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UNTERNEHMEN
FRENCH CANCAN
Allen wirtschaftlichen Erfolgen zum
Made in Molsheim: Rechts der Typ 51A, den Bugatti-Werksfahrer Pierre
Veyron in den 1930er Jahren von Sieg zu Sieg fuhr, daneben das Modell
EB 16.4 Veyron, mit dem Volkswagen die Marke Bugatti an historischer
Stätte wiederauferstehen lässt und das ab der zweiten Jahreshälfte 2005
– Ehrenwort! – an erste Kunden ausgeliefert werden soll
Trotz ist den Franzosen die Bewunderung ihres „savoir vivre“ sicherer als die
Anerkennung ihrer unternehmerischen
Leistungen. Dabei hat sich Frankreich
in den vergangenen Jahren in einigen
Branchen eine führende Position auf
dem Weltmarkt erarbeitet. Doch wer
dann einmal über die Wirtschaftsmacht
Frankreich spricht, meint meist nur die
Region Paris. Zu Unrecht, wie Beobachtungen der elsässischen Automobilindustrie zeigen.
ein,mit den Produktionskosten in Osteuropa können wir natürlich nicht mithalten“, gibt Jean-Pierre Lavielle, Vize-Präsident des Technischen Komitees „Pôle Automobile Alsace-Franche-Comté“ freimütig zu, „allerdings werden bei den geringen Margen in der
Automobilindustrie oft die Transportkosten vernachlässigt. Die Infrastruktur ist für uns der
Schlüssel zur Wettbewerbsfähigkeit.“ Der da so
spricht, brüstet sich mit der ausgesprochen
günstigen Lage der kleinsten französischen Region, die nach Paris das höchste Bruttoinlandsprodukt je Einwohner – im Jahr 2002 waren es
24.800 Euro – in Frankreich hat.Im Umkreis von
800 Kilometern um Straßburg lebten vor der
EU-Erweiterung am 1.Mai 2004 rund 60 Prozent
der europäischen Bevölkerung. Diese Nähe zu
den Märkten schlägt sich auch im Engagement
ausländischer Unternehmen nieder: 45 Prozent
der getätigten Investitionen kommen aus dem
Ausland.
N
PSA GRÖSSTER ARBEITGEBER
Traditionell hat die Automobilproduktion im
Elsass eine besondere Bedeutung: Hier fertigte Ettore Bugatti 1919 den legendären
Royale, und auch der inzwischen vergessene, ehemals viertgrößte französische Hersteller Mathis hatte hier seinen Sitz. Heute zeugen drei Hersteller (PSA, General Motors und
de facto Volkswagen mit der Marke Bugatti),
88 Tier-1-Zulieferer, 54 Tier-2-Zulieferer sowie
54 Systemhersteller und 130 weitere Partner
in den Bereichen Rohstoffe, Engineering, Anlagenbau und Dienstleistungen vom Ge-
22
Das Elsass
profitiert von
der günstigen
Lage zu den
EU-Märkten
wicht dieses Industriezweigs. Allein PSA, mit
14.000 Mitarbeitern größter Arbeitgeber der
Region, zog rund 200 Partnerunternehmen
mit ins Elsass. Seit 1962 ist der Hersteller in
Mulhouse ansässig; mit jährlich 450.000
Fahrzeugen der Plattform 2 (Peugeot 206
und 307) ist die elsässische Produktion die
zweitgrößte im Konzern, hinter der Fertigung im spanischen Vigo und vor dem
Standort Sochaux. Ein Novum erlebte das
Werk Mulhouse Anfang dieses Jahres: Mit
der Neuauflage des Xsara wird erstmals ein
Citroën-Modell im Elsass gefertigt.
Automotive Engineering Partners 3/2004
Prüfstände wie
diesen von Schenck
Pegasus richtet
Clemessy für
Renault im neuen
NVH-Zentrum in
Lardy nähe Paris ein
INTERNATIONALE AUSRICHTUNG
Einen weiteren Vorteil aus der Lage bezieht
das Elsass hinsichtlich des Ingenieurnachwuchses: Zusammen mit der Berufsakadamie Lörrach und der Fachhochschule Basel
Muttenz bietet die Université de HauteAlsace in Mulhouse ein Studium des
Technischen Projektmanagements im Fach
Mechatronik an. Während des vierjährigen
Studiums absolvieren französische, schweizerische und deutsche Studenten gemeinsam einen Fächerkanon dieses Zukunftszweigs der Fahrzeugtechnik sowie Industrieaufenthalte in allen drei Ländern. Die diplomierten Ingenieure können ein Studium mit
hohem Praxisbezug und Mehrsprachigkeit
vorweisen, denn studiert wird in den Sprachen Englisch, Französisch und Deutsch.
GUTES KLIMA FÜR INVESTITIONEN
Folgerichtig sind Forschung und Entwicklung weitere Standbeine im Elsass. Nicht zufällig entwickeln 100 Ingenieure und Techniker des schwäbischen Klimaspezialisten
Behr in Rouffach Air-Condition-Systeme,
Automotive Engineering Partners 3/2004
denn Abnehmer PSA ist ganz in der Nähe.
General Motors, mit 2000 Mitarbeitern
zweitgrößter Arbeitgeber des Elsass, baut in
Straßburg nicht nur Automatikgetriebe für
Opel, sondern hat hier auch sein europäisches Zentrum für Getriebetechnik. Und die
F&E-Filiale Raybond der französischen Unternehmensgruppe A. Raymond forscht in
Saint-Louis am strukturalen Kleben. Raybond-Direktor Michel Bremont, in Deutschland promovierter Maschinenbauingenieur,
schwärmt von den Bedingungen, die erfindungsreiche Firmen in Frankreich antreffen:
„Der Staat vergibt Wagniskapital an innovative Unternehmen,die das Geld nur im Erfolgs-
fall zurückzahlen müssen.” Auf einem ganz
anderen Gebiet arbeitet der Entwicklungsdienstleister Clemessy. Zu seiner Aufgabe hat
er sich die Integration von Anlagen erkoren,
Hauptpartner hierfür sind Schenck Pegasus
und Ricardo. Referenzprojekte von Clemessy
sind die Lackieranlage von PSA in Mulhouse,
in der das Unternehmen die Automatisierung
und Prüfstände im Wert von 20 Millionen
Euro realisierte, sowie ein NVH-Zentrum für
Renault in Lardy bei Paris. Auf 3700 Quadratmetern soll Anfang 2005 dort der Prüfbetrieb
aufgenommen werden, noch bis 2007 folgen
weitere Prüfstände.
Moritz-York von Hohenthal
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