Kampf gegen Tabakindustrie

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Kampf gegen Tabakindustrie
Nord taz
31.08.2015
Kampf gegen Tabakindustrie
„Öko“ und ungesund
„American Spirit“ steht für ökologischen Tabak ohne Pestizide und Schadstoffe.
Bezirksamt Altona findet, damit dürfe man nicht werben.
Auch mit „American Spirit“ ist das Rauchen am Ende nicht gesund. Foto: DPA
HAMBURG taz | Mit der Zigarettenmarke American Spirit sollte die indianische
Tradition weltweit wiederbelebt werden: Natürliches Rauchen ohne chemische
Zusatzstoffe. Doch dieses Versprechen hat die Firma Santa Fe Natural Tobacco jetzt
in Schwierigkeiten gebracht.
Wegen verbotener Werbung auf Tabakprodukten leitete das Bezirksamt Altona ein
Verfahren gegen das Unternehmen mit Sitz in Hamburg ein. Die Bezeichnungen
„organic“ und „aus ökologischem Anbau“ verstießen gegen das Tabakgesetz. Und
das, obwohl der Tabak tatsächlich ökologisch gewonnen wird. Das bescheinigte das
amerikanische Landwirtschaftsministerium.
Ökologisch bedeutet, dass der Tabak ohne Pestizide und künstliche Düngemittel
angebaut wird. Damit erfüllt die Marke American Spirit auch die Kriterien der EUÖko-Verordnung.
Die Behörde kritisiert nun, dass die Marke ihren Konsumenten eine gesündere
Zigarette vorgaukle. Dass der Tabak natürlich hergestellt wird, sei egal. „Es ist
Grotesk auf den Anbau hinzuweisen“, findet Pressesprecher Armin Valet von der
Verbraucherzentrale in Hamburg. Das Image von Natürlichkeit und Gesundheit sei
irreführend für die Konsumenten.
Auch nicht gesünder
Gesünder als andere Zigaretten sind American Spirit tatsächlich nicht. Nikotin und
krebserregender Teer entstehen bei jeder Zigarette – ob vermeintlich „öko“ oder
nicht. Auch sind Filter und Papier der Tabakprodukte nicht schadstofffrei.
Qualmendes Geschäft
Jeder vierte Hamburger ist Raucher. Trotzdem nimmt laut Mikrozensusdaten des
Statistischen Bundesamtes die Raucherquote seit mehreren Jahren ab.
Im Jahr 2013 verkaufte die Tabakindustrie sechs Prozent weniger Zigaretten als im
Jahr 2011.
Santa Fe Natural Tobacco erzielt weiterhin Gewinne: 2013 machte die
Zigarettenfirma über 130 Millionen Euro Umsatz in Deutschland. Das sind 1,2
Prozent mehr als im Vorjahr.
Als Ursache wird die steigende Tabaksteuer genannt. Auch der Staat gewinnt mit
dem Tabakverkauf. Von April bis Ende Juni letzten Jahres versteuerte die
Tabakindustrie Waren im Wert von über sechs Milliarden Euro.
Dass die Produkte vom Markt müssen, stützt auch eine neue EU-Tabakrichtlinie.
Darin heißt es: Tabakprodukte dürften keine „Merkmale aufweisen, die suggerieren,
dass ein bestimmtes Tabakerzeugnis natürliche oder ökologische Eigenschaften“
habe. Die Richtlinie muss bis Mai 2016 umgesetzt werden.
Die Kritik ist nicht neu. Seit 2010 darf der Konzern in Deutschland nicht mehr mit dem
Begriff „Bio-Tabak“ werben. Erst am Donnerstag beschwerte sich die amerikanische
Lebensmittelüberwachungsbehörde „Food and Drug Adminstration“ (FDA) über das
Unternehmen. Die Begriffe „natural“ und „zusatzstofffrei“ seien irreführend. Ein
Zusammenhang zwischen den beiden Verfahren ist nach Auskunft des Bezirksamts
Altona möglich.
Die Zigarettenfirma hat bis zum 11. September Zeit, sich zu den Vorwürfen zu
äußern. „Wir werden jeden Schritt prüfen“, sagt Geschäftsführer Bernd Michahelles.
Zu einer weiteren Stellungnahme war das Unternehmen am Montag nicht bereit.

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