08-13_Stadtschloss Berlin.qxp - Stadtschloss Berlin Initiative | Wir
Transcription
08-13_Stadtschloss Berlin.qxp - Stadtschloss Berlin Initiative | Wir
die Bedeutung für das Stadtbild: Wie vor dem Krieg soll das Schloss wieder Berlins Mitte prägen. NEUE ALTE MITTE: DAS BERLINER SCHLOSS Modell: Förderverein Berliner Schloss STON E PLUS Ein aufwändiges Modell verdeutlicht Gesa Todt | Das Berliner Schloss, einst Ausgangspunkt der historischen Mitte Berlins, nach dem Krieg als »Symbol preußischen Absolutismus« abgerissen, soll in alter Pracht wiedererstehen. Für die hiesige Natursteinbranche wird der Wiederaufbau mit vielen schönen Aufträgen verbunden sein: Anspruchsvolle Steinmetz- und Bildhauerarbeiten aus Sandstein prägten den bedeutendsten Profanbau des preußischen Barock. 8 6 I 2008 D ie Geschichte des Berliner Schlosses reicht bis ins Mittelalter, doch in seiner letzten, barocken Gestalt war es die Winterresidenz der Markgrafen und Kurfürsten von Brandenburg, später der Könige von Preußen und der Kaiser des Deutschen Reiches. Es stand auf der Spreeinsel im heutigen Berliner Ortsteil Mitte gegenüber dem Dom. Im Zweiten Weltkrieg wurde es zwar schwer beschädigt, die aufwändig gestalteten Fassaden und viele wesentliche Teile der Treppen und Innenräume waren jedoch erhalten geblieben. Dennoch beschloss im Jahr 1950 die Regierung der DDR, das Stadtschloss als ein Symbol des preußischen Absolutismus abzutragen. Einzig das ehemalige Portal IV des Stadtschlosses blieb weitgehend erhalten. Weil am 9. November 1918 von dessen Balkon aus Karl Liebknecht die »sozialistische Republik« ausgerufen hatte, wurde es – unter Verwendung der Original-Bauplastik – kopiert und in die Fassade des 1963/64 errichteten Staatsratsgebäudes integriert. Das frei gewordene Schlossgelände wurde zunächst als großer Aufmarschplatz genutzt, erst Mitte der 70er Jahre entstand hier der »Palast der Repu- blik« der DDR. Dieser wurde trotz seiner geschichtlichen Bedeutung vor allem aufgrund der massiven Asbestbelastung nach der Wiedervereinigung zum Abriss freigegeben. 1992 begannen zwei private Initiativen, die Gesellschaft Berliner Schloss e.V. und der Förderverein Berliner Schloss e.V., massiv für den Wiederaufbau des Schlosses zu werben. Vor allem der Förderverein Berliner Schloss sorgte durch aufwändige und öffentlichkeitswirksame Aktivitäten (siehe Seite 11) dafür, dass der Wiederaufbau in Politik und Bevölkerung SANIEREN + PFLEGEN lebhaft und kontrovers diskutiert wurden. 2001 kam ein dritter Verein mit einem konkurrierenden Konzept hinzu, die Stadtschloss Berlin Initiative e.V. (siehe Seite 10). Nachdem keiner der über die Jahre eingereichten Entwürfe für eine moderne Gestaltung des Schlossplatzes überzeugen konnte, beschlossen Anfang des neuen Jahrtausends der Bund und das Land Berlin, das Schloss neu zu errichten, unter anderem, weil es als städtebaulicher Ausgangspunkt der Entstehung Berlins gilt und in seiner Orientierung die Blickachsen der prosperierenden Stadt prägte. Aus nicht ganz eindeutig nachvollziehbaren Gründen wurden die Vorgaben aber beschränkt auf ein Gebäude in der Kubatur des ursprünglichen Schlosses mit lediglich drei seiner historischen Fassaden sowie dem »Schlüter-Hof«. Wahrscheinlich werden auch die Kuppel von Friedrich August Stüler sowie einige Treppen und Räume wiedererrichtet. Die Spreeseite dagegen soll modern gestaltet werden, eine Rekonstruktion der ursprünglichen Renaissancefassade ist ebenso wie die Wiedererrichtung des so genannten »Apothekerflügels« derzeit nicht vorgesehen. Für die künftige, rein kulturelle Nutzung vorgesehen ist vor allem die Präsentation der außereuopäischen Sammlungen der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, die heute dezentral in Dahlem untergebracht sind. Daneben finden ein »Agora« genanntes Veranstaltungszentrum sowie die Zentral- und Landesbibliothek Berlin, die Staatsbibliothek zu Berlin und ein Wissenschaftsmuseum eine neue Heimat. Laut Bundestagsbeschluss soll der Wiederaufbau des Berliner Stadtschlosses einschließlich der Innenausstattung und der Umzugskosten maximal 552 Mio. Euro kosten. Baubeginn ist für das Jahr 2010 geplant, die Fertigstellung wird nicht vor 2015 erfolgen. Aktuell läuft ein internationaler Realisierungswettbewerb, in dem noch 30 Architekten um die »inneren Werte« konkurrieren. Denn auch die Rekonstruktion umfasst nur die Grundform, die äußere Hülle, einige Treppen und ausgewählte Räume von herausragender kunstgeschichtlicher Bedeutung. Anordnung und Proprotionen der anderen Räume, ihre Ausgestaltung und Funktion, Lichteinfall und Blickachsen nach innen und außen, alle diese Fragen sind noch offen. Nicht geklärt ist auch noch die Bauweise des Grundkörpers und die Ausgestaltung der Kuppel, für die es keine Pflicht zur Geschichtstreue gibt. Und schließlich ist die Fassade der Spreeseite noch völlig offen. Die Entscheidung fällt Ende November, dann geht es an die Ausschreibung der konkreten Bauarbeiten. Als wär´ es nie weg gewesen: So soll ab 2015 das Schloss den Blick von der Straße unter den Linden wieder auf sich lenken. Symbol der Architekturgeschichte Der 1443 zunächst als spätmittelalterliche Burg gegründete und später als Renaissance-Residenz erneuerte Gebäudekomplex erhielt erst Anfang des 18. Jahrhunderts seine prächtige Ausgestaltung als bedeutendster Profanbau des protestantischen Barocks durch Andreas Schlüter und seinen Nachfolger Johann Eosander von Göthe sowie durch den Schlüter-Schüler Martin Heinrich Böhme. Danach erfolgten mit Ausnahme des Kuppelbaus 1853 nach Entwürfen von Karl Friedrich Schinkel und Friedrich August Stüler nur noch unbe- Dank der über 5000 Photos, die vor dem Abriss des Schlosses angefertigt wurden, können nahezu alle Elemente des Fassadenschmuckes 9 6 I 2008 detailgetreu rekonstruiert werden. STON E PLUS SANIEREN + PFLEGEN »Schloss–pur«: Stadtschloss Berlin Initiative Der im Jahr 2001 aus einer überparteilichen Bürgerinitiative um den Berliner Rechtsanwalt Lür Waldmann entstandene gemeinnützige Verein Stadtschloss Berlin Initiative e.V. setzt auf ein eigenes Konzept, dass sich im wesentlichen durch drei Faktoren vom Bundestagsbeschluss unterscheidet. So soll das Schloss vollständig mit allen vier Fassaden und der Kuppel über dem Eosanderportal sowie dem vorgelagerten »Apothekerflügel« wiedererstehen. Bedeutende historische Innenräume wie der weiße Saal, der Rittersaal und die Gemäldegalerie sowie die Treppenhäuser sollen rekonstruiert werden. Die übrigen Räume werden zweckorientiert gestaltet. Zudem ist eine weitere Kuppel in der Mitte als Symbol des Wiederaufbaus geplant. Das Portal IV – hier an seinem ursprünglichen Platz mit Blick zum Lustgarten – ist im Original weitgehend erhalten: es wurde 1964 in das Staatsratsgebäude der DDR integriert und soll dort bleiben. deutende Änderungen an der Außengestaltung, während im Inneren bis zuletzt zahlreiche, zum Teil künstlerisch bedeutsame Arbeiten vorgenommen wurden. Lür Waldmann Planskizze: Stadtschloss Berlin Initiative Dieser Wiederaufbau soll privat finanziert werden und das Schloss (mit allen Betriebskosten) in privater Hand verbleiben – ggf. in Erbpacht. Ein nicht genannter Schweizer Investor bemüht sich um den Zuschlag. Damit verbunden ist ein kommerziell ausgerichtetes Nutzungskonzept: Vorgesehen ist der Ausbau des Gebäudeteiles mit dem Apothekerflügel als preußisch schlicht-elegantes 7-Sterne-Hotel und die Vermietung des Flügels mit dem Eosanderportal und der großen Kuppel an das Land Berlin zur Nutzung für das geplante Humboldtforum. In Teilen des Schlosses sollen exklusive Appartements und Büros unterkommen. Das Untergeschoss ist nutzungsoffen, angedacht ist eine Einkaufsmall. Die »Agora« im Innenhof soll als Veranstaltungszentrum dienen. Vorgaben der Stadt sowie des Denkmalschutzamtes könnten vertraglich festgelegt werden. Schlüter hatte die unregelmäßigen Fenster des bestehenden Renaissance-Schlosses aufgenommen und zeitgerecht überformt. Während er sich am Goldenen Schnitt orientierte und es mit Maßen nicht ganz so genau nahm, arbeitete Eosander als gebildeter Baumeister äußerst präzise. Schlüters Schüler Böhme schließlich führte die Arbeiten fort, die Bauzier aus seiner Werkstatt ist zum Teil durch aufwändiger ausgearbeitete bildhauerische Details gekennzeichnet. Fassadenrekonstruktion Dass der originalgetreue Wiederaufbau des 120m x 200m großen und (ohne Kuppel) 31 m hohen Schlosses überhaupt in Erwägung gezogen werden kann, ist einigen glücklichen Umständen zu verdanken. Immerhin weist die (nach den Vorgaben der Ausschreibung) zu rekonstruierende Fassade eine Fläche von 21.000 Quadratmetern auf. Da es seit dem späten 18. Jahrhundert immer wieder Restaurierungsarbeiten gab, gilt es zudem, »ehrlich zu bleiben, weil nicht alles exakt rekonstruierbar ist«, wie sich der vom Förderverein mit der Rekonstruktion der äußeren Fassaden und dem Schlüterhof beauftragte Architekt York Stuhlemmer aus- Seitens der Initiative wird beklagt, dass das Konzept dem Bundestag vor dessen Entscheidung nicht einmal zur Kenntnis gebracht wurde, was angesichts knapper öffentlicher Kassen und der unabsehbaren Betriebskosten nicht zu verstehen sei. Unterstützer der Stadtschloss Berlin Initiative sind unter anderem das Bauunternehmen Züblin und das Natursteinunternehmen Zeidler & Wimmel (s. Seite 13). Das Schlüterportal I: Die präzise Stadtschloss Berlin Initiative e.V. horizontierten und ausgekanteten 12107 Berlin Messbilder des Berliner Baurates [email protected] Albrecht Meydenbauer, dem Erfinder www.stadtschloss-berlin.de der Photogrammetrie, bilden zusammen mit den Katasterplänen die Basis der Rekonstruktionsarbeiten. + PFLEGEN »Sehnsucht geweckt«: Förderverein Berliner Schloss e.V. Bereits im Jahr 1992 wurde der Förderverein Berliner Schloss e.V. um den Hamburger Kaufmann Wilhelm von Boddien gegründet. Dieser Verein errichtete mit Hilfe von Sponsoren und Spenden 1993/1994 eine farbige 1:1 Fassadenattrappe des Schlosses am Originalplatz. Durch die eindrucksvolle Simulation gelang es, die ursprünglichen Blickach- Wilhelm v. Boddien York Stuhlemmer sen wieder herzustellen und großen Teilen der Bevölkerung sowie den politischen Entscheidungsträgern das Gefühl zu vermitteln, dass nur eine Neuerrichtung des Schlosses der historischen Mitte gerecht werde. Ob das frische Tonmodell des Mittelbogens aus dem Eosanderportal (oben) oder das historische Foto von Schlüters berühmter Kartusche im Portal I Plan: Stuhlemmer Architekten (rechts): Alle Skulpturen und Schmuckelemente zeigen eine detailreiche künstlerische Ausgestaltung. drückt. Seit 1998 sichtet er das vorhandene Material und entwickelt daraus CAD-Modelle und -Pläne zur Rekonstruktion des Gebäudegrundrisses und der Fassaden. »Wir wollen keinen wilhelminischen Neobarock errichten, sondern die Gesellschaft Berliner Schloss e.V. 1991 gegründet und 2003 in »Gesellschaft Berliner Schloss e.V.« umbenannt wurde ein dritter, zurückhaltend agierender Verein mit rund 450 Mitgliedern, der sich ebenfalls an der Beschlusslage des Bundestages orientiert. Unter anderem wird gesammelt für eine Machbarkeitsstudie zur Erhebung, Restaurierung und Wiederherstellung der zum Schloss gehörenden Denkmäler. Gesellschaft Berliner Schloss e.V. www.berliner-stadtschloss.de STON E PLUS SANIEREN baugeschichtlich bedingten Inhomogenitäten des Barock erhalten«, so Stuhlemmer. Doch auch wenn es – anders als bei der Frauenkirche in Dresden – nur sehr wenige erhaltene Fragmente des Schlosses gibt, er steht nicht mit leeren Händen da. Schlüter und seine Nachfolger waren stark durch die italienischen Baumeister beeinflusst, was an den erhaltenen Stichsammlungen zu belegen ist. Dadurch sind bestimmte Bauglieder und Elemente stilistisch eindeutig vorgegeben. Das Wissen um die Proportionsmaßstäbe des Barock ermöglicht es, aus den vorhandenen Modulen der einzelnen Säulen das jeweils angewandte Architekturtraktat zu ermitteln, so dass fehlende Abschnitte, Höhen, Kapitellabmessungen und die Maße des darüber liegenden Gebälks rekonstruiert werden können. Wo der jeweilige Baumeister eigene Interpretationen vorgenommen hatte, sind diese in der Regel anhand des vorhandenen Bildmaterials gut nachvollziehbar. Der Förderverein orientiert sich an dem Konzept des Bundestagsbeschlusses und den Ergebnissen der Internationalen Expertenkommission Historische Mitte und hat sich das Ziel gesetzt, durch Spenden die rund 80 Millionen Euro aufzubringen, die für die Sandsteinarbeiten der drei Fassaden an der Nord-, West- und Südseite sowie weiterer drei Fassaden im Schlüterhof erforderlich sind. Bis einschließlich August 2008 konnten 9,6 Mio. Euro an Spenden eingenommen werden, weitere 7,3 Mio. Euro sind verbindlich zugesagt. Von diesem Geld hat der Verein bereits in großem Umfang Vorarbeiten finanziert, angefangen von der Beschaffung, Sichtung und Auswertung verfügbarer Bauunterlagen über die Erstellung von Bauplänen bis hin zur Erstellung von Modellen und Abgüssen bildhauerischer Details. Das vereinseigene Infocenter illustriert mit einem großen Modell und umfangreichem Bild- und Filmmaterial die Geschichte des Schlosses und die Baupläne. Durch die historisch wie konservatorisch begründete Festlegung auf Elbsandsteine findet eine Zusammenarbeit vor allem mit den Sächsischen Sandsteinwerken (s. Seite 12) statt. Förderverein Berliner Schloss e.V. D–22559 Hamburg [email protected] | www.berliner-schloss.de STON E PLUS SANIEREN + PFLEGEN Elbsandstein: Sächsische Sandsteinwerke Die Nutzung des Elbsandsteines begann schon früh, in Verbindung mit der slawischen Besiedlung im 7. Jahrhundert, unterstützt durch ein rechtwinkliges Kluftsystem und eine horizontale Bankung der rund 400 Meter mächtigen Sedimentschichten, die fast schon bearbeitungsfähiges Blockmaterial lieferten. Die Elbe mit ihren Nebenflüssen war ein idealer Transportweg für die schweren Steine. In der zweiten Hälfte des 19. Jh. gab es in der Region ca. 500 Steinbrüche. Nach dem 2. Weltkrieg waren nur noch 20 übrig. Eine der wenigen überlebenden Firmen war die Fleck und Ilmert KG in Pirna. Diese wurde nach 1945 unter den damals vorherrschenden Rechtsbedingungen zunächst halbstaatlich geleitet und später vollständig volkseigen. 1972 kam der Sandsteinbetrieb zum VEB Elbenaturstein. Nach der Wiedervereinigung Deutschlands wurde dieser VEB 1990 in eine GmbH umgewandelt. Am gleichen Tag löste sich die Peter Hohmuth Sächsische Sandsteinwerke GmbH und arbeitete von nun an selbstständig. Nach der erfolgreichen Reprivatisierung wurde das Unternehmen den Anteilseignern der früheren Firma Fleck und Ilmert KG zurückgegeben. Geschäftsführer ist der Diplomgeologe Peter Hohmuth. Die bauhistorisch bedeutsamen Sandsteine Postaer, Reinhardsdorfer und Cottaer werden durch die Sächsische Sandsteinwerke in sechs eigenen Steinbrüchen abgebaut und zu einem großen Teil auch selbst verarbeitet. Der Cottaer Sandstein ist aufgrund seiner guten Bearbeitbarkeit besonders als Bildhauergestein beliebt. Zu den zahlreichen Referenzprojekten gehört der Wiederaufbau der Dresdner Frauenkirche, und neben anderen Bauten belegt der erhaltene Skulpturenschmuck des Berliner Barockschlosses die historische Präsenz der Elbsandsteine in der Bundeshauptstadt. Sächsische Sandsteinwerke GmbH D–01796 Pirna Tel. 03501–5610–10 | Fax 03501–5610–11 www.sandsteine.de 12 6 I 2008 Messbilder und 5000 Fotos Dieses Bildmaterial ist der größte Schatz der Rekonstrukteure. Zum einen hatte Albrecht Meydenbauer, ab 1885 Regierungs- und Baurat in Berlin und Erfinder der Photogrammmetrie, von allen wesentlichen Fassadenelementen so genannte Messbilder erstellt, 40 x 40 cm große Glasplattennegative von beeindruk- Die Wiederherstellung der Borussia als aufwändiger Prozess: Aus Fotos und Fundstücken wird ein 1:1 Tonmodell rekonstruiert und mit Silikon abgeformt. Die Form wird mit Gips ausgegossen und liefert schließlich das Modell für die Arbeiten am Stein. kender Detailgenauigkeit und Schärfe. Diese Messbilder sind horizontiert und ausgekantet, so dass sie an der TU Berlin durch Bündelblockausgleichung entzerrt werden konnten und zusammen mit geodätisch eingemessenen Passpunkten der umgebenden Gebäude und Anlagen sowie den äußerst präzisen historischen Katasterplänen aus den Jahren um 1879 eine solide Basis für sehr exakte Architekturpläne bieten. Schattenwürfe verleihen den Fotos zudem die Plastizität, die für die Tiefenbestimmung erforderlich ist. Hinzu kommen rund 5.000 Fotos, die 1950 vor und während der Sprengung von der Fotografin Eva Kemlein aufgenommen wurden, einige hundert Fotos des Journalisten Kurt Reutti sowie Entwurfspläne aus dem 17. Jahrhundert und einige Reparaturzeichnungen aus der Zeit vor dem Krieg. Interessant ist, dass bei der Rekonstruktion mit Fuß und Zoll gearbei- tet wird, der Maßeinheit aus der Entstehungszeit der Schlossfassaden. Dadurch ergeben sich leichter handhabbare, präzisere Maße. Skulpturenschmuck weitgehend erhalten Während es vom Schlossgebäude selbst kaum verwertbare Überreste gibt, hatte ein von Walter Ulbricht beauftragtes »Wissenschaftliches Archiv« nicht nur die fotografischen Aufnahmen machen lassen, sondern auch dafür gesorgt, dass die wertvollsten skulpturalen Bauteile ausgebaut wurden. Das Portal IV der Lustgartenfront, allerdings im Krieg schwer beschädigt und daher zu großen Teilen bereits kopiert, fand seinen Platz am Staatsratsgebäude der DDR. In ihm sind alle wichtigen Gesimsformen und Profile der Schlüterschen Fassadengestaltung – wenn auch zum Teil vereinfacht – erhalten. Es wird nicht ins Schloss zurückkehren, sondern er- + PFLEGEN Es gibt viel zu tun: Restauratoren und Steinmetzen aus ganz Warthauer Sandstein: Zeidler & Wimmel Deutschland werden gebraucht, um die vielen Teile der barokken Schmuckfassade wiederherzustellen. neut kopiert, da das Staatsratsgebäude inzwischen selbst unter Denkmalschutz steht. Skulpturaler Schmuck wie die Hermenpilaster der Lustgartenfront oder die aus dem Schlüterhof stammenden großen Plastiken aus der griechischen Götterwelt wurden ebenso gerettet wie einige Widderköpfe und Adlerfragmente des Mezzanins und anderes mehr. Man schätzt, dass rund 70 Prozent so erhalten sind, dass sie zur Abformung genutzt werden können (eine Rückkehr der in Depots gelagerten Originale lehnt das Denkmalamt ab, um sie vor der Witterung zu schützen). Unter den Bildhauern dieser Skulpturen finden sich Berühmtheiten wie der Meister des Dresdner Zwingers, Permoser, dem die Hermenpilaster der Vier Jahreszeiten zugeschrieben werden. Meisterschulen wie Königslutter und Wunsiedel haben bereits einige Elemente angefertigt. Während die Putzfassade wieder im historischen Weiß-Gelb eingeschlämmt werden soll, ist noch nicht entschieden, ob die Farbfassungen und Teilvergoldungen des Steinschmucks im barocken Stil erneuert werden oder naturbelassen bleiben. Die Qual der (Stein-)wahl Die Rekonstruktionspläne und die Ausschreibungen für die Sandsteinarbeiten, die vom Förderverein übernommen würden, sind inzwischen weitgehend fertig. Vorgesehen sind ausschließlich Elbsandsteine, und zwar Cottaer Sandstein für die Bildhauerarbeiten, Reinhardtsdorfer Sandstein für Architekturelemente und Postaer Sandstein für stark wasserbelastete Bereiche wie etwa die Sockel. Diese Materialien waren zur Bauzeit aufgrund der guten Transportverbindungen über Wasserwege am einfachsten verfügbar und lassen sich an den noch vorhandenen Schmuckelementen vielfach nachweisen. Damit legt sich der Verein beim Material im Wesentlichen auf Lieferung durch die Sächsischen Sandsteinwerke fest. Die Arbeiten dagegen sollen in kleinen Losen vergeben werden und damit auch kleinen Firmen die Möglichkeit bieten, sich am Wiederaufbau der historischen Fassaden zu beteiligen. Die Stadtschloss-Initiative hält dagegen, dass auch am Schloss – wie an vielen anderen bedeutenden Berliner Gebäuden, nach dem Bau der Eisenbahn Mitte des 19. Jahrhunderts zunehmend der nun verfügbare schlesische (Warthauer) Sandstein verbaut wurde, der aufgrund seiner technischen Eigenschaften weniger Verwitterungsprobleme zeige. Folgerichtig tritt hier das Unternehmen Zeitler & Wimmel als Vereinsmitglied und Unterstützer der Initiative auf, dem es gelungen ist, 1993 nach der Wende einen seiner ehemaligen Steinbrüche in Schlesien wiederzuerwerben. Was, wenn das Geld nicht reicht? Nach aktuellem Stand hat mit dem Bundestagsbeschluss der private Investor erst einmal die schlechteren Karten. Wenn aber keiner der eingereichten Architektenvorschläge den vorgegebenen Kostenrahmen einhalten kann, werden diese Karten ja vielleicht neu gemischt. Kommt es zu einem positiven Ausgang des Realisierungswettbewerbs, soll am 3. Oktober 2015, dem 25. Jubiläum der deutschen Wiedervereinigung, das neue alte Stadtschloss eingeweiht werden. I [ Fotos: Förderverein Berliner Schloss (6), MEDIENBUERO MAECHTEL (4) ] Das bereits 1776 in Berlin gegründete Unternehmen Zeidler & Wimmel war in den 1930er Jahren eine der größten Steinmetzfirmen Deutschlands mit mehr als 1.600 Beschäftigten und 21 Steinbrüchen. Das Unternehmen war im Lauf seiner Geschichte an vielen repräsentativen Steinbauten Deutschlands und vor allem Berlins beteiligt. Enge Zusammenarbeit gab es mit bedeutenden Architekten wie Karl Friedrich Schinkel und Paul Wallot und Bildhauern wie Christian Daniel Rauch und Johann Gottfried Schadow. Die verbauten Steine stammten größtenteils aus den östlichen Steinabbaugebieten des damaligen Deutschlands. Einen Schub erhielt Z & W durch die Eisenbahn, mit der sich ab Mitte des 19. Jahrhunderts Schlesische Sandsteine in großen Mengen nach Berlin und weiter bringen ließen. Durch den Krieg und die Teilung Deutschlands verlor Z & W viele Niederlassungen im Osten und den Stammsitz in Berlin. Die Werke und Steinbrüche in Kirchheim bei Würzburg bildeten die Basis für den Neuanfang. 1983 wurde Z & W an die Philipp Holzmann AG verkauft, seit 2004 gehört das Unternehmen zu den H. Geiger Stein- und Schotterwerken aus Kinding. Heute beschäftigt Z & W rund 100 Mitarbeiter in verschiedenen Niederlas- Georg v. Rüden sungen in Deutschland und Polen. Geschäftsführer ist Anton Gerstner, Leiter der Berliner Niederlassung ist Georg von Rüden (Foto). Neben zahllosen anderen Berliner Bauten, wie dem Berliner Dom, war Z & W auch an Teilen des Baus und Umbaus des Berliner Schlosses beteiligt. Zu den Arbeiten gehörten nach Firmenangabe das Innere der Kapelle (1845–1853) in Zusammenarbeit mit August Stüler und Albert Dietrich Schadow unter Verwendung verschiedener Marmorsorten, der Kuppelbau des Eosander-Portals (1845–1853; 1904) mit Elbsandstein und Schlesischem Sandstein, der Umbau des Weißen Saales und der Saaltreppe (1901–1904), realisiert in Pavonazzo und Statuario sowie der Ausbau des Königinnen-Gemachs (1912– 1913) mit Verde-Antico und Calacatta (Carrara-Marmor), beides in Zusammenarbeit mit Ernst von Ihne. Seit 1993 ist der Steinbruch Warthau in Niederschlesien wieder im Besitz von Z & W. Mit dem Sandstein aus diesem Bruch will das Unternehmen seinen Anteil an den Fassadenarbeiten des Schlosses leisten. Zeidler & Wimmel GmbH & Co. KG D–97268 Kirchheim Tel. 09366–9069–0 | Fax 09366–1329 Niederlassung Berlin: Tel. 030–8730326 www.zeidler-wimmel.de STON E PLUS SANIEREN