automobil entwicklung 5/99

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automobil entwicklung 5/99
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Chrysler-Studien
Jeep Commander: Ähnlich wie diese Studie könnte der nächste Jeep Grand
Cherokee aussehen. Das Sport Utility Vehicle der Oberklasse fährt mit einem
Brennstoffzellen-Antrieb auf Methanolbasis. Bilder: Daimler-Chrysler.
Rückspiegel des Commander: Dort integrierten die Stylisten Blinker und Wischblätter. Der 180-Grad-Konvexspiegel
eleminiert den ›toten Winkel‹.
Amerikanische
Styling-Träume
Mit dem ›Jeep Commander‹, dem ›Dodge Charger R/T‹,
dem ›Chrysler Citadel‹ und dem ›Dodge Power Wagon‹
demonstriert Chrysler ein Jahr nach der Fusion mit DaimlerBenz mit gleich vier Concept Cars seine Innovationskraft.
Dabei geht es nicht nur um die Form: Alle Studien fahren
zudem mit alternativen Antriebskonzepten.
Jeep Commander: In der derzeitigen
Konfiguration wird das bullige Sport
Utility Vehicle der Oberklasse von
zwei Elektromotoren angetrieben,
einer für jede Achse. Beide bilden einen permanenten Allradantrieb. Im
Laufe diese Jahres soll zudem ein
weiterentwickelter BrennstoffzellenAntrieb auf Methanolbasis integriert
werden.
Die Elektromotoren stammen aus
dem ›Chrysler Voyager Epic‹, dem
ersten Elektro-Minivan, der in Serie
für den amerikanischen Markt pro-
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Automobil-Entwicklung ·September 1999
duziert wird. Das BrennstoffzellenAggregat kennt die Branche bereits
aus der modifizierten Mercedes AKlasse ›Necar 3‹.
Im Commander soll dieses System
um Batterien ergänzt werden, um
Leistung,
Beschleunigung
und
Durchzugskraft zu steigern, und
auch um die beim Bremsen zurückgewonnene Energie speichern zu
können.
Um die Kosten- und Gewichtsnachteile des Brennstoffzellen-Antriebs auszugleichen, wurde der
Rückansicht des Commander:
Die Abdeckung der Anhängerkupplung
läßt sichzu einer zweistufigen Leiter
umklappen, um auf das Fahrzeugdach
zu gelangen.
Commander aus leichtem Kohlefaser-Material hergestellt. Damit
wird die Karosserie um bis zu 40
Prozent leichter als in Stahlbauweise, die Produktionskosten können um bis zu 50 Prozent gesenkt
werden. Zudem kann die Lackierung entfallen, da der Kunststoff
bereits im Fertigungsprozeß eingefärbt wird.
Trotz aller Leichtbaumaßnahmen
bringt der über zwei Meter breite
Koloß, der bereits wesentliche Züge
des nächsten Jeep Grand Cherokee
tragen dürfte, noch 2,26 Tonnen
Leergewicht auf die Waage. Allein
950 Kilogramm stammen von der
Brennstoffzelle.
Innovationen im Außenbereich:
Ein wärmetauschendes Windlaufblech, das die Luftströmung an der
Frontscheibe verbessert und gleichzeitig die warme Luft aus dem Motorraum
zur
Kühlung
der
Brennstoffzelle ableitet.
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Chrysler-Studien
Die Außenspiegel verfügen über
integrierte Blinker und Wischblätter
und wurden als 180-Grad-Konvexspiegel ausgelegt, um den ›toten
Winkel‹ zu eliminieren.
Im Innenraum wird Hightech geboten: So kann in der Mittelkonsole
ein nur zwei Zentimeter hohes
Laptop angedockt werden. Damit erhält der Fahrer Informationen etwa
vom Global Positioning System
(GPS) oder über die Betriebszustände des Fahrzeugs. Zudem können
über einen Internet-Zugang in Echtzeit Verkehrs-, Navigations- und
Wetterinformationen abgerufen sowie telefoniert und E-Mails verschickt werden.
Ein weiteres Highlight: eine winzige Kamera im Armaturenbrett.
Dringt ein Dieb ins Fahrzeug ein,
wird er automatisch fotografiert und
sein Bild auf elektronischem Wege
an die Behörden weitergeleitet.
Dodge Charger R/T: Mit diesem
Sportcoupé will Chrysler eine lange
Tradition wiederaufleben lassen: die
der ›Muscle Cars‹. 1966 ging der Vorgänger gleichen Namens in Serie,
über 30 Jahre später kleidet der
OEM die muskulöse Nostalgie in ein
hypermodernes Gewand.
Der 4,75 Meter lange Bolide mit
breit ausgestellten 20-Zoll-Rädern
am imposanten Heck bedient sich
in einigen Details der Technologie
des Supersportwagens ›Chrysler Viper‹. So etwa bei den seitlichen
Lufthutzen oder dem chromverkleideten, in der Mitte angeordneten Doppelauspuff. Das Bremssystem mit Vier-Kolben-Sätteln vorn
und Zwei-Kolben-Sätteln hinten
übernahm der Charger gleich komplett von der Viper.
Allerdings verfügt das Concept
Car über einen fundamentalen Unterschied im Vergleich zur Viper und
messer als dominierendem Element.
Als Reminiszenz an die 60er Jahre
verfügt das Showcar über große
Drehschalter am Radio und ein
Dreispeichen-Lenkrad.
Richtig modern geht es unter der
Motorhaube zu: Das 4,7-Liter-V8Triebwerk holt seine Leistung von
325 PS mit Hilfe eines Kompressors
aus verdichtetem Erdgas.
Erdgasbetriebenes Sportcoupé
mit vier Türen
seinem betagten Modell-Vorgänger:
das Sportcoupé Charger R/T hat vier
Türen.
Im Innenraum finden sich
schwarze
Kohlefaser-Schalensitze
mit roten Ledereinlagen, ein PilotenJoystick als Schalthebel und eine Instrumententafel mit dem Drehzahl-
Zum Technologieträger wird das
Concept Car außerdem durch seinen
Erdgastank: Es gelang Chrysler, einen Tank zu entwickeln, der eine Tagesreichweite von 510 Kilometern
ermöglicht, ohne daß das System
den Kofferraum verkleinert. Entwickelt wurde die Technologie in ei-
Innenraum des Charger
R/T: Schalensitze aus
Kohlefaser, Piloten-Joystick als Schalthebel und
ein gewaltiger Drehzahlmesser in der Mitte des
Instrumententrägers.
Dodge Charger R/T:
Das 4,7-Liter-V8-Aggregat des ›Muscle Cars‹ entwickelt seine Leistung von
325 PS aus verdichtedem
Erdgas mit Hilfe eines
Kompressors.
Charger im Profil: Das
Sportcoupé wurde von
den Chrysler-Designern
als Viertürer realisiert.
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Chrysler-Studien
Frontansicht des Citadel: Bulliger Auftritt
mit 1,90 Meter Breite und dem Waffelgrill
als Chrysler-Erkennungsmerkmal.
Citadel-Cockpit: Der Zustieg in den
Innenraum geht bequem vonstatten,
da keine B-Säulen vorhanden sind.
nem Gemeinschaftsprojekt des USEnergieministeriums, der JohnsHopkins-Universität sowie der Unternehmen Siemens und DaimlerChrysler.
Der Glasfaser-Erdgastank verfügt
im Innern über Zylinder aus gasundurchlässigem, hochfestem Polyurethan (High Density Polyurethane
– HDPE), die von einer harten Hybridmischung aus Kohle- und Glasfaser, verklebt mit Epoxidharz, umhüllt wurden. Vorteile der Lösung:
geringes Gewicht, Langlebigkeit, Un-
empfindlichkeit gegen äußere Einflüsse und die Möglichkeit, den Tank
ebenso flach wie einen konventionellen Speicher zu gestalten.
Zwar führt Chrysler an, daß dieser Erdgastank ›nur noch‹ 2 500 USDollar koste – die Hälfte des Preises
von vor fünf Jahren. Allerdings
schlägt ein herkömmlicher Benzintank lediglich mit Kosten von 50 bis
100 US-Dollar zu Buche.
Chrysler Citadel: Als ›Hybrid-Hybrid‹, eine neue Art ›Crossover-Modell‹ in einer neuen Fahrzeugkatego-
rie, beschreibt Neil Walling, Director
of Design bei Chrysler, den Citadel.
Nach Wallings Ansicht könnte das
künftige Auto jetziger Besitzer
großer Limousinen oder luxuriöser
Sport Utility Vehicles so aussehen.
Der Citadel verbinde die Transportkapazität eine Kombis mit den Eigenschaften einer Limousine wie des
Chrysler 300M.
Das Concept Car verfügt über einen Hybridantrieb, bestehend aus einem 253 PS starken 3,5-Liter-V6Benzinmotor, der die Hinterachse
Chrysler Citadel: Das
Crossover-Modell vereinigt die Eigenschaften
luxuriöser Sport Utility
Vehicles und großer
Limousinen.
Rückansicht des Citadel: Die
versenkbare Heckklappe gleitet
beim Öffnen unter den Fahrzeugboden.
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Scheinwerfer des Power Wagon: Die
Frontansicht dominieren die Gasentladungs-Scheinwerfer und das als
Blinker fungierende Lichtlaufband.
Interieur der Truck-Studie:
Luxuriöses Ambiente mit
Lederausstattung, Schalthebeln aus rostfreiem Stahl
und einer runden I-Tafel,
die einer hochwertigen Uhr
nachempfunden wurde.
antreibt, und Siemens-Elektromotoren mit weiteren 70 PS an den Vorderrädern. Ein regeneratives Bremssystem erzeugt beim Bremsen Energie für die Elektrotriebwerke.
Als Basis des Citadel dient der
Chrysler Concorde, der zur gleichen
Modellfamilie gehört wie der Chrysler 300M. Daraus schufen die Stylisten ein 4,90 Meter langes und 1,90
Meter breites Fahrzeug mit weit
nach hinten versetzter Passagierkabine.
Die versenkbare Hecktür gleitet
beim Öffnen unter den Fahrzeugboden, an der Seite wurden elektrische
Schiebetüren installiert. Im geöffneten Zustand behindern keine B-Säulen den Einstieg. Im Heck bietet der
Citadel mehr als einen halben Kubikmeter Gepäckraum – fast so viel
wie im Chrysler Voyager.
Dodge Power Wagon: Auch der
Concept Truck knüpft an eine lange Chrysler-Tradition an. Von 1946
bis 1968 wurde der Power Wagon
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bereits in den USA verkauft. Außer
dem Namen weist die futuristische
Neuauflage allerdings kaum Parallelen zum Nutzfahrzeug-Klassiker
auf.
Unter der Motorhaube der Studie
befindet sich ein Reihensechszylinder-Dieselaggregat mit Direkteinspritzung, Turbolader und 7,2 Litern
Hubraum. Das Triebwerk wird jedoch nicht mit herkömmlichem Diesel, sondern mit schwefelfreiem ›Designer-Treibstoff‹ betrieben.
kombiniert mit einem facettenreichen Innenleben. Der 1,96 Meter
hohe Aufbau erhielt eine silberne
Lackierung
sowie
separierte
Stoßfänger, Kotflügel und Trittbretter.
Die zahllosen offenliegenden
Schrauben und Bolzen bestehen aus
Aluminium, schräge Schlitze in der
Motorhaube ermöglichen einen
Blick auf das riesige Triebwerk. Gewollt ist auch der Verzicht auf die
Verkleidung der Achsen. Die Front-
Diesel-Aggregat
arbeitet mit ›Designer-Treibstoff‹
In Kooperation mit dem US-Unternehmen Syntroleum Corp. wurde
der Kraftstoff künstlich aus Erdgas
hergestellt. Die Eliminierung des
Schwefels erleichtert die spätere Abgasreinigung wesentlich. Darüber
hinaus eignen sich die synthetischen
Designer-Kraftstoffe für zukunftsträchtige Antriebstechnologien wie
Brennstoffzellen, Hybrid-Elektroantriebe und den DirekteinspritzerBenzinmotor. Die imposante Karosserie des Dodge Power Wagon wird
ansicht dominieren hochmoderne
Gasentladungs-Scheinwerfer
und
Leuchtlaufbänder, die als Blinker
fungieren.
Im Innenraum bietet der Truck
luxuriöses Ambiente: cognac- und
granitfarbene
Lederausstattung,
Eschenholzeinfassungen an den Kanten und auf dem Boden der Kabine,
Schalthebel und Türgriffe aus rostfreiem Stahl und ein runder Instrumententräger, der einer hochwertigen Uhr ähnelt.
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Dodge Power Wagon: Das mächtige
Reihensechszylinder-Dieselaggregat
mit Direkteinspritzung, Turbolader und
7,2 Litern Hubraum wird mit einem
›Designer-Treibstoff‹ betrieben, der
synthetisch aus Erdgas hergestellt wird.