Praktikumsbericht Shanghai
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Praktikumsbericht Shanghai
Praktikumsbericht Bewerbungsphase Ich habe mich im August 2011 bei der Firma für ein Auslandspraktikum in Shanghai im Bereich Einkauf beworben. Zu dieser Zeit, ebenso wie im Jahr davor war ich als Ferienjobber in Aalen bei dieser Firma tätig. Die Bewerbung sollte auf Deutsch und Englisch eingereicht werden. Das Bewerbungsgespräch fand auf Deutsch statt, punktuell wurden auch Fragen auf Englisch gestellt. Vor Antritt des Praktikums bekamen wir die Möglichkeit die Abteilung im Firmenhauptsitz besuchen zu können und bekamen eine umfangreiche Werksführung und Einführung über unsere Tätigkeitsbereiche. Das Unternehmen stellt Messmaschinen für die Produktion, v.a. in der Automobilindustrie, Brillenglasherstellung, Raumfahrt und Flugzeugbau her. Vorbereitungsphase Das Visum zu organisieren war zunächst nicht ganz einfach, ich habe das Ganze dann über die „Visums-Centrale“ abgewickelt – hat gut funktioniert und war auch nicht teurer als wenn ich selber nach München gefahren wäre (ca.120€). Für ein Praktikum benötigt man ein F-Visum, Beantragung gleich für 180 Tage. Eine Verlängerung war leider nicht möglich da die chinesische Regierung neuerdings sehr streng bei den Visa ist. Krankenversichert war ich bei MLP, war sehr günstig, ca.120€ für 6 Monate. Für die Versorgung mit Geld habe ich mir von meiner Bank (VR Bank Aalen) eine Goldkreditkarte besorgt, kostet zwar 64€ im Jahr, versichert einen aber auch wenn man sie nicht benutzt und Abheben kostet pro Transaktion eine Gebühr von nur 1€. Allerdings bekam ich von der Firma am Monatsende mein Gehalt immer in Bar in RMB, deswegen war ich nicht so sehr auf das Geldabheben angewiesen. Ich habe mir einen Direktflug von Frankfurt nach Shanghai gegönnt, erst einmal nur Oneway gebucht da ich nach Ende des Praktikums noch nach Singapur geflogen bin um Urlaub zu machen– der Hinflug hat ca.550€ gekostet. Wenn man Hin- und Rückflug zusammen bucht ist es sehr viel günstiger. Unterkunft Um die Unterkunft musste ich mich zum Glück nicht kümmern, wurde von der Firma gestellt. Ich wohnte im Hotel Jinjiang Inn in der Puijian Road ungefähr 10 Gehminuten von der Metro-Haltestelle Century Park entfernt. Jeder Praktikant hatte ein Doppelzimmer für sich allein, ein Kühlschrank wurde auch noch zur Verfügung gestellt. Das Wäschewaschen wurde vom Hotel übernommen, das Geld haben wir am Ende vom Monat von der Firma zurückbekommen. Sehr gut war, dass Besuch während der Praktikumszeit kostenlos im Hotel mitwohnen durfte, war eine große Kostenersparnis. Praktikumsstelle Ich arbeitete im Bereich Einkauf sowohl operativ als auch administrativ. Ich bekam die Aufgabe eingehende Aufträge ins SAP-System zu übertragen, war wirklich nicht schwer, war eben Teil des Tagesgeschäfts. Zusätzlich bekommt jeder Praktikant noch ein individuelles Projekt. Bei mir ging es darum, dass überlegt wurde ein Consignment Warehouse in der Free Trade Zone einzurichten und es galt abzuwägen, mit verschiedenen Abteilungen zu diskutieren und zu analysieren ob es sich lohnen würde. Außerdem macht man eben alles was so ansteht, Botengänge und eben kleine Aufgaben für jeden der gerade Hilfe braucht. Einarbeitung und Betreuung waren sehr gut obwohl alle sehr beschäftigt waren. Die Kollegen waren sehr nett und zuvorkommend und immer für Fragen offen. Der Chef spricht auch fließend Chinesisch, Englisch und Deutsch, im Falle von Verständigungsproblemen konnte man sich auch immer an ihn wenden. Das Arbeitsklima ist hier allgemein sehr offen, es handelt sich um ein reines Großraumbüro, nur die Chefs haben eigene kleine Büros und es gibt größere Konferenzräume. Am Monatsende gibt es immer eine Art Team Summit bei dem alle Kollegen zusammen etwas unternehmen, z.B. Basketball oder Billiard spielen. Generell war es sehr gut, dass alle Praktikanten ziemlich nah zusammensaßen und sich die Arbeitsplätze direkt vor dem Büro des Chefs befanden – alle wichtigen Ansprechpartner waren also in unmittelbarer Nähe. Stadtprofil Generell hat es hier ungefähr die gleichen Temperaturen wie in Deutschland, im März hatte es um die 10 bis 20 Grad. Im Sommer ist leider das Problem, dass es bis zu 40° heiß werden kann und hier eine sehr hohe Luftfeuchtigkeit herrscht, das ist am Anfang sehr belastend für den Kreislauf. Also immer viel Wasser trinken und sich immer wieder hinsetzen. Man sollte aber auch die Klimaanlagen im Büro nicht unterschätzen. Am Besten Schal und Weste im Geschäft deponieren sonst wird man im Hochsommer noch krank. Was die Fortbewegung angeht ist die Metro das günstigste und geschickteste Verkehrsmittel, so schlimm wie man es von klischeehaften Videos kennt ist es zwar nicht aber Morgens und am Wochenende kann es schon ganz schön eng werden, die Leute drücken auch erbarmungslos in die Wagons bis wirklich nichts mehr geht. Platzangst sollte man besser nicht haben, Frauen sollten auch ihre Handtasche immer gut am Körper tragen, Rucksäcke würde ich nicht empfehlen. Allerdings braucht man sich auch nicht so große Sorgen zu machen, hier wird auch nicht mehr oder weniger geklaut als in allen anderen Großstädten der Welt, dafür ist Shanghai sogar vergleichsweise sicher. Ab ca.23.30 Uhr fahren keine Metros mehr, allerdings ist Taxifahren so wie alles andere auch relativ billig im Vergleich zu Deutschland, das kann man sich also hin und wieder gönnen. Man sollte aber so grob wissen wo man hinwill und wie die nächstgrößere Kreuzung heißt da die Taxifahrer auch nicht alle Straßen kennen. Man sollte sich immer etwas mitorientieren, dem Taxifahrer die Richtung anzeigen und den Eindruck vermitteln als hätte man Ahnung wo man hinwill – sonst wird man eventuell übers Ohr gehauen. Außerdem ist es ganz wichtig die angestrebte Adresse (ebenso wie die Adresse der eigenen Unterkunft) immer in chinesischen Schriftzeichen dabei zu haben, die Taxifahrer können nämlich kein Englisch! Leben in China Die Kollegen waren alle sehr nett, viele sprechen Englisch allerdings ist die Verständigung am Anfang nicht so leicht da sie in einem anderen Sprachrythmus und auch sehr leise sprechen. Jeder freut sich wenn man versucht etwas auf Chinesisch zu sagen, verstanden wird man aber selten. Man sollte die wesentlichen Dinge können, Ja/Nein, Bitte/Danke, Links/Rechts/Geradeaus, Chinesisch lernen gestaltet sich sehr schwer – auch wenn man es gut kann verstehen einen die Chinesen eher schlecht da die Europäer Probleme mit den vier verschiedenen Betonungen haben. Die Verständigung läuft meistens mit Händen und Füßen. Im Supermarkt, beim Einkaufen oder an den Ständen auf der Straße wird kaum Englisch gesprochen, es ist hilfreich die Zahlen auf Chinesisch zu können und sie auch mit den Händen zeigen zu können. Generell war das Arbeitsklima sehr locker, Dresscode gab es im Büro eigentlich keinen, alle waren leger und alltagstauglich gekleidet. Freizeittechnisch bietet Shanghai und Umgebung natürlich unglaublich viel. Es ist empfehlenswert vor Arbeitsantritt mindestens 1 Woche vorher anzureisen da zum einen der Jetlag sehr kräftezehrend ist und man ansonsten nur am Wochenende Zeit für Freizeitaktivitäten hat. Unter der Woche habe ich von 9 bis 18 Uhr gearbeitet. Die Fahrt vom Hotel zur Arbeit und wieder zurück jeweils eine Stunde gedauert. Insgesamt war ich pro Tag also 11 Stunden unterwegs, das reichte gerade um sich noch etwas zu essen zu holen und dann schlafen zu gehen. Sehr sehenswert und beliebt sind die vielen Parks die es hier gibt. Wie z.B. der Century Park (größter Park der Stadt), kostet zwar 10 RMB Eintritt, lohnt sich aber wirklich (außerdem gibt es auch Monats- und Saisonkarten), ist am Wochenende aber leider sehr voll. Im März kostete der Eintritt 20 RMB da zu dieser Zeit die Kirschbäume blühen, ist wirklich wunderschön und riecht sehr gut. Der Park hat auch gute Joggingstrecken. Solche Parks in denen sich die Chinesen für Sport und Freizeitaktivitäten treffen gibt es in der ganzen Stadt, sie sind sehr sauber und liebevoll gepflegt und herrlich zum Entspannen. Sehr schön sind auch die Uferpromenaden vom Bund und von Pudong, dort kann man tolle Spaziergänge am Wasser machen. Ich persönlich bevorzuge die PudongSeite da am Bund immer sehr viele Touristen sind weil man von dort die Skyline fotografieren kann. Für die Frauen findet sich hier das pure Einkaufsparadis, in Pudong gibt es die Super Brand Mall, das größte Shoppingzentrum Chinas, dort gibt es ausschließlich internationale Marken die teilweise auch teurer als in Deutschland sind. Auf der Nanjing Road finden sich ebenfalls viele solcher Geschäfte. Günstig einkaufen kann man auf dem Fake-Markt, dieser befindet sich in der Metro-Station „Shanghai Science und Technology Museum“, eine Haltestelle vom Century Park entfernt. Gutes Handlungsgeschick ist hier gefragt sonst wird man über den Tisch gezogen. Mit gefakten Markensachen sollte man allerdings vorsichtig sein sonst bekommen man in Deutschland beim Zoll Probleme und dann hat man nichts gespart. Fantastisch sind die Schneider hier, man kann sich maßgeschneiderte Blusen, Anzüge, Kleider für wenig Geld und ganz nach den individuellen Vorstellungen machen lassen. Hemden für Männer kosten ca.100 RMB, Blusen für Frauen 80 RMB, Sommerkleider um die 200 RMB, wirklich gute Qualität und sehr fleißige und nette Leute. In meiner Firma gab es immer mindestens drei oder vier Praktikanten, die dann teilweise wieder Freunde und Bekannte hier in Shanghai hatten, somit bekam man schnell Anschluss und viele Tipps – allein hat man am Anfang sicherlich etwas Probleme. Es ist auch empfehlenswert die Stadt am Anfang mindestens zu Zweit zu erkunden, dann findet man sich besser zurecht und hat auch im Straßenverkehr mehr Sicherheit. Rote Ampeln werden hier eher selten beachtet, es gilt das Gesetz des Stärkeren – daran muss man sich erst einmal gewöhnen und etwas abgebrüht werden ansonsten steht man ewig am Straßenrand. Fazit Man muss sagen, dass wir wirklich hervorragende Konditionen bei unserer Firma hatten. Es ist sicherlich nicht üblich für 6 Monate im Hotel zu wohnen, den Wäscheservice bezahlt zu bekommen und dann auch noch Gehalt zu erhalten (2000 RMB/Monat). So gesehen, ging es uns wirklich gut. Der einzige große Nachteil war die lange Fahrt zur Arbeit, allerdings gab es auch Praktikanten aus anderen Unternehmensbereichen die zwar näher an der Firma waren und es somit morgens bequemer hatten, allerdings waren sie dann sehr weit vom Stadtkern entfernt und hatten dann am Wochenende und beim Abends weggehen den Nachteil. Ich würde ohne Zweifel jederzeit wieder dieses Praktikum antreten, ich habe viele Erfahrungen gesammelt und mein Zuhause in Deutschland wirklich mehr zu schätzen gelernt. Tipps - Niemals Geld am Flughafen wechseln, der Wechselkurs ist furchtbar! - Wenig Euro mitnehmen, vom Konto abheben ist günstiger als wechseln. - Nicht viel Gepäck mitnehmen, Platz für Einkäufe lassen. - Große Reiseapotheke mitnehmen, wer versichert ist muss sich zwar keine Sorgen machen wenn er mal zum Arzt muss aber zunächst muss man die Rechnungen selber bezahlen, das können dann auf einmal schon 300€ oder mehr sein. - Wenn man Heim kommt immer Hände waschen, versuchen die Handläufe in der U-Bahn zu vermeiden (ich habe immer meinen Ärmel runtergezogen) und sich möglichst wenig ins Gesicht fassen bzw. nicht mit den Händen essen. - Für Mädels: Nehmt ausreichen Kosmetik mit, ausländische Produkte sind hier sehr teuer und die chinesischen Sachen sind meistens mit Whitening. - Was das Essen angeht muss man hier sehr tolerant sein, wenn man etwas bestellt ist es meistens eine Überraschung was man bekommt und teilweise ist auch nicht ganz ersichtlich was man da isst. - Die Internetseite smartshanghai.com ist sehr hilfreich ebenso wie die App Shanghai Wow fürs Handy. - Gaffende Blicke ignorieren – als Nicht-Asiate fällt man hier auf wie ein bunter Hund, die Leute drehen sich nach einem um und glotzen ohne Scham. - Ansonsten muss man eigentlich keine Angst haben auch mal durch die weniger touristischen Gebiete zu laufen, man fühlt sich auf den Straßen sehr sicher. - Sim-Karte fürs Handy bei Unicom holen – geht problemlos und kostet für Internetflat (300MB) und einige Freiminuten und Frei-SMS pro Monat 66 RMB. - Sich an die Kameras gewöhnen – hier gibt es Überwachung rund um die Uhr, überall Sicherheitsleute, man merkt schon einen großen Unterschied zu Deutschland.