Antrag

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Antrag
LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN
14. Wahlperiode
Drucksache
14/5776
11.12.2007
Antrag
der Fraktion der SPD
Managerbezüge und Managerabfindungen - wir brauchen Transparenz und klare Regeln!
I.
Die Schere geht auseinander
Am 27.10.2007 erklärte der amtierende Bundesarbeitsminister Franz Müntefering anlässlich
des SPD-Bundesparteitages in Hamburg:
"Ich habe gelesen, da ist jemand, der bekommt 40 Millionen im Jahr. Der eine kriegt
100 Millionen, der andere kriegt 120 Millionen. Dass jemand da ist, der das Zehnfache
von einem anderen verdient, das kann ich mir noch vorstellen, vielleicht auch noch das
20- und 50-Fache. Dass einer 1 000-mal so gut ist wie ein anderer, das gibt es nicht;
das kann überhaupt nicht sein…
Und niemand ist so gut, dass er ohne die auskäme, die er 1 000-mal geringer bezahlt."
Am 29.11.2007 erklärte Bundespräsident Horst Köhler in einem Interview mit dem Handelsblatt:
"In der Bevölkerung gibt es das nachvollziehbare Gefühl, dass etwas nicht stimmt,
wenn die Einkommen der einen stark steigen, die der anderen dagegen eher stagnieren. Die Führungspersönlichkeiten in der Wirtschaft müssen begreifen, dass ihr Verhalten Auswirkungen auf den Zusammenhalt der Gesellschaft hat. Ich sehe eine Entfremdung zwischen Unternehmen und Gesellschaft, und ich finde, die Wirtschaft hat die
Pflicht, dem entgegenzuwirken. ... Sozialer Frieden ist allemal ein wichtiger Standortvorteil Deutschlands. Im Übrigen entscheiden Vorstände nicht selbst über ihre Gehälter. Gefragt sind also verantwortungsbewusste Aufsichtsräte und Aktionäre. Sie haben
dafür zu sorgen, dass Manager in ihren Einkommensvorstellungen nicht die Bodenhaltung verlieren."
Datum des Originals: 11.12.2007/Ausgegeben: 11.12.2007
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LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 14. Wahlperiode
Drucksache 14/5776
Am 03. Dezember 2007 erklärte Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel auf dem CDU-Parteitag
in Hannover:
Wer viel für sein Unternehmen und seine Mitarbeiter tut, der soll auch gut bezahlt werden. Was ich aber überhaupt nicht verstehe: Warum wird mit Geld überschüttet, wer
auf ganzer Linie versagt hat? Liebe Aufsichtsräte, glauben Sie, Ihre Mitarbeiter lesen
keine Zeitung? Glauben Sie, Ihre Mitarbeiter beherrschen nicht die Grundrechenarten?
Wenn ich das Versagen von Spitzenkräften mit Fantasieabfindungen vergoldet sehe,
dann sage ich: Das untergräbt das Vertrauen in das soziale Gleichgewicht unseres
Landes.
Es wird deutlich: Über die Parteigrenzen hinweg werden die Managerbezüge und abfindungen als im Einzelfall deutlich zu hoch angesehen. Die Einkommensschere geht immer weiter auseinander: Die Bezüge der DAX-Vorstände sind alleine von 2005 auf 2006 um
mehr als 16 % gestiegen - während die Reallöhne aller Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer 2006 sanken. Und das war kein Ausreißer, sondern bestätigt die Tendenz der Vorjahre.
Besserung ist nicht in Sicht. Im kommenden Jahr werden die Reallöhne - nach einer dann
dreijährigen Boomphase erstmals real steigen - um voraussichtlich 1,1%. Und es sind nicht
nur die Vorstandsbezüge. Mit noch größeren Schritten entfernen sich Vergütungen von Aufsichtsräten von den Durchschnittseinkommen.
II:
Die Regierungskommission Deutscher Corporate Governance Kodex
Die Bundesregierung hat im September 2001 die "Regierungskommission Deutscher Corporate Governance Kodex" gebildet. Die Kommission hat am 26. Februar 2002 der Bundesregierung den von ihr erarbeiteten "Deutschen Corporate Governance Kodex" überreicht. Ziel
der Kommission ist es, die in Deutschland geltenden Regeln für Unternehmensleitung und überwachung für Investoren transparent zu machen. Damit soll das Vertrauen in die
Unternehmensführung deutscher Gesellschaften gestärkt werden.
Bei deutschen Gesellschaften war im Jahre 2001 weniger die Höhe der Bezüge kritisiert
worden als die mangelhafte Ausrichtung auf Aktionärsinteressen, die mangelnde Transparenz deutscher Unternehmensführung oder die mangelnde Unabhängigkeit deutscher
Aufsichtsräte.
Der Gesetzgeber hat den im Kodex niedergelegten Prinzipien über eine reine Signalwirkung
hinaus Nachdruck verliehen: gemäß § 161 AktG müssen Vorstand und Aufsichtsrat einer jeden börsennotierten Gesellschaft jährlich eine Erklärung abgeben, in wie fern den Empfehlungen des Kodex entsprochen wird. Damit wirkt sich das Befolgen der Prinzipien unmittelbar
auf die Außendarstellung eines Unternehmens aus.
In Folge der 'Goldenen Handschläge' von Bernd Pischetsrieder bei Volkswagen und Jürgen
Schrempp bei Daimler-Chrysler ist der Kodex im Juli 2007 um eine Abfindungsdeckelung für
ausscheidende Vorstände von maximal 2 Jahresgehältern erweitert worden. Wenn das Vorstandsmitglied den Grund des Ausscheidens selbst verschuldet hat, z.B. weil er vereinbarte
Unternehmensziele nicht erreicht hat, so solle eine Abfindung entfallen. Diese Regelungen
sind jedoch vollkommen unverbindlich.
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Drucksache 14/5776
Wir müssen feststellen: Dem Unbehagen der Menschen, das mit zunehmender Entlohnung
und 'Goldenen Handschlägen' der Manager entstanden ist, hat der Kodex nicht oder nur unwesentlich entgegen wirken können. Und faktisch hat diese Transparenz nicht dazu geführt,
dass sich die Managerbezüge an der allgemeinen Lohnentwicklung anlehnten.
III.
Beschluss
Der Landtag stellt fest:
•
Managerbezüge müssen einer Offenlegungspflicht unterliegen, die Beschäftigten und
Anteilseignern Einblick in das Einkommensgefüge des Unternehmens geben.
•
Die Soll-Bestimmung des Corporate Governance Kodex zur Begrenzung von Abfindungen muss in eine gesetzlich fixierte und verbindliche Regelung überführt werden.
Dies könnte eine Regelung zur Besteuerung beim Empfänger der Abfindung oder/und bei der steuerlichen Absetzbarkeit der Abfindung bei dem jeweiligen Unternehmen sein.
Hannelore Kraft
Carina Gödecke
Rainer Schmeltzer
Marc Jan Eumann
und Fraktion
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