Hofabsamer oder Spermazukauf

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Hofabsamer oder Spermazukauf
Schweinebesamung: Hofabsamung oder Spermazukauf?
Vom eigenen Eber Sperma gewinnen und damit die Sauen besamen: Eine Reihe
spezialisierter Sauenhalter ist dazu bereits übergegangen, um insbesondere Kosten
zu sparen. Doch stellt dieses Verfahren hohe Ansprüche und ist auch nicht ganz
ohne Nachteile.
Fachkenntnis und bester Hygienestatus sind Pflicht
Wer aber eine hofeigene Besamungsstation
erfolgreich betreiben will, benötigt neben
Erfahrungen im Deckmanagement fundierte
Kenntnisse, wie man Sperma gewinnt und
behandelt.
Es
müssen
hohe
Hygieneanforderungen beim Umgang mit
dem Sperma beachtet werden. Über eine
eigene Besamungsstation sollte man erst
nachdenken, wenn das Management im
Betrieb stimmt, genügend Zeit da ist und
bereits überdurchschnittliche Fruchtbarkeitsergebnisse zu Buche stehen – sichtbar
insbesondere an der Zahl der aufgezogenen
Ferkel,
der
Wurffolge
und
der
Umrauscherquote.
Um hygienisch sauber arbeiten zu können, sollte ein separater, gefliester Raum
eingerichtet werden. Dieser benötigt Anschluss für warmes und kaltes Wasser, ein
Waschbecken, ein Tisch sowie verschiedene Schränke zum Aufbewahren von
Instrumenten, Verdünner und Sperma. Notwendig sind außerdem ein Sprungbock,
ein Mikroskop und verschiedene Instrumente (siehe Seite 3: „Dies benötigen Sie für
die
eigene
Spermagewinnung“).
Erforderlich sind natürlich in Abhängigkeit von der Bestandsgröße und dem
Abferkelrhythmus des Betriebes mehrere Eber, die sich auch als Samenlieferanten
eignen. Da hierfür nicht jeder Eber in Frage kommt, muss das Sperma vorher in
einem anerkannten Labor biologisch geprüft werden. Gleichzeitig wird getestet, ob
der Eber den Sprungbock annimmt und ob er sich mit der behandschuhten Hand
absamen lässt. Nur Eber, die alle diese Voraussetzungen erfüllen, lassen sich für die
eigene
Spermagewinnung
einsetzen.
Welche Arbeitsschritte vom Absamen des Ebers bis zum Aufbewahren des Spermas
notwendig sind, zeigt der gleichnamige Textkasten. Diese einzelnen Schritte müssen
regelmäßig für jede gewonnene Spermaprobe durchgeführt werden, soll die
Besamung erfolgreich sein. Wie üblich werden die Sauen dann auch mit dem selbst
gewonnenen und aufbereiteten Sperma zwei- bis dreimal unter Beisein des Ebers
besamt.
Einheitlichere Ferkel und gute Spermaqualität
Von den Besamungsstationen werden dem
Ferkelerzeuger
zahlreiche
Eber
mit
unterschiedlichen genetischen Merkmalen
zur Verfügung gestellt. Während eines
Jahres können in einem Betrieb mit über
100 Sauen durch die Besamung 30 und
mehr Eber einer Besamungsstation zum
Einsatz kommen. Die genetische Streuung
der Vatertiere kann so groß sein, dass der
Sauenhalter
dem
Mäster
„keine“
einheitlichen Ferkelpartien liefern kann.
Infolge des intensiveren Einsatzes des
eigenen Ebers lassen sich dagegen genetisch einheitlichere Ferkel produzieren,
wovon
auch
der
Mäster
profitiert.
Für die Aufbereitung des Spermas in einer eigenen Station muss der Landwirt wie
schon erwähnt Sachverstand mitbringen und genügend Zeit einplanen. Allein für das
Absamen sind mindestens 20 Minuten notwendig. Dazu kommt noch die Zeit für das
Vor- und das Nachbereiten des gewonnenen Ejakulates sowie für das Aufbewahren
und Reinigen der benutzten Geräte. Daher beträgt der Zeitaufwand pro Eber
mindestens
60
Minuten
in
der
Woche.
Ein Nachteil ist sicherlich auch, dass Anomalien wie Afterlosigkeit, Binneneber oder
Nabelbrüche sich durch den intensiveren Einsatz der eigenen Eber, sofern er
unerkannter Merkmalsträger ist, schneller und häufiger in einem Bestand ausbreiten
können. Jeder neu eingestallte Eber sollte daher nach einem Ersteinsatz bei etwa 20
Sauen bis zur Geburt der Ferkel vier Monate lang nicht mehr benutzt werden. So
lässt
sich
erkennen,
inwieweit
dieser
Eber
Anomalien
vererbt.
Unter den Ebern gibt es auch negative Leistungsvererber, die erst nach dem
Schlachten der Nachkommen nach einem Jahr als Versager erkannt werden. In einer
eigenen Besamungsstation lassen sich solche leistungsmindernden Faktoren und
Fehler eines Ebers nur schlecht früh genug erkennen und beheben. Um das
Leistungsvermögen der in den anerkannten Besamungsstationen stehenden Eber
beurteilen zu können, testet man diese in Mastprüfanstalten anhand ihrer
Nachkommen.
Sauenhalter mit eigener Spermagewinnung haben in der Regel keine Möglichkeit
eine Prüfung der Nachkommen des eigenen Ebers zu veranlassen. Daher muss man
aber damit rechnen, dass sich diese Betriebe recht schnell vom genetischen
Fortschritt abkoppeln, wenn die eigenen Eber ohne einen Leistungstest mehrere
Jahre lang im Bestand eingesetzt werden. So vorteilhaft ein gleichmäßiges
Mastschwein beim Einsatz nur weniger Eber sein kann, so nachteilig ist es, wenn es
sich bei den ungeprüft abgesamten Ebern um schlechte Leistungsvererber handelt.
Risiko der Krankheitseinschleppung verringern?
Wird zur Besamung ausschließlich Sperma von einer Besamungsstation eingesetzt,
so kann auf den Kauf eines Ebers verzichten werden und aus dem eigenen Bestand
einen Sucheber herangezogen werden. Durch den geringeren Tierverkehr verringert
sich das Risiko der Krankheitseinschleppung erheblich. Weiters kann darauf geachtet
werden, dass immer ein relativ junger und sexuell aktiver Eber im Betrieb steht und
für optimale Stimulation beim Besamen sorgt. Zu bedenken gilt auch, dass bei den
Ebern
auf
den
österreichischen
Besamungsstationen
regelmäßige
Gesundheitschecks und Blutuntersuchungen durchgeführt werden, diese Tiere unter
ständiger tierärztlicher Kontrolle stehen und nur PRRS freie Tiere auf den Stationen
aufgestallt werden.
Welche Arbeitsschritte zur hofeigenen Spermagewinnung sind
notwendig?
Welche Arbeitsschritte vom Absamen des Ebers bis zum Aufbewahren des Spermas
notwendig sind, zeigt die im Anschluss angeführte Aufstellung. Diese einzelnen
Schritte müssen regelmäßig für jede gewonnene Spermaprobe durchgeführt werden,
soll die Besamung erfolgreich sein. Besonders wichtig ist auch, dass die
Verdünnerlösung bereits vor dem Absamen angesetzt wird, damit genügend
Zeit bleibt, dass sich der Verdünner vollständig auflöst und sich der ph-Wert
der Verdünnerlösung einstellen kann.
Dies benötigen Sie für die eigene Spermagewinnung
SOWEIT WIE MÖGLICH EINWEGARTIKEL VERWENDEN!!!
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Einwegipetten
Thermometer
Spermafläschen
Messzylinder ein Liter und zwei Liter
Styroporbecher (200 und 400 ml)
Filterpapier, Stofffilter
Kunststoffflaschen für 100 ml mit Verschluss
Einweghandschuhe
Papierhandtücher
Verdünnerlösung
Thermobox
Wärmeschrank
Mikroskop mit Heizplatte
Sprungbock
Arbeitsschritte vom Absamen des Ebers bis zum Aufbewahren des
Spermas
Absamen des Ebers:
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Einmalbecher aus Styropor (Wärmeisolierung) mit Filter bespannen
Eber an Absambock oder rauschende Sau heranführen und aufspringen
lassen
Eber ausschachten lassen
Mit der behandschuhten Hand die Spitze des ausgeschachteten Penis
umfassen und pulsierenden Druck auf den Penis ausüben
Ejakulat im Becher auffangen -> Vorphase nicht auffangen!!!
Zu beachten sind die drei Absamphasen des Ebers:
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Vorphase: wässrig bis schleimig ohne Sperma (NICHT AUFFANGEN)
Hauptphase: milchig, spermareich
Hauptphase: wässrig, spermaarm
Zwischen der ersten und zweiten Hauptphase und zum Schluss wird der sog.
Eberkitt ausgeschieden.
Beurteilung des Ejakulates:
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Mikroskop mit Heiztisch einstellen, Objektträger anwärmen.
Spermatropfen unverdünnt auf den Objektträger geben und untersuchen auf:
Bewegungsaktivität, Vorwärts- und Ortsbewegung
Verdünntes Sperma unter dem Mikroskop beurteilen – eine Spermaprobe
vom zugekauften Sperma als Vergleichsprobe heranziehen
Untersuchung auf pathologische Formen und Dichte (eventuell durch
anerkanntes Labor durchführen lassen)
Aufbereiten des Ejakulates:
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Ejakulat grobsinnlich beurteilen nach Farbe und Aussehen
Destilliertes Wasser auf 37° C erwärmen
Antibiotikahaltigen Verdünner zu erwärmtem Wasser geben
Verdünnerlösung nach Herstellerangabe zubereiten
Temperatur des Spermas und Verdünnerlösung ermitteln (max. 1°C Differenz)
Samenflüssigkeit und Verdünnerlösung nach Herstellerangaben vermischen
Bis zu maximal zwölf Samenportionen in Einmalkunststoffflaschen abfüllen
Spermaportionen im Wärmeschrank/Thermobox bei 16° C lagern
Samenportionen täglich 2x wenden
Vor jeder Besamung die Rückstellprobe auf Zustand und Bewegungsaktivität beurteilen!!!!
Aufbereiten des Ejakulates
Die Erhaltung der Vitalität des Spermas ist das höchste Gebot bei der Aufbereitung.
Unbehandeltes Sperma verliert seine Befruchtungsfähigkeit innerhalb weniger
Stunden. Damit die Befruchtungsfähigkeit erhalten bleibt, muss ein Stoffwechsel in
Gang gesetzt werden. Einerseits gewinnt das Spermium durch "Einatmen" von
Sauerstoff Energie, indem Milchsäure und andere Stoffe oxidiert werden,
andererseits findet ein Abbau von Glucose statt. Da das Ejakulat für das Überleben
der Samen nicht ausreichend Zucker enthält, wird dieser durch den Verdünner
zugesetzt.
Filtration
Die Filtration sollt großteils direkt beim Absamen durchgeführt werden, um das
gallertartige Sekret und letzte Schmutzpartikel aus dem Ejakulat auszufiltern. Sie
muss deswegen schnell erfolgen, weil das Sekret einer akzessorischen
Geschlechtsdrüse dem Ejakulat Wasser entzieht und so eine osmotische
Druckänderung entsteht. Um die Spermien nicht zu beschädigen, muss man beim
Umschütten besonders vorsichtig arbeiten.
Verdünnung
Dieser Schritt ist wichtig für die Erhaltung der Fruchtbarkeit der Spermien. Die
wichtigste Aufgabe des Verdünnermediums sind die Bereitstellung von Energie,
Haltbarkeit und Strecken des Ejakulates. Wichtig beim Beimengen des Verdünners
ist dessen Temperatur. Sie darf um höchstens ein Grad Celsius von der Temperatur
des Samens abweichen, da sonst die Samenzellen absterben können. In der Regel
kann man nicht davon ausgehen, dass frisches Sperma lange eine Temperatur von
37 Grad Celsius hält. Es kühlt nach der Entnahme rasch ab. Deshalb sollte
sicherheitshalber die Messung im Ejakulat und im Verdünner erfolgen, um den
Besamungserfolg nicht zu gefährden. Wichtig ist, dass Sie niemals das Sperma
abkühlen bzw. erwärmen, sondern die Temperaturanpassung immer an der
Verdünnerlösung vornehmen. Das Ejakulat sollte pro Portion zu 100 bis 130 ml drei
Milliarden Spermien enthalten. In der Praxis wird das Ejakulat direkt auf die
Endkonzentration abgefüllt, wobei man den Angaben des Herstellers folgt. Es
empfiehlt sich, die Lösung dem Samen zuzugeben und nicht umgekehrt. Dabei
versucht man durch vorsichtiges Schwenken eine gleichmäßige Verteilung zu
erreichen. Zu starkes Schütteln führt zu Qualitätsverlusten.
Portionierung und Lagerung
Nach erfolgter Verdünnung füllt man das Sperma in Tuben oder Flaschen ab. Wichtig
beim Abfüllen ist eine hygienisch einwandfreie Umgebung, damit es zu keiner
Verunreinigung kommt. Bei Lagerung der Spermien ist eine Beschriftung sinnvoll. Bei
Verwendung eines Ebers reicht das Datum, werden mehr Eber am Betrieb gehalten,
ist auch unbedingt der Namen des Ebers festzuhalten. Nach dem Abfüllen kommt
das Sperma in einen 16°C warmen Aufbewahrungsbehälter. Die Lagerung der
Spermaportionen sollte bei 16 bis 18 Grad Celsius, abhängig vom verwendeten
Verdünner und im Dunkeln erfolgen. Zu starke Temperaturschwankungen sind für die
Spermien tödlich. Optimale Bedingungen bietet eine Klimabox mit Wendeeinrichtung.
Ist diese nicht vorhanden, sollte man die Spermaportionen täglich 2x leicht
schwenken, um die Verdünnersubstanz zu verteilen und den Stoffwechsel der
Samenzellen anzuregen.
Unter folgendem Link können Sie sich zusammenfassend in einem Informationsbzw. Werbefilm der Firma BEG Schulze Bremer GmbH zum Thema
„Spermagewinnung“ nochmals alle Eckpunkte und den praktischen Ablauf der
Spermagewinnung bzw. Spermaverdünnung ansehen.
http://www.schulzebremer.com/shop_content.php?coID=250&XTCsid=7e6602f59d0b
aa2370bbdf5625b50137
Weitere Tipps:
1)Frequenzen der Samenentnahme:
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Jungeber bis 12 Monate alt: drei Sprünge in zwei Wochen
Alteber: zwei Sprünge pro Woche mit einem Mindestabstand von drei Tagen
Pro Eber kann man mit wöchentlich 50 bis 60 Samenportionen rechnen. Die Qualität
des Ejakulates kann saisonalen Schwankungen unterliegen, wobei besonders im
Sommer eine geringere Beweglichkeit der Spermien festgestellt wird.
2)Jungeber an das Phantom anlernen:
Idealerweise führt man die Spermagewinnung in einem von der Stallabteilung
getrennten Raum durch. Dadurch bringt man möglichst wenige Keime aus der Luft in
das Ejakulat. Neben rutschfester Unterlage und leicht zu säuberndem und zu
desinfizierendem Phantom müssen Fluchtmöglichkeiten für den Landwirt vorhanden
sein. Springt der Eber nur ungern, ist er beim Absamen sehr unruhig und ejakuliert
nur unvollständig, so könnte das Phantom Ursache der Probleme sein. Am Phantom
gewährleisten seitliche Halterungen für die Vorderbeine dem Eber einen besserer
Halt während des Deckaktes. Idealerweise lässt sich das Phantom in Höhe und
Länge an die Größe des Ebers anpassen.
Springt der Jungeber nicht freiwillig auf das Phantom ist absolute Ruhe zu bewahren.
Folgende Maßnahmen sind hilfreich:
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•
Futter auf das Phantom streuen
Urin einer rauschenden Sau auf das Phantom tropfen
Uringetränktes Tuch auf das Phantom legen
3)Hygiene ist absolutes Muss:
•
Während
des
Samenflüssigkeit
Umrauschraten,
Absamvorganges
darf
keine
Kontamination
der
mit
Schmutz oder
Bakterien
erfolgen
(erhöht
Infektionen
bei
den
Sauen)
Präputialhaare (Schamhaare) regelmäßig kürzen. Vor der Absamung sollte
der Vorhautsack entleert und der gesamte Bereich um den Penis mit
Hygienepapier trocken gereinigt werden.
•
Doppelhandschuhmethode → zwei Paar Einmalhandschuhen aus
spermienfreundlichem Material übereinander anziehen.
Nachdem alle
notwendigen Vorbereitungs- und Reinigungsarbeiten, wie zum Beispiel das
Ausstreifen des Präputiums erledigt wurden, streift man die äußeren,
verschmutzten Handschuhe ab und hat einen sauberen Handschuh zur
Spermagewinnung zur Verfügung.
•
Penis des Ebers etwas zur Seite halten, so dass sich das Auffanggefäß nicht
direkt unter dem Tier befindet.
•
Penisspitze beim Absamen etwas hoch halten,
damit das keimhaltige Sekret aus dem
Präputialsack abtropfen kann, ohne in das
Auffanggefäß
zu
gelangen.
Abtropfpunkt
•
Wichtig ist auch die gründliche Reinigung und Desinfektion des Phantoms
nach jeder Benutzung. Zum Schutz vor Keimen, Staub und Fliegen sollte es
auf keinen Fall im Stall, sondern mit Plastikfolie abgedeckt in einem
gesonderten Raum gelagert werden.