Brief aus Berlin – Post für Hannover

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Brief aus Berlin – Post für Hannover
Berlin, 3. Juli 2015
Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Freundinnen und Freunde,
in der letzten Sitzungswoche vor Beginn der parlamentarischen Sommerpause ging es nochmal um
sehr viel.
Am Mittwoch setzten wir uns mit dem Abbruch der Verhandlungen über die weitere Auszahlung des
Hilfsprogramms durch Griechenland auseinander. Die griechische Entscheidung für ein Referendum
hat uns überrascht. Jetzt gilt es das Ergebnis des Referendums abzuwarten und dann zu entscheiden,
welche Lösung die beste für Griechenland und Europa ist. Ich bin überzeugt, dass wir – gestärkt
durch die Reformen der vergangenen Jahre – mit jeder Entscheidung der Griechen
verantwortungsvoll umgehen werden.
Die europäische Staatsschuldenkrise war und ist vor allem eine Vertrauenskrise. Es hat das Vertrauen
der Menschen in die Institutionen und Partner gelitten. Es ist das Vertrauen der Investoren in die
Wettbewerbsfähigkeit der Eurozone gesunken. Im Laufe der Verhandlungen ist aber auch das
Vertrauen der Eurogrupoe in die griechische Regierung als Verhandlungspartner erschüttert worden.
Es gilt dieses Vertrauen wiederaufzubauen. Dazu müssen vereinbarte Regeln eingehalten werden.
Europa hat immer von dem Dualismus Solidarität und Eigenverantwortung gelebt. Deshalb ist die
Bereitschaft der griechischen Regierung, eigene Anstrengungen und Reformen in Angriff zu nehmen,
unverzichtbar. Nur so kann der Weg aus der Krise gepaart mit unserer Hilfe gelingen.
Auch unsere erste Lesung der Gruppenanträge zur Neuregelung der Sterbehilfe war von großer
Ernsthaftigkeit und Respekt vor den Menschen getragen.
Bislang ist in Deutschland die aktive Sterbehilfe (Tötung auf Verlangen gemäß §216 StGB) strafbar.
Die indirekte oder passive Sterbehilfe genauso wie der assistierte Selbstmord (Beihilfe zum Suizid)
hingegen ist straffrei. Die Straffreiheit in diesen Fällen der Sterbehilfe folgt einer
rechtssystematischen Überlegung: Wenn der Selbstmord selbst nicht unter Strafe gestellt ist, kann
die Beihilfe zum Suizid nicht strafbewehrt sein.
Wir haben uns des Themas angenommen und wollen eine Entscheidung in dieser Legislatur
herbeiführen, weil wir uns weitestgehend einig darin sind, dass die derzeitige Gesetzeslage
unbefriedigend ist. Zwei Rechte mit Verfassungsrang bilden die wichtigsten Bezugspunkte für die
argumentative Begründung in der Debatte: Das Selbstbestimmungsrecht und der Lebensschutz.
Das Recht auf freie Selbstbestimmung hat einen hohen Stellenwert in unserer Gesellschaft
eingenommen. Menschen möchten in Würde leben aber auch in Würde sterben. Deswegen wird
dem Recht auf Selbsttötung unter der Mehrheit der Abgeordneten eine große Bedeutung
beigemessen.
Das Recht der freien Selbstbestimmung ist aber nicht frei von den Umständen, in denen es ausgeübt
wird: Die aktuelle Rechtsunsicherheit für Ärzte genauso wie die Angst vor dem Tod in Schmerzen und
die mögliche Einflussnahme durch Sterbehilfevereine beeinflussen menschliche Entscheidungen.
Trotz der Bezugnahme auf ähnliche Rechtsbegriffe kommen wir Abgeordnete daher zu teils sehr
unterschiedlichen Positionen. Wir sind uns aber einig, dass die Möglichkeiten der Palliativmedizin
ausgebaut und das Hospizwesen gestärkt werden müssen.
Wir werden diese wichtigen ethischen Fragen in den nächsten Wochen weiter diskutieren und im
Herbst entscheiden, wie die Sterbehilfe fortan geregelt wird. Mehr Informationen zu den
vorliegenden Anträgen und zur Debatte finden Sie unter:
http://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2015/kw27_de_sterbebegleitung/379944.
Ich wünsche Ihnen und Ihren Familien einen schönen und erholsamen Sommer!
Mit den besten Grüßen aus Berlin
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Brief aus Berlin – Post für Hannover
Die Sitzungswoche vom 29.
Juni bis 3. Juli 2015
Aktuelle Stunde: Griechenland
Griechenland hat die Verhandlungen über die
Auszahlung der letzten Tranche des zweiten
Hilfspakets, die es mit den Institutionen EZB,
Europäische Kommission und IWF sowie der
Eurogruppe geführt hat, am Freitag, 26. Juni,
unvermittelt abgebrochen und völlig
überraschend ein Referendum angekündigt.
Damit hat die griechische Regierung Europa
und vor allem die eigene Bevölkerung in eine
schwierige Situation gebracht. In der
aktuellen Stunde am Mittwoch, 1. Juli 2015,
erklärte unsere Bundeskanzlerin, dass sich
Griechenland und die Eurozone in einer
schwierigen Lage befänden, aber diese
weiterhin lösbar sei. Sie wies auf die Stabilität
der Eurozone und der Europäischen Union
hin, die wir durch Reformen gefestigt haben,
indem wir in den vergangenen Jahren
zahlreiche Anstrengungen gemeinsam mit
unseren Partnern in der EU und Eurozone
unternommen haben. Bundesfinanzminister
Dr. Wolfgang Schäuble erinnerte in seiner
Rede an die historischen Tatsachen der
Finanz- und Staatsschulden-krise. Er
schlussfolgerte, dass nicht das Einhalten von
Regeln Europa gefährde. Sondern dass
Europa in höchste Schwierigkeiten kommt,
wenn gemeinsam vereinbarte Regeln nicht
mehr gelten und es kein Vertrauen in das
Wort der Partner geben kann. Zur
Regierungserklärung der Kanzlerin:
http://dbtg.tv/fvid/5342491.
Zur Erklärung des Bundesfinanzministers:
http://dbtg.tv/fvid/5342737
Reform der Struktur der Krankenhausversorgung
Das Krankenhaus-Strukturgesetz (KHSG)
haben wir in dieser Woche erstmals beraten.
Das Gesetz legt die Eckpunkte einer umfassenden Krankenhausreform fest. Wir führen
die Qualität als weiteres Zielkriterium bei der
Krankenhausplanung ein und stärken die
Qualitätssicherung in der stationären
Versorgung.
Zur
Verbesserung
der
unmittelbaren pflegerischen Patientenversorgung richten wir ein Pflegestellenprogramm ein, das in den Jahren 2016 bis 2018
3. Juli 2015
insgesamt mit bis zu 660 Millionen Euro
ausgestattet wird. Darüber hinaus wird die
Krankenhausführung
durch
zahlreiche
zielgenaue Maßnahmen weiterentwickelt.
Ein mit einmalig 500 Millionen Euro aus der
Liquiditätsreserve des Gesundheitsfonds
ausgestatteter Strukturfonds soll zudem die
Versorgungsstrukturen verbessern.
Zusammenarbeit im Bereich des Verfassungsschutzes verbessert
Mit dem Gesetz zur Verbesserung der
Zusammenarbeit im Bereich des Verfassungsschutzes, das wir in zweiter und dritter
Lesung beraten und beschließen, setzen wir
wesentliche Empfehlungen des NSU-Untersuchungsausschusses um: Die Zentralstellenfunktion des Bundesamtes für Verfassungsschutz wird gestärkt, indem die Landesämter
unterstützt und die Zusammenarbeit koordiniert und alle relevanten Informationen
im gemeinsamen Verbundsystem NADIS
zusammengeführt werden. So wird der
Entstehung von Informationsinseln vorgebeugt. Mit den Abfrage- und Zugriffsregelungen sowie der Vollprotokollierung werden die
Datenschutzbelange berücksichtigt. Darüber
hinaus wird ein klarer Rahmen für den
weiterhin möglichen Einsatz von V-Leuten zur
Informationsgewinnung gesetzt, indem etwa
Kriterien für zulässiges „szenetypisches
Verhalten“
oder
den
Einsatzbereich
festgelegt werden.
Wohngeldrecht und Wohnraumförderung
reformiert
Das Gesetz zur Reform des Wohngeldrechts
und Änderung des Wohnraumfördergesetzes
(WoGRefG) ist in dieser Woche im Deutschen
Bundestag beschlossen worden. Wir heben
mit dem Gesetz das Leistungsniveau des
Wohngeldes an. Einkommensschwache
Haushalte werden damit angesichts der
zunehmenden regionalen Engpässe auf dem
Wohnungsmarkt sowie der steigenden
Mieten und Heizkosten schnell, wirkungsvoll
und treffsicher entlastet. Insbesondere
Bürger mit niedrigen Renten sowie kurzfristig
Arbeitslose profitieren von der Reform.
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Karenzzeit für scheidende Bundesminister
und Parlamentarische Staatssekretäre
eingeführt
Wir haben in 2./3. Lesung das Gesetz zur
Änderung des Bundesministergesetzes und
des Gesetzes über die Rechtsverhältnisse der
Parlamentarischen Staatssekretäre geändert.
Damit wird für ausscheidende Bundesminister und Parlamentarische Staatssekretäre eine Karenzzeit eingeführt, wenn sie
bis zu 18 Monaten nach ihrem Amtsverhältnis
eine Beschäftigung außerhalb des öffentlichen Dienstes aufnehmen wollen und
Interessenskonflikte zu befürchten sind. Die
Entscheidung darüber wird durch die
Bundesregierung auf Empfehlung eines
beratenden
Gremiums
gefällt.
Dies
verhindert, dass durch den Anschein einer
voreingenommenen Amtsführung im Hinblick
auf spätere Karriereaussichten oder durch die
private Verwertung von Amtswissen nach
Beendigung des Amtsverhältnisses das
Vertrauen der Allgemeinheit in die Integrität
der Bundesregierung beeinträchtigt wird.
Neuer Mitarbeiter: Marvin Wolff
Seit Ende Juni unterstützt mich Marvin Wolff
als neuer wissenschaftlicher Mitarbeiter in
meinem Bundestagsbüro. Er kommt aus
Hannover und hat an der Leibniz Universität
Politikwissenschaft studiert. Erste Berufserfahrung hat Herr Wolff im Niedersächsischen
Landtag und bei der CDU-Fraktion in der
Bremischen Bürgerschaft gesammelt. Die
Belange des Wahlkreises kennt Herr Wolff
sehr gut, er engagierte sich dort viele Jahre
kommunalpolitisch. Ich freue mich, ihn in
meinem Team zu begrüßen!
Aus Hannover
Besuchergruppe aus Hannover zu Gast in
Berlin
Am 29. und 30. Juni 2015 folgten 50
politikinteressierte Bürgerinnen und Bürger
aus Hannover meiner Einladung nach Berlin.
Die zweitägige Informationsfahrt ermöglichte
Einblicke in die Bundespolitik und ihre
Akteure. Auf dem Programm standen die
Besichtigung des Deutschen Bundestages und
des Bundeskanzleramts sowie eine Führung
in der Gedenkstätte Deutscher Widerstand
im Bundesverteidigungsministerium (BMVg).
Im BMVg begrüßte ich die Gruppe. Wir
sprachen über Griechenland und andere
aktuelle politischen Themen.
Mit der Besuchergruppe aus Hannover
Bildrechtenachweis:
L. Chaperon; CDU/CSUBundestagsfraktion; CDU-Landesgruppe
Niedersachsen/ Arnim Linnartz; Deutscher
Bundestag/Achim Melde; Deutscher
Bundestag/Thomas Imo/photothek;
Bundespresseamt; Bundeswehr/Uwe
Grauwinkel; Bundeswehr/Uwe Grauwinkel.
Impressum:
Dr. Ursula von der Leyen, MdB
Platz der Republik 1, 11011 Berlin
www.ursula-von-der-leyen.de
Mit Marvin Wolff
3. Juli 2015

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