyramiden umgibt. Ein Lobus renalis ist eine
Pyramide und umgebendes Rindengewebe. Jede Niere beinhaltet ca 1,5 Millionen Nephrone. Als
Nephron bezeichnet man ein Nierenkörperchen inklusive Tubulussystem und Sammelrohr. 8–10
Nephrone münden in ein Sammelrohr.
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