Grundlagen der Wahrscheinlichkeitstheorie und Statistik für

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Grundlagen der Wahrscheinlichkeitstheorie und Statistik für
INSTITUT FÜR STOCHASTIK
UNIVERSITÄT KARLSRUHE
Dr. B. Klar
WS 2007/08
Blatt 6
Übungen zur Vorlesung
Grundlagen der Wahrscheinlichkeitstheorie und Statistik
für Studierende der Informatik
Musterlösungen
Aufgabe 20:
Ist X eine Zufallsvariable mit X ∼ Γ(n, β), n ∈ N, β > 0, so nennt man die Verteilung von
Y := e−X die logarithmische Gamma-Verteilung LΓ(n, β).
a) Berechnen Sie die Verteilungsfunktion G(1, β) und eine Dichte g1,β von LΓ(1, β).
b) Welche spezielle Verteilung ergibt sich im Fall n = 1 und β = 1?
c) Man berechne die Verteilungsfunktion G(n, β) von LΓ(n, β) für n ∈ N.
Lösung: Es ist X > 0, daher 0 < Y = e−X < 1. Damit gilt automatisch
0,t≤0
G(n, β)(t) =
1 , t ≥ 1.
und für die Dichte gn,β von G(n, β)
gn,β (x) = 0
für x ≤ 0 und für x ≥ 1.
a) Sei 0 < t < 1. Da der Logarithmus eine monoton steigende Funktion ist und da FX stetig
ist, gilt
G(1, β)(t) = P(Y ≤ t) = P(e−X ≤ t) = P(−X ≤ ln(t)) = P(X ≥ − ln(t))
= 1 − P(X < − ln(t)) = 1 − (1 − e(−β)·(− ln(t)) ) = eβ·ln(t) = tβ
und wegen Satz 8.12
g1,β (t) = G(1, β)′(t) = β · tβ−1 .
b) Speziell für β = 1 ist
g1,1 (t) = 1, 0 < t < 1,
also LΓ(1, 1) = U(0, 1) die Gleichverteilung auf (0, 1).
c) Sei wieder 0 < t < 1. Wie in a) wegen (9.1)
β·ln(t)
G(n, β)(t) = 1 − P(X < − ln(t)) = e
n−1
n−1
X
X
(−β ln(t))j
(−β ln(t))j
β
·
= t ·
.
j!
j!
j=0
j=0
Aufgabe 21:
a) In einem nichtlinearen Verstärker sei der Output Y die Funktion
X 1/2 für X ≥ 0
Y =
−|X|1/2 für X < 0
des Input X. Die Zufallsvariable X habe die Verteilung N (0, 1).
Bestimmen Sie die Verteilungsfunktion FY und daraus die Dichte fY von Y .
b) Die Phase P einer Sinus-Welle habe die Gleichverteilung U(−π/2, π/2) auf dem Intervall
(−π/2, π/2). Es sei W := sin(P ). Bestimmen sie die Verteilungsfunktion FW und eine
Dichte fW von W .
Lösung:
a) Es ist
FY (t) = P(Y ≤ t) =
P(X ≤ t2 ) , t ≥ 0,
P(X ≤ −t2 ), t < 0,
also
FY (t) =
Φ(t2 ) , t ≥ 0,
Φ(−t2 ), t < 0.
FY (t)
1.0
0.8
0.6
0.4
0.2
−2.0
−1.5
−1.0
−0.5
0
0.5
1.0
1.5
2.0
t
FY ist stetig (kritisch ist die Stelle t = 0) und bis auf eventuell t = 0 stetig differenzierbar,
also wegen Satz 8.12 und der Kettenregel für y 6= 0
2yΦ′(y 2 ) , y > 0,
′
fY (y) = FY (y) =
−2yΦ′ (−y 2 ) , y < 0,
r
1
2
4
4
= 2 · |y| · √ · e−y /2 =
|y| · e−y /2 .
π
2π
Dies gilt auch noch für y = 0.
b) Es ist
FW (t) = P(W ≤ t) = P(sin(P ) ≤ t) = P(P ≤ arcsin(t))
arcsin(t) + π/2
1 arcsin(t)
=
=
+
, −1 ≤ t ≤ 1.
π
2
π
1.0
FW (t)
0.8
0.6
0.4
0.2
t
−1.00 −0.75 −0.50 −0.25 0
0.25 0.50 0.75 1.00
1, t ≥ 1
Ferner gilt FW (t) =
wegen −1 ≤ W ≤ 1. FW ist stetig und bis auf die
0, t < −1
Stellen t = −1 und t = 1 stetig differenzierbar. Wegen Satz 8.12 besitzt daher W die
Dichte
′
1
FW (w) = π√1−w
2 , −1 < w < 1,
fW (w) =
0
, sonst.
Aufgabe 22:
In einem Computer seien vier unabhängig voneinander arbeitende Temperaturfühler eingebaut, die die tatsächlich vorhandene Temperatur τ (in o C) an einer bestimmten kritischen Stelle mit einem jeweils zufälligen Fehler messen. Der Messfehler Y (in o C) sei jeweils
N (0, 4)-verteilt. Während des Betriebs schaltet sich ein Ventilator zur Kühlung ein, sobald
mindestens zwei der Temperaturfühler Temperaturen anzeigen, die die festgelegte kritische
Temperatur 50oC übersteigen.
a)
Welche Verteilung hat die gemessene Temperatur X := τ + Y eines Temperaturfühlers,
wenn das Gerät die Temperatur τ hat?
b)
Bestimmen Sie für jeden Temperaturfühler die Wahrscheinlichkeit p0 , dass er mindestens die kritischen Temperatur anzeigt, wenn τ = 50o C und entsprechend die Wahrscheinlichkeit p1 , wenn τ = 52oC ist.
c)
Berechnen Sie die Wahrscheinlichkeit, dass der Ventilator eingeschaltet wird, wenn die
kritische Stelle gerade die Temperatur 50o C hat?
d)
Berechnen Sie die Wahrscheinlichkeit, dass der Ventilator nicht eingeschaltet wird,
obwohl die kritische Stelle die Temperatur 520 C hat.
Lösung:
a)
Wegen Satz 9.7 a) mit a = τ und b = 1 besitzt X die Verteilung N (τ, 4).
b)
Nach Satz 9.6 gilt
P(X < 50) = P(X ≤ 50) = Φτ,4 (50) = Φ
50 − τ
2
,
wobei wir ausgenützt haben, dass X eine stetige Zufallsvariable ist. Ist daher die
tatsächliche Temperatur τ = 50o C, so ergibt sich
50 − 50
p0 = P(X ≥ 50) = 1 − P(X < 50) = 1 − Φ
= 1 − Φ(0) = 0.5
2
Ist andererseits τ = 52oC, so erhält man wie oben
50 − 52
p1 = 1 − P(X < 50) = 1 − Φ
= 1 − Φ(−1) = Φ(1) = 0.8413.
2
c)
Sei N die zufällige Anzahl von Temperaturfühlern, die mindestens die Temperatur
50o C anzeigen. Es sind hier die Voraussetzungen eines Treffer-Niete Experimentes wie
im Skriptum 7.4 erfüllt. Ein Treffer liegt vor, wenn ein Temperaturfühler mindestens
50o C anzeigt. Die Wahrscheinlichkeit hierfür ist wegen b) gerade p0 = 0.5. Da es 4
Temperaturfühler gibt, gilt N ∼ Bin(4, 0.5). Der Ventilator schaltet ein, wenn die
Anzahl N mindestens 2 ist. Gesucht ist also
P(N ≥ 2) = P(N = 2) + P(N = 3) + P(N = 4)
2 2 3 1 4 0
4
1
1
4
1
1
4
1
1
·
1−
+
1−
+
1−
=
·
·
2
2
3
2
2
4
2
2
2
4
4
4
1
1
1
11
=6
+4
+1
=
= 0.6875
2
2
2
16
d)
Im Gegensatz zu c) ist die Trefferwahrscheinlichkeit jetzt p1 = 0.8413 und damit N ∼
Bin(4, 0.8413). Der Ventilator schaltet nicht ein, wenn die Anzahl N höchstens 1 ist.
Gesucht ist also
P(N ≤ 1) = P(N = 0) + P(N = 1)
4
4
0
4
=
· 0.8413 · (1 − 0.8413) +
· 0.84131 · (1 − 0.8413)3
0
1
= 1 · 0.00063 + 4 · 0.00336 = 0.0141
Aufgabe 23:
Bei einer bestimmten Festplatte sei die zufällige Anzahl N der Spuren, die zwischen zwei
Zugriffen überquert werden müssen, annähernd N (µ, σ 2)-verteilt mit µ = n/3 und σ 2 =
n2 /3. Hierbei ist n die Gesamtzahl der Spuren auf der Festplatte. T := a + b · N sei die
zugehörige Suchzeit.
a) Welche Verteilung besitzt T ?
b) Bestimmen Sie P(T ≤ 0) in Abhängigkeit von n, a und b.
c) Sei a = 45, b = 0.43 und n = 200. Berechnen Sie P(T ≤ 0).
Lösung:
a) Nach Satz 9.7 besitzt T := a + b · N (näherungsweise) die Verteilung N (a + b · µ, b2 · σ 2) =
N (a + b · n/3, b2 · n2 /3).
b) Wegen (9.6) ist dann
−(a + b · n/3)
√
P(T ≤ 0) = Φ
b · n/ 3
!
√
a· 3
1
=Φ −
−√
b·n
3
√
Für große n ist dies näherungsweise Φ(−1/ 3) = Φ(−0.5774) = 1 − Φ(0.5774) = 0.2819.
Für eine nichtnegative Zufallsvariable T ist diese Wahrscheinlichkeit zu groß, die Näherung also nicht gut.
c) Speziell für a = 45, b = 0.43 und n = 200 ergibt sich
!
√
1
45 · 3
−√
= Φ(−1.4837) = 1 − Φ(1.4837) = 0.0690,
P(T ≤ 0) = Φ −
0.43 · 200
3
obwohl wegen T ≥ 0 (negative Suchzeiten sind nicht möglich) P(T ≤ 0) = 0 sein müsste.
Aufgabe 24: Berechnen Sie P(1 ≤ X ≤ 4) für eine LN (1, 1)-verteilte Zufallsvariable X.
Lösung: Wegen Satz 9.10 im Skriptum besitzt X die Verteilungsfunktion F (x) = Φ ln(x)−1
=
1
Φ(ln(x) = 1) für x > 0. Damit erhält man, da X eine stetige Zufallsvariable ist:
P(1 ≤ X ≤ 4) = F (4) − F (1) = Φ(ln(4) − 1) − Φ(ln(1) − 1)
= Φ(1.3863 − 1) − Φ(−1) = Φ(0.3863) − 1 + Φ(1)
= 0.6504 − 1 + 0.8413 = 0.4917.
Bem.: Wäre X eine diskrete Zufallsvariable, so würde in der Regel nur P(1 < X ≤ 4) =
F (4) − F (1) gelten.