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Milena Oda - www.milenaoda.com
Copyright © Milena Oda 2009
Bericht aus Iowa-City - von Milena Oda
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Milena Oda war im Jahre 2011 (August - November) Teilnehmerin am "International Writing Program"
der University of Iowa/USA.
Erschienen in der "Landeszeitung - Zeitung der Deutschen in Böhmen, Mähren und Schlesien" 2011.
In Iowa City als deutsche Schriftstellerin.
Iowa und Iowa City! Wer hat schon mal von diesem Land und von dieser Stadt gehört? Ich kenne die
USA ziemlich gut, aber unter dem Land IOWA konnte ich mir lange nichts nichts vorstellen. Wo liegt es?
Wie kam es, dass ich Iowa City jetzt kenne? Es liegt in Midwest, wie man in den USA sagt, etwa 350 km
von Chicago entfernt. Und kennenlernen wollte ich diese Stadt, weil ich nach Iowa City als Teilnehmer
eines prestigereichen Programms, des International Writing Program, kurz IWP, eingeladen wurde. Man
hört oft, dass Iowa keine bezaubernde Naturschönheit ist, aber viele wissen nicht, welche geistige
Schönheit sich hier versteckt! Welche Überraschung habe ich erlebt, als ich die Stadt erreicht habe und 35
Autoren aus aller Welt auf einmal und an einem Ort – in Iowa City – kennen lernen konnte!! Jeder hatte
eine andere Ausstrahlung und jeder hatte in seinem Herkunftsland einen anderen Stellenwert als Autor,
Schriftsteller, Dichter… Doch fast alle galten in ihrem Land als wichtige Träger ihrer Kultur. Ich wurde
zum Träger der deutschen Kultur. Ich vertrete hier Deutschland, als deutsche Schriftstellerin werde ich
von der deutschen Max Kade Foundation unterstützt. Ich verleugne aber keinesfalls meinen tschechischen
Hintergrund, meine Seele bleibt immer geteilt in zwei, in einen tschechischen und in einen deutschen
Teil.
Das IWP genießt in den USA großen Ruhm, wie ich von vielen Amerikanern erfahren habe, in
Deutschland ist es noch unbekannt, auch wenn von dort bereits einige zeitgenössische junge deutsche
Autoren wie Sasa Stanisic oder Kristof Magnusson eingeladen wurden.
Das renommierte International Writers Program wurde 1967 von Paul Engel und seiner chinesischen Frau
gegründet. Er musste sehr viele Sponsoren auftreiben, um dieses kostspielige und zugleich sehr
motivierende Projekt ins Leben zu rufen und über so viele Jahre am Leiben zu halten. 1970 wurde er
wegen dieses Program für den Friedensnobelpreis nominiert. Mittlerweile werden seit 30 Jahren jedes
Jahr etwa 35 Autoren aus aller Welt aus den Bereichen Fiction, Non-Fiction, Lyrik und Theater für etwa 3
Monate eingeladen. Wir wohnen in Hotels, haben ein eigenes Zimmer mit Bad, wo zwei Tische, Stühle,
ein Bett, ein Kühlschrank und eine Mikrowelle zur Verfügung stehen. Keine Küche, wir müssen entweder
in der Mikrowelle kochen oder draußen essen. Zeit zum Schreiben ist hier genug, die Stadt lenkt mich
nicht ab. Ich bin hier in der Tat glücklich. Sicherlich, es gehört schon jetzt zu einem wichtigen Teil
meiner Lebenserfahrung.
Was tue ich hier und was wird von mir erwartet? Im Rahmen des Programms nehmen wir an
verschiedenen Veranstaltungen teil. Wir selber werden wiederum auch ein Teil der Veranstaltungen von
unterschiedlichen Institutionen. Während des Aufenthalts hatte ich mehrere Lesungen im Rahmen des
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Programms sowie auch außerhalb der Universität und der Stadt. Zum Beispiel zwei Lesungen am Institut
für Germanistik und Komparatistik der Universität von Iowa, und hielt Vorträge über meinen Weg als
Schriftstellerin, die zwischen zwei Kulturen lebt. Was für viele sehr an und aufregend zu sein schien. So
wird für die amerikanische Zuhörer Europa vielfältiger und ist nicht mehr nur ein klumpiger Kontinent
auf der Weltkarte. Außerdem wurde ich zur Lesung in das „German –American Heritage Center“ nach
Davenport und nach Grinnell eingeladen. Das private College Grinnell und vor allem der deutsche
Lernstuhl genießen landesweit einen sehr guten Ruf. Auch im Rundfunk der USA war ich aktiv, für das
Radio von Iowa las ich meinen Essay Dog´s Freedom über die Freiheit des Schriftstellers in der heutigen
Welt (siehe auf meiner Webseite unter English Essays), den ich auf Englisch für die Podiumsdiskussion
in der Public Library geschrieben hatte. Es glückte mir sogar, eine Autoren-Stimme im Hörspiel über den
Gründer Paul Engel. Weiterhin biete ich Studenten mit meinem Werk Gelegenheit, Kredite zu bekommen
und zugleich mit mir als Autorin persönlich zusammenzuarbeiten. Drei Studenten vom Fach Media Art
und Literatur schreiben die über mich die Arbeit, drehten ein Video, ein Germanistikstudent möchte
meinen Roman auf Deutsch und eine Studentin meine Gedichte, die ich auf Englisch schrieb, analysieren.
Und auch bereichere ich mich durch die Übersetzungsarbeit meines Theaterstücks „Mehr als Meer“ ins
Englische.
Das IWP bereitete für uns großzügige Reisen durch die ganze USA vor, wie z.B. nach San Francisco,
oder Santa Fe und Portland, Chicago, Washington und New York. Und immer hatte es mit Literatur zu
tun. In San Francisco las ich im Adobe Bookstore einen Auszug der englischen Übersetzung meines
Romans, auf Deutsch erschienen unter „Nennen Sie mich Diener“. In Chicago besuchten wir die
Foundation Poetry, eine einflussreiche Institution für die Lyrik und teils Prosa. Ich persönlich nahm an
der großen Demonstration von der frisch ins Leben gerufenen Bewegung „Occupy Chicago“ teil und
besuchte das Goethe Institut, das sehr zentral liegt und sich ganz aufgeschlossen gegenüber der
Öffentlichkeit gibt. In Washington wurde ich ins Theater eingeladen und in New York traf ich auch
Autoren. Doch das Prägende für mich war vor allem das Zusammentreffen von unterschiedlichen Autoren
aus aller Welt. Jedes Gespräch hatte immer eine unglaubliche Kraft in seiner kosmopolitischen
Vielseitigkeit.
Nirgendwo habe ich solch eine Dichte an Autoren, Schreibgierigen und Lesern getroffen wie hier. Es
pulsiert hier von der Literatur! Vom Schreiben! Hier schreibt und liest jeder. Neben unserem Programm
wird hier auch seit mehr als dreißig Jahren ein zweijährige Studium, den Creative Writers Workshop für
alle Genres angeboten. Jährlich werden 100 Studenten angenommen. Kein Wunder, dass Iowa City als
eine der fünf Cities of Literature bei UNESCO verzeichnet ist. Es ist ein Geheimtipp für Autoren aus aller
Welt, hier mal als Student oder als Teilnehmer des IWPs zu verweilen; es ist eine große Freude hier zu
sein! Eine lebenslange Bereicherung. Wenn ich zurück in Europa bin, werde ich mich immer freuen, über
das geheimnisvolle, unbekannte Iowa City zu hören. Diese Stadt wird für mich immer den Namen
Literatur City tragen.
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