Diabetes Mellitus Typ II Einleitung Ursache, Symptome und
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Diabetes Mellitus Typ II Einleitung Ursache, Symptome und
von Rita Höbarth, Geriatric Sjukhuis Aland Diabetes Mellitus Typ II Einleitung Unter dem Begriff Diabetes Mellitus (griechisch: "honigsüsser Durchfluss") werden verschiedene Stoffwechselkrankheiten verstanden, bei denen es zu einer dauerhaften Erhöhung des Blutzuckerspiegels (Hyperglykämie) bzw. zum Unvermögen zugeführte Kohlenhydrate zu verwerten (Glucosetoleranzstörung) kommt. Dabei wird beim sogenannten Typ I (= IDDM oder Insulin dependent diabetes mellitus) aufgrund eines Zusammenwirkens von Erbfaktoren, Virusinfektionen und Autoimmunerkrankung kein eigenes Insulin gebildet oder es wird - beim Typ II ( = NIDDM oder Non insulin dependent diabetes mellitus) - das an sich genügend vorhandene Insulin ungenügend freigesetzt, bzw. seine volle Wirkungsentfaltung an den Muskel- und Leberzelllen verhindert. Im folgenden Beitrag beschreibt die Autorin den, bei älteren Menschen häufig vorkommenden Diabetes Mellitus Typ II, sowie die damit verbundene medizinische und diätetische Therapie und versucht einige pflegerische Strategien im Umgang mit, insbesondere verwirrten bzw. mit der Krankheit überforderten, älteren Menschen aufzuzeigen. Ursache, Symptome und Diagnose des Diabetes Mellitus II Die Ursache des Diabetes Mellitus II kann sowohl eine angeborene, als auch eine erworbene Insulin - Unempfindlichkeit sein, was den Ausdruck "Altersdiabetes" eigentlich nicht korrekt erscheinen lässt. Interessant ist, dass die Krankheit vor allem in Kulturen und Zeiten, in denen die Ernährungssituation der Bevölkerung überdurchschnittlich gut ist, häufiger auftritt. Eine überreiche Aufnahme von insbesondere kohlehydrat- und glucosereicher Nahrung führt zu einem vermehrten Glucoseangebot, wodurch auch der Insulinspiegel im Blut ansteigt. In weiterer Folge sinkt die Insulinsensibilität, was ein neuerliches Ansteigen der Insulinproduktion zur Folge hat. Dieser Circulus Vitiosis führt auf lange Sicht zu einer Erschöpfung der Betazellen im Pankreas - es entsteht ein Diabetes mellitus Typ-II. Typ IIa und Typ IIb Prinzipiell wird dabei, was für die verschiedenen therapeutischen Ansätze wichtig ist, der Typ IIa vom Typ IIb unterschieden. Beim Typ IIa (oft sehr schlanke Patienten) liegt ein tatsächlich vorhandener relativer Insulinmangel vor, beim Typ IIb (diese Patienten sind meist deutlich übergewichtig) ist die Insulineigenproduktion zwar ausreichend, es dominiert aber eine Insulinverwertungsstörung, Die Symptome des Diabetes Mellitus II sind abhängig vom Grad des Insulinmangels und dem Ausmaß der daraus resultierenden des Diabetes Mellitus II sind abhängig vom Grad des Insulinmangels und dem Ausmaß der daraus resultierenden Stoffwechselveränderungen. Vor allem zu Beginn der Krankheit, können sie ganz fehlen, so dass sich die Patientin gesund fühlt und die Diagnose oft eine Zufallsfeststellung ist. Typische Symptome, die sowohl isoliert als auch kombiniert auftreten können sind starker Durst, Mattigkeit, vermehrtes Wasserlassen, Juckreiz, Heisshunger, Sehstörungen und Infektanfälligkeit - in der Regel Syndrome, die in der Praxis des geriatrischen Alltags oft übersehen oder in ihrer Bedeutung als Diabetes-Symptome nicht erkannt werden. Diagnostisch bestätigen Blut- und Harnzuckerbestimmungen den Verdacht. Dabei wird folgendermaßen unterschieden: Bei einem Nüchternblutzucker von 126 mg/dl spricht man von einer diabetischen Stoffwechsellage Ein manifester Diabetes liegt vor, wenn der Nüchternblutzucker über 120 mg/dl und der postprandiale Blutzucker über 180 mg/dl liegt Ein Diabetes mellitus liegt vor, wenn im kapillären Vollblut der Nüchternblutzucker über 120 mg/dl, der 2-Stunden-Blutzuckerwert über 200 mg/dl beträgt Eine lediglich pathologische Glucosetoleranz liegt vor, wenn der Nüchternblutzucker unter 120 mg/dl, der 2-Stunden-Blutzucker zwischen 140 und <200 mg/dl liegen. Kein Nachweis für eine Glucoseverwertungsstörung besteht, wenn sowohl Nüchternblutzucker unter 120, als auch 2-Stunden-Blutzucker unter 140 mg/dl liegen Ein wichtiger Wert, der eine Aussage über die Blutzuckereinstellung der letzten acht bis zehn Wochen erlaubt, ist der HbA1c-Wert, der unter 7% liegen sollte und den Prozentanteil des an Glucose gebundenen roten Blutfarbstoffes angibt, welcher normalerweise bei 4-6% liegt und direkt vom Blutzucker abhängt. Dadurch kann auch die Effektivität der Therapie sowie die Compliance des Patienten gut kontrolliert werden Folgekrankheiten, Prognose und Komplikationen Durch langfristig hohe Blutzuckerwerte kommt es zu Makro- als auch Mikrooangiopathien, also zu Schädigungen sowohl der grossen wie auch kleinen Blutgefässe, welche wiederum zu weiteren schweren Erkrankungen führen können: Diabetische Retinopathie: Arteriosklerotische Veränderungen der Netzhautgefässe, die bis zur Erblindung führen können Diabetische Nephropathie: Arteriosklerotische Veränderungen der Nierengefässe, die so gut wie immer zu einer Hypertonie führen und bis zum Nierenversagen führen können Diabetische Neuropathie: Durchblutungsstörungen der Nerven, die zu Sensibilitätsstörungen, Missempfindungen und Schmerzen führen "Diabetischer Fuss": Durch die Durchblutungsstörungen entstehen Geschwüre und offene, schlecht heilende Wunden, die unter Umständen sogar Amputationen notwendig machen Infarkte und Insulte: Insbesonders Herzinfarkte und Schlaganfälle haben neben Rauchen, Hyperlipidämie und Hypertonie sehr oft Hyperglykämie zur Ursache - so sterben etwa 50% aller Diabetikern an den Folgen eines Herzinfarktes. Die Prognose ist stark davon abhängig, inwieweit es gelingt, den Blutglucosewert einzustellen. Beim Typ-II-Diabetes wird der Verlauf hauptsächlich durch die Folgen der Gefäßschäden bestimmt. Etwa drei Viertel der Patienten sterben an vaskulären Komplikationen. Die Prognose der Diabeteskranken könnte entscheidend verbessert werden, wenn es gelänge, das allgemeine Wohlstandssyndrom, das aus Fehl- und Überernährung, Bewegungsmangel und Disstress besteht, positiv zu beeinflussen. Ein wichtiger Ansatz hierzu ist zweifellos die Ernährung. Ausmass und Art der Kost, die Diabetiker einhalten sollen, sind im Prinzip auch vielen Nicht-Diabetikern als prophylaktische Massnahme anzuraten. Als Komplikationen stehen das sogenannnte Diabetische Koma und der Hypoglykämische Schock im Vordergrund. Beides sind lebensgefährliche Komplikationen in denen rasches und vor allem richtiges Handeln seitens der Pflegepersonen massgeblich sind. Leider zeigt die Praxis, dass vielen Pflegenden oft nicht einmal die unterschiedlichen Symptome von Hypo- und Hyperglykämie bekannt sind. Regelmässige Updates zu diesem Thema im Rahmen der innerbetrieblichen Fortbildung sollten unbedingt zum Standard jeder geriatrischen Station gehören. Coma Diabeticum Das Diabetische Koma ist von einer extrem hohen Konzentration der Blutzuckerwerte gekennzeichnet, wobei zwischen einem ketoazidotischen Koma, das vor allem beim Diabetes Melittus vom Typ I auftritt und dem beim Typ II dominierenden hyperosmolarem Koma unterschieden wird. Wie das ketoazidotische ist auch das hyperosmolare Koma sowohl als Erstmanifestation wie auch als Folge von Diät- oder Therapiefehlern möglich. Die extreme Blutzuckererhöhung (oft weit über 600mg%) führt dabei zu einer ausgeprägten Glykosurie mit hohen Elektrolytverlusten. Im Gegensatz zum ketoazidotischen Koma reichen aber die vom Körper selbst produzierten Insulinmengen noch, um eine Lipolyse und eine damit verbundene Azidose zu hemmen. Die Symptome beider Koma-Arten ähneln einander sehr: Nach einem, manchmal sogar Tage dauernden Stadium mit Polyurie, extremen Durst, Schwäche und Übelkeit kommt es zu einer zunehmenden Bewusstseinstrübung. Wer nun nach den, aus dem Schulunterricht noch bekannten Symptomen Kussmaul - Atmung und Azetongeruch sucht, wird oft nicht fündig werden - diese treten meist nur beim ketoazidotischen Koma auf - Diabetiker vom Typ II erleiden aber meist zuerst ein hyperosmolarisches Koma, welches durch Zeichen des Volumenmangels imponiert: Exsikkose, Tachykardie, Blutdruckabfall und warme, trockene Haut! Jedoch Vorsicht: Auch Typ II - Diabetiker können leicht vom hyperosmolaren in ein ein ketoazidotisches Koma fallen! Die Verdachtsdiagnose lässt sich leicht durch eine BZ-Bestimmung (Streifentest) feststellen. Die Akutbehandlung ist geprägt von einer raschen Flüssigkeitszufuhr (in der Regel intravenös und nicht selten bis zu 10% des Körpergewichtes in den ersten zwölf Stunden) sowie von einer sofortigen Gabe von Normalinsulin (über Perfusor, meist 6 - 10 IE / h). Wichtig hierbei ist, dass der BZ-Spiegel nur um maximal 100 mg% sinkt, da sonst die Gefahr eines Hirnödems besteht. Bei einem BZ von unter 300mg% muss zusätzlich Glukose iv. gegeben werden, um den Blutzuckerabfall zu verlangsamen und eine Hypoglykämie zu verhindern. Weiters müssen stündlich BZ, Kalium und Natrium kontrolliert sowie alle vier Stunden eine Blutgasanalyse gemacht und regelmässig Blutdruck, Puls, Atmung, Temperatur, Haut und Bewusstsein überprüft werden. Die Letalität beim hyperosmolaren Koma liegt trotz intensivmedizinischer Massnahmen bei 30%.