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Nr. 4
Der Börsenbrief für Zertifikate & Fonds
2. April 2012
INHALT
1
Die Zombie-Fabrik
3
Blockbuster
4
Der Monat
6
In Treue fest
10
Aufgefallen
Rettungsboote für Euro-Land
Zum Anklicken empfohlen
In vier Wochen um die Welt
Der Preis der Öl-Hausse
Editorial
Klappe zu, Affe tot
Früher saßen Affen vor dem Zirkus und begrüßten die
Besucher. Starb ein Tier, wurde die Klappe der Kiste
geschlossen. Soll heißen: „aus und vorbei“. Heißt aber . . .
Plus: Chart der Woche
S
11
Lexikon
CFDs oder Differenzgeschäfte sind immer
mehr im Kommen. Neben flinkenTradern
nutzen sie auch Vermögensverwalter.
Näheres zumThema vom ETX-CapitalSpezialisten Hannes Schadek
QUELLE: ZEROHEDGE.COM; FOTO: DREAMSTIME
13
Zur Sache
Mitglieder des Verbands unabhängiger
Vermögensverwalter melden sich zu Wort.
Diesmal: Johannes Hirsch
Unser Auftritt
FOCUS-MONEY ist bei Facebook vertreten –
und zwar unter:
WWW.FACEBOOK.COM/FOCUS-MONEY
Darüber hinaus haben wir eineTwitter-Seite:
WWW.TWITTER.COM/FOCUS_MONEY
ie sind die letzte und beste Verteidigungslinie einer Idee, die
manche schon als gescheitert angesehen haben. Die Rettungsfonds
mit den einprägsamen Namen
ESM und EFSF retten Mitglieder
der europäischen Währungsunion,
schrecken den hinterlistigen Spekulanten ab und beruhigen so die
Finanzmärkte.
Was mit einem unscheinbaren
Rettungsring begonnen hatte, mutierte in den vergangenen Jahren zu einem Rettungsboot, das
unter der Last der vielen Milliarden Euro bedrohlich schwankt.
Aus 500 Milliarden wurden jüngst
stolze 800 MILLIARDEN, von denen Deutschland die Hauptlast
trägt. 280 Milliarden
sollen es jetzt sein –
natürlich nur, wenn
alles
schiefgeht
und alles ausfällt.
Aber das geht nicht
– sagen die Weisen aus dem Morgenland. Und wer
möchte ihnen widersprechen?
Nicht übersichtlicher wird die
Sache, wenn man hört, dass die
OECD sogar eine Billion Euro
für die Körbe fordert. Klappe zu,
Affe tot? Aber entweder klemmt
die Mechanik, oder das Tierchen
ist ein Zombie. Nie hörte die
Welt aus dem Wort „basta“ das
Endgültige heraus. Warum auch?
Regelmäßig folgte die Fortsetzung.
Wem der ganze Aktionismus
nützt, liegt freilich auf der Hand.
Schließlich retten die Milliarden so
manches Land der Währungsunion und können auch noch wichtige Banken rekapitalisieren. So
gesehen macht es natürlich Sinn,
wenn die internationalen Börsen
nach oben streben und die Rohstoffe teurer werden. Aber ein
schaler BEIGESCHMACK bleibt: Nie
zuvor rettete so viel Geld so wenige vor dem Absturz. Wer sich die
Kreditnachfrage in Europa anschaut, ahnt, wie viele Wirtschaftssubjekte derzeit nicht unter dem
Füllhorn stehen (s. Grafik u.).
Aber wer sind wir, das in Frage
zu stellen, was die Elite als Ultima Ratio feiert? Kleinmütige und
Kleingeister, die irritiert etwa auf
Spanien starren, nicht wissend,
dass die Iberische Halbinsel dank
der Rettungsfonds schon gerettet
ist, bevor der Landstrich „Holland
in Not!“ schreien kann.
Wenig Lust
Die Kreditnachfrage europäischer
Unternehmen geht zurück. Insbesondere die kleinen Firmen zeigen wenig
Lust, neue Schulden zu machen. Das
mag man Deleveraging nennen oder
die Furcht vor einer längeren Rezession.
Kreditbedarf von
Unternehmen in Europa
%
Nettoanteil der Banken, die erhöhten Bedarf melden
30
10
–10
große Unternehmen
kleine Unternehmen
2003 04 05 06 07 08 09 2010 11 2012
–30
–50
ZUR SACHE
Nr. 4
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2. April 2012
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Die Fakten
Geschäftsführer: Johannes Hirsch
Gründung des Unternehmens: 2001
Internet-Seite: www.antea-fonds.de
„Alles wird gut?“
Mitglieder des Verbands unabhängiger Vermögensverwalter
äußern sich an dieser Stelle. Diesmal: Johannes Hirsch
Das verspricht Spannung: Die anstehenden Wahlen für die griechische Regierung und für den französischen Präsidenten werden erhebliche Bedeutung haben. Was tun, Anleger?
Die Übergangsregierung Papademos hat zwar
sämtliche geforderten Gesetze verabschiedet. Das
sagt jedoch noch nichts über deren Akzeptanz bei
den Wählern. Bei der Umsetzung der Gesetze könnten die Beschlüsse faktisch torpediert werden. Umgekehrt ist theoretisch auch ein völliger Wandel
Griechenlands denkbar, das, in der Übergangszeit von Transferzahlungen gestützt, zu blühenden
Landschaften wird.
In Frankreich strebt der sozialistische Kandidat Hollande Neuverhandlungen beim bereits beschlossenen Fiskalpakt an und erhielt dabei Unterstützung von der deutschen SPD. Das wäre eine
völlig andere Richtung als bei Merkel/Sarkozy.
Der Ausgang dieser Wahlen ist nicht klar, weshalb wir uns nur mit Szenarien auseinandersetzen
können. Dabei werden derzeit fünf diskutiert:
1. Fiskalunion mit Orientierung an Deutschland
2. Inflation erheblichen Ausmaßes
3. Währungsreform
4. Aufspalten des Euro
5. Szenario „Alles wird gut“.
Szenario 1
Im ersten Fall wird die derzeit unterschiedliche Situation der Euro-Länder vereinheitlicht auf
deutschen Standard. Betroffen sind also Neuverschuldung, Steuersätze und Sozialstaat (Arbeitsmarkt, Renteneintritt). Dies wirkt wirtschaftlich
restriktiv.
In der Konsequenz sinkt die Binnennachfrage.
Das können die BRIC-Staaten und Asien nicht alles ausgleichen, die USA erst recht nicht. So kommt
es zur Stagnation oder gar Rezession (wenn Staaten
dann insolvent werden, ist das übrigens ein ganz
normaler Vorgang, den Griechenland seit seiner
Unabhängigkeit vom Osmanischen Reich 1830
bereits fünfmal erlebte).
Für ein solches Szenario sprechen die Durchsetzungskraft von Frau Merkel, der bisherige Schulterschluss mit Frankreich und die Akzeptanz der
bonitätsstarken Länder.
Dagegen spricht das Ausmaß des Anpassungsbedarfs vieler Länder: Wie groß war bereits bei uns der
Widerstand gegen die Agenda 2010? In Frankreich
und erst recht in Griechenland ist das Ausmaß aber
noch wesentlich größer.
Wichtig ist auch die jeweilige Mentalität, die häufig nicht kompatibel mit solchen Reformen ist. Und
DIE MEINUNG DES VERMÖGENSVERWALTERS MUSS NICHT MIT DER MEINUNG DER REDAKTION ÜBEREINSTIMMEN!
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2. April 2012
auch ein Widerstand gegen Fremdeinflüsse ist üblich, erst recht bei deutscher Herkunft.
Was bedeutet das für den Anleger? Wenn die
Wirtschaft schlecht läuft, verdienen Unternehmen
weniger. Schlechte Vorzeichen für Aktien und Private Equity. Auch die Nachfrage nach Industrierohstoffen sinkt. Eine Deflation führt zu fallenden Mieten und niedrigeren Immobilienpreisen. Auch das
Umfeld für Waldinvestments wird negativ.
Bei sinkenden Preisen bedeutet bereits der nominelle Erhalt des Vermögens real einen Zuwachs.
Deshalb ist unverzinste Liquidität ein interessantes Investment. Bei Anleihen winken durch die Zinsen noch Kursgewinne (der Schuldner muss aber
auch zahlen).
Gold hat den Nachteil, keine Zinsen zu zahlen. Je niedriger diese aber sind, umso geringer ist
der Nachteil. Zusätzlich spricht der Mythos des
Krisenmetalls für Gold. Bei Agrarrohstoffen sorgt
die wachsende Weltbevölkerung für steigende
Nachfrage.
Hedge-Fonds können von jeder Phase profitieren, aber auch in jeder verlieren. 2008 trennte sich
recht gut die Spreu vom Weizen, dadurch lassen
sich ohne viel Aufwand aussichtsreiche Investments finden.
Szenario 2
Alternativ zur nominellen Reduktion der Staatsschulden steht die reale durch Inflation. Dafür
spricht die Geldpolitik der neu zusammengesetzten EZB-Spitze. Draghi begann ja gleich mit zwei
Zinssenkungen, argumentierte dabei nur via Konjunktur (und nicht via Inflation) und flutete international koordiniert Anfang Dezember billiges Geld.
Die Käufe der Staatsanleihen betrugen zwar „nur“
(im Vergleich zur Fed) gut 200 Milliarden Euro,
stattdessen erhielten die Banken aber mehr als
1000 Milliarden Euro dafür.
Dagegen sprechen die sozialen Folgen: In
Deutschland erhalten mehr als 40 Prozent der Bevölkerung staatliche Zuwendungen in Form von
Sozialhilfe, Kindergeld, Wohngeld, Rente oder sonstigen Leistungen. Wenn die weniger steigen als
die Inflation, sinkt real die Kaufkraft.
Das ist schlecht für Unternehmen, auch wenn sie
für ihre veräußerten Waren mehr erlösen und ihre
Maschinen und Firmengelände nominell an Wert
gewinnen. Bei Aktien ist also zu differenzieren.
Klassische Inflationsgewinner sind Sachwerte wie
Immobilien, besonders wenn sie mit Kredit unter-
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legt sind (hier sitzt man mit dem Staatsziel in einem
Boot). Auch bei Private Equity kommt es meist zur
Kreditaufnahme, dabei ist jedoch die Rückzahlungsfähigkeit zu beachten. Edelmetalle sind wie Rohstoffe bekannte Profiteure von Inflation. Auch Waldinvestments eignen sich zum Erhalt des Realwerts.
Liquidität behält zwar ihren nominellen Wert, der
reale sinkt jedoch. Bei Anleihen drohen zusätzlich
Kursverluste. Ein guter Gedanke wären inflationsindexierte Anleihen, wenn es nicht den Einfluss auf
die Berechnung der offiziellen Inflationsrate gäbe.
Szenario 3
Häufig genug mündete eine inflationäre Phase
in die dritte Möglichkeit: eine Währungsreform mit
dem Verschwinden aller Schulden. Jedoch müsste
sich eine neue Währung Vertrauen erst erarbeiten,
was viele eigene Schwierigkeiten bringt.
Dieser Fall hängt stark von der Durchführung ab.
1948 bei der Einführung der D-Mark wurde das
„alte Geld“ wertlos. Die Gegenmaßnahme war also
einfach: Geldforderungen aller Art (z. B. Kontoguthaben, Festgeld oder Anleihen) weglassen und
Anlageklassen mit realem Gegenwert vertrauen.
Szenario 4
Eine partielle Währungsreform wäre das Aufspalten des Euro. Dies könnte durch den Austritt
Schwacher oder auch Starker kommen. Denkbar ist
auch eine Aufteilung in Nord- und Süd-Euro, womöglich kommen dann Dänemark, Norwegen und
die Schweiz hinzu.
Dafür spricht die Realität, weil Gleiches zu Gleichem kommt. Dagegen spricht die Zielsetzung des
Euro: Er sollte Europa ja einigen und auf Augenhöhe mit China und den USA bringen, weshalb ihm
möglichst viele Länder angehören sollen. Dagegen
spricht auch der Wille der derzeit Bestimmenden.
Für den Anleger klingt es nun einfach, sich in den
starken aufwertenden Währungen zu engagieren
und die schwachen zu meiden. Bei Abwertungen
zu EWS-Zeiten oder beim Austritt des britischen
Pfunds aus dem EWS oder der Argentinien-Pleite
waren Aktien der Abwertungsländer jedoch gute
Investments. Zu beachten sind zudem der Target2Saldo in Höhe von mehr als einem Viertel der gesamten deutschen Staatsverschuldung und ein
denkbarer Banken-Run in Südeuropa.
Szenario 5
Alle vier Szenarien klingen so negativ. Deshalb
kommt jetzt „Alles wird gut“ mit einer Mischung
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2. April 2012
aus restriktiver Fiskalpolitik und expansiver Geldpolitik.
Dabei vergibt die EZB weiter Darlehen an Banken. Früher gab es das ja nur für kurze Laufzeiten,
inzwischen erfolgt es für drei Jahre. Kommen demnächst noch fünf oder auch acht Jahre? So könnten die Banken weiter Staatsanleihen kaufen und
recht geräuschlos wieder aufgepäppelt werden
(wie die US-Sparkassen vor 20 Jahren). Alle neuen
Staatsanleihen finden so Käufer. Parallel dazu
werden überall Haushalte und Sozialstaat in Ordnung gebracht.
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Szenario 4
Für das Szenario des „Aufspaltens
des Euro“ eignet sich ein Blick auf die
Zeit, als das britische Pfund 1992 aus
dem europäischen Währungssystem
austrat. Der FTSE stieg deutlich an.
FTSE-100 Großbritannien 1992
%
Entwicklung seit 1.9.1992
+20
+15
+10
+5
Preis für 1 britisches Pfund in Euro
FOTO: FOTOLIA
Für dieses Szenario spricht das Verschwinden der
akuten Probleme. Dagegen spricht die mangelnde
Erfahrung dabei. Im Versuchsfeld Großbritannien
sehen wir zudem die höchste Arbeitslosenquote der
vergangenen 17 Jahre.
Der Anleger bräuchte dann jedoch keine sicheren Häfen mehr. Das wäre negativ für Bundesanleihen, aber gut für Unternehmens- oder Wandelanleihen. Auch Aktien werden begünstigt, wie das
vergangene Jahr gezeigt hat: Da fiel der Dax bei
restriktiver Geldpolitik 15 Prozent, während in den
USA der Dow Jones bei expansiver Geldpolitik fünf
Prozent stieg.
Die Gewinner von morgen
1992
SEP
0
–5
OKT
NOV
DEZ
Szenario 5
Anfang 1990 tobte in den USA die
Sparkassenkrise. Die Banken wurden
aufgepäppelt, was letztlich den börsennotierten Finanzinstituten und dem
S&P-500-Index half.
Bankenkrise in den USA 1990 bis 1992
%
Entwicklung seit 1.10.1990
+120
QUELLEN: ANTEA, THOMSON REUTERS DATASTREAM
JP Morgan
Immobilien und Waldinvestments sollten ruhige
stetige Erträge abwerfen und Rohstoffe sich weiter
erholen. Private Equity sollte von Nachholeffekten
besonders profitieren.
Ist aber „Alles wird gut“ mehr als ein theoretisches Gebilde, oder führt es in der Praxis doch nur
zu Inflation? In jedem Fall ist der Anleger gut beraten, nicht alles auf eine Karte zu setzen. Risikostreuung und die Möglichkeit, flexibel agieren zu
können, sind heute essenziell.
+80
+40
0
S&P-500
OKT
1991
JAN
„Gegner glauben, uns zu widerlegen, wenn sie ihre Meinung
wiederholen und auf die unsrige
nicht achten“
Johann Wolfgang von Goethe,
deutscher Dichter (1749–1832)
DIE MEINUNG DES VERMÖGENSVERWALTERS MUSS NICHT MIT DER MEINUNG DER REDAKTION ÜBEREINSTIMMEN!
1992
JAN
–40
JUL

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