Gezuckerte Obstbrände

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Gezuckerte Obstbrände
Praxis
Korrekte Einstellung auf Trinkstärke:
Gezuckerte Obstbrände
Was ist zu beachten?
Seit Dezember 2000 dürfen auch hierzulande Obstbrände ohne Herkunftsbezeichnung mit max. 10 g/l gezuckert werden.
Dass dann aber eine Alkoholeinstellung
mit den gängigen Spindeln ohne Korrektur
nicht mehr möglich ist, darauf wurde in
dieser Zeitschrift schon mehrfach hingewiesen. Was Sie beachten müssen, um
den tatsächlichen Alkoholgehalt Ihrer
Produkte zu ermitteln, erläutert der folgende Beitrag.
M
it dem Inkrafttreten der Verordnung über alkoholhaltige Getränke
am 9. 12. 2000 dürfen Obstbrände
zur Geschmacksabrundung gezuckert werden. Der maximale Zuckerzusatz bei Kernund Steinobstbränden beträgt 10 g/l berechnet als Invertzucker (dies entspricht
9,5 g/l Saccharose).
Die Toleranzgrenze zwischen tatsächlich vorhandenem Alkohol und dem auf
dem Etikett deklarierten Alkoholgehalt
liegt bei ± 0,3 %vol. Die Einhaltung dieser
Grenzen ist schwierig und setzt exaktes
Arbeiten voraus (Lempart, Kleinbrennerei
3/2002 S. 10-12).
Zuckerung von Obstbränden
Nachdem der gesetzliche Rahmen geschaffen wurde, stellen sich für viele
Kleinbrenner unter anderem folgende
Fragen:
● Bringt der Zusatz von Zucker zu Obstbränden einen Vermarktungsvorteil?
● Können durch die Süßung von Obstbränden Fehler überdeckt werden?
● Sind gesüßte Obstbrände besser als ungesüßte Brände?
● Wird die Zuckerung zu einer Notwendigkeit für jeden Hersteller von Obstbränden, oder nur ein Hinderungsgrund für
die Zulassung zu Prämierungen und ein
zusätzlicher Arbeitsaufwand?
Verkostungsergebnisse unterschiedlich
gezuckerter Obstbrände wurde von BauerChristoph veröffentlicht (Kleinbrennerei
8
11/2001 S. 5 – 8). Eine pauschale Empfehlung zur Süßung wird nicht gegeben. Die
Entscheidung für eine Geschmacksharmonisierung durch Zuckerzusatz ist im Einzelfall nur nach einem Vorversuch richtig
zu treffen.
Zur Süßung zugelassene
Zuckerarten
1. raffinierter Zucker
2. raffinierter Weißzucker
3. Halbweißzucker
4. Flüssigzucker
5. Invertflüssigzucker
6. Invertzuckersirup
Bei 1. bis 3. handelt es sich um
Saccharose in fester Form. Die
Umrechnung von Saccharose in
Invertzucker erfolgt durch
Multiplikation mit 1,053. Somit
entsprechen 9,5 g Saccharose
etwa 10 g Invertzucker. Um den
gesetzlichen Grenzwert einzuhalten dürfen von den Zuckerarten
1. bis 3. nur 9,5 g/l zugegeben
werden.
„ “
Alkoholbestimmung
mittels Spindel wird
durch Zucker gestört.
Ermittlung der optimalen
Zuckermenge bei Obstbränden
Die rechtlichen Rahmenbedingungen sind
zu beachten, d.h. nur die zugelassenen
Zuckerarten bis maximal 10 g/l (berechnet als Invertzucker) verwenden und vom
deklarierten Alkoholgehalt darf nicht mehr
als 0,3 %vol abgewichen werden.
Arbeitshinweise:
Einen Vorversuch im 100 bis 500 ml Maßstab durchführen und die Proben mit
unterschiedlichem Zuckergehalt verkosten.Den Vorversuch und die Süßung selbst
erst nach dem Herabsetzen auf Trinkstärke vornehmen. Die Verwendung von
„Trockenzucker“, also von Saccharose
(raffinierter Zucker, raffinierter Weißzucker, Halbweißzucker), ist einfacher und
sinnvoller als der Zusatz von Flüssigzucker.
Mit Flüssigzucker wird durch die Verdünnung des Obstbrandes der Alkoholgehalt deutlich erniedrigt und eine nochmalige Einstellung auf Trinkstärke wird erforderlich.
Mögliche Vorversuche:
Fertigstellung der Brände
1. Einstellung
auf Trinkstärke (Lempart,
Kleinbrennerei 3/2002 S. 10-12)
2. Filtration
3. Vorversuch zur Ermittlung der
Zuckermenge
4. Süßung
5. Alkoholkontrolle
6. Abfüllung
Unter Berücksichtigung des zugelassenen
Zusatzes von Zucker ist die Fertigstellung
der Brände um die Punkte 3 und 4 zu erweitern.
Alternative 1:
Jeweils 100 ml Obstbrand mit 0 g, 0,48 g
und 0,95 g Saccharose versetzen und
kräftig umschütteln um den Zucker aufzulösen. Die drei Proben verkosten und
die beste Probe heraussuchen.
Alternative 2:
500 ml Obstbrand mit 4,75 g Saccharose
(entspricht 10 g/l Zucker berechnet als Invertzucker) versetzen und den Zucker
vollständig auflösen. Die Spirituose darf
dabei nicht erwärmt werden.
Durch Verschnitt mit ungesüßtem Obstbrand Zuckergehalte von 0 – 10 g/l einstellen und verkosten. Den Zuckerzusatz
Kleinbrennerei 11/2002
Praxix
analog zur geruchlich und geschmacklich
besten Probe vornehmen. Der Zucker löst
sich bei 20 °C in der Spirituose nur unter
starkem Rühren auf. Die Temperatur des
Obstbrandes sollte auf keinen Fall deutlich über 20 °C liegen.
Alkoholbestimmungsverfahren
Chromatographische Verfahren wie Gaschromatographie (GC) oder Hochdruckfüssigkeitschromatographie (HPLC) erlauben eine exakte Bestimmung vom Alkoholgehalt unabhängig vom Zuckergehalt
des Obstbrandes.
Diese Untersuchungsmethoden finden
aufgrund des hohen apparativen Aufwandes nur in sehr gut ausgestatteten Fachlabors Anwendung. Das gleiche gilt auch für
IR-spektroskopische Untersuchungsverfahren.
Die chemische Alkoholbestimmung nach
Dr. Rebelein wird auch in einigen kleine-
turen durchzuführen wie sie z.B. von der
Fa. Schliessmann angeboten werden.
lung ohne Abtrennung des Zuckers
Die Bestimmung des Alkoholgehaltes in
zuckerhaltigen Bränden ist möglich, wenn
die Zuckerkonzentration genau bekannt
ist. Der zugesetzte Zucker erhöht die
Dichte der Spirituose. Auf der Spindel
wird somit ein zu niedriger Alkoholgehalt
angezeigt. Pro 1 g/l zugesetztem Zucker
muss zu dem auf der Spindel abgelesenen
Alkoholgehalt 0,3 %vol dazugezählt werden.
In Tabelle 1 sind die auf der Spindel abgelesenen und die tatsächlich vorhandenen Alkoholgehalte von gezuckertem
Obstbrand angegeben.
Berechnung des Alkoholgehaltes
in gezuckerten Spirituosen
Eine Spirituose ohne Extraktstoffe (Zucker
oder aus Holzgebinden ausgelaugte Stoffe) hat bei 40,0 %vol
eine Dichte von 0,9480 (1 l wiegt
Tabelle 1. Tatsächlicher und auf der Spindel an948 g). Durch den Zusatz von
gezeigter Zuckergehalt bei gezuckerten Bränden
10 g Zucker wird das Volumen
Zucker-Zusatz Alkoholgehalt tatsächlicher
um 6 ml (0,6 ml pro 1 g Zucker)
laut Spindel
Alkoholgehalt
erhöht. Das Gewicht der Flüssigkeit wird um die zugesetzte Zu0 g/l
40,0 %vol
40,0
ckermenge (10 g) schwerer. Die
2 g/l
39,4 %vol
40,0
Dichte der gesüßten Spirituose
4 g/l
38,8 %vol
39,9
beträgt dann 0,9523 und führt
6 g/l
38,3 %vol
39,9
zur Alkoholanzeige auf der
8 g/l
37,8 %vol
39,8
Spindel von 37,3 %vol, obwohl
10 g/l
37,2 %vol
39,8
die Spirituose 39,8 %vol besitzt.
ren Labors und Praxisbetrieben durchgeführt. Hier ist zwar ein geringer Gerätebedarf erforderlich, aber die notwendigen
Chemikalien müssen nach der Untersuchung aufwendig entsorgt werden. Auch
bei diesem Verfahren würde Zucker in den
Proben die Messung nicht stören.
Die Bestimmung des Alkoholgehaltes
mit der Spindel (Aräometrie) setzt zuckerfreie Destillate voraus. Bei genauer Kenntnis des Zuckergehaltes kann der an der
Spindel abgelesene Alkoholgehalt jedoch
berichtigt werden.
Alkoholbestimmung in
gesüßten Spirituosen
1. Alkoholbestimmung durch
Spindelung nach Abtrennung des
Zuckers durch Destillation
Für dieses Verfahren wird die zu untersuchende Spirituose destilliert und nur das
Destillat zur Messung mit der Spindel eingesetzt.
Im Destillat ist kein Zucker mehr vorhanden. Zucker ist nicht flüchtig und
bleibt bei der Destillation in Destillierkolben zurück. Am einfachsten ist diese Bestimmung mit Probedestillationsappara-
Kleinbrennerei 11/2002
Kurz
InfoInfo
2. Alkoholbestimmung durch Spinde-
Die Zuckerung von Trester-, Hefeund Topinamburbränden zur
Geschmacksabrundung ist in
Deutschland weiterhin verboten.
Wie das Bundesministerium für
Verbraucherschutz, Ernährung und
Landwirtschaft mitteilt, soll die
Änderung der AlkoholhaltigeGetränke Verordnung (AGeV)
spätestens zum 1. Oktober 2003,
d.h. zeitgleich zum Brennereiwirtschaftsjahr 2003/04 in Kraft
treten.
(Nähere Informationen dazu siehe
auf S. 3 dieser Ausgabe)
Red.
Herkunftsangabe erlaubt Ein Zuckerzusatz ist nur sinnvoll, wenn er zur Geschmacksharmonisierung beiträgt und
die Spirituose dadurch besser wird. Diese
Verbesserung kann nur durch Vorversuche sensorisch ermittelt werden.
Die Alkoholbestimmung mittels Spindel
wird durch Zucker gestört. Für jedes
Gramm Zucker pro Liter wird 0,3 %vol Alkohol auf der Spindel zu wenig angezeigt.
Bei bekanntem Zuckergehalt kann das
Ergebnis bereinigt werden.
Ist der Zuckergehalt nicht bekannt,
muss vor der Spindelung der Zucker durch
Tabelle 2. Auswirkung eines Zuckerzusatzes in fester Form auf Volumen
und tatsächlichen Alkoholgehalt.
Spirituose ohne Zucker
Zuckerzusatz von 10 g
Spirituose mit Zucker
Volumen
Gewicht
Alkoholmenge
%vol
1000
6
1006
1000
948,0
10,0
958,0
952,3
400
0
400
398
40,0 %vol
–––
39,8 %vol
39,8 %vol
ml
ml
ml
ml
Der Zusatz von Zucker in fester Form
hat eine geringe Volumensmehrung zu
Folge, die sich auf den tatsächlichen
Alkoholgehalt nur mit einer Verringerung
von maximal 0,2 %vol auswirkt. Selbst bei
der Ausschöpfung des zugelassenen Zuckerzusatzes bis zu 10 g/l liegt der Alkoholgehalt noch im Toleranzbereich.
Bei der Verwendung von Flüssigzucker
ist die Vergrößerung vom Volumen so
groß, dass der tatsächliche Alkoholgehalt
nicht mehr in der zugelassenen Schwankungsbreite liegt.
g
g
g
g
ml
ml
ml
ml
Destillation abgetrennt werden. Im Destillat ohne Zucker liefert die Spindelung den
exakten Wert.
Dr. Martin Geßner
Bayerische Landesanstalt für
Weinbau und Gartenbau
Sachgebiet: Wein- und Getränkeanalytik, Veitshöchheim
Literatur:
Fazit
Der Gesetzgeber hat den Zusatz von
Zucker bis 10 g/l bei Obstbränden ohne
Bauer-Christoph, Kleinbrennerei
11/2001 S. 5-8
Lempart, Kleinbrennerei 3/2002
S. 10-12
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