Didaktik der Geometrie (RS-GY)

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Didaktik der Geometrie (RS-GY)
Didaktik der Geometrie
Elementare Geometrie (Anfänge bei den Griechen)
Grundbegriffe:
Kongruenzgeometrie:
Ähnlichkeitsgeometrie:
Punkt, Strecke, Gerade, Winkel, Parallelenlehre
Figureneigenschaften aufgrund der Kongruenzsätze
oder aufgrund Symmetrie
Strahlensatz, zentrische Streckung,
Ähnlichkeitskonstruktionen, Pythagoras
Flächeninhalte und Volumina
Geschichtlicher Exkurs
Geometrie als Wissenschaft:
Beginn im antiken Griechenland:
• „Elemente“ von Euklid (ca. 300 v.Ch.) prägen die Elementargeometrie bis ins 19. Jhd.
• Intuitives Verständnis der Grundbegriffe, ausgehend von einer idealisierten Zeichenpraxis
• aber: streng logische Denkweise
1899
•
•
„Grundlagen der Geometrie“ David Hilbert → neu : Rein formale Betrachtungsweise der
Grundbegriffe
Punkten, Geraden,... wird keine inhaltliche Bedeutung zugebilligt, sondern sie werden als
Elemente abstrakter Mengen aufgefasst, die bestimmte Eigenschaften haben (Axiome)
I. Grundbegriffe einschließlich Winkelbegriff im Unterricht
Grundschule:
geometrische Begriffe im Zusammenhang mit „Umwelterschließung“; Kanten von
Tischen  Strecke oder Geraden, Nadelspitzen  Punkte
Winkelbegriffe anhand der Kanten aneinander geschobener Tische. „Faltwinkel“ =
rechter Winkel (recht = „richtig“)
Realschule/Gymnasium (5. Klasse)
Weiterentwicklung der Grundbegriffe, ausgehend von der Zeichenpraxis.
Bezeichnungsweisen:
A ,B,C,...
AB ,CD,...
[AB] , [AB[,...
[AB
AB
Punkte
Gerade durch beide Punkte
Strecken
Halbgerade
Streckenlänge
Winkelbegriff
Fachwissenschaftliche Ansätze
1. Winkel als „ V – Figur“:
Ein Winkel ist eine Vereinigung zweier Halbgeraden, die vom selben Punkt
ausgehen.
Keine Unterscheidung zwischen
Winkeln < 180° und Winkel > 180°
möglich
Das „V“ macht keinen Unterschied
zwischen Innen- und Außenwinkel
2. Winkel mit Winkelfeld
Winkel = V – Figur zusammen mit Teil der Ebene
Eine V – Figur unterteilt die Ebene in zwei Teilbereiche, von
denen jeder als „Winkelfeld“ gewählt werden kann. Pro
V-Figur ergeben sich also zwei mögliche Winkel mit
Winkelfeld.
Winkel unter 360° sind so gut angebbar.
3. Drehwinkel
Paar von Halbgeraden mit gemeinsamen Ursprung, wobei man sich die erste Halbgerade mit der
Zweiten durch eine Drehung gegen den Uhrzeigersinn verbunden vorstellt:
Vorteile:
• vielfältiges Auftreten in Natur und Technik
• relative Einfachheit der Einführung der Winkelmessung über das Drehmaß. 360° entspricht
der Volldrehung als Einheit. Winkelmaße werden als Bruchteile dieser Einheit aufgefasst
1
z.B. Vierteldrehung entspricht
⋅360 °=90 °
4
• Innenwinkelmaße und Innenwinkelsummen in beliebigen Vielecken angebbar
Nachteile:
• Probleme mit der Orientierung (gegen-im Uhrzeigersinn)
• komplexe Begriffsbildung
Schulische Umsetzung
Konzentration auf den Drehwinkelbegriff. Einfache Drehungen (Achteldrehung, Vierteldrehung)
sind schon aus der Grundschule bekannt.
Schenkel des Winkels können als Blickrichtungen vor und nach Eigendrehungen aufgefasst
werden.
spezielle Problemstellungen:
• Winkelmessung (besonders bei Winkel > 180°)
• Winkelabtragung mit Winkelmesser
◦ erster oder zweiter Schenkel gegeben und Winkelmaß gegeben. Gesucht fehlender
Schenkel
◦ Übertragen von Winkeln mit dem Zirkel
Winkelabtragung
Der Winkel a soll an eine Halbgerade a angetragen werden. Dazu wird um S ein Kreis mit
beliebigem Radius r gezogen, der die beiden Schenkel von a in den Punkten A und B schneidet.
Um S' wird ebenfalls ein Kreis k mit Radius r gezogen, der a im Punkt A' schneidet. Der Kreis k'
um A' mit Radius AB schneidet k in zwei Punkten. Für einen der beiden Punkte B' gilt
∢A 'S' B'= . Begründung: Die beiden Dreiecke ASB und A'S'B' sind wegen SSS zueinander
kongruent.
Parallelenbegriff und Parallelenlehre
Mögliche Parallelenbegriffe: (g ,h Geraden in der Ebene)
1. g || h ⇔ g ∩ h = ∅ oder g = h
2. g || h ⇔ g und h besitzen (mind.) ein gemeinsames Lot
3. g || h ⇔ alle Punkte der einen Geraden sind gleich weit von der anderen entfernt
Fachmathematische Diskussion
a) Einfachheit der Begriffsbildung
b) Verallgemeinerungsfähigkeit
c) Nutzen der Begriffsbildung für weitere Argumentationen
zu a)
•
•
•
zu b)
•
•
zu c)
•
•
1.) benötigt kaum weitere Begriffe, aber zwei Fälle müssen beachtet werden
bei 2.) und 3.) ist der Lotbegriff zusätzlich erforderlich
das „alle“ bei 3.) ist überflüssig und kann durch „zwei verschiedene“ ersetzt werden
1.) und 2.) kann nicht auf den 3 - dim. Parallelenbegriff ohne weiteres fortgesetzt werden.
3.) eignet sich dafür
1.) und 2.) kann nicht auf zueinander parallele ebene Kurven erweitert werden. (3.) ist eher
dafür geeignet
bei 1.) kommen bei Argumentationen Probleme mit dem „Unendlichen“ ins Spiel
Schneidet h irgendwann g, und warum?
bei 2.) besitzt man eine nützliche Zusatzinformation über Parallele, die z.B. die
Konstruktion von Parallelen erlaubt.
Konstruktion von Parallelen:
P ∉ g gegeben
h || g mit P ∈ h gesucht
1. Lot von P auf g
2. rechter Winkel zum Lot in P
⇒
•
⇒
3.) bietet im Vergleich zu 2.) keine argumentativen Vorteile
Unterrichtliche Diskussion
•
•
•
Bei 1.) ergeben sich Probleme, falls von der Zeichenpraxis ausgegangen wird (Endlichkeit
des Zeichenblatts !)
Bei 2.) steht eine konkret nachvollziehbare Zeichenanweisung im Hintergrund, die auch
eine Testmöglichkeit für Parallelität bietet.
Außerdem seit GS Parallelen und gemeinsames Lot
Winkelsumme im Dreieck
Begründungsmöglichkeiten:
1.) Umwandern eines beliebigen Dreiecks
Volldrehung .
Also 180 °−180 °−180 °−=360 °
⇒ =180°
2a.) Vorbereitung des klassischen Schulbeweises:
Kinder aufmalen lassen, α und β abreißen und zu γ hinlegen
2b.) exakte Betrachtung:
Hilfsparallele zu AB durch C
Es ist  '=,  '= (Z- Winkel)
Pausibilitätsbetrachtung zu den Z-Winkeln
Bei der Verschiebung bleibt α "erhalten", also gilt
α = α'.
Wegen β = α' (Scheitelwinkel) folgt β = α , also
sind Z – Winkel (Wechselwinkel) gleich groß
Dieser Beweis baut letztlich auf der unbewiesenen Hypothese gleicher F – bzw. Z – Winkel auf
1.) baut aber tatsächlich ebenfalls auf einer nicht bewiesenen
Hypothese auf:
Winkelsumme im ∆ ABN > 180°
Aber auf ∆ ABN lässt sich die selbe Überlegung anwenden wie bei 1.),
woraus folgen würde, dass die Winkelsumme = 180° ist
Die unbewiesene Hypothese bei 1.) lautet:
Die drei Drehwinkel bei A, B, C addieren sich zum gesamten
Drehwinkel, obwohl die Teildrehungen an verschiedenen Orten
stattfinden.
3.) Über die Hypothese: „Winkelsumme ω in allen Dreiecken gleich“
I. ω = α + δ1 + γ2
II. ω = β + δ2 + γ1
III. ω = α + β + γ1 + γ2
I. + II.: 2ω = α + β + δ1 + δ2 + γ1 + γ2
= ω + 180° (wegen III.) ⇒ ω = 180°
Fazit: Alle Beweise der Winkelsummeneigenschaft beruhen auf unbeweisbaren Hypothesen
(„Axiome“)
Falls
•
•
Parallelenbegriff über gemeinsames Lot
Winkelsummeneigenschaft übers Umwandern
sind mehrere Folgerungen möglich:
a) Winkelsumme in n – Ecken: jedes n-Eck lässt sich in (n – 2) Dreiecke zerlegen, also
Winkelsumme = (n – 2) 180°; auch bei nicht-konvexen n - Ecken
b) Geraden mit gemeinsamem Lot,
die nicht aufeinander fallen,
schneiden sich nicht.
Andernfalls gäbe es Dreiecke mit
einer Winkelsumme > 180°
c) F- Winkel an Parallelen sind gleich, Z -Winkel an Parallelen sind gleich:
α und δ sind „E-Winkel“ „Ergänzungswinkel“
α + δ = 180° (Winkelsumme im Viereck)
α' + δ = 180° ⇒ α = α'
β + δ = 180° ⇒ β = α
d) Wenn an einer Konfiguration / Doppel-Kreuzung aus 3 Geraden gleiche F- oder Z- Winkel
auftreten, dann sind 2 Geraden zueinander parallel (Umkehrung von c) )
Voraussetzung: α = α'
Behauptung: g || h
Beweis: P ∈ h beliebig und Lot von P auf g fällen
Innenwinkelsumme ω = 90° + 180° - α + α' + β = 360°
⇒ ω = 270° + β = 360° ⇒ β = 90°
⇒ Gemeinsames Lot
Die eben gegebenen Betrachtungen entsprechen dem
sogenannten "lokalen Ordnen". Beim lokalen Ordnen sollen aus einigen wenigen Definitionen und
Axiomen Lehrsätze in einem begrenzten Gebiet der Geometrie gefolgert werden. Das lokale
Ordnen stellt somit eine Vorstufe zum vollständigen, streng logisch-deduktiven Aufbau der
Geometrie, ausgehend von Definitionen und Axiomen dar. Das damit verbundene formalhypothetische Vorgehen ("angenommen die Winkelsumme ist 180°, was können wir daraus
folgern") kann aber eigentlich erst von älteren Jugendlichen geistig nachvollzogen werden.
II. Kongruenzgeometrie
Geometrische Betrachtungen aufgrund Kongruenzbeziehungen zwischen Dreiecken oder
Eigenschaften von Kongruenzabbildungen
ENTWEDER werden die Kongruenzsätze für Dreiecke als Basis für Beweise von
Figureneigenschaften und für Konstruktionen verwendet
ODER es wird ausgehend von der Achsenspiegelung der Begriff „Kongurenzabbildung“ eingeführt
und zugehörige Symmetrien untersucht
Pragmatischer Methodenmix ist in der Schule angemessen, wobei aber am GY stärker zu
ENTWEDER und an der RS stärker zu ODER tendiert wird
ENTWEDER: „Figurengeometrie“
ODER: „Abbildungsgeometrie“
Die spezifischen Charakteristika von figuren- und abbildungsgeometrischen Betrachtungen sollen
am folgenden Beispiel erläutert werden
Def.: Ein Parallelogramm ist ein Viereck bei dem die gegenüberliegenden Seiten jeweils
parallel zu einander sind
Eigenschaft (E):
Die beiden Diagonalen eines Parallelogramms halbieren sich gegenseitig
Beweis von (E) mit Hilfe von Kongruenzsätzen
Vor.:
Beh.:
AB∥CD und AC∥BD
CM=MB und AM=MD
Beweis: zu zeigen  ABM≃ DCM
∢A=∢D (Z – Winkel)
∢B=∢C (Z - Winkel)
AB=CD
V
V
WSW ⇒ Beh.
: Weitere Kongurenzbetrachtung nötig.
 ABC≃ DCB
∣∢CBA∣ = ∣∢DCB∣
∣∢ACB∣ = ∣∢DBC∣
[CB] gemeinsam
z.z. :
(Z – Winkel)
(Z – Winkel)
WSW ⇒ Beh.
Beweis von (E) mit Hilfe von
Symmetriebetrachtung
Ziel des Beweises ist zu zeigen, dass es einen
Punkt S gibt, so dass
S
S
A  D und B C
Kandidat für S:
Mittelpunkt von [BC] dann gilt automatisch
S
S
B C ; zu zeigen A  D
S
S
Sei A  A ' , da B C gilt, folgt AB∥A 'C und
A 'C∥AB (Eigenschaft der Punktspiegelung)
AC∥BD und AB∥CD
AC∥BA ' und AB∥CA ' ← eben gezeigt
Wegen der Eindeutigkeit der Parallelen durch B ⇒ BD=BA '
Wegen der Eindeutigkeit der Parallelen durch C ⇒ CD=CA '
⇒BD∩CD = BA '∩CA '
⇒{D } = {A '}
Nach Voraussetzung gilt :
Die meisten abbildungsgeometrischen Betrachtungen enthalten Eindeutigkeitsprobleme, für die bei
den Schülern kein Problembewusstsein vorhanden ist.
Gründe für das Vorgehen gemäß Symmetrie können dennoch sein:
• Symmetrie und zugehörige Invarianten spielen in der gesamten Geometrie (und im
übertragenen Sinne der gesamten Mathematik) eine wichtige Rolle
• symmetrische Figuren sind in Natur und Technik weit verbreitet
Kongruenzabbildungen
Achsenspiegelung: In der GS zur Vervollständigung bzw. Herstellung achsensymmetrischer
Figuren (= Figur, die man so falten kann, dass beide Seiten genau aufeinander liegen)
Stichworte: Falten, Scherenschnitt, Punkteraster
5. / 6. Klasse
In Scherenschnitten werden genauer
Winkel und Längeneigenschaften
sowie die Lagebeziehungen einander
entsprechender Punkte untersucht.
Fragestellung: Wie kann man bei vorgegebener
Achse und vorgegebenen Punkten A, B,... den Rest
der achsensymmetrischen Figuren zeichnerisch
finden?
Def.:
Eine Achsenspiegelung ist eine Zeichenvorschrift (Abbildung) die jedem Punkt A, B, C,…
der Ebene einen Bildpunkt A', B', C' … zuordnet so dass die Strecken [AA'], [BB'] …
senkrecht von der Spiegelachse halbiert werden.
Aktivitäten:
Anfertigung von Zeichnungen ohne Zuhilfenahme eines Punkterasters. Aufsuchen von
achsensymmetrischen Figuren und Symmetrieachsen (vgl. Verkehrsschilder, Fahnen,
Gebäudefassaden, Buchstaben, Wörter (Otto), Anna-Wörter (Palindrome, d.h. rückläufig)
7.Klasse
Präzisierung und Formalisierung, z.B Schreibweise A∣a A '
„Fundamentalsätze“ (Axiome) der Achsenspiegelung:
I. Längentreue
A∣a A ' und B∣a B' ⇒ AB=A ' B'
II. Winkeltreue
A∣a A ', B∣a B', C∣aC '⇒∣∢ABC∣=∣∢C'B' A '∣
verwenden.
Hier ist die Frage, ob nur Winkelmaße
gegen den Uhrzeigersinn oder auch
imUhrzeigersinn betrachtet werden.
III. Achsenpunkte
Achsenpunkte und nur diese sind von Urpunkt und Bildpunkt gleich weit entfernt
Begründungen aufgrund der Fundamentalsätze:
1. Geradentreue: Geraden werden auf Geraden abgebildet (Konsequenz der Winkeltreue,
Gerade entspricht 180°-Winkel)
2. Kreistreue: Kreise werden auf Kreise desselben Radius abgebildet (Konsequenz der
Längentreue)
3. Parallelentreue: Parallelenpaare werden auf Parallelenpaare abgebildet
Wegen der Winkeltreue wird das gemeinsame
Lot l von g und h in ein gemeinsames Lot l' von
g' und h' übergeführt
4. Konstruktion des Bildpunktes mit dem Zirkel allein
A, B ∈ a beliebig
Beh.: {P, P'}=K A , AP∩K B, BP
Beweis: FS III. !
5. Eigenschaften des gleichschenkligen Dreiecks
 ABC gleichschenklig, also AC=BC
Vor.:
Beh.:  ABC ist achsensymmetrisch.
Bew.: A∣m AB B und B∣m AB A.
Wegen AC=BC muss C gemäß FS III auf der Mittelsenkrechten liegen, also C∣mAB  C.
Konsequenz:
groß
∢ A∣m AB ∢B ⇒ Basiswinkel gleich
Wichtig: Achsenspiegelung als Abbildung und Achsensymmetrie als Figureneigenschaft
dürfen nicht miteinander verwechselt werden.
Def.: Eine Figur heißt achsensymmetrisch, wenn es eine Achsenspiegelung gibt, die diese Figur
in sich selbst überführt.
Punktspiegelung und Drehung:
Vorüberlegungen:
Parallelogramm: zweifach falten, Faltachsen ⊥ zueinander → Punktspiegelung
an einer Kante aneinandergestellte Spiegel (beliebiger Winkel) → Zweifachspiegelung  Drehung
Einführungsmöglichkeiten:
fachsystematischer Ansatz:
Drehungen als Hintereinanderausführung von 2 Achsenspiegelungen
eher anwendungsbezogener Ansatz:
Drehungen (auch Punktspiegelungen) werden aus anwendungsbezogenen Situationen heraus
erarbeitet, erst später wird der fachsystematische Hintergrund (Zweifachspiegelung)
angesprochen.
Konkrete Einführung:
Punktspiegelung: punktsymmetrische Objekte
(Spielkarten; "S")
Drehung: Uhrzeigermodell
Intuitiv:
Drehung als längentreue und winkeltreue Abbildung
(das Drachenviereck als Zeigerspitze bleibt
„unverändert“.)
Definition: Eine Drehung um den Drehpunkt Z und den
Drehwinkel ϕ ordnet jedem Punkt P der Ebene einen
Bildpunkt P' nach folgender Vorschrift zu:
(i) P' ist von Z genauso weit entfernt wie P
(ii) ∢P' ZP stimmt in Betrag und Orientierung mit
ϕ überein.
Bemerkung: Positiver Drehwinkel, wenn Drehung gegen
den Uhrzeigersinn, negativer Drehwinkel, wenn Drehung
im Uhrzeigersinn.
Drehung über Zweifachspiegelung
∢a ', a ''=  =
P∣a ' P'∣a '' P ''
Längentreue ⇒ZP=ZP'=ZP''
P' '∈K Z , ZP
Winkeltreue ⇒ 1= 2 und 1= 2
∣∢PZP''∣= 1 2 1 2=2  22 1=2 2 1=2 :=
(unabhängig von der spezifischen Lage von P!)
Z:= Drehzentrum
γ:= Drehwinkel
Spezialfall a = 90°: Punktspiegelung (Halbdrehung) daraus Erschließung von Parallelogramm –
Eigenschaften möglich, falls dieses als punktsymmetrisch (siehe oben) erkannt worden ist.
Entsprechend systematisch vorgehend:
Zweifachspiegelung an parallelen Achsen = Verschiebung
Bemerkung: Auch die Verschiebung läßt sich, ähnlich wie die Drehung, zuerst „konkret“ einführen.
Weiter im fachspezifischen Zusammenhang:
Dreifachspiegelungen
Schubspiegelung
Einfachspiegelung
Die Schubspiegelung ist eine Dreifachspiegelung, wobei zwei Achsen parallel und die dritte Achse
senkrecht zu den beiden ersten ist. Jede Dreifachspiegelung ist gleichbedeutend zu einer
Einfachspiegelung oder einer Schubspiegelung.
Definition:
Kongruenzabbildung = Einfach-/ Mehrfachspiegelung. Jede Kongruenzabbildung muss als „Erbe“
der Achsenspiegelung automatisch winkel- und längentreu sein.
Klassifikationssatz
Jede Kongruenzabbildung ist entweder eine Einfach- , Zweifach- oder eine Schubspiegelung
Allgemeine Symmetrie
Wenn eine Kongruenzabbildung k gegeben ist, die ungleich der identischen Abbildung ist, dann
heißt eine Figur symmetrisch bzgl. k, wenn sie durch k in sich selbst übergeführt wird.
Probleme bei der Schubsymmetrie → Unbegrenztheit der Figuren
In der Schule nur Achsensymmetrie, (Drehsymmetrie), Punktsymmetrie
Kongruenzbegriff:
Zwei Figuren heißen zueinander kongruent, wenn es eine Kongruenzabbildung gibt, die
die eine Figur in die andere überführt
Symmetrie und Kongruenz in der Schule:
Für die Schule ist eine vernünftige Auswahl zu treffen im Rahmen von Symmetrie und (!)
Kongruenz (keine Methodenreinheit!)
Minimum an Abbildungs- und Symmetriebetrachtungen:
Achsenspiegelung, Achsensymmetrie, Punktspiegelung, Punktsymmetrie
Begründung:
a) häufiges Vorkommen in Natur und Technik
b) Ergiebigkeit bei geometrischen Argumentationen
c) bzgl. Achsenspiegelung: Herleitung wichtiger Grundkonstruktionen
Beispiel: Konstruktion der Mittelsenkrechten
A∣m AB B und B∣m AB A
Axiom III.:
P∈m AB ⇔ PA=PB
sei r > 0 beliebig; K A; r  ∩ K B ;r  = {S1, S2 }⇒ S1, S2 ∈mAB falls
r
AB
2
1. Erweiterung: unsystematische Behandlung von Zweifach- und
Mehrfachspiegelung → Kongruenzbegriff
2. Erweiterung: systematisches Betrachten von Drehung und Verschiebung
als Zweifachspiegelung (RS)
Kongruenzsätze und Kongruenzbeweise
Kongruenzbegriff:
1. abbildungsgeometrisch (über Mehrfachspiegelung)
2. Bei Vielecken über paarweise gleichlange Seiten und gleich große Winkel
Üblicherweise in der Schule 1.)
Kongruenzsätze für Dreiecke können dann über Mehrfachspiegelungen bewiesen werden.
Zum Beweis der Kongruenzsätze benötigt man 3 Hilfssätze, von denen die ersten beiden für die
Schüler selbstverständliche „Fundamentalsätze“ sind:
HS 1 (Eindeutigkeit der Streckenabtragung): Liegt der Punkt B auf der Halbgeraden [SA und gelte
SA=SB . Dann ist A=B.
HS 2 (Eindeutigkeit der Winkelabtragung): Gelte ∣∢ ASB∣=∣∢ ASC∣. bzw.
(Winkel gegen den Uhrzeigersinn). Dann liegt C auf der Halbgeraden [SB.
∣∢BSA∣=∣∢CSA∣.
HS 3: Seien A, B, A', B' Punkte und gelte AB=A 'B '. Dann gibt es eine Zweifachspiegelung, die
das Paar (A,B) in das Paar (A',B') überführt.
Beweis:
Sei a1 =mAA ' und A∣a A ' ,B∣a B1 .
Wegen der Längentreue ist AB=A 'B1 . Unter
Berücksichtigung der Voraussetzung folgt, daß
Δ B1 B ' A ' gleichschenklig ist ⇒ A '∈ mB B '=: a2
Fazit: (A , B) ∣a ∣a (A ' ,B') q.e.d.
1
1
1
1
2
WSW-Satz: Wenn in zwei Dreiecken jeweils eine Seite gleich lang und die beiden dieser Seite
anliegenden Winkel jeweils gleich groß sind, dann sind die beiden Dreiecke zueinander kongruent.
Beweis: Wir nehmen an, daß die Ecken der beiden Dreiecke jeweils so gegen den Uhrzeigersinn
mit A,B,C bzw. mit A', B', C' bezeichnet sind, daß AB=A 'B '. Falls der Winkel bei A das gleiche
Maß wie der Winkel bei B' hat, spiegeln wir das Dreieck A'B'C' an der Mittelsenkrechten von [A'B'].
Wir können daher (ggf. nach Durchführung einer ersten Achsenspiegelung) davon ausgehen, daß
eine Situation gilt wie im nachfolgenden Bild mit
AB=A ' B'; α=∣∢BAC∣=∣∢B' A ' C '∣=α ', β=∣∢CBA∣=∣∢C' B' A '∣=β ' .
Gemäß HS 3 kann man Achsen a1 , a2 finden, so dass [ AB] ∣a ∣a [A ' B'].
1
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Gelte ferner C ∣a ∣a C1. Wegen der Winkeltreue und der Orientierungserhaltung der
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Zweifachspiegelung ist ∣∢C1 B' A '∣=∣∢CBA∣ und ∣∢B' A 'C1∣=∣∢BAC∣.
Unter Berücksichtigung der Voraussetzung folgt
∣∢C' B' A '∣=∣∢C 1 B' A '∣ und ∣∢B' A 'C'∣=∣∢B' A ' C1∣. Wegen HS 2 folgt, daß C 1 sowohl auf der
Halbgeraden [B'C' wie auch auf der Halbgeraden [A'C' liegt, mithin C1=C' gelten muß.
Die beiden Dreiecke gehen also durch eine Zweifachspiegelung (bei Vorliegen der im Bild
dargestellten Voraussetzung) oder durch eine Dreifachspiegelung (falls sie „seitenverkehrt“
zueinander liegen) ineinander über. q.e.d.
SWS-Satz: Wenn in zwei Dreiecken jeweils ein Winkel gleich groß und die beiden diesen Winkel
einschließenden Seiten jeweils gleich lang sind, dann sind die beiden Dreiecke zueinander
kongruent.
Beweis: Wir können, gegebenenfalls nach Durchführung einer ersten Achsenspiegelung, davon
ausgehen, daß in den beiden gegen den Uhrzeigersinnn orientierten Dreiecken gilt:
AB=A 'B '; AC=A 'C' ;∣∢BAC∣=∣∢B' A ' C'∣. Gemäß HS 3 kann man Achsen a1 , a2 finden,
sodass [ AB] ∣a ∣a [A ' B']. Gelte ferner C ∣a ∣a C1. Wegen der Winkeltreue und der
Orientierungserhaltung der Zweifachspiegelung ist ∣∢B' A ' C1∣=∣∢BAC∣. Wegen der Längentreue
der Zweifachspiegelung ist A 'C 1=AC . Unter Berücksichtigung der Voraussetzung folgt
∣∢B' A ' C'∣=∣∢B' A 'C 1∣ und A ' C'=A 'C 1 . Wegen HS 2 folgt, daß C1 auf der Halbgeraden
[A'C' liegt. Mit HS 1 folgt, daß C 1=C ' . q.e.d.
1
2
1
2
Entsprechend lassen sich die Kongruenzsätze SSS und SsW beweisen.
Umsetzung in der Schule: Beweise, die so wie oben beschrieben formalisiert sind, sind für eine
direkte Umsetzung in der Schule ungeeignet. Eine mögliche Methode wäre, zuerst das Überführen
einer Strecke in eine gleich lange per Zweifachspiegelung mit Hilfe eines DGS zu behandeln.
Anschließend wird, wieder in einem DGS etwa im Beispiel von WSW, gezeigt, daß bei derselben
Zweifachspiegelung die Winkel bei A bzw. bei B deckungsgleich zu den Winkeln bei A' bzw. bei B'
abgebildet werden, sodaß den „freien“ Schenkeln der abgebildeten Winkel nichts anderes übrig
bleibt als sich im gemeinsamen Punkt C' zu treffen.
Alternative (Prinzip von der eindeutigen Konstruktion):
In unserem Fall: Zeichne ein Dreieck, bei dem eine Gerade 7 cm lang ist und die beiden
anliegenden Winkel 30° und 50°. Schüler zeichnen Dreiecke zum Beispiel auf Folien.
Beispiel „WSW“:
Speziell zu SsW
Zeichne ein Dreieck mit c = 6 cm, a= 7cm, γ = 45°
Feststellung: eindeutige Konstruktion erst wenn c > a (SsW)
Argumentieren und Beweisen
„Mathematisches Argumentieren“ ist eine inhaltsübergreifende mathematische Kompetenz, die
bereits ab der Primarstufe eine wichtige Rolle im Rahmen der Bildungsstandards für den
Mathematikuntericht spielt. Sie umfaßt im wesentlichen:
•
•
•
•
Beschreiben und Begründen von Lösungswegen
Begründetes Formulieren von Vermutungen
„Begründungen“ in ihren verschiedenen Facetten (Plausibilitätsbetrachtungen,
beispielorientierte Betrachtungen, systematisches Experimentieren, Veranschaulichung von
Begründungsideen) bis hin zu
Strengen Beweisen
„ Beweisen“ Unterbegriff von „Argumentieren“
streng logische Deduktion
kann auch anschaulich und
beispielorientierte
Gesichtspunkte enthalten
Einige Exempel zum „Begründen“:
Satz 1: „Die Summe dreier aufeinanderfolgender natürlicher Zahlen ist stets das Dreifache der
mittleren Zahl“
Strenger algebraischer Beweis: n+(n+1)+(n+2)=3n+3=3(n+1).
Beispielorientierte Betrachtung: 7+8+9=8−1+8+8+1=3⋅8. Entsprechend kann man immer bei
drei aufeinanderfolgenden nat. Zahlen vorgehen. Wichtig: Die Erkenntnis des „immer“ ist wichtig.
Nur mit dieser Erkenntnis wird das Beispiel statt eines zufälligen und unsystematischen Beispiels
zu einem Beispiel mit Allgemeingültigkeitscharakter, einem sogenannten „generischen“ Beispiel.
Zeichnerische Veranschaulichung: Das vorherige Beispiel läßt sich auch zeichnerisch
veranschaulichen.
Satz 2: „Die Mittelsenkrechten in einem Dreieck schneiden sich in einem gemeinsamen Punkt“
Strenger Beweis: Aufgrund der Eigenschaft, daß die Mittelsenkrechte gleichzeitig Symetrieachse
der zugehörigen Dreiecksseite ist, zeigt man, daß der Schnittpunkt zweier Mittelsenkrechter
gleichzeitig auf der dritten Mittelsenkrechten liegen muß.
Systematisches Experimentieren: In einem DGS wird ein beliebiges Dreieck und seine drei
Mittelsenkrechten eingezeichnet. Im Zugmodus wird das Dreieck beliebig verändert. Man „sieht“
nicht nur, daß die drei Mittelsenkrechten sich stets in einem gemeinsamen Punkt schneiden,
sondern auch, daß der Schnittpunkt bei stumpfwinkligen Dreiecken außerhalb des
Dreiecksinnneren liegt.
Satz 3: = 1. Strahlensatz (s. nächstes Kapitel).
Beispielorientiertes Vorgehen: Die Richtigkeit der Konstruktion zur Teilung einer Stecke in 3, 5, 6...
Teile wird mit Hilfe von Dreieckskongruenz bewiesen. Ausgehend von den Streckenverhältnissen,
die durch die Teilungspunkte und die Punkte auf dem „Hilfsstrahl“ bestimmt sind, wird der erste
Strahlensatz (strenggenommen nur für rationale Teilverhältnisse) gefolgert.
Warum „Beweisen“?
•
•
•
Vollständige Sicherheit
Ungenauigkeit bei Messungen zu befürchten
Streng logisches Schlussfolgern, klares Benennen von Denkvoraussetzungen, Einhalten
von Regeln, Forderung nach Allgemeingültigkeit ist auch in vielen Fällen des täglichen
Lebens (z.B Rechtssprechung) erforderlich
→ Geometrie als „Gedankenspiel, in dem solche Dinge geübt werden
Wichtige Zielsetzungen, die mit dem geometrischen Beweisen verbunden sind
1. Einblick in Prinzipien des logischen Deduzierens
◦ Aufstellung von Voraussetzung und Behauptung
◦ Grundbegriffe logischer Zusammenhänge wie Kehrsatz (Voraussetzung und
Behauptung vertauschen), „Kontraposition“ ( A⇒ B ist gleichwertig mit B⇒ A ),
„Äquivalenz“ ( A⇔B ; notwendig und hinreichend)
2. Erkenntnis, dass alle geometrischen Aussagen auf hypothetischen Axiomen (=
„Fundamentalsätzen“) aufbauen. (Näheres zur Axiomatik der Geometrie s. Zusatzskript.)
3. Fähigkeit, Voraussetzung und Behauptung aus Texten zu erschließen; Anfertigen einer
Überlegungsfigur, „Wenn- Dann- Form“
Beispiel:
In einem gleichschenkligen Dreieck sind zwei
Höhen gleich lang
• Wenn gleichschenklig dann sind zwei Höhen
gleich lang
• Festlegung der beiden Höhen
• mit dem Begriff „Höhe“ ist die Existenz eines
rechten Winkels automatisch verbunden
• Vor.: AC=BC ;∢D=∢E= 90 °
Beh.: BD=AE
4. Fähigkeit bestimmte Beweismethoden
anzuwenden
i) Beweisen durch Ausrechnen
Bsp.: in einem Dreieck ist jeder Außenwinkel so groß wie die Summe der nicht anliegenden
Innenwinkel
ii) Symmetrie-Betrachtungen
(Nachteil: Bei strenger Betrachtung meist mit komplizierten Eindeutigkeitsfragen
verbunden)
iii) Kongruenzbetrachtung
5. Erkenntnis, dass man zu einem Beweis nicht die Behauptung heranziehen darf
6. Fähigkeit wichtige Lehrsätze aufgrund der Voraussetzung beim Beweis anzuwenden
Bsp.: („gleiche Höhen“ s. Zeichung)
Beweis:
Δ ABE ≃ Δ ABE
∢D = ∢E= 90 °
[ AB] gemeinsam
 =  (gleiche Basiswinkel im gleichschenkligen Dreieck)
SWW ⇒ Behauptung
Lokales Ordnen
Unter „lokalem Ordnen“ versteht man das Deduzieren geometrischer Sachverhalte innerhalb eines
kleinen Bereiches der Geometrie aus einigen wenigen Definitionen und „Fundamentalsätzen“. Die
Fundamentalsätze sind dabei oftmals so gewählt, daß sie von denen in einem „globalen“
Axiomensystem abweichen und auch nicht unbedingt unabhängig sind. Die Zielsetzung beim
lokalen Ordnen ist, den Schülern einen Einblick in den hypothetischen Charakter der Geometrie
und in das geometrische Beweisen zu geben.
Beispiele:
• Beweis dafür, daß sich zwei verschiedene Geraden mit gemeinsamem Lot nicht schneiden:
Definitionen: Winkel, Lot; Axiom: Winkelsumme im Dreieck ist 180°.
• Beweis dafür, daß ein gleichschenkliges Dreieck achsensymmetrisch ist:
Definitionen: Achsenspiegelung, Achsensymmetrie, gleichschenkliges Dreieck; Axiom:
„Achsenpunkte und nur diese ….“
III. Ähnlichkeitsgeometrie und Ähnlichkeitslehre
•
•
•
•
•
•
•
•
Strahlensatz
zentrische Streckung
Ähnlichkeit von Figuren
Ähnlichkeitsbeweise
Ähnlichkeitsskonstruktionen
Satzgruppe des Pythagoras
„S-Multiplkation“ von Vektoren
Wohldefiniertheit der trigonometrischen Funktionen
1.) Von den Strahlensätzen zur zentrischer Streckung (reiches Anwendungsspektrum)
Einstieg: Streckenteilung
Vor.: AS = ST = TU, SS' || TT'' || UB
Beh.: AS' = S'T'' = T''B
Beweis:
Hilfsgeraden S'U' und T''U'' seien zueinander parallel und parallel zu AU
 SS ' A≃ T ' T '' S'≃ U''BT '' , weil
AS= x =S' T'=T '' U'' (gegenüberliegende Seiten in Parallelogrammen)
∢A = ∢S ' = ∢T ' (F-Winkel)
SWW
nächster Schritt: allgemeine n- Teilung
⇒
AB' = nx
AB = ny
AT my m
=
=
AB ny n
⇒
;
;
AT' = mx
AT = my
AT ' mx m
=
=
AB ' nx n
AT AT'
=
AB AB'
Situation des 1. Strahlensatzes
T'T || B'B
Problem:
Die eben vorgestellte Überlegung führt zum 1. Strahlensatz, aber nur in dem Fall, dass AB'
und AT' bzw. AB und AT jeweils zueinander kommensurabel sind.
Def.:
Zwei Strecken [AB] und [CD] heißen kommensurabel ⇔ es gibt eine Länge x, so dass
AB = nx und CD = mx mit geeigneten natürlichen Zahlen n, m
Bemerkung:
AB
+.
∈ℚ
CD
Weil irrationale Streckenverhältnisse aber mit beliebiger Genauigkeit durch rationale
Verhältnisse angenähert werden können, kann der 1. Strahlensatz durch ein
Grenzwertargument auch für irrationale Verhältnisse bewiesen werden. Dies ist in der
Unterrichtspraxis aber weder sinnvoll noch nötig.
[AB] und [CD] sind kommensurabel
⇔
1. Strahlensatz:
Teilverhältnisse auf den Strahlen
AB∥A 'B'⇒
ZA ZB
=
ZA ' ZB'
„Münchhausen – Beweis“ der Umkehrung (zum Beweis des Kehrsatzes wird der Satz angewendet)
Voraussetzung:
ZA ZB
=
ZA ' ZB'
Behauptung: AB || A'B'
Beweis: A* auf [ZA sei so gewählt, dass B'A* || BA
1. Strahlensatz →
ZA∗ ZB'
=
ZA ZB
∗ ZB'
ZA =
⋅ZA . Aus Voraussetzung:
ZB
⇒ ZA∗=ZA
⇒ A* = A'
ZA '=
ZB'
⋅ZA
ZB
2. Strahlensatz (kann aus dem 1. gefolgert werden)
Vor.: AB || A'B'
AB
ZA ZB
Beh.:
=
=
A 'B ' ZA ' ZB'
Beweisansatz 1:
A' wird als Zentrum verwendet und die Hilfslinie
AT || ZB' wird gezogen. Es gilt dann TB' = AB.
Beweisansatz 2:
Die V-Figur wird durch Parallelen so ergänzt, daß
ZC∥AB, AC∥ZB, A 'C'∥ZB. Dann ist wegen des
ersten Strahlensatzes und der geläufigen
Parallelogrammeigenschaften:
ZA ZC
AB
=
=
.
ZA ' ZC ' A 'B'
Beweisalternative zu den Strahlensätzen: der Flächensatz
Der Flächensatz lautet in Worten: Haben zwei Dreiecke einen Winkel gemeinsam, dann ist das
Verhältnis der beiden Flächeninhalte gleich dem Verhältnis der Produkte derjenigen Seiten, die
den gemeinsamen Winkel jeweils einschließen. In obigem Bild:
FS A B S A1 SB1
=
.
FS A B SA 2 SB2
Beweis: Wir bezeichnen mit Fij (i,j = 1,2) die Fläche des Dreiecks S Ai Bj und verwenden die
Abkürzungen ai=S A i , bi=SBi . Wegen der jeweils gemeinsamen Höhen h1 bzw.h 2 gilt:
F11 a1 F21 b1
F
F F
a b
= ,
= , also 11 = 11 21 = 1 1 .
F 21 a2 F22 b 2
F22 F21 F22 a2 b2
Mit Hilfe des Flächensatzes lassen sich nun erster und zweiter Strahlensatz folgendermaßen
beweisen:
1
1
2
2
Die Voraussetzung ist, daß AB parallel zu A'B' ist. Daher treten an den Parallelenabschnitten
jeweils auch die gleichen Stufenwinkel α und β auf.
Wir bezeichnen das Dreieck ZA'B' als das „große“ und das Dreieck ZAB als das „kleine“.
Beide Dreiecke haben dann die Winkel α ,β , γ gemeinsam.
F groß ZB ' A 'B'
Mit dem Flächensatz folgt aus dem gemeinsamen β:
=
, aus dem
Fklein
ZB AB
F groß ZA ' A 'B'
gemeinsamen γ ergibt sich:
=
. Aus dem Vergleich der beiden Gleichungen
Fklein
ZA AB
ergibt sich sofort der 1. Strahlensatz. Aus dem gemeinsamen α folgt schließlich
F groß ZA ' ZB'
=
. Durch Vergleich mit einer der beiden vorangehenden Gleichungen ergibt sich
Fklein ZA ZB
dann der 2. Strahlensatz.
Diskussion: Das Vorgehen über den Flächensatz ist elegant und lückenlos, wird aber vom S. als
„algebraische Trickserei“ empfunden. Die wesentlichen geometrischen Inhalte der Strahlensätze
werden dadurch nicht sehr deutlich. Die Umsetzung in der Schule, in der symbolische
Schreibweisen, wie oben verwendet, kaum eingesetzt werden können, ist außerdem etwas
umständlich. Die „konstruktive“ Begründung über die Streckenteilung kann in der Schule zwar
meist nur beispielbezogen behandelt werden, zielt jedoch von Anfang an auf die wesentlichen
geometrischen Inhalte des Themenkomplexes ab.
Anwendungen des 1. und 2. Strahlensatzes
a) Kameragleichung
g:=
b:=
Gegenstandsweite
Bildweite
G:=
B:=
Gegenstandsgröße
Bildgröße
G FS
ZS
ZP g
=
=
=
=
B F 'S ' ZS ' Z ' P' b
2)
1)
b) Försterdreieck
h s
s⋅x
Im Falle x = y ist ganz einfach h = s
= ⇒h=
x y
y
Das Argument dafür, dass die Strahlensätze noch vor der zentrischen Streckung behandelt
werden, ist die Anwendungsbezogenheit.
Übergang zur zentrischen Streckung (z.B über
Schattenwurf mit Lichtquelle Z)
A' und B' werden als Bildpunkte einer zentrischen
Streckung mit Zentrum Z betrachtet.
ZA ' ZB A 'B ' ZP'
=
=
=
=...=: m
ZA ZB'
AB
ZP
Definition der zentrischen Streckung:
Vorgebenes m∈ℝ∖{0} ; Punkt Z ;
zentrische Streckung S ( Z, m) ist eine Abbildung der Ebene in sich mit den folgenden
Eigenschaften:
1. Bildpunkt P' und Urpunkt P liegen auf einer gemeinsamen Gerade durch Z
ZP '=∣m∣⋅ZP
2.
3. Falls m > 0 liegt P' auf [ZP
Falls m < 0 liegt Z zwischen P und P'
S Z ,m
Schreibweise : P  P'
Schwierigkeiten:
1.Problem:
Streckung (|m| > 1) ← → Stauchung (|m| < 1)
mathematische Sprechweise verwendet nur das Wort „Streckung“
2.Problem:
konkret: pos. m
neg. m
→
→
Schattenwurf
Lochkamera
Umdrehung der Richtung entspricht neg. m
Lochkamera
In der Elementargeometrie hat das „-“ keine rechnerische Bedeutung, sondern zeigt nur an, dass
„X-Figuren“ auftreten. (Analogon zum „-“ bei der Brillenstärke)
Eigenschaften der zentrischen Streckung können anfolgend ohne Mühe aus den Strahlensätzen
bzw. ihren Umkehrungen erschlossen werden.
2.) Von der zentrischen Streckung zu den Strahlensätzen
Einstieg: Maßstäbliches Vergrößern und Verkleinern
Primitivbeispiel: Vergrößern im Verhältnis 2:1
Ausgehend von solchen Beispielen (gewisse „Motivationslücken“ bei negativen Streckfaktoren)
wird die Definition der zentrischen Streckung wie oben erarbeitet.
Daraus müssen dann ohne Strahlensätze sämtliche Eigenschaften der zentrischen Streckung, wie
• Bildlänge = |m| · Urlänge
• Geradentreue
• Parallelität Urgerade – Bildgerade ( ≙ Winkeltreue )
hergeleitet werden.
Im Sinne einer „strengen“ Deduktion ist folgende Methode, basierend auf dem Flächensatz, der
vorher bewiesen wird, üblich:
Z.B. Beweis der Parallelität
PQ∥P' Q ' :
Voraussetzung:
S Z ,m
S Z ,m
P  P', Q  Q '
Behauptung:
PQ∥P' Q '
Beweis:
Wir ziehen Parallele P'Q'' zu PQ und zeigen Q' = Q''
∆ ZQP und ∆ ZQ''P' haben α und β (F-Winkel!) gemeinsam
F
ZP⋅PQ
= klein
ZP'⋅P' Q '' Fgroß
α gemeinsam:
β gemeinsam:
⇒
ZP
ZQ
=
ZP' ZQ ''
F
ZQ⋅PQ
= klein
ZQ ''⋅P' Q '' Fgroß
⇒
ZQ ' '=m⋅ZQ
⇒
ZQ '=m⋅ZQ (Vor.)
Q'' = Q
„unanständige“ Variante
Geradentreue wird als selbstverständlich beträchtet
Parallelität von Ur- und Bildgerade ist eine unmittelbare Konsequenz daraus
Voraussetzung:
Behauptung:
S Z,m
g  g'
g=g' oder g∩g '=∅
Beweis:
Fall 1: Z ∈ g
⇒ g' = g
Fall 2: Z ∉ g : Annahme
S=Z
g∩g'={S}
⇒ S ist Fixpunkt von S( Z,m) ⇒
⇒ Z∈g
Die weiteren Eigenschaften der zentrischen Streckung folgen daraus ziemlich leicht.
Übergang zu Strahlensätzen:
S (Z ,m)
S (Z ,m)
Es ist „klar“ dass A → A ' B → B' ⇒ Strahlensätze. Das „klar“ müßte strenggenommen aber
bewiesen werden!
1.) setzt die für außermathematischen Anwendungen wichtigen Strahlensätze in den
Vordergrund. Beweistechnischer Aufwand ist relativ moderat, wenn der „konstruktive“ Weg
beispielbezogen gewählt wird.
2.) setzt die für innermathematischen Anwendungen (z.B. Vektorrechnung) wichtige
zentrische Streckung in den Vordergrund. Die Beweise für die Eigenschaften der
zentrischen Streckung mit Hilfe des Flächensatzes sind stark algebraisch und für den S.
recht unmotiviert (falls nicht „unanständige“ Wege gegangen werden).
Ähnlichkeitsbegriff
1.) Spezieller Ähnlichkeitsbegriff
Def.:
Zwei Vielecke heißen ähnlich, wenn sie in allen Winkeln übereinstimmen
Problem:
Kreise und Kreisteile davon nicht erfasst
2.) Allgemeiner Ähnlichkeitsbegriff
Def. 1:
Die Hintereinanderausführung aus einer Kongurenzabbildung und einer zentrischen
Streckung heißt Ähnlichkeitsabbildung
Def. 2:
Zwei Figuren F1 und F2 heißen zueinander ähnlich (F1 ~ F2) wenn es eine
Ähnlichkeitsabbilung gibt, die F1 und F2 überführt
Bsp. :
Verschiebung
∗ SM' ' ,r ' '/r '
k'

k'
 k' '
Konsequenz: Zwei Kreise sind
immer zueinander ähnlich
Bemerkung:
Die Kongruenz ist ein Spezialfall der Ähnlichkeit
Ähnlichkeitssätze für Dreiecke
Korrespondenz zwischen Kongruenz- und Ähnlichkeitssätzen
Kongruenzsatz
Ähnlichkeitssatz
SWW (!!)
Zwei Winkel gemeinsam
SWS
Ein Winkel und das Verhältnis der angrenzenden Seiten gemeinsam
SSS (!)
Alle Seitenverhältnisse gleich, d.h.
a : b : c = a' : b' : c'
SsW
a' b ' c '
= =
a b c
oder
Ein Winkel gemeinsam und das Verhältnis von 2 Seiten wobei die
größere Seite dem Winkel gegenüberliegt
Die mit (!) und (!!) markierten werden in der Regel gebraucht
Begründung von (!!)
Voraussetzung:
α = α' und β = β'
Behauptung:
∆ ABC ~ ∆ A'B'C'
Beweis:
Durch eine Kongruenzabbildung kann ∆ ABC in ∆ A*B*C* übergeführt werden, so dass
A' = A*, B* ∈ A'B' , C* ∈ A'C'
Wegen β = β' ist B*C* || B'C'
S A ', A ' B' : A∗B∗
 A∗ B∗ C∗

 A 'B 'C'
Die beiden Dreiecke sind zueinander ähnlich.
Was lernt man noch daraus für ähnliche Dreiecke?
1. Strahlensatz
b' c '
(Zentrum A')
=
b c
2. Strahlensatz
a' b ' c '
äquivalent dazu:
= =
a b c
b b'
a a'
a a'
und
und
=
=
=
c c'
c c'
b b'
entsprechende Seiten stehen immer im selben Verhältnis
zueinander
Wichtige Anwendung von !!
∆ AFC ~ ∆ FBC
∆ AFC ~ ∆ ABC
--- ∆ FBC ~ ∆ ABC
α + β = 90°
∆ AFC
∆ FBC
Hyp.
b
a
Ankathete α
p
h
Gegenkathete α
h
q
⇒
p h
2
= ⇒h =p⋅q Höhensatz
h q
∆ AFC
∆ ABC
Hyp.
b
c
Ankathete α
p
b
Gegenkathete α
h
a
---
∆ FBC
∆ ABC
Hyp.
a
c
Ankathete α
h
b
Gegenkathete α
q
a
⇒
⇒
p b
2
= ⇒b =p⋅c
b c
a q
2
= ⇒ a =c⋅q
c a
Addition der beiden Kathetensätze:
a 2b2=p⋅c q⋅c=c⋅ pq=c 2
Eine weitere wichtige Anwendung der Ähnlichkeitssätze ist die Einführung von sin und cos
GK
H
AK
cos :=
H
sin :=
DieDreiecke sind ähnlich (2 Winkel gemeinsam)
GK ' GK
AK ' AK
und
⇒
=
=
⇒ sin und cos wohldefiniert
H'
H
H'
H
Didaktische Bemerkungen zur Pythagoräische Satzgruppe
Hinführung zum Thema (unter Berücksichtigung historischer Aspekte):
Pythagoräische Tripel als Grundlage für die Vermessung von rechtwinkligen Dreiecken
Beispiel: (3,4,5) (5,12,13)
a ,b , c∈ℕ so dass a² + b² = c² heißt „Pythagoräisches Tripel“. a , b, c ∈ℕ 3
generell:
heißt primitives Pyth. Tripel wenn a² + b² = c² und ggT(a,b,c) = 1.
Es gibt ∞ viele primitive Pyth. Tripel. Bildungsgesetz:
a=2xy , b= x 2−y 2 , c=x 2y 2 ; x , y teilerfremde natürliche Zahlen, x-y ungerade
1. Pythagoräische „Knotenschnüre“
auch „Maurerdreieck“
Folgerung:
Offenbar ist es ein Charakteristikum rechtwinkliger Dreiecke, dass ihre Seiten
pythagoräischen Tripeln entsprechen.
2. Diagonalberechnung bei Quadraten (ca.1500 v.Chr. , Babylonien)
Flächenbetrachtung
⇒ d² = a² + a²
Spezialfall des Satzes von Pythagoras für
gleichschenklig – rechtwinklige Dreiecke
Aus 1.) und 2.) speist sich die Vermutung, dass bei allen rechtwinkligen Dreiecken die Summe der
beiden Kathetenquadraten gleich dem Hypothenusenquadrat ist.
3. Unter Umständen Ausmessen rechtwinkliger Dreiecke und experimentelle Überprüfung
(Messfehler)
Altindische Betrachtung ca. 500 v.Chr. für den Satz von Pythagoras
Algebraische Interpretation
1.)
c2
(a + b)²
=
a⋅b
2
4⋅
c
2
Gesamtfläche
Teilflächen
a² + 2ab + b²
=
2ab + c²
Geometrische Interpretation
2.)
Die Teilflächen aus 1.) können umgruppiert werden, so
dass 2.) entsteht
Nach wechselseitigen Wegnehmen der Dreiecke aus
1.) und aus 2.) sieht man a² + b² = c²
Bemerkungen zu Anwendungen des Satzes von Pythagoras:
a)
Berechnungen in allgemeinen rechtwinklingen Dreiecken; Seitenbeziehungen sollen von a,
b, c abweichen! Verbalisierung der Sätze!
b)
Formeln der ebenen Geometrie
→ Diagonale im Rechteck (Abstandsformel für Pkt. im Koordinatensystem)
→ Höhen im gleichschenkligen und im gleichseitigem Dreieck
c)
Formeln der Raumgeometrie
→ Raumdiagonale im Quader
→ Höhen von Pyramiden und Kegeln
→ Speziell Höhe von Tetraeder und Oktaeder
Bemerkung:
5 Platonische Körper (lauter kongruente regelmäßige n- Ecke, in jeder Ecke gleich viele Kanten)
Tetraeder
Würfel
Oktaeder
Dodeeder
Ikosaeder
d)
4 gleichs. Dreiecke
6 Quadrate
8 gleichs. Dreiecke
12 regelm. Fünfecke
20 gleichs. Dreiecke
Praktische Anwendungen
z.B. „Dammproblem“ : Wie lässt sich die Dammhöhe bestimmen?
2
2
h =a −
e)
2
2
c −b 2
2
2 c −2abb
 ⇒h =a −
2
2
„geometrische Algebra“
= Lösung algebraischer Probleme mit Hilfe der Satzgruppe von Pythagoras
a2 b2=c 2 h2=p⋅q a2=q⋅c
Bsp.:
vorgegebene Gleichung x 2−7x5=0 ⇒ 7−x⋅x=5
Lösung:
Vektorrechnung in der Mittelstufe
Der Nutzen der Vektorrechnung für die Geometrie der Mittelstufe ist (vorsichtig ausgedrückt)
umstritten. Andererseits sind Kenntnisse der Vektorrechnung in „Natur und Technik“ unverzichtbar.
Die Vektorrechnung wurde ursprünglich deshalb bezüglich des Geometrieunterrichts Ende der
50er Jahre ins Spiel gebracht, um die „Algebraisierung“ („Algebraische Strukturen“ bildeten damals
das Leitbild der Mathematik) auch der Geometrie zu erreichen. Eine solche Zielsetzung ist aus
heutiger Sicht eher als fragwürdig zu bezeichnen.
„Vektoren und Skalare“: Die ursprüngliche Bedeutung von Vektoren ist die von „gerichteten“
Größen, wie Kräften oder Geschwindigkeiten, die man landläufig durch Pfeile (beinhaltend die
Informationen Betrag und Richtung) angibt. Dem gegenüber stehen „skalare“, d.h. ungerichtete
Größen, die vollständig bereits durch Zahlenwerte festgelegt sind (z.B. Masse oder Volumen).
Schulgeeignete Modelle für Vektorräume:
(a) Vektoren als Pfeile, die denselben Anfangspunkt haben (Kraftpfeilmodell):
Bei diesem Modell besteht der Vektorraum aus allen Pfeilen, die von einem bestimmten,
gemeinsamen Punkt ausgehen. Die Pfeiladdition wird gemäß des aus der Physik bekannten
„Kräfteparallelogramms“ definiert.
⃗ 1 und F
⃗ 2 wirken auf den gemeinsamen Angriffspunkt zusammen
Die beiden Kräfte F
⃗ Man schreibt ⃗
⃗
genauso wie die „resultierende“ Kraft F.
F1 + ⃗
F2 = F.
Vorteil dieses Modells: Konzeptionell sehr einfach, enspricht dem Gebrauch von Vektoren in
wichtigen physikalischen Anwendungen. Nachteil: In geometrischen Anwendungen kommen
meistens Pfeile vor, die verschiedene Anfangspunkte haben.
Aus dem letztgenannten Grund benötigt man für die Geometrie ein Vektorraummodell, in dem
auch Pfeile mit beliebigen Anfangspunkten betrachtet werden.
(b) Pfeilklassenmodell:
Bei diesem Modell besteht ein (zweidimensionaler) Vektor aus jeweils allen einer Ebene
angehörigen Pfeilen, die zu einem vorgegebenen Pfeil parallel, gleichgerichtet und gleich lang (und
in diesem Sinne äquivalent) sind. Jeder dieser Pfeile heißt Repräsentant des Vektors, zu dem der
Pfeil gehört. Jede Pfeilklasse entspricht damit in eineindeutiger Weise einer Verschiebung der
Ebene in sich.
Korrespondenz zwischen Verschiebungen und Vektoren als Pfeilklassen
Verschiebungen
U, V , W ,...
Vektoren
u, ⃗
⃗
v,w
⃗
w=⃗
⃗ u+⃗v
Hintereinanderausführung zweier
Verschiebungen: W=V∘U
Vektoraddition:
Kommutativität der Hintereinanderausf. von
Verschiebungen: V ∘U=U∘ V
Kommutativgesetz der Vektoraddition:
u+⃗v =⃗
⃗
v +⃗
u
Assoziativität der Hintereinanderausführung:
W ∘(U∘ V)=(W ∘U)∘ V
Assoziativgesetz:
(⃗
v +⃗
u )+⃗
w =⃗
v +(⃗
u +⃗
w)
Identische Abbildung als neutrales Element
Nullvektor
Verschiebung in entgegegengesetzter Richtung Gegenvektor −⃗v , der von den Pfeilen
als inverses Element
repräsentiert wird, die zu den Repräsentanten
v gleich lang, parallel, aber
von ⃗
entgegengerichtet sind.
Vektorsubtraktion: Addition des Gegenvektors
Strenggenommen müßte man zeigen, daß die so eingeführte Vektoraddition unabhängig von der
speziellen Wahl der Repräsentanten ist:
Die Pfeile ⃗
AB ,⃗
A 'B' bzw. ⃗
BC ,⃗
B' C' sind jeweils zueinander
äquivalent. Dann sind wegen Parallelogrammeigenschaften (welcher?)
AC,⃗
A 'C ' zueinander äquivalent.
auch die beiden Pfeile ⃗
Übergang zur Koordinatendarstellung von Vektoren: Bereits in der Grundschule werden
Verschiebungen auf Papier mit Kästchenraster durch „Befehle“, wie 3Kl, 7Ko (3 Kästchen nach
links, 7 Kästchen nach oben) angegeben. Verwendet man nun anstatt „3Kl, 7Ko“ die Schreibweise
−3 , und legt man ein Koordinatensystem mit der Kästchenseite als Längeneinheit zugrunde,
+7
so ist man schon bei der Koordinatenschreibweise für Vektoren angelangt.
( )
Die S-Multiplikation („Skalarenmultiplikation“):
Erst nach Einführung der Skalarenmultiplikation wird die Menge der Pfeilklassen zur einem
„echten“ Vektorraum. In allgemeiner Eleganz läßt sich die Skalarenmultiplikation so definieren:
v ein Vektor. Dann ist r ⃗v derjenige Vektor, der durch zentrische
„Sei r eine reelle Zahl und ⃗
v mit Streckfaktor r an einem beliebigen Zentrum entsteht.“
Streckung der Repräsentanten von ⃗
Die Wohldefiniertheit dieser Festlegung muß dann allerdings noch begründet werden. Aus
pragmatischen Gründen empfielt sich folgende, nur scheinbar kompliziertere Definition:
v
„ r ⃗v ist derjenige Vektor, dessen Repräsentanten alle parallel zu den Repräsentanten von ⃗
v haben, und gleichgerichtet zu den
sind und die |r|-fache Länge der Repräsentanten von ⃗
v sind, falls r > 0, und entgegengerichtet zu den Repräsentanten von ⃗
v
Repräsentanten von ⃗
⃗
sind, falls r < 0. Außerdem ist 0⋅⃗v =0. “
Anschließend sollte man sofort zu der Koordinatendarstellung übergehen. Mit Hilfe des ersten
Strahlensatzes (für die x-Werte) und des zweiten Strahlensatzes (für die y-Werte) folgt:
r⋅ x = rx . Mit Hilfe dieser Beziehung lassen sich sofort alle Rechengesetze für die Sy
ry
u+⃗
v )=r ⃗
u +r v⃗. Strenggenommen könnte man nun
Multiplikation nachweisen, beispielsweise r (⃗
geometrische Betrachtungen anstellen, die Teilverhältnisse und damit zusammenhängende
Fragestellungen beinhalten (z.B. bezüglich des Schwerpunkts von Dreiecken). Dies wird aber in
der Regel im Schulunterricht nicht (mehr) gemacht.
()( )
Das Skalarprodukt:
Es stehen zwei „Zugänge“ zur Verfügung, der „physikalische“ und der „algebraische“.
„Physikalischer“ Zugang: Wird ein Gegenstand, an dem die Kraft ⃗
F angreift, längs einer Stecke,
⃗
⃗
⃗
dargestellt durch den Vektor s , so bewegt, daß F und s den Winkel α einschließen, so
⃗∣∣⃗
wird dabei die physikalische Arbeit W=∣F
s∣cosα verrichtet. Aus Gründen der Vereinfachung
⃗
schreibt der Physiker hierfür W=F∘ s⃗. Allgemein definiert man ⃗
a∘ ⃗
b=∣⃗
a∣∣⃗
b∣cos φ , wobei ∣⃗
a∣,∣⃗
b∣
die jeweiligen Längen der beiden Vektoren sind, und φ der Winkel, den diese (genaugenommen
ihre Repräsentanten) einschließen. Für diese neue Art von Produkt kann man sofort bzw. fast
sofort die beiden Rechengesetze ⃗
a ∘⃗
b)=(r ⃗
a )∘ ⃗
b für reelles r zeigen. Das
a∘ ⃗
b=⃗
b ∘⃗
a und r (⃗
Distributivgesetz ⃗
a ∘( ⃗
b+⃗
c )=⃗
a∘ ⃗
b+⃗
a ∘⃗
c ist dagegen nur sehr schwerfällig zu begründen, man wird
es nur mitteilen, und die Schüler werden es gerne glauben. Mit Hilfe insbes. des
Distributivgesetzes läßt sich nun die zweite wichtige Beziehung für das Skalarprodukt zeigen:
Seien e⃗1 und e⃗2 die beiden Einheitvektoren im Cartesischen Koordinatensysstem. Dann ist
⃗
a=a1 e⃗1 +a2 e⃗2 , ⃗
b=b1 e⃗1 +b2 e⃗2 und
⃗
⃗
a ∘ b=(a 1 e⃗1 +a2 e⃗2 )∘(b1 e⃗1+b 2 e⃗2 )=a1 b1 e⃗1 ∘ e⃗1 +a1 b2 e⃗1 ∘ e⃗2 +a 2 b1 e⃗2 ∘ e⃗1 +a2 b 2 e⃗2 ∘ e⃗2 =a1 b1 +a2 b 2 .
„Algebraischer“ Zugang:
Ausgehend von der Betrachtung zweier gleich langer, aufeinander
senkrecht stehender Vektoren ⃗
a ,⃗
b entwickelt man mit Hilfe von
Dreieckskongruenz (graue Dreiecke!) das allgemeine Kriterium
a1 b1 +a 2 b 2 =0 für das Aufeinander-Senkrecht-Stehen zweier Vektoren.
Der hierbei vorkommende Term a1 b1 +a 2 b2 ist offensichtlich für die
gegenseitige Lage zweier Vektoren von großer Bedeutung. Man nennt ihn
„Skalarprodukt“, abgekürzt durch ⃗
a∘ ⃗
b, und man untersucht dieses im
folgenden näher.
Aus dieser Definition des Skalarprodukts lassen sich sofort sämtliche Rechengesetze herleiten.
2
a∘ ⃗
a=a21 +a22 =∣⃗
a∣ .
Aus dem Satz des Pythagoras folgt außerdem, daß ⃗
Wenn man den Cosinussatz vorher bewiesen hat, so kann man schließlich
die zweite wichtige Beziehung ⃗
a∘ ⃗
b=∣⃗
a∣∣⃗
b∣cos φ herleiten:
2
2
2
b−⃗
a∣ =∣⃗
a∣ +∣b⃗∣ −2∣⃗
a∣∣⃗
b∣cos φ und folglich
Es ist gemäß Cosinussatz ∣⃗
einerseits
2
2
2
2
⃗ ⃗
(b−
a )∘( ⃗
b−⃗
a )=a 1 +a2 +b1 +b2 −2∣⃗
a∣∣⃗
b∣cos φ , andererseits ist
2
2
2
2
(⃗
b−⃗
a )∘( ⃗
b−⃗
a)=b1 +b 2 +a1 +a 2−2(a1 b1 +a 2 b 2 ). Durch Vergleich der
beiden rechten Seiten folgt sofort die Behauptung.
Bewertung der beiden Zugänge: Will man das Skalarprodukt nur einsetzen, um im Rahmen der
analytischen Geometrie (RS, 10. Kl.!) Winkelbeziehungen zwischen Geraden und davon
abgeleitete Probleme untersuchen zu können, so ist vielleicht der „algebraische“ Zugang etwas
schneller und einfacher. Will man dagegen elementargeometrische Beweise mit Hilfe des
Skalarprodukts führen, so sollte man den „physikalischen“ Zugang wählen, da nur bei diesem
Zugang die Kenntnnis des Cosinussatzes nicht Voraussetzung ist.
Der „Paradebeweis“ mit Hilfe des Skalarprodukts schlechthin ist nämlich der für den Cosinussatz:
Ausgehend von der obigen Figur ist
2
2
2
2
2
⃗ ⃗
∣⃗b−⃗a∣ =( ⃗b−⃗a )∘(b−
a )=∣⃗
a∣ +∣⃗
b∣ −2 ⃗
a ∘⃗
b=∣⃗
a∣ +∣⃗
b∣ −2∣⃗
a∣∣⃗
b∣cos φ . Fertig!
Eine weitere einfache Anwendung ist das Additionstheorem für den Cosinus: Die beiden Vektoren
cosβ haben beide die Länge 1 und schließen den Winkel α+β ein.
⃗
⃗
a= cos α und b=
sin α
−sin β
Folglich ist ⃗
a∘ ⃗
b=cos (α+β)=cos α cos β−sin α sin β.
( )
(
)
Flächeninhalte von Vielecken in der Schule
weiter Sonderformen, wie
Drachenviereck, Raute
Flächen von anderen Vielecken versucht man über Dreieckszerlegungen zu finden.
Rechteck
Inhaltsbegriff und Flächenmaße bereits bekannt
2 Schritte, wobei der 2. Schritte erst bei Vorkenntnissen in der Bruchrechnung möglich ist.
1.) Rechtecke, deren Seitenlängen ganzzahlige Vielfache von 1 LE sind.
Bsp.: 4 LE und 6 LE
4 Streifen zu je 6 Quadraten
6 Streifen zu je 4 Quadraten
Zusammen sind es 4 * 6 = 6 * 4 = 24 Quadrate
Fazit: „Fläche = Länge * Breite“
2.) Rechtecke deren SL gebrochene Vielfache von der LE sind
5. Klasse: Rückführung auf kleine LE
6. Klasse: im Zusammenhang mit Bruchrechnung (HN, Multiplikations-Regeln)
empfehlenswert
Bsp.:
3
cm und
5
9
cm und
15
2
cm
3
10
cm
15
9 * 10 Quadrate mit Seitenlänge
225 Quadrate der SL
Fazit:
Fläche =
9⋅10
1
cm
15
1
cm gehen in 1 cm² hinein
15
1
9 10
32
2
2
2
cm =
cm² =
cm = cm²
225
15 15
53
5
Zuerst Dreiecke:
Einfacher Fall: Höhenfußpunkt ∈ Grundlinie
Dreieck =
1
Rechteck
2
Komplizierter Fall
gx ⋅h x⋅h g⋅h
−
=
2
2
2
Der Ansatz mit x ist in der 6. Klasse noch nicht
möglich
F Dreieck =
Zuerst Parallelogramm
einfacher Fall (nicht zu sehr geneigt)
Parallelogramm und Rechteck sind zerlegungsgleich. Problem bei zu schiefen Parallelogrammen,
hier funktioniert es nicht.
Definition von „zerlegungsgleich“ und „ergänzungsgleich“
Zwei Fächenformen (Körperformen) heißen zerlegungsgleich, wenn man sie in endlich
viele, paarweise kongruente Teilflächen (Teilkörper) zerlegen kann.
Zwei Flächenformen (Körper) heißen ergänzungsgleich, wenn die sich durch Hinzufügung
je endlich vieler, paarweise kongruenter Flächenformen (Körper) zu zerlegungsgleichen
Flächenformen (Körper) ergänzen lassen.
Wichtig: Zerlegungsgleichheit ⇔ Ergänzungsgleichheit ⇒ Inhaltsgleicheit, aber im allgemeinen
kann aus der Inhaltsgleichheit nicht auf die Ergänzungs- bzw. Zerlegungsgleichheit geschlossen
werden.
Vorgehensweise über Ergänzungsgleichheit
Parallelogramm + 2 Dreiecke
Kongruent
Rechteck + 2 Dreiecke
Aus der Ergänzungsgleichheit lässt sich die Formel für den Flächeninhalt erschließen.
F Parallelogramm = F Rechteck =
g⋅h
Dreiecksfläche wird über „Verdoppelung“ zum Parallelogramm hergeleitet.
Vorsicht:
Verdoppelungsstrategien nicht mit Zerlegungsgleichheit bzw. Ergänzungsgleichheit
verwechseln!
Rechteck doppelt so groß wie Dreieck
Dreieck und Rechteck
sind zerlegungsgleich
F Dreieck = F Rechteck =
1
⋅g⋅h
2
Trapez
1) Viele Möglichkeiten, darunter
Verdoppelungsstrategie:
1
F Trapez =
F Parallelogramm =
2
1
ab⋅h
=
2
„automatisch“ folgt:
1
m= ab
2
(2m = a+ b), F Trapez =
m⋅h
2)
F Parallelogramm =
1
1
1
=
a⋅h b⋅h= ab⋅h
2
2
2
Drachenviereck
AB :=e
CD:=f
Zerlegungsgleichheit zu
e
Rechteck
⋅f
2
In der Schule versucht man, die Flächen von Vierecken durch Verdoppelung, Zerlegungsgleichheit
und Ergänzungsgleichheit auf Rechtecksflächen zurückzuführen.
Vielecke: Zerlegung in Teildreiecke und Teilvierecke.
Bei krumlinigen begrenzten Flächen kann aus der Inhaltsgleichheit nicht mehr die
Zerlegungsgleichheit (Ergänzungsgleichheit) geschlossen werden.
Bsp.:
Kreismessung
6.Klasse
d und U werden experimentell (Flasche, Dosen) bestimmt und tabellarisiert
U
...
...
...
...
d
….
...
...
...
U
konstant ≈ 3,1
d
U=2rπ =dπ
⇒ U~d ⇒
Mitteilung: „ schlaue Leute“ haben festgestellt.
U
22
= 3,14159... ≈
:=
d
7
„Tortenmethode“
Umso mehr Stücke umso mehr nähert sich das
Gebilde einem Parallelogramm mit
u
und h = r
g=
2
F Parallelogramm ≈
u
2
⋅r=r ⋅
2
Je mehr Stücke /Sektoren, desto genauer wird es, so dass bei „sehr vielen“ Tortenstücke
F Parallelogramm = F Kreis
6. Klasse: u ~ d , F ~ r² mit jeweils gleicher Proportionalitätskonstanten π.
„Kreismessung“ der 10. Klasse
Probleme verschiedener Begriffsbildungen:
Grenzwert, Intervallschachtelung, Bogenlänge
Definition:
die Bogenlänge einer Kurve ist das Supremum aller Längen ihrer interpolierenden
Polygonzüge
In der Schule nur anschaulich: „Je mehr Stützstellen desto genauer“ die ermittelte Bogenlänge.
Bei „unendlich“ vielen Stützstellen liegt die Bogenlänge genau vor.
1.) U ~ d und F ~ r² folgt direkt aus zentrischer Streckung
S M,r 
KM,1  K m ,r 
⇒ ur = ru1
F = r² F1
2.) Bestimmung von u1
Interpolation des Kreises mit regelmäßigen Vielecken → π – Berechnung nach Archimedes durch
Verdoppelung der Seitenanzahl
Beginn n= 6 (Radius stets 1)
1
Bekannt : h=  3
2
1
2− 3
=1−  3 =
2
2
2−  3 1
 =...
2
4
U(12) = 12 * s12
Ausgehend von diesem Prinzip:
allgemeine Formel für U(2n) in
Un
≈
Abhängigkeit von U(n);
2
3.) Bestimmung von F1
u
Ziel: F1 = 1
2
a) Tortenmethode
oder
s²12 =

u 1 Un Un
∈[
;
] denselben Wert
2
2
2
F1 ∈[Fn, Fn]
b) Man zeigt, dass die Intervallschachtelungen
einschließen wie Intervallschachtelung
Ergänzungen
1
Axiomatische Geometrie à la Hilbert (Grundlagen der Geometrie,
1899)
Anstatt von Punkten, Geraden und Ebenen können wir ebenso von Tischen, Stühlen und Bierseideln sprechen.
Eine ebene Geometrie ist nach Hilbert ein System von Mengen P (Menge von Punkten) und G (Menge von Geraden), welches bestimmten Forderungen („Axiomen“)
genügt. Die Axiome werden üblicherweise in die folgenden Gruppen eingeteilt:
1.) Axiome der Inzidenz:
Es gibt eine symmetrische Relation „in“ (sprich „inzidiert“) zwischen P und G mit
den folgenden Eigenschaften:
A1 Zu jedem Punkt P und jedem davon verschiedenen Punkt Q gibt es genau eine
Gerade g, sodaß P in g und Q in g
A2 Zu jeder Geraden gibt es mindestens zwei verschiedene Punkte, die mit ihr
inzidieren.
A3 Es gibt mindestens 3 verschiedene Punkte, die nicht mit einer gemeinsamen
Geraden inzidieren.
2.) Axiome der Lage:
Es gibt eine dreistellige Relation ∗ ∈ P × P × P mit den folgenden Eigenschaften:
B1 Falls A ∗ B ∗ C (sprich „B zwischen A und C“), dann sind A, B, C verschieden,
sie inzidieren mit einer gemeinsamen Geraden, und es gilt auch C ∗ B ∗ A
. . . weitere Axiome der Lage . . .
Mit Hilfe der Relation ∗ können die Begriffe „Inneres“ und „Äußeres“ einer Figur
festgelegt werden, und es kann auch eine Ordnung auf der Menge der mit einer
Geraden inzidierenden Punkte gefunden werden.
Besonders prominent unter den Axiomen der Lage ist das auf Pasch zurückgehende,
welches „anschaulich“ so lautet: Wenn eine Gerade in das Innere eines Dreiecks
„hineingeht“, dann geht sie auch wieder heraus.
Aufgrund der Axiome der Lage lassen sich Strecken ([AB] := {P ∈ P|A ∗ P ∗ B} ∪
{A, B}) und Halbgeraden und somit auch Winkel als Paare von Halbgeraden mit
gemeinsamem Ausgangspunkt definieren.
3.) Axiome der Kongruenz:
Auf der Menge aller Strecken und auf der Menge aller Winkel wird jeweils eine Relation „ ∼
=“ festgelegt, welche bestimmte Eigenschaften hat (die unter anderem darauf
hinauslaufen, daß ∼
= eine Äquivalenzrelation ist). Zwei Dreiecke werden alsdann als
kongruent bezeichnet, wenn ihre Seiten und ihre Winkel paarweise kongruent sind.
Das „berühmteste“ Kongruenzaxiom ist dann:
SWS Falls zwei Seiten und der eingeschlossene Winkel eines Dreiecks jeweils zu
2
zwei Seiten und dem eingeschlossenen Winkel eines anderen Dreiecks kongruent
sind, dann sind beide Dreiecke kongruent.
4.) Axiom der Stetigkeit:
Hier sind verschiedene, zueinander äquivalente Versionen im Gebrauch. Besonders
„windschnittig ist“:
Angenommen, die Menge der mit einer Geraden g inzidierenden Punkte ist die Vereinigung zweier disjunkter, nichtleerer Mengen Σ1 und Σ2 , sodaß kein Punkt der
einen Menge zwischen zwei Punkten der anderen Menge liegt. Dann gibt es genau
einen mit g inzidierenden Punkt O, sodaß Σ1 oder Σ2 eine von O ausgehende Halbgerade und die andere Menge deren Komplement ist.
Mit Hilfe des Stetigkeitsaxioms läßt sich beispielsweise die Existenz einer bijektiven,
ordnungstreuen Abbildung zwischen der Menge aller mit einer Geraden inzidierenden Punkte und der Menge der reellen Zahlen beweisen.
Eine Geometrie, welche die Axiomgruppen 1.) bis 4.) erfüllt, nennt man „absolute“ oder „neutrale“ Geometrie. Die Trennung zwischen der Euklidischen und der
hyperbolischen Geometrie erfolgt je nachdem, ob das Euklidische (EPA) oder das
hyperbolische Parallelenaxiom (HPA) Gültigkeit beansprucht.
5.) Parallelenaxiom:
EPA Zu jeder Geraden g und zu jedem mit g nicht inzidierenden Punkt P gibt es
genau eine Gerade h, welche mit P inzidiert und g nicht schneidet.
HPA Es gibt eine Gerade g und einen mit g nicht inzidierenden Punkt, sodaß es
mindestens zwei verschiedene Geraden h1 und h2 gibt, die mit P inzidieren und g
nicht schneiden.
Forderungen an ein Axiomensystem
Die geläufigsten Forderungen sind die nach „Unabhängigkeit“, nach „Widerspruchsfreiheit“ und nach „Eindeutigkeit bis auf Isometrie“ (= Kategorizität).
Unter “Unabhängigkeit“ eines Axioms A zu den anderen Axiomen versteht man, daß
es ein System aus Mengen P und G und Relationen in, ∗ und ∼
= (ein sogenanntes
„Modell“) gibt, in denen A nicht gilt, die restlichen Axiome aber schon.
Unter der „Widerspruchsfreiheit“ eines Axiomensystems versteht man, daß es ein
Modell gibt, welches die Axiome erfüllt.
Im Falle der Euklidischen Geometrie besteht ein mögliches Modell aus P = R2 und
G = {{(x, y) ∈ R2 |ax + by = c}|a, b, c ∈ R; a oder b 6= 0}.
Im Falle der hyperbolischen Geometrie ist das “Poincarésche Kreismodell“ besonders
beliebt.
Somit wird die Widerspruchsfreiheit der Euklidischen Geometrie auf die Widerspruchsfreiheit der Axiome über die reellen Zahlen und die Widerspruchsfreiheit der
hyperbolischen Geometrie auf die Widerspruchsfreiheit der Euklidischen Geometrie
zurückgeführt.
Sowohl zwischen Modellen der Euklidischen wie denen der hyperbolischen Geome-
3
trie besteht Eindeutigkeit bis auf Isometrie. (Das läßt sich „relativ“ einfach durch
Einführung von Koordinatensystemen zeigen.)
Kongruenzbeweise und Symmetriebeweise
Mit Hilfe der Kongruenzsätze für Dreiecke lassen sich Beweise von solchen geometrischen Aussagen führen, in denen (zumindest implizit) die Gleichheit von Längen
bzw. Winkeln behauptet wird. Kongruenzbeweise bieten eine relativ einfache Möglichkeit, im Rahmen eines bestimmten formalen Musters das Prinzip der strengen
logischen Deduktion kennenzulernen.
Voraussetzungen für die Durchführung von Kongruenzbeweisen sind:
Erkenntnis, daß die Geometrie eine streng logisch deduzierende Wissenschaft ist
Als Begründung hierfür werden üblicherweise den Schülern Bilder präsentiert, die
zu optischen Täuschungen Anlaß geben, oder es wird ihnen gesagt, daß jede Zeichnung nur für eine spezielle Situation steht und außerdem Ungenauigkeiten aufweist.
Mindestens ebenso wichtig ist es aber auch, den Kindern zu vermitteln, daß die
Geometrie eine Art „Gedankenspiel“ ist, in dem aus gewissen Annahmen und nach
gewissen Regeln in präziser und allgemeingültiger Weise Schlußfolgerungen gezogen
werden sollen, und daß ein solches Vorgehen in vielen Lebensbereichen üblich ist
(z.B. in der Rechtsprechung).
Fähigkeit, Voraussetzungen und Behauptungen aus Texten zu erschließen
und (anhand einer Überlegungsfigur) klar zu formulieren
Beispiel: “In einem gleichschenkligen Dreieck sind die Höhen von den Eckpunkten
der Basis auf die beiden anderen Seiten gleich lang.“ Voraussetzung? Behauptung?
Zwischenüberlegung: Die betrachtete Aussage in „Wenn-Dann-Form“ formulieren.
Erkenntnis, daß man zwischen Satz und Kehrsatz unterscheiden muß
Das berühmte Beispiel: „Wenn es regnet, ist die Straße naß.“
Erkenntnis, daß man die Behauptung nicht für den Beweis heranziehen
darf
Geläufige Kenntnis der Kongruenzsätze und Fähigkeit, diese zur Beurteilung von Dreieckskongruenz anzuwenden
Dazu gehört insbesondere auch die Fähigkeit, die mutmaßlich kongruenten Teildreiecke in einer Beweisfigur zu finden.
Kenntnis wichtiger Sätze und Fähigkeit, diese aufgrund der Voraussetzungen anzuwenden
4
Beispiel: Zum Beweis der obigen Aussage über gleichschenklige Dreiecke ist es nötig,
den Satz über die gleichen Basiswinkel im gleichschenkligen Dreieck heranzuziehen.
Fähigkeit, aus dem Vorkommen von Begriffen bestimmte Voraussetzungen zu formulieren
Beispiel: Der Begriff „Höhe“ ist mit dem Vorkommen rechter Winkel, der Begriff
„Winkelhalbierende“ mit der Existenz von kongruenten benachbarten Winkeln verbunden.
Beispiele
1.) “In einem gleichschenkligen Dreieck sind die Höhen von den Eckpunkten der Basis auf die beiden anderen Seiten gleich lang.“
Die Überlegungsfigur:
Vor: AC = BC, ^F = ^G = 90◦ .
Beh: AF = BG.
Beweis: Zu zeigen: ∆ABG ∼
= ∆ABF
1.) α = β (Basiswinkel im gleichschenkligen Dreieck, Vor.)
2.) [AB] gemeinsam
3.) ^G = ^F (Vor.)
WWS ⇒ Beh.
2.) Als Übung: Gegeben sei ein beliebiges Dreieck ABC. Auf [AC] und [BC] werden
gleichseitige Dreiecke ACS und BCT aufgesetzt. Beweise, daß AT = BS.
Symmetrieen
Als ein großer Vorteil des abbildungsgeometrischen Zugangs gilt, daß aufgrund erkannter Symmetrieen von Figuren sofort auf Längen- und Winkeleigenschaften dieser
Figuren geschlossen werden kann, ohne daß dazu „komplizierte“ Kongruenzbetrachtungen nötig sind.
Definition: Eine Figur (= Punktmenge) heißt symmetrisch, wenn es eine nichttriviale Kongruenzabbildung (eine sogenannte Deckabbildung der Figur) gibt, welche
die Figur in sich selbst überführt.
Entsprechend den möglichen Deckabbildungen gibt es Achsensymmetrie, Drehsym-
5
metrien (Spezialfall Punktsymmetrie), Schubsymmetrie und Symmetrie bezügl. der
Schubspiegelung. Die beiden letzteren Symmetriearten können nur bei unbegrenzten Figuren vorkommen. Für die Schule ausschließlich relevant sind Achsen- und
Punktsymmetrie.
Weil aber im Examen für RS auch schon allgemeine Drehsymmetrie drangekommen
ist, hier eine typische, rein drehsymmetrische Figur:
Eine übliche Schülerschwierigkeit ist, den Unterschied zwischen Symmetrie (Eigenschaft einer Figur) und Kongruenz (Relation zwischen Figuren) klar wahrzunehmen.
Hat man die Symmetrie einer Figur erkannt, so ist es tatsächlich leicht, daraus
auf Eigenschaften der Figur zu schließen. Beim Parallelogramm folgt beispielsweise aus der Punktsymmetrie, daß sich die beiden Diagonalen gegenseitig halbieren,
daß gegenüberliegende Seiten gleich lang, gegenüberliegende Innenwinkel gleich groß
sind. Aber Vorsicht: Im Sinne eines strengen Beweises ist es in der Regel mit für
die Schüler schwer zu vermittelnden Eindeutigkeitsbetrachtungen verbunden, wenn
man im Rahmen der Abbildungsgeometrie beweisen will, daß eine bestimmte Figur
eine bestimmte Symmetrie aufweist.
Beispiel: Wir wollen beweisen, daß ein Parallelogramm (also ein Viereck ABCD mit
AB k CD, AD k BC) punktsymmetrisch ist:
Sei M der Mittelpunkt der Diagonalen [AC]. Dann ist C der Bildpunkt von A bei
Punktspiegelung an M und umgekehrt. Aber ist auch D der Bildpunkt von B bei
6
Punktspiegelung an M ? Angenommen B 0 ist der Bildpunkt von B bei Punktspiegelung an M . Dann muß (wegen der Eigenschaft der Punktspiegelung, daß Geraden
stets auf dazu parallele Geraden abgebildet werden) AB parallel zu CB 0 sein (C ist
ja der Bildpunkt von A). Ebenso muß auch sein: AB 0 k BC. Wegen der Eindeutigkeit der Parallelen muß nun gelten: B 0 C = DC und AB 0 = AD, folglich ist auch
{B 0 } = B 0 C ∩ AB 0 = DC ∩ AD = {D}.
Zusammenfassung der Kongruenzgeometrie
Figurengeometrische Betrachtungsweise:
Figuren und ihre Eigenschaften sowie zugehörige Konstruktionsaufgaben stehen im
Vordergrund. Kongruenz von Vielecken über „gleiche“ Winkel bzw. Seitenlängen.
Kongruenzsätze aufgrund des „Prinzips der eindeutigen Konstruktion“. Begründung
von Figureneigenschaften und Konstruktionsverfahren aufgrund von kongruenten
Teildreiecken.
Wissenschaftliches Vorbild: Euklid/Hilbert
Abbildungsgeometrische Betrachtungsweise:
Kongruenzabbildungen im Sinne von Mehrfachspiegelungen werden genau untersucht. Figuren kommen dann als „Invarianten“ dieser Mehrfachspiegelungen ins Spiel.
Eigenschaften von Figuren ergeben sich als Konsequenz von Eigenschaften der zugehörigen „Deckabbildungen“ (Symmetriebetrachtungen). Die meisten „Grundkonstruktionen“ mit Zirkel und Lineal ergeben sich aus Eigenschaften der Achsenspiegelung. Die Kongruenzsätze für Dreiecke lassen sich aufgrund der Eigenschaften von
Kongruenzabbildungen beweisen und dienen dann als ein zusätzliches (nicht zentrales) Handwerkszeug.
Wissenschaftliches Vorbild: Erlanger Programm von Felix Klein/ Bachmann.
In der Schulpraxis versucht man meist einen „Kompromiß“ zwischen beiden Betrachtungsweisen zu finden, wobei man am Gymnasium mehr der figurengeometrischen,
an der Realschule mehr der abbildungsgeometrischen Seite zuneigt.
7
Überblick über Ähnlichkeitsabbildungen
1. Definition:
Eine Ähnlichkeitsabbildung ist eine Verkettung von Kongruenzabbildungen und zentrischen Sreckungen.
2. Definition:
Eine Klapp- (Spiegel-) Streckung ist die Verkettung einer Achsenspiegelung und
einer zentrischen Streckung, wobei das Zentrum auf der Spiegelachse liegt.
3. Definition:
Eine Drehstreckung ist die Verkettung einer Drehung und einer zentrischen Streckung, wobei das Zentrum und der Drehpunkt zusammenfallen.
Satz 1:
Die Verkettung zweier zentrischer Streckungen mit Streckfaktoren m1 , m2 ist wieder
eine zentrische Streckung mit Streckfaktor m1 ·m2 , falls m1 m2 6= 1. Im Falle m1 m2 =
1 und verschiedener Streckzentren ist die Verkettung eine Verschiebung.
Satz 2:
Eine Ähnlichkeitsabbildung ist durch die Lage dreier verschiedener Urpunkte und
der zugehörigen Bildpunkte eindeutig bestimmt.
Satz 3:
Eine Ähnlichkeitsabbildung ist entweder eine Verschiebung, eine Schubspiegelung,
eine Klappstreckung oder eine Drehstreckung.
Überblick über Drehungen
Satz: (a) Die Verkettung zweier Drehungen (M ; ϕ1 ) und (M ; ϕ2 ) mit demselben
Drehzentrum M ist eine Drehung um das Zentrum M mit dem Drehwinkel ϕ1 + ϕ2 .
(b) Die Verkettung zweier Drehungen (M1 ; ϕ1 ) und (M2 ; ϕ2 ) mit verschiedenen Drehzentren ist eine Drehung mit dem Drehwinkel ϕ1 +ϕ2 , falls ϕ1 +ϕ2 6= 360◦ ; andernfalls
ist die Verkettung eine Verschiebung.
8
Flächen- und Rauminhalte
Der Begriff des Flächen- bzw. Rauminhalts kann in zwei Schritten eingeführt werden.
1.) Inhalt von Polygonen (Polyedern)
Man fordert von der Inhaltsfunktion µ(P ) der Pol. P die folgenden Eigenschaften
(„Axiome“):
I.) µ(P ) ≥ 0
II.) Wenn P in die beiden Teilpol. P1 bzw. P2 zerlegt ist, dann gilt µ(P ) = µ(P1 ) +
µ(P2 )
III.) Falls P1 ∼
= P2 , dann µ(P1 ) = µ(P2 )
IV.) Für ein bestimmtes Quadrat (Hexaeder) Q ist µ(Q) = 1.
Hauptsatz: Bei vorgegebenem Quadrat (Hexaeder) Q gibt es genau eine Funktion
(Flächen- bzw. Rauminhaltsfunktion) µ mit den obigen Eigenschaften.
Mit dem Beweis des Hauptsatzes erhält man „automatisch“ die Flächen- bzw. Volumenformeln für Rechtecke bzw. Quadrate.
2.) Inhalt beliebiger Flächenformen bzw. Körper
Sei M eine Punktmenge in der Ebene oder im Raum. Dann heißt M Jordan-meßbar,
wenn es Folgen von Pol. (Pk ) und (P k ) gibt mit
Pk ⊂ Pk+1 ⊂ M,
P k+1 ⊃ P k ⊃ M, µ(P k ) − µ(Pk ) → 0.
Die durch die Intervallschachtelung [µ(Pk ), µ(P k )] eindeutig bestimmte Zahl µ(M )
ist dann von der speziellen Wahl der Pol. unabhängig und heißt Jordanmaß der
Menge M .
Definition: Kompakte, Jordan-meßbare Mengen mit einem positiven Maß in der
Ebene werden als Flächenformen, solche im Raum als Körper bezeichnet.
Bemerkung:
R Eine Menge M ist genau dann Jordan-meßbar, wenn das RiemannIntegral M dx existiert. Der Wert von letzterem ist dann mit dem Jordan-Maß
identisch.
zerlegungsgleich–ergänzungsgleich
Für die Bestimmung von Flächen- und Rauminhalten sind die folgenden Begriffe
wichtig:
Zwei Flächenformen (Körperformen) heißen zerlegungsgleich, wenn man sie in
endlich viele, paarweise kongruente Teilflächen (Teilkörper) zerlegen kann.
Zwei Flächenformen (Körper) heißen ergänzungsgleich, wenn sie sich durch Hinzufügung je endlich vieler, paarweise kongruenter Flächenformen (Körper) zu zerlegungsgleichen Flächenformen (Körper) ergänzen lassen.
Wichtig: Zerlegungsgleichheit ⇔ Ergänzungsgleichheit ⇒ Inhaltsgleichheit, aber im
allgemeinen kann aus der Inhaltsgleichheit nicht auf die Ergänzungs- bzw. Zerlegungsgleichheit geschlossen werden.
9
Zusammenhang zwischen Umfang und Fläche des Einheitskreises
nen regelm. n-Ecks gilt:
p
sn = 4 − c2n .
Die Fläche fn jedes der Teildreiecke, die
dieses n-Eck bilden ist:
1
f n = s n cn .
4
Die Seitenlänge tn des umbeschriebenen
regelm. n-Ecks ist: tn = 2scnn (Strahlensatz mit Kreismittelpunkt als Zentrum).
Die Fläche f n jedes der Teildreiecke, die
dieses umbeschriebene n-Eck bilden ist:
Für die Seitenlänge sn des einbeschriebe-
fn =
tn
.
2
Seien un bzw. un die Umfänge des einbeschriebenen bzw. umbeschriebenen n-Ecks
sowie Fn bzw. F n die Flächeninhalte des einbeschriebenen bzw. umbeschriebenen
n-Ecks, so ergibt sich:
un − un = ntn − nsn = nsn (
2
2
2
− 1) = un ( − 1) ≤ 8( − 1).
cn
cn
cn
Weil cn → 2 für sn → 0 (bzw. für n → ∞) folgt, daß un − un → 0 für n → ∞.
Da die Seitenlängen der umbeschriebenen regelm. n-Ecke auf jeden Fall größer sind
als die Seitenlängen jedes beliebigen einbeschriebenen n-Ecks, muß die durch die
Intervallschachtelung [un , un ] dargestellte reelle Zahl gleich dem Supremum aller
Umfänge der Vielecke sein, die dem Einheitskreis einbeschrieben sind und diesen
interpolieren. Damit ist die durch die Intervallschachtelung bestimmte Zahl gleich
dem Umfang des Einheitskreises, dessen Hälfte wir mit π (wie „Πeripherie“ des
Halbkreises) bezeichnen. Für die Flächen ergibt sich:
F n − Fn =
=
ntn nsn cn
n 2sn sn cn
−
= (
−
)=
2
4
2 cn
2
cn
un 2
cn
nsn 2
( − )=
( − ) → 0 (n → ∞).
2 cn
2
2 cn
2
Mithin bildet [Fn , F n ] eine Intervallschachtelung, welche gewährleistet, daß der Einheitskreis einen Flächeninhalt F besitzt. Nun ist aber F n = u2n und Fn = u2n c2n ,
also
un
un
Fn =
>π>
> Fn .
2
2
10
Insgesamt ergibt sich, daß
π ∈ [Fn ; F n ]
und damit
π = F.
11
Volumenberechnung
Allgemein:
Zerlegt man einen Körper in Teilkörper, so ist sein Volumen gleich der
Summe der Volumina der Teilkörper.
Volumen des Quaders
Das Volumen des Quaders errechnet sich als Produkt seiner Kantenlängen. Beweis
in zwei Schritten: 1.) Die drei Kantenlängen a, b, c sind rationale Vielfache von 1 m,
nämlich a = r/s m, b = t/u m und c = v/w m. Dann ist der Quader die disjunkte
Vereinigung von insgesamt (ruw)(tsw)(vsu) Würfeln der Seitenlänge 1/suw m. 1
m3 faßt (suw)3 dieser Würfel, also hat jeder dieser Würfel das Volumen 1/(suw)3 m3
. Insgesamt ergibt sich für das Volumen V des Quaders:
V =
rtv 3
ruw · tsw · vsu 3
m =
m = abc.
3
(suw)
suw
2.) Mindestens eine der drei Kantenlängen ist ein irrationales Vielfaches von 1 m.
Auf jeden Fall lassen sich die Kantenlängen a, b, c in Intervallschachtelungen [an ; a0n ],
[bn ; b0n ], [cn ; c0n ] mit rationalen Grenzen einschließen. Wegen 1.) haben die Quader mit
den Seitenlängen an , bn , cn bzw. a0n , b0n , c0n die Volumina an bn cn bzw. a0n b0n c0n . Das
Volumen V des vorliegenden Quaders liegt mithin zwischen an bn cn und a0n b0n c0n . Letztere Terme entsprechen der Intervallschachtelung für abc, woraus die Behauptung
folgt.
Volumen des geraden Prismas
1. Spezialfall: Rechtwinkliges Dreieck als Grundfläche
Quadervolumen: abh; Prismenvolumen 1/2abh = Gh.
Prisma kann als halber Quader aufgefasst werden.
V = 1/2 · a · b · h oder V = G · h.
2. Jedes dreiseitige Prisma lässt sich in zwei Prismen mit rechtwinkligdreieckiger Grundfläche zerlegen
12
3. Jedes Prisma lässt sich in dreiseitige Prismen zerlegen
Ist ein gerades Pisma in n dreiseitige Prismen zerlegt, so gilt:
V = V1 + V2 + . . . + Vn = G1 h + G2 h + . . . + Gn h = (G1 + G2 + . . . + Gn )h = Gh,
also:
VP risma = Gh
4. Schiefe Prismen
Hier gilt ebenfalls die Formel V = Gh (Beweis mit Cavalierischem Prinzip oder
durch Ergänzen auf gerades Prisma). Dabei ist h der Abstand der Ebenen, in
denen Grund- und Deckfläche liegen.
Unmöglichkeit der Rückführung des Pyramidenvolumens auf
das Quadervolumen
Durch Zerlegen bzw. Ergänzen kann man nur Volumina von Prismen auf das Quadervolumen zurückführen. Bei Pyramiden (und noch komplizierteren Körpern) gelingt
dies im allgemeinen nicht mehr. Eine solche Unmöglichkeit wurde bereits von Euklid
vermutet und von Max Dehn 1902 bewiesen. Zur Herleitung von Pyramidenvolumen
und der Volumina von Drehkörpern benötigt man infinitesimale Methoden. Besonders „elementar“ ist die Methode, sich des Cavalierischen Prinzips zu bedienen.
Cavalierisches Prinzip
Stehen zwei Körper auf derselben Ebene E und erzeugt jede zu E parallele Ebene bei beiden Körpern gleich große Schnittflächen, dann haben
beide Körper dasselbe Volumen.
Beweisidee:
• Zwei Körper mit gleich großen Grundflächen und Höhen stehen auf einer Ebene
E.
• Von Ebenen, die parallel zu E sind, werden sie in Scheiben der Dicke d geschnitten.
• Die Scheiben sind annähernde Prismen mit paarweise gleich großen Grundflächen und Höhen.
• Sehr dünne Scheiben in gleicher Höhen haben ungefähr dasselbe Volumen.
• Wenn zwei Körper aus paarweise volumengleichen Scheiben bestehen, dann
haben sie dasselbe Volumen.
13
1. Die Berechnung des Pyramidenvolumens nach dem Satz des CAVALIERI
Untersuchung der Schnittflächen, die entstehen, wenn man eine Pyramide parallel zur Grundfläche schneidet.
Für sie gilt:
Die Inhalte paralleler Schnittflächen einer Pyramide verhalten sich
wie die Quadrate der Abstände der Flächen von der Spitze.
Beweis:
G0 entsteht aus G bei zentrischer Streckung mit dem Zentrum S und dem
Streckungsfaktor m = h0 /h, also gilt:
G0 = m2 G oder G0 /G = m2 = h0 2 /h2
=⇒ zwei Pyramiden mit gleich großen Grundflächen und gleichen Höhen haben in jeder Höhe gleich große Schnittflächen.
Nach CAVALIERI:
Pyramiden mit gleich großen Grundflächen und gleichen Höhen haben dasselbe Volumen.
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Vom Prismen- zum Pyramidenvolumen
In Anlehnung an Barth et.al., Anschauliche Geometrie, Bd. 3, S. 145, München 1988
• Ausgangspunkt: gerades dreiseitiges Prisma P QRST U
• Dieses zerschneidet man in die dreiseitige Pyramide P QRS und in die
vierseitige Pyramide QRU T S.
• Nun halbiert man die vierseitige Pyramide und es entstehen zwei volumengleiche dreiseitige Pyramiden RU T S und QRT S.
• Es gilt auch Vol(P QRS) = Vol(RU T S).
• Für die spezielle Pyramide P QRS gilt: V = 1/3G · h.
Jede andere Pyramide mit gleicher Grundfläche und gleicher Höhe hat
dasselbe Volumen, also gilt sogar allgemein:
VP yramide = 1/3Gh
2. Volumen von Zylinder und Kegel nach dem Satz des CAVALIERI
Alternativ:
• Vergleich des Zylinders mit einem Quader derselben Grundfläche und
Höhe bzw. des Kegels mit einer Pyramide derselben Grundfläche und
Höhe.
• Zylinder als gerades Prisma mit “unendlich” vielen Ecken, Kegel als Pyramide mit einer Grundfläche von “unendlich” vielen Ecken.
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3. Volumen der Kugel nach dem Satz des CAVALIERI
• Ausgangssituation: Vergleich einer Halbkugel (Radius r) mit einem kegelförmig ausgebohrten Zylinder (Radius r, Höhe r)
• Beide Körper werden nebeneinander gestellt und man schneidet sie in
gleicher Höhe h mit einer Ebene parallel zu den Grundflächen.
• Bei der Halbkugel ergibt sich als Schnittfigur ein Kreis (Radius ρ) vom Inhalt ρ2 π = (r2 − h2 )π und beim ausgebohrten Zylinder ein konzentrischer
Kreisring (Radien r und h vom Inhalt r2 π − h2 π.
• Die beiden Schnittfiguren sind in jeder Höhe flächengleich.
• nach C.P. haben Halbkugel und ausgebohrter Zylinder denselben Rauminhalt.
VHalbkugel = VZylinder − VKegel
1/2VKugel = r2 π · r − 1/3r2 π · r = 2/3r3 π
VKugel = 4/3r3 π
Eine weitere infinitesimale Methode, die zur Volumenbestmmung dient, ist die
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Scheiberlmethode
Sie soll im folgenden für das Pyramidenvolumen vorgeführt werden.
G1 ∆h + G2 ∆h + . . . + Gn ∆h > VP yr > G2 ∆h + G3 ∆h + . . . + Gn ∆h
Die linke Seite entspricht dem Volumen des äußeren Stufenkörpers, die rechte Seite
dem des inneren Stufenkörpers.
Differenz: G1 ∆h → 0 (n → ∞). Die Volumina des inneren und äußeren Stufenkörpers bilden eine Intervallschachtelung für das Pyramidenvolumen, sodaß
VP yr = lim Vauen = lim Vinnen .
n→∞
n→∞
Nun ist
Vauen = ∆h(G1 + G2 + . . . + Gn )
2
h2
h
G2
=
mit h1 = h, h2 = h −
G1
h1
n
h1 ist der Abstand von G1 zur Pyramidenspitze, h2 der Abstand von G2 zur Pyramidenspitze.
!2 2
h − nh
G2
1
(n − 1)2
=
= 1−
=
=⇒
G1
h
n
n2
ebenso:
2
G3
2
(n − 2)2
=
1−
=
;
...
G1
n
n2
2
Gn
(n − 1)
12
=
1−
= 2
G1
n
n
2
(n − 1)
(n − 2)2
12
=⇒ Vauen = ∆h G1 +
· G1 +
· G1 + . . . + 2 · G1
n2
n2
n
∆h
= ∆h · G1 + 2 12 + 22 + . . . + (n − 1)2 · G1
n
17
12 + 22 + . . . + n2 =
12 + 22 + . . . + (n − 1)2 =
=
=
=
∆h 2n3 − 3n2 + n
· G1 ;
·
n2
6
h
h 2n3 − 3n2 + n| : n3
=
· G1 + 3 ·
· G1
n
n
6| : n3
h
h
· G1 + · (2 − 3/n + 1/n2 ) · G1
=
n
6
=⇒ Vauen = ∆h · G1 +
Vauen
n(n + 1)(2n + 1)
6
n(n + 1)(2n + 1)
− n2
6
(n2 + n)(2n + 1)
− n2
6
2n3 + n2 + 2n2 + n − 6n2
6
3
3
2n − 3n + n
6
∆h =
h
n
Bei n → ∞ streben h/n, 3/n und 1/n2 gegen 0, also gilt für n → ∞: Vauen →
2h
· G1 = 13 G1 · h = VP yr .
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