Kosovo - Religionsfreiheit weltweit

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Kosovo - Religionsfreiheit weltweit
KOSOVO
KOSOVO
Christen
(6,1 %)
-Katholiken (1,5 %)
-Orthodoxe (4,5 %)
-Protestanten (0,1 %)
Einwohner:
Fläche:
Flüchtlinge (int.)*:
2
1.807.000
10.900 km
–
* Ausländische Flüchtlinge in diesem Land
Muslime
(93,8 %)
Sonstige Religionen
(0,1 %)
Flüchtlinge (ext.)**:
Binnenflüchtlinge:
–
–
** Ins Ausland geflohene Bürger dieses Landes
Im Kosovo wird die Religionsfreiheit durch die Verfassung und andere Gesetze
geschützt.1 Die Meinungs-, Gewissens- und Religionsfreiheit wird allen Bürgern, unabhängig von ihren religiösen Überzeugungen, durch das Gesetz garantiert. Alle religiösen Gruppen sind gleichberechtigt. Diskriminierung aufgrund der Religion ist verboten.
Es gibt keine gesetzlich geregelten Verfahren, über die sich religiöse Organisationen
registrieren lassen und einen Rechtsstatus erwerben können.
Die Religionsfreiheit wird im Kosovo praktiziert. Drei Religionen, der Islam, das
orthodoxe Christentum und der Katholizismus, existieren seit langem nebeneinander im
Land. Es kommt inzwischen zu häufigeren Kontakten zwischen den Führern der Katholischen Kirche im Kosovo, der Muslime und der Serbisch-Orthodoxen Kirche und die
Beziehungen verbessern sich.
Die Religion ist kein Faktor, der wesentlich zur Kluft zwischen Kosovo-Albanern und
Serben beiträgt. Religiöse Führer können jedoch eine entscheidende Rolle dabei übernehmen, die Versöhnung zwischen den verschiedenen Gruppen zu ermöglichen. Im
September 2013 feierte man im Kosovo das 1700-jährige Jubiläum des Edict of Milan
(Edikts von Mailand)2, der wichtigen Verordnung zu religiöser Toleranz, die 313 n. Chr.
vom römischen Kaiser Konstantin dem Großen erlassen wurde. Konstantin stammte aus
Balkan; er wurde in Naissus (dem heutigen Niš) geboren. Sein Vater kam aus Dardanien, einer Region, die ungefähr dem heutigen Kosovo entspricht.
Trotz verbesserter Beziehungen zwischen den Führern der Glaubensgemeinschaften
wurden mehrere religiöse Kulturdenkmäler mutwillig beschädigt. Es kam auch zu
1
2
www.rks-gov.net
www.reuters.com/article/2013/10/06/us-serbia-christianity-idUSBRE99506O20131006
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Diebstählen3. Betroffen waren unter anderem serbisch-orthodoxe Kirchen sowie orthodoxe und muslimische Friedhöfe. Im Februar 2013 führte die wiederholte Schändung
serbisch-orthodoxer Friedhöfe der serbischen Bevölkerungsgruppe vor Augen, wie angreifbar solche Stätten in Zeiten politischer Anspannung sind. Protestantische Geistliche klagen darüber, dass es ihnen unmöglich sei, in Decani und Pristina einen Friedhof
zu errichten oder eine Kirche zu bauen. Die Kommunalbehörden würden ihre Anträge
auf ein Friedhofsgrundstück ignorieren. Wie muslimische Nichtregierungsorganisationen berichten, verboten einige staatliche Schulen ihren Schülerinnen, Kopftücher zu
tragen, und schlossen sie vom Unterricht aus. Die Schulen hatten sich an eine vom
Bildungsministerium 2010 erlassene Verordnung gehalten, nach der Schülerinnen von
Grund- und weiterführenden Schulen auf dem Schulgelände keine Kopftücher tragen
dürfen. In Gnjilane, einer Stadt im Ostkosovo, wurden 14 Schülerinnen mit Kopftuch
von einer öffentlichen Schule verwiesen. Der Bildungsminister und der Bürgermeister
kamen überein, dass die Mädchen vorübergehend in die Schule zurückkehren und ihre
Kopftücher tragen durften.
Im Juli 2012 wurde die Islamic Faculty (Fakultät für Islamische Studien) offiziell in die
Universität von Pristina4 integriert und damit die einzige anerkannte Bildungseinrichtung für theologische Studien im Land.
Die Mehrheit der geschätzten 1,74 Millionen Einwohner des Kosovo sind zumindest
nominell Muslime. Zu ihnen zählen die Albaner, muslimischen Slawen (Goraner und
Bosniaken), Roma und Türken. Die Kosovo-Albaner sind gemäßigt religiös und nehmen überwiegend an religiösen Zeremonien während religiöser Feiertage, bei Hochzeiten und Beerdigungen teil. Nur etwa 12 % besuchen die Freitagsgebete. Der Kosovo ist
ein Zentrum des Sufi-Ordens der Bektaschi, einer unorthodoxen islamischen Gemeinschaft, die in Albanien, Mazedonien und unter den Albanern im südlichen Serbien weit
verbreitet ist. Ihre Mitglieder trinken in aller Öffentlichkeit Alkohol und ihre Rituale
werden zuweilen von Frauen geleitet, die sich nicht verhüllen und als Gleichberechtigte
behandelt werden.
In der vorosmanischen Zeit war der Kosovo christlich, die Menschen hatten einen ausgeprägten Familiensinn und waren sich ihrer ethnischen Wurzeln bewusst. Das führte
dazu, dass sich die Albaner lange gegen die türkische Herrschaft wehrten und nur sehr
widerstrebend zum Islam übertraten. Die Ausübung der islamischen Religion war während der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts unter dem kommunistischen Regime und
www.eparhija-prizren.com/en und www.islamicpluralism.org/1951/denounce-vandalism-of-jewishgraveyard-in-kosova
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www.setimes.com/cocoon/setimes/xhtml/en_GB/features/setimes/features/2012/10/22/feature-02
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der serbischen Besetzung nicht erwünscht. Heute sind Moscheen und spirituelle Zentren der Derwische, Tekke genannt, die islamischen Kultstätten. Vor dem Krieg von 1998
bis 1999 gab es 560 Moscheen im Kosovo, in jeder größeren Stadt eine. Im Süden des
Kosovo gab es in den Städten Prizren, Gjakova, Pec und Rahovec insgesamt 60 Tekken.
Bei den Kosovo-Albanern haben Frauen seit einer Generation weitgehend Zugang zu
Bildungsmöglichkeiten und sind in den akademischen Berufen gut vertreten. Innerhalb
der Familie haben sie eine untergeordnete Rolle, was auf eine patriarchalische kulturelle
Tradition, nicht aber auf religiöse Überzeugungen zurückgeht.
Nur eine geringe Anzahl jüngerer Frauen trägt die islamische Kopfbedeckung. Fundamentalistische Propaganda ist nicht weit verbreitet. Ein gewisses Maß an fundamentalistischem Einfluss ist durch die Arbeit von Hilfsorganisationen aus dem Nahen Osten
ins Land gelangt. Allerdings stößt der Fundamentalismus bei den albanischen Muslimen im Kosovo immer noch auf erheblichen Widerstand. Die im Durchschnitt sehr junge Bevölkerung ist westlich orientiert und sucht den kulturellen Einfluss Westeuropas.
Das orthodoxe Christentum im Kosovo ist die Religion der serbischen Volksgruppe.
Die Mehrheit der Serben fühlt sich in kultureller, historischer und religiöser Hinsicht
der serbisch-orthodoxen Gemeinschaft zugehörig. Für sie sind der Kosovo und seine
orthodoxen Klöster auch weiterhin grundlegendes Symbol ihrer ethnischen Identität.
Dazu gehören 1.400 Stätten, die als Kulturerbe aufgelistet und von Bedeutung für die
serbische Bevölkerung sind. Zu ihnen zählen 500 Kulturdenkmäler und 162 Stätten,
die als Kulturerbe von herausragender Bedeutung eingestuft werden. Vor allem drei
Stätten spielten eine zentrale Rolle in der serbischen Geschichte: Pec, Sitz des serbischorthodoxen Patriarchen im Mittelalter und der frühen osmanischen Zeit; das Kloster
Decani mit dem Sarkophag des serbischen Herrschers Stefan Uros III. Decanski aus
dem 14. Jahrhundert; und Prizren, wo König Stefan Dusan, Decanskis Sohn, begraben
liegt.
Die kosovarische Regierung hat zugesagt, die Wiederherstellung serbisch-orthodoxer
Sakralbauten zu unterstützen. Die Polizei hat die Verantwortung für den Schutz historischer und religiöser Stätten von der KFOR, der NATO-Schutztruppe im Kosovo,
übernommen. Heute steht nur noch das Kloster Visoki Decani unter dem Schutz der
KFOR. Seit August wird das Patriarchenkloster Pec nicht mehr von der KFOR, sondern von der Polizei des Kosovo geschützt. Das orthodoxe Priesterseminar funktioniert
reibungslos in seinem historischen Gebäude in Prizren.
Ungefähr 65.000 Kosovo-Albaner sind Katholiken, sie machen etwa 1,5 % der Bevölkerung des Kosovo aus. Außerdem gibt es katholische Roma und kleine Gemeinden
kroatischer Katholiken. Die Katholische Kirche umfasst 23 Gemeinden mit 35 Pries-
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tern. Das Oberhaupt der Katholischen Kirche im Kosovo ist Bischof Dode Gjergji, er
hat seinen Sitz in Pristina. In Janjeva, einst die Hochburg der Kroaten im Kosovo, und in
Letnica, einer Stätte der Marienverehrung, gibt es schon lange katholische Gemeinden
von Kroaten und Roma. Allerdings hat die Zahl der Gemeindeglieder stark abgenommen, da viele ausgewandert sind.
Die Katholiken spielen im öffentlichen Leben überall dort eine wichtige Rolle, wo
sie stärker vertreten sind, zum Beispiel in Gjakova. Die meisten katholischen Priester
der Kosovo-Albaner sind Franziskanerbrüder. Der größte Teil von ihnen hat in Bosnien-Herzegowina studiert, an der Hochschule der Franziskanerprovinz Bosna Srebrena
mit Sitz in Sarajevo. Andere haben in Kroatien und Slowenien studiert. Fast alle
albanischen Geistlichen halten die Verbindung mit Bosnien-Herzegowina oder Kroatien
aufrecht.
Am 17. Februar 2008 verkündete der Kosovo seine Unabhängigkeit von Serbien. Der
Kosovo wird bislang von 103 UN-Mitgliedsstaaten, darunter 23 Mitgliedsstaaten der
EU, anerkannt. Die KFOR sorgt auch weiterhin mit für Sicherheit im Kosovo. Im
Januar 2013 waren es noch 5.134 KFOR-Soldaten. EULEX – im Rahmen der Außenund Sicherheitspolitik der EU tätig – beobachtet und berät die Regierung des Kosovo
in allen Dingen, die die Rechtsstaatlichkeit betreffen. Dazu zählen die Polizei, die Justiz einschließlich der Gefängnisse sowie die Verwaltung. Das EULEX-Mandat endete
im Juni 2014. Seit Januar 2013 steht der Nordkosovo im Mittelpunkt der Gespräche
der Premierminister von Serbien und Kosovo. Ergebnis dieser Gespräche war eine
„erste Vereinbarung zu Prinzipien für eine Normalisierung der Beziehungen“, die am
19. April 2013 geschlossen wurde und einen fundamentalen Wandel in den Beziehungen zwischen den beiden Staaten darstellt.
Der Kosovo hat wichtige Schritte unternommen, um die Beziehungen zu Serbien
erkennbar und dauerhaft zu verbessern.5 Am 8. März 2013 startete EULEX eine gemeinsame Operation6 mit der Polizei des Kosovo und der KFOR, um einer Reihe von
Anschlägen mit Handgranaten in Nord-Mitrovica ein Ende zu setzen. Weitere Unruhen wurden nach der Paraphierung der Vereinbarung vom 19. April gemeldet. Einige
Führer der Kosovo-Serben forderten ein Referendum über die Vereinbarung und drohten, ihre Umsetzung zu boykottieren. Die Zurückhaltung und der integrative Ansatz
der Regierung in Pristina haben zusammen mit dem positiven Einfluss der serbischen
Regierung eine Eskalation verhindert. Allerdings kam es im Nordkosovo zu mehreren
Zwischenfällen. Am 19. September 2013 wurde ein Mitglied der EULEX-Truppe bei
5
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http://ec.europa.eu/enlargement/pdf/key_documents/2013/sr_spring_report_2013_en.pdf
www.eulex-kosovo.eu/en/pressreleases/0416.php
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