Erfahrungsbericht Buenos Aires, Argentinien
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Erfahrungsbericht Buenos Aires, Argentinien
Erfahrungsbericht Buenos Aires, Argentinien Studierende: Ramona Beck Email: [email protected] Heimathochschule: DHBW Mannheim Gasthochschule: Universidad de Belgrano, Buenos Aires Semester: 3. Semester Dauer: 19.07.2010 – 24.11.2010 Jahrgang: WIB-09 Ich bin damit einverstanden, dass dieser Bericht auf der Internetseite DHBW Mannheim veröffentlicht wird. 1 1. Vorbereitung des Aufenthaltes Im Rahmen des Studienganges für den „Bachelor of Arts in International Business“ an der DHBW Mannheim ist im dritten oder vierten Semester eine drei- bis fünfmonatige Studienzeit an einer ausländischen Hochschule möglich. Man kann wahlweise an einer Partnerhochschule oder als „Freemover“ ins Ausland gehen. Aber auch bei den mit der DHBW kooperierenden Hochschulen hat man die Absolvierung eines gebührenpflichtigen oder eines Austauschprogrammes zur Auswahl. Des Weiteren gibt es die Möglichkeit der finanziellen Unterstützung seitens verschiedener Verbände oder z.B. den Erasmus-Zuschuss für Studien an einigen europäischen Hochschulen. Aber für mich sollte es nicht Europa werden: Ich war von Anfang an sicher, dass es mich in ein spanischsprachiges Land verschlagen sollte und da ich in Spanien selbst schon über ein Jahr gelebt hatte, wollte ich nun raus aus Europa und die Welt sehen. Es bestanden bei den kooperierenden Hochschulen dann die Alternativen Chile (Santiago oder Concepción) und Argentinien (Buenos Aires). Ich entschied mich trotz der höheren Kosten aus verschiedenen Gründen für Argentinien. Die Vorbereitung konnte also losgehen. Neben der Übereinkunft der Kurse mit meinem Studiengangsleiter, waren im Repertoire der Anforderungen seitens der Partnerhochschule auch noch ein Motivationsschreiben, zwei Empfehlungsschreiben (auf spanisch oder englisch) und das Ausfüllen eines OnlineBewerbungsformulars. Der Dozent meines Spanischkurses hat mich beim Beschaffen der Unterlagen stets sehr unterstützt und auch das International Office der Universidad de Belgrano half bei Fragen und Problemen gerne weiter. Während der Kurssuche und – auswahl fiel auf, dass das Angebot der auf der Homepage der Partnerhochschule angegebenen Kurse etwas unübersichtlich, die Betreuung vor Ort aber sehr gut ist. So war auch die Erstellung eines passenden Stundenplanes in Zusammenarbeit mit meiner Betreuerin vor Ort keine große Sache mehr. Deshalb keine Angst, wenn vor Abreise noch nicht alle Fragen ausnahmslos geklärt sind; die nachträgliche Änderung der Kurse und die Abstimmung mit dem Studiengangsleiter stellt normalerweise kein Problem dar, solange für den „worst case“ - und zwar das Nichtvorhandensein der zu belegenden Kurse vor Ort – eine Notlösung zwischen dem Studenten und dem Studiengangsleiter gefunden wird, die meistens mit einer Nachholklausur nach Beendigung des Auslandssemester und Rückkehr an die Heimat-Hochschule verbunden ist. In Sachen Geldangelegenheiten ist eine Kombination aus Kreditkarte, Traveller-Checks und US-Dollar zu empfehlen. Man zahlt zwar hauptsächlich in Argentinischen Pesos und ich persönlich hatte nie Probleme, an Geldautomaten Geld zu bekommen (am Besten ist hier die französische Bank), aber ich halte es für empfehlenswert, auch US-Dollar und TravellerChecks mit sich zu führen, um eine gewisse Absicherung zu haben. Eine weitere Möglichkeit ist, sich Geld über Western Union schicken zu lassen. Dies funktioniert sehr unkompliziert und schnell. Um das erste Geld für das Taxi zu bekommen, kann man auch am Flughafen direkt Geld wechseln oder sich an einem Bankautomaten Pesos ziehen. Der Wohnungsmarkt vor Ort ist sehr breit gefächert und eine gute Anlaufstelle ist auf jeden Fall die Internetseite „craigslist.org.“. Hier findet man WGs und Wohnungen, die oftmals auch für International Students ausgelegt sind. Es ist zwar wahrscheinlich, dass man hier den 2 einen oder anderen Peso mehr bezahlt, aber die Kommunikation ist mit Vermietern, die an internationale Mieter bereits gewöhnt sind, oft unkomplizierter. Es gibt aber auch zahlreiche schwarze Schafe unter den zahlreichen Vermietern von Zimmern und Wohnungen, weshalb ich auf jeden Fall dringlichst empfehlen würde, sich die Wohnung vor der Anmietung persönlich anzuschauen. Man darf eben nicht vergessen, dass es sich bei Argentinien um ein Schwellenland handelt, dessen Inflation horrend ist und dessen politische Instabilität überall auf den Straßen zu spüren ist. Deshalb sollte man bei der Wahl seiner Wohngegend auf jeden Fall persönlich zugegen sein. Für die Anfangsphase und zur Eingewöhnung bietet sich eines der zahlreichen Hostels an, von wo aus man sich dann – ggf. auch mit schon gemachten Bekanntschaften – auf die Suche nach den eigenen vier Wänden machen kann. Man findet bspw. in der Einführungswoche meist bereits Mitstudenten, die ebenfalls auf der Suche nach einer Wohnung sind, sodass man die Suche dann gemeinsam gestalten kann. Als Anlaufstelle für Hostels ist hier „Hostelling International“ zu nennen; eine Internetseite, die Hostels auf der ganzen Welt vereint und ihnen einen gewissen Mindeststandard vorschreibt. Eine Mitgliedschaft in diesem Club ist auch bei weiteren Reisen in Lateinamerika vorteilhaft. In Buenos Aires sind die Viertel Belgrano, Recoleta, Palermo und evtl. Barrio Norte zu empfehlen. Hostels erfüllen im Allgemeinen immer die Mindestanforderungen: Ich habe während meines Aufenthaltes in mehreren Hostels in Buenos Aires und in ländlicheren Gebieten genächtigt und hatte durchweg mit sehr freundlichem Personal und sauberen Zimmern zu tun. 2. Studium im Gastland Die Universidad de Belgrano ist im Stadtteil Belgrano gelegen und ist mit der U-Bahn-Linie D (subte verde) und einem Fußmarsch von ca. 10 Minuten einfach zu erreichen. Sie stellt sich durch ein 17-stöckiges Hochhaus dar, wobei die Aussicht von oben auf die Stadt atemberaubend ist. Wie schon erwähnt, ist die Betreuung der Internationalen Studenten sehr gut organisiert. Sowohl das International Office, als auch der persönlich zugewiesene Hochschulbeauftragte und die zahlreichen anderen Helfer (bspw. der Sprachprogramme) unterstützen bei Behördengängen (z.B. bei der Beantragung und der Ausstellung des verpflichtenden Visums), sowie bei der Auswahl der Kurse und der Koordination des Stundenplanes. Meine endgültige Kurswahl für das dritte Semester des Studienganges International Business belief sich schlussendlich auf: - Latino America y la Globalizacion Económica (Makroökonomie) - Taller de Escritura Española (Spanisch) - Cultura Latinoamericana (Intercultural Management) - Marketing II (Marketing) - Costos (Finanzmodul) Man kann sich alle Kurse vor der endgültigen Wahl anschauen und muss erst nach zwei Wochen die endgültige Kurswahl bestätigen. Bereits bei der Einführungswoche, an der ich wegen Eingebundenheit in ein anderes Projekt nicht teilnehmen konnte, lernt man – wie mir berichtet wurde – für viele Fächer bereits die Dozenten kennen, die dann ihre jeweiligen Kursinhalte kurz darstellen. Daher ist die Teilnahme an den Einführungstagen zu empfehlen, 3 da viele Dinge einfach im Vorhinein schon geklärt werden können und man bereits die ersten Kontakte knüpfen kann. Falls dies jedoch aus organisatorischen Gründen nicht möglich ist, findet man auch im Nachhinein schnell Anschluss und hat immer noch genügend Zeit für die Wahl seiner Kurse. Das Semester an der Universidad de Belgrano läuft ziemlich anders als an der DHBW Mannheim. Das Semester dauert – je nach Datum der letzten Prüfung – ca. 4 Monate. Außerdem werden sogenannte Mid-Terms oder Parciales abgelegt, die nach ca. 2 Monaten stattfinden. Am Ende des Semesters werden dann die Abschlussprüfungen (Finals bzw. Finales) abgelegt. Die Studenten werden hier teilweise in mündlicher oder schriftlicher Form geprüft – je nach Dozent und Studienfach verschieden. Hier braucht man aber keine Angst zu haben, weil auch den Dozenten bewusst ist, dass man kein Muttersprachler ist und es kommt tatsächlich mehr auf den Inhalt als auf die Ausdrucksweise an. 3. Aufenthalt im Gastland Mein erster Gedanke, als ich mit dem Taxi vom Flughafen zu meinem vorher gebuchten Hostel fuhr, war: „Wow! Was für eine Riesenstadt!“. Nach einer kleinen Tour durch die Straßen von Buenos Aires zogen mich aber gleich das riesige Kulturangebot und die Mentalität der Argentinier in ihren Bann. Vielleicht mögen Letztgenannte vor allem auf den ersten Blick sehr hektisch und in ihrer Welt versunken wirken, wobei sie doch sofort ihre Hilfe anbieten, wenn sie einen verzweifelt nach einer Straße suchenden Touristen mit einem Stadtplan in der Hand erblicken. Das Leben ist anders als in Deutschland. Und doch gibt es auch im fernen Argentinien sehr viel Bürokratie, daher man muss schon damit rechnen, dass alles auch mal ein bisschen länger dauern kann. Die Menschen sind freundlich und nett und immer auf ein kleines Schwätzchen über das ferne Europa aus. Deutsche genießen im Allgemeinen ein gutes Ansehen. Man muss aber vorsichtig sein, da deutsch und hellhäutig auch oft mit reich gleichgestellt wird und man daher auch Opfer von Überfällen werden kann. Es kursieren viele Gerüchte über Ausraubungen und dergleichen, denen man nur in begrenztem Maße Glauben schenken sollte. Es ist jedoch definitiv so, dass man sich vor allem am Anfang und des Nachts relativ unauffällig verhalten sollte, bis man die Straßen und Gegenden besser kennt und weiß, wo man sich aufhalten kann und welche Gegenden man eher meiden sollte. Transportmöglichkeit Nummer Eins ist die schon genannte subte (Underground): Ihr Netz ist weitgespannt und es wird kontinuierlich an dessen Ausdehnung gearbeitet; außerdem kommt man auch während der Rush Hour trotz Gedränge im Vergleich zur Fortbewegung auf asphaltierten Straßen auf Schienen viel schneller voran. Jedoch gibt es auch viele Teile dieser riesigen Stadt, die man nicht mit der U-Bahn erreichen kann, weshalb es das lokale Busnetz gibt. Die sogenannten „colectivos“ halten fast überall und sind meist ausschließlich mit den in Argentinien sehr knappen Münzen zu bezahlen. Man sollte deshalb immer ein bisschen Kleingeld bei sich tragen. Um sich im Wirrwarr der subtes, collectivos und der fast irrational langen Straßen zurechtzufinden, ist ein Stadtplan mit Namen „guía-T“ zu empfehlen. Diesen kann man fast 4 überall auf den Straßen käuflich erwerben, wobei bereits das „Welcome-Pakage“ der Universität einen dieser Pläne beinhaltet. 4. Reisen Argentinien ist ein wunderbares und vielseitiges Land und auch die angrenzenden Staaten sind voller Schönheit. Wenn man sich also schon auf diesem eindrucksvollen Kontinent befindet, sollte man auf jeden Fall auch die Chance nutzen und die Schönheiten dieses Erdteiles bereisen. Zwar bieten sich auch lange Wochenenden und die vorlesungsfreie Zeit vor den Endklausuren für Reisen an, aber wenn man von seinem Unternehmen die Möglichkeit bekommt, noch ein wenig Urlaub an die Studienzeit anzuhängen, sollte man dies auf jeden Fall tun. Eine Hilfe zum Aussuchen schöner Reiseziele findet man beispielsweise im „Footprint Argentina“ oder im „Lonely Planet Argentina“: Reisegründe können bspw. Whalewatching in Puerto Madryn oder eine Busfahrt über die Anden nach Santiago de Chile verbunden mit einem Aufenthalt am Meer von „Viña del Mar“sein. Das Fernstreckenbusnetz Argentiniens ist sehr gut organisiert und man kann sich bereits im Internet über die verschiedenen Strecken, Preise und Anbieter informieren. Der Busbahnhof in Buenos Aires befindet sich in Retiro, wovon man auch mit der Bahn eine Fahrt nach Tigre oder der weniger hektischen bonarensischen Vorstadt San Isidro antreten kann. Es gibt außerdem häufig Angebote von Reiseunternehmen; auch die Organisation „BAIS – Buenos Aires International Students“ bietet häufig gemeinsame Reisen an. Man findet BAIS u.a. unter Facebook und kann sich hierüber schon vorab über die Angebote informieren. 5. Persönliche Wertung Nach anfänglichen Schwierigkeiten und einem leichten Kulturschock habe ich Argentinien und seine Leute kennen und lieben gelernt. Es war eine außerordentliche Erfahrung, die mir oft Geduld, aber auch Hoffnung gelehrt hat. Die Geschichte und Lage dieser Nation kennenzulernen, zu erleben, wie das Leben in anderen Teilen der Erde ist und wahrgenommen wird und sich mit kulturellen Unterschieden auseinanderzusetzen war für mich eine Erfahrung, die ich nicht missen möchte. Man ist sich seines Andersseins jeder Zeit bewusst und obwohl ich bereits fließend spanisch sprach, als ich in Argentinien ankam, fiel ich als Ausländerin auf; vor allem in den etwas ärmeren nördlichen Gebieten zeigten sich die Unterschiede. Vor allem will ich aber jedem empfehlen, zu reisen und die verschiedenen Aspekte Argentiniens kennenzulernen. Buenos Aires alleine ist nicht Argentinien. Deshalb jetzt hinein in das Abenteuer und viel Spaß bei den vielschichtigen Erfahrungen, die man in diesem Land machen kann! 5