Kosovo – 23.10.2015

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Kosovo – 23.10.2015
KIRCHE IN NOT, Kosovo – 23.10.2015
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KIRCHE IN NOT
Schweiz/Fürstentum Liechtenstein
Geschäftsführer: Jan Probst
Informationsbeauftragte: Lucia Wicki-Rensch
Adresse: Cysatstrasse 6
6004 Luzern
Telefon: 041 410 46 70
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Internet: www.kirche-in-not.ch
Den Glauben der Vorfahren wiederentdecken:
Krypto-Katholiken im Kosovo
Anlässlich der Konferenz „Help for the little flock: looking to the future together“ (Hilfe für die
kleine Herde: gemeinsam in die Zukunft schauen) besucht Magda Kaczmarek, Leiterin der
Abteilung Osteuropa von KIRCHE IN NOT, diese teilweise anerkannte Republik. Der Kosovo
proklamierte 2008 seine Unabhängigkeit von Serbien. Die von der katholischen Kirche im
Kosovo veranstaltete Konferenz fand vom 28. bis zum 30. September 2015 in Pristina statt.
Magda Kaczmarek trifft einige Angehörige der sehr kleinen christlichen Minderheit.
Besonders beeindruckt sie das Zeugnis der sogenannten Krypto-Katholiken im Kosovo.
„Das Phänomen der Krypto-Katholiken – Menschen, deren Wurzeln nicht im Islam, sondern
im Christentum liegen, obgleich sie offiziell als Muslime gelten – tritt im Kosovo immer
stärker zutage“, bemerkt Magda Kaczmarek. Im 16. Jahrhundert zwangen die Osmanen die
Bevölkerung dieser Region, zum Islam überzutreten. Die meisten nahmen die neue Religion
aus Angst vor Diskriminierung an, im Herzen aber blieben sie Christen. Viele lebten in der
Region Rugova, der Heimat des ehemaligen Präsidenten des Kosovo, Ibrahim Rugova. Es ist
kein Geheimnis, dass sich dieser kurz vor seinem Tod taufen liess. Er schenkte Bischof Gjergji
für den Bau der Mutter-Teresa-Kathedrale ein Grundstück im Zentrum von Pristina.
Studentenstadt Pristina
Im Kosovo leben rund 50.000
Katholiken. Mehrheitlich ist die
Bevölkerung muslimisch. Immer
mehr Krypto-Katholiken entdecken,
dass ihre Vorfahren Christen waren
und möchten zu ihren christlichen
Wurzeln zurückkehren. Kaczmarek
berichtet: „Die Hauptstadt Pristina
ist eine Studentenstadt, und für die
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Studenten wird jeden Dienstag eine Heilige Messe gefeiert. Die Kirche geht davon aus, dass
diese jungen Menschen ihren Glauben in ihrem Umfeld und später in ihren Familien
weitergeben werden.“
Viele Taufen
Die Pfarrei von Don Marjan Uka liegt in einer hügeligen Region im Zentralkosovo. Don
Marjans Bischof betraute ihn mit der Seelsorge der neugetauften Krypto-Katholiken. Ausser
Mess-Stipendien hat Don Marjan keine Einkünfte. Er erhält Existenzhilfe von seinem Bischof.
Für den Bau von Kirchen und Gemeindezentren ist Don Marjan auf Hilfe von aussen
angewiesen, beispielsweise von KIRCHE IN NOT. Bei ihrem Besuch hatte Magda Kaczmarek
die Gelegenheit, einige der Katholiken zu treffen, die zu dem Glauben ihrer Vorfahren
zurückkehren. „An Ostern und am Vorabend von Christi Himmelfahrt werden jedes Jahr
Erwachsene und ihre Familien getauft. Die Familien müssen sich ein Jahr lang durch
Katechese auf die Taufe vorbereiten, so auch Adnan, Rita und ihre drei Söhne, Dritan, Fran
und Aleksander (Die Namen wurden aus Sicherheitsgründen geändert). Rita nahm diesen
Namen bei ihrer Taufe an – zuvor hatte sie einen muslimischen Namen.“
„Adnans Familie lebt bescheiden. Sie besitzt ein Stück Land, auf dem sie Obst und Gemüse
anbaut und ein Gewächshaus mit Tomaten und Paprika“, berichtet Kaczmarek. „Leider sind
fast alle Tomatensträucher von einer Krankheit befallen, so dass Adnan die Tomaten nicht
verkaufen kann. Ihr Zuhause ist sehr einfach. Adnan hat Verwandte in Deutschland und in
den Vereinigten Staaten, die ihn und seine Familie mit regelmässigen Geldüberweisungen
unterstützen. Adnan selbst lebte einige Zeit in Deutschland, und obgleich er dort ein gutes
Leben hatte, entschied er sich, in seine Heimat zurückzukehren. Er spricht hervorragend
Deutsch und ist sehr aktiv in der Pfarrei. Er kann sich vorstellen, selbst einmal Katechet zu
werden. Seine Kinder sind 15, acht Jahre und ein Jahr alt. Der achtjährige Fran begeistert sich
für Mathematik, der 15-jährige Dritan ist sehr intelligent, allerdings nicht so fleissig in der
Schule, meint der Vater. Dafür kümmert er sich sehr gut um seinen einjährigen Bruder
Aleksander. Aleksander liegt in seiner kleinen Wiege und wacht gerade auf, als wir sie
besuchen.“
Sie fährt fort: „Adnan erzählt uns, wie seine Familie den Weg zur Taufe gefunden hat. Der
christliche Glaube sei sehr tief, sagt er. Das Gebet helfe ihm sehr. Im Vergleich zum Islam
habe das Christentum eine Tiefe, die von
Gottes Licht erfüllt sei. Am liebsten würde
er Tag und Nacht beten. Ich hatte den
Eindruck, er wolle die Jahre vor seiner
Taufe nachholen, in denen er offiziell als
Muslim lebte. Don Marjan lobt ihn als
einen aktiven und entschiedenen
Christen. Leider besitzen die Christen in
diesem kleinen Dorf – eine Stunde von
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der Hauptstadt entfernt – keine Kirche. Der Bau einer Kirche ist wirklich notwendig, es ist
schwierig, sich in Privatwohnungen zu treffen.“
Friedliches Zusammenleben
In demselben Dorf trifft Magda Kaczmarek auch Veton; er besitzt ein kleines Geschäft. Seine
Vorfahren seien katholisch gewesen, doch seine Familie sei davon abgekommen, sagt er:
„Bevor die Osmanen die heutige Balkanregion islamisierten, waren wir Christen.“ Veton war
nie in einer Moschee, er war nie religiös. Zurzeit besucht er mit seiner Familie die Katechese,
doch er weiss noch nicht, wann er die Taufe empfangen wird. Bei seiner Taufe möchte er
den Namen Pjeter (Peter) annehmen, darauf ist er schon heute stolz. Seine Kinder sind noch
nicht sicher, ob sie den Schritt tun werden. Sie sind bereits erwachsen und befürchten,
einige ihrer Freunde könnten ihre Entscheidung nicht verstehen. Es wird ein langer Weg sein,
selbst wenn die Menschen im Kosovo friedlich zusammen leben. Ob Christen oder Muslime,
sie sind ein Volk. „Muslime haben nichts gegen Krypto-Katholiken – im Gegenteil, man
gratuliert zu einer Taufe. Eine Taufe ist ein grosses Fest, die katholische Kirche ist im Kosovo
sehr angesehen. Leider hören wir in jüngster Zeit von einem ‚importierten Islamismus‘ im
Kosovo, der anderen Religionen gegenüber intolerant ist“, sagt Magda Kaczmarek
abschliessend.
KIRCHE IN NOT unterstützt die katholische Kirche im Kosovo seit Jahren. Es wurde der Bau der
Mutter-Teresa-Kathedrale gefördert sowie der Bau von Schwesternhäusern und die Renovierung von
Pfarrhäusern. Das Hilfswerk unterstützte auch die Anschaffung von Fahrzeugen für die Seelsorge und
den Bau eines pastoralen Zentrums in Kravaseria, wo Don Marjan die Christen betreuen kann. 2015
förderte KIRCHE IN NOT die katholische Kirche im Kosovo bisher mit über CHF 165.000.
Fotos: Impressionen aus dem Kosovo (Bilder: KIRCHE IN NOT)
KIRCHE IN NOT ist ein internationales katholisches Hilfswerk, das 1947 von Pater Werenfried van
Straaten (Speckpater) als „Ostpriesterhilfe“ gegründet wurde. Es steht mit Hilfsaktionen,
Informationstätigkeit und Gebet für bedrängte und Not leidende Christen in rund 140 Ländern ein.
Seine Projekte sind ausschliesslich privat finanziert. Das Hilfswerk wird von der Schweizer
Bischofskonferenz für Spenden empfohlen.
Spenden mit dem Vermerk «Kosovo“ können gerichtet werden an:
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