Bausteine einer Betriebsvereinbarung zum Einsatz von InnoKenn

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Bausteine einer Betriebsvereinbarung zum Einsatz von InnoKenn
Bausteine einer Betriebsvereinbarung zum Einsatz von InnoKen
1. Betriebsverfassungsrechtliche
„Mitarbeiterbefragungen“
Fragen
zur
Durchführung
der
a. Allgemeine Mitarbeiterbefragungen des Arbeitgebers
In der Praxis werden Mitarbeiterbefragungen zumeist vom Arbeitgeber
durchgeführt. Es ist anerkannt, dass der Arbeitgeber verpflichtet ist, die
Interessenvertretung über die Inhalte und Ergebnisse einer Mitarbeiterbefragung zu
unterrichten, wenn Aufgaben und Rechte des Betriebsrates nach dem
Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) berührt werden (Bundesarbeitsgericht - BAG
vom 8. 6. 1999 - 1 ABR 28/97 = AiB 2000, S. 292). Hiervon ist bei einer Befragung
über die Innovationsfähigkeit im Betrieb regelmäßig auszugehen. Eine
weitergehende aktive Beteiligung des Betriebsrats im Hinblick auf die inhaltliche
Ausgestaltung der Befragung und ihre Auswertung hängt weitgehend vom
Einverständnis des Arbeitgebers ab, sofern nicht spezielle Mitbestimmungsrechte
bestehen.
b. Mitarbeiterbefragungen durch den Betriebsrat
Das BetrVG verpflichtet den Arbeitgeber dazu, den Betriebsrat unaufgefordert,
rechtzeitig und umfassend mit den für die Erledigung seiner gesetzlichen Aufgaben
notwendigen Informationen zu versorgen (vgl. insbes. § 80 Abs. 2 BetrVG, § 89
BetrVG). Ungeachtet dieser Informationspflichten des Arbeitgebers ist der
Betriebsrat nicht gehindert, sich auf andere Art und Weise weitere Informationen zu
beschaffen. Hierzu zählen neben Betriebsbegehungen auch
Mitarbeiterbefragungen mittels Fragebögen, wie das BAG bereits im Jahre 1977
entschieden hat (BAG vom 8. 2. 1977 - 1 ABR 82/74 = AuR 1977, 121).
Entscheidend für die Zulässigkeit von Mitarbeiterbefragungen ist es, dass sich die
Fragen inhaltlich im Rahmen der gesetzlichen Aufgaben des Betriebsrats halten.
Blickt man vor diesem Hintergrund auf den allgemeinen Aufgabenkatalog des § 80
Abs. 1 BetrVG, ergibt sich für den Betriebsrat die Möglichkeit, inhaltlich breit
angelegte Mitarbeiterbefragungen zu initiieren. Zu den Aufgaben und möglichen
Inhalten solcher Mitarbeiterbefragungen zählt auch „die Beschäftigung im Betrieb
zu fördern und zu sichern (§ 80 Abs. 1 Nr. 8 BetrVG)“.
Es ist somit die rechtliche Grundlage gegeben, auch spezifische Befragungen, wie
z. B. die InnoKenn-Befragung zur Gewinnung von Informationen zum Thema
Innovationsfähigkeit für eine Ziel führende Interessenvertretung des Betriebsrates
einzusetzen.
c. Die Frage der Kostenübernahme
Veranlasst der Betriebsrat eine solche Mitarbeiterbefragung, stellt sich die Frage
der Übernahme der entstehenden Kosten (z. B. Vervielfältigung von Fragebögen
und Auswertung, Nutzungsentgelt für ein geschütztes Befragungsinstrument). Die
Grundregel über die Kostentragungspflicht für die Betriebsratstätigkeit findet sich in
§ 40 BetrVG, wonach der Arbeitgeber die durch die Tätigkeit des Betriebsrats
entstehenden Kosten tragen muss (Abs. 1). Die Rechtsprechung und juristische
Literatur haben diese Grundregel dahingehend einschränkend modifiziert, dass er
nur die Kosten tragen muss, die für die Durchführung der Betriebsratsarbeit
erforderlich sind. Entscheidend ist der Zeitpunkt, zu dem diese Kosten entstanden
sind: Es ist dann zu fragen, ob der Betriebsrat zu diesem Zeitpunkt die
entstehenden Kosten für erforderlich halten durfte. Dabei hat er die Interessen der
Belegschaft an einer sachgerechten Ausübung des Betriebsratsamtes mit den
Interessen des Arbeitgebers an einer Begrenzung seiner Kostentragungspflicht
gegeneinander abzuwägen (Erfurter Kommentar Arbeitsrecht - Eisemann, 7. Aufl.
2007, § 40 BetrVG, Rn. 1).
d. Besondere Erforderlichkeit begründen
Angesichts dieser Anforderungen ist es wichtig, sich die Ziele und den
Erkenntnisgewinn der Mitarbeiterbefragung frühzeitig klar zu machen. Sofern
bereits Mitarbeiterbefragungen vom Arbeitgeber durchgeführt worden sind, ist es
unter Umständen nötig, das besondere Profil der eigenen Befragung darlegen zu
können. Andernfalls läuft der Betriebsrat Gefahr, sich dem Einwand ausgesetzt zu
sehen, den Arbeitgeber unnötigerweise zu belasten, da entsprechende Ergebnisse
bereits aus anderen Befragungen vorliegen. Entstehen durch die Befragung
außergewöhnlich hohe Aufwendungen (z. B. Nutzungsentgelt für standardisierte
Befragung), verlangen die Rechtsprechung und die juristische Literatur eine
vorherige Information des Arbeitgebers (Erfurter Kommentar Arbeitsrecht Eisemann, 7. Aufl. 2007, § 40 BetrVG, Rn. 1).
e. Wenn externe Fachleute hinzugezogen werden sollen
Nicht selten werden Mitarbeiterbefragungen von externen Personen durchgeführt
bzw. ausgewertet. Sofern sich deren Aufgaben auf bloße Hilfstätigkeiten zur
Abwicklung und Auswertung der Befragung beschränken, sind die insoweit
anfallenden Kosten als Kosten der Betriebsratsarbeit i.S. von § 40 BetrVG zu
qualifizieren. Werden externe Personen aufgrund ihrer besonderen Fachkunde
eingeschaltet, wird man davon auszugehen haben, dass es sich bei diesen
Personen um Sachverständige (§ 80 Abs. 3 BetrVG) handelt. Sie bringen als
Experten die fachlichen Kenntnisse bezüglich der Mitarbeiterbefragung ein, über
die der Betriebsrat häufig nicht selbst verfügen wird. Nach § 80 Abs. 3 BetrVG hat
der Betriebsrat das Recht, Sachverständige hinzuzuziehen, sofern dies zur
ordnungsgemäßen Erfüllung seiner Aufgaben erforderlich ist. Dies entspricht in der
Sache im Prinzip den bereits erwähnten Anforderungen an die Pflicht des
Arbeitgebers aus § 40 BetrVG, die erforderlichen Kosten der Betriebsratsarbeit zu
tragen. Anders als bei den "normalen" Betriebsratskosten nach § 40 BetrVG
verlangt § 80 Abs. 3 BetrVG für die Einschaltung von Sachverständigen im Vorfeld
eine nähere Vereinbarung mit dem Arbeitgeber. Dass der Betriebsrat ggf. einen
solchen Rechtsanspruch hat, ist durch die Rechtsprechung bestätigt und kann
notfalls auch gerichtlich "eingeklagt" werden.
2. Eckpunkte für eine Betriebsvereinbarung „Projekt InnoKenn“
1. Geltungsbereich
Festlegung des personellen und räumlichen Geltungsbereichs
2. Ziel und Zweck der Befragung
Definition der Ziele der Befragung (z.B. Innovationsfähigkeit feststellen) und
Beschreibung der konkreten Zwecke
3. Beteiligung der Interessenvertretung
Informationsrechte
Einbindung in die Projektgruppe
4. Umsetzung der Befragung
Beschreibung
der
konkreten
Phasen
(Planung,
Vorbereitung,
Information,
Durchführung, Umsetzung)
Definition der Aufgaben und Kompetenzen
5. Datenschutz
Gewährleistung der Anonymität
Beauftragung eines externen Beraters
Festlegung der Aufgaben und Befugnisse
Festlegung von Zugriffsberechtigungen
Aufbewahrungs- und Löschungsfristen von Fragebögen und Auswertungen
6. Nachteilsverbot
Keine negativen Konsequenzen für die Beschäftigten
Keine Verpflichtung der Beschäftigten zur Teilnahme an der Befragung (Freiwilligkeit)
7. Erfolgskontrolle
Controlling der abgeleiteten Maßnahmen
Regelmäßige Durchführung
8. Schlussbestimmungen
Inkrafttreten, Kündigung und Nachwirkung
3. Praxisbeispiel KBV Mitarbeiterbefragung
Konzernbetriebsvereinbarung zur Mitarbeiterbefragung
Zwischen der xxx Betrieb
und dem Konzernbetriebsrat (KBR)
wird nachfolgende Konzernbetriebsvereinbarung (KBV) zur Mitarbeiterbefragung
geschlossen:
§ 1 Ziel der KBV
Hohe Mitarbeiterzufriedenheit führt zu hoher Kundenbindung.
Der xxx Betrieb und der KBR sind sich daher darin einig, dass ein einheitliches und
aussagefähiges Instrument benötigt wird, das die Konzern-/Unternehmenssteuerung, die
Strategieumsetzung, die Weiterentwicklung der Unternehmens- und Führungskultur, das
Leistungsmanagement, das Veränderungsmanagement und das Commitment der
Beschäftigten unterstützt. Aus den erkannten Verbesserungsbereichen und
Handlungsfeldern sollen Organisationseinheiten spezifische Maßnahmenprogramme
abgeleitet werden, die dazu dienen, Business Excellence zu erzielen.
Deshalb wird künftig regelmäßig eine einheitliche Befragung aller Beschäftigten des xxx
Betriebes durchgeführt. Fragebögen, Kennzahlen (z.B. Commitment Wert, Indizes) und
Reporting berücksichtigen zielgruppen- und geschäftsfeldspezifische Besonderheiten.
§ 2 Geltungsbereich
Diese KBV gilt für alle aktiven Beschäftigten des xxx Betriebs, soweit sie in den
Geltungsbereich des Betriebsverfassungsgesetzes (BetrVG) fallen.
§ 3 Beschreibung des Ablaufs der Befragung
Die Mitarbeiterbefragung findet in regelmäßigen Zeitabständen statt; die Teilnahme ist
freiwillig. Die Beschäftigten werden über die Befragung und deren Ziele vor der
Durchführung in angemessener Art und Weise informiert. Es wird durch geeignete
Maßnahmen sichergestellt, dass auch schwerbehinderte Mitarbeiter anonym an der
Mitarbeiterbefragung teilnehmen können.
Alle Beschäftigten erhalten entweder in Papier- oder in elektronischer Form einen
Fragebogen, der aus einem konzernweit einheitlichen Fragenkatalog (Anlage)
zusammengestellt wird, zugesandt, mit der Bitte, diesen anonym auszufüllen. Die
Fragebögen werden dem mit der Auswertung beauftragten Unternehmen übersandt.
Dieses erstellt die Berichte für die einzelnen Untersuchungseinheiten. Im Falle der ITgestützten Durchführung der Mitarbeiterbefragung finden die hierzu im Konzern xxx
vorhandenen Regelungen Anwendung, solange und soweit sie nicht durch eine
konzernweit einheitliche Regelung abgelöst werden.
Die Berichte des auswertenden Unternehmens werden dem xxx Betrieb grundsätzlich
elektronisch in einem Datenformat übermittelt, das nachträgliche Änderungen ausschließt
(z.B. pdf-Format). In Abweichung hiervon erhalten die Organisationseinheiten von dem
auswertenden Unternehmen zusätzlich zu Präsentationszwecken eine ppt.-Datei mit den
wichtigsten Ergebnissen der Befragung sowie Übersichtsinformationen in anderen
Dateiformaten. Es dürfen an diesen Dateien keine Veränderungen vorgenommen werden,
die zu einer Verfälschung der Ergebnisse der Mitarbeiterbefragung führen.
Über die konzernweite und unternehmensbezogene Gesamtauswertung, die
Auswertungen ihrer Organisationseinheiten und die sich daraus ergebenden Maßnahmen
werden die Beschäftigten spätestens 4 Monate nach Abschluss des Befragungszeitraums
in geeigneter Weise informiert.
§ 4 Anonymität und Datenschutz
Der xxx Betrieb sichert zu, dass alle Daten nur zu dem unter § 1 beschriebenen Zweck
verwendet werden.
Die datenschutzrechtlichen Bestimmungen werden eingehalten. Der Vertragspartner, der
die Auswertungen erstellen wird, wird auf die datenschutzrechtlichen Bestimmungen
verpflichtet. Der KBR wird rechtzeitig über einen beabsichtigten Wechsel des
Vertragspartners (auswertendes Unternehmen) informiert.
Die Fragebögen werden spätestens nach Auslieferung des letzten Berichts vernichtet.
Gleiches gilt für etwa überlassene Adressdaten der Beschäftigten.
Die in anonymisierter Form vorliegenden Rohdatensätze werden von dem auswertenden
Unternehmen archiviert. Sie werden gelöscht, sobald ihre Zweckbestimmung entfällt.
Auswertungen, bei denen wegen der geringen Zahl der auswertbaren Fragebögen
Rückschlüsse auf die antwortenden Personen möglich erscheinen, sind nicht zulässig.
Deshalb werden keine Auswertungen für Organisationseinheiten oder Teile davon erstellt,
bei denen weniger als 5 Beschäftigte in elektronischer Form oder 10 Beschäftigte in
Papierform geantwortet haben. In diesen Fällen gehen die Fragebögen in die Auswertung
der nächsthöheren Organisationseinheit ein.
Auswertungen nach statistischen Merkmalen (Alter, Geschlecht, Dauer der Unternehmens/Betriebszugehörigkeit, Beschäftigungsverhältnis) sind nur bis auf die Ebene des Betriebs
(im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes) zulässig, soweit in dem jeweiligen Betrieb im
Zeitpunkt der Durchführung der Mitarbeiterbefragung mindestens 100 Mitarbeiter
beschäftigt sind.
§ 5 Einbindung der Betriebsräte
Der KBR arbeitet an der Konzeption des konzernweit einheitlichen Fragenkatalogs mit. Er
unterstützt die Durchführung der Mitarbeiterbefragung und erhält den Bericht mit der
Auswertung für den xxx Betrieb. Der xxx Betrieb und der KBR werden die im
Zusammenhang mit der jeweiligen Befragung gewonnenen Erkenntnisse rechtzeitig vor
Durchführung der nächsten Mitarbeiterbefragung miteinander erörtern.
Die zuständigen Betriebsräte in den einzelnen Geschäftseinheiten sind bei der
Durchführung der Mitarbeiterbefragung im Rahmen des BetrVG zu beteiligen. Sie erhalten
alle Auswertungen bezogen auf den Betrieb sowie etwaige begleitende Informationen zu
den Auswertungen (z.B. Erläuterungen des auswertenden Unternehmens). Unter
Anwendung des § 37 Abs. 6 BetrVG erhalten sie Gelegenheit zur Teilnahme an den
angebotenen Schulungsmaßnahmen.
§ 6 Schlussbestimmungen
Die KBV tritt mit dem Tage ihrer Unterzeichnung in Kraft. Sie kann von beiden Seiten mit
einer Frist von 3 Monaten zum Ende eines Kalenderjahres gekündigt werden.
Die Anlage ist Bestandteil der KBV. Zu ihrer Änderung bedarf es keiner Kündigung der
KBV. Vor jeder beabsichtigten Änderung wird der KBR informiert. Die Änderungen
unterliegen dem BetrVG.

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